StVO Straßenverkehrs-Ordnung

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Geführte Diskussionen über eine angebliche Nichtigkeit der StVO seit ihrem Neuerlass in 2013 gehen ins Leere. Das Zitiergebot (Art. 80 Abs. 1 S 3 GG) wurde nicht verletzt. Sämtl. Regelungen sind einer der in der Eingangsformel zitierten Ermächtigungsgrundlagen zuordbar. § 6 Abs. 1 Nr 3 StVG gliedert sich in einen 4 Punkte umfassenden einleitenden Teil mit anschließenden Regelbeispielen, die an den ersten Satzteil mit einem „ ,“ und einem „und“ angefügt sind und damit jeweils kumulativ mit dem gesamten 1 Satzteil zu lesen sind. Der einleitende Teil ist immer bei der Nennung der einzelnen Buchstaben mitumfasst und muss nicht durch ein „und“ zusätzlich in der Präambel entsprechender Änderungsverordnungen genannt werden. Dies wird unterstrichen dadurch, dass die aufgeführten Regelbeispiele ungeordnet zum einleitenden Satzteil angeschlossen und durch die Formulierung „und zwar hierzu unter anderem“ nicht abschließend sind. Der § 6 Abs. 1 Nr. 3 StVG wurde nur deshalb nicht in 2013 als übergeordnete Gliederungseinheit in Gänze benannt, weil die Zuordnung der Einzelvorschriften zu verschiedenen Spiegelstrichen aufgrund der Benennung verschiedener Verordnungsgeber erforderlich wurde. Im Ergebnis so auch OLG Braunschweig Beschl. v. 4.12.2020 – 1 Ss (Owi) 173/20, juris.

Versuche seitens vereinzelter Länder und Interessenvertreter, die Vision Zero in § 1 zu verankern oder der StVO eine dahingehende Präambel voranzustellen, gingen bislang ins Leere, weil es sich bei der StVO in Gänze um eine Unfallverhütungsvorschrift handelt, welche damit noch weitergehend ist als das erstrebenswerte Ziel, keine Verletzten oder Tote im Straßenverkehr zu haben.

1

StVO gilt grds. nur für Verk. auf öff. Wegen u. Plätzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 StVG). Verkehrsfläche ist nicht nur dann öff., wenn es sich um eine straßenrechtl. gewidm. Verkehrsfläche handelt, sondern auch, wenn sie tatsächlich einem unbestimmten, nicht durch pers. Beziehungen eingeschränkten, Personenkreis (also der Allgemeinheit) mit ausdrücklicher oder stillschweigender Zustimmung des Verfügungsberechtigten zur Benutzung offen steht – sog. faktisch öff. Verkehrsfl. (BGH VM 57, 14; DAR 63, 132; BayObLG VRS 10, 277; 29, 182; Düsseldorf VRS 64, 300; BGH VRS 104, 24). Sachl. Beschränkung der tatsächl. Zulassung eines öff. Verk. (z.B. auf Fußg. [Fußgängerzone] oder Kfz ab einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h [Autobahn] oder auf Fahrräder [Radfahrstraße]) beeinträchtigt Öff. nicht, bedingt aber vorherigen widmungsrechtl. Akt (unklar Stuttgart VersR 70, 846, das die Probleme der Abgrenzung von Straße u. Grundstück mit der Unterscheid. zw. öff. u. nichtöff. Verkehrsfläche vermischt). Zeitweise öff. sind z.B. auch Gehwege in Parks oder Friedhöfe während der Öffnungszeiten. Für Verkehrsregelung auf öff. Verkehrsgrund gilt ausschließl. Straßenverkehrsrecht; Bund hat von konkurr. Gesetzgebungszust. nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG Gebrauch gemacht durch Erlass StVG und der darauf beruhenden StVO, dortige Regelungen entfalten Sperrwirkung für abw. Landesrecht. Länder können z.B. nicht generell abstrakt Tempolimit auf AB für ihr Gebiet flächendeckend einführen. Verkehrsreg. in Gemeindesatzungen (BayObLG VRS 62, 475 = DAR 82, 301) und im Landesrecht (BGHSt 47, 181) sind also unzulässig und unwirksam.

2

Verkehrsrechtl. öffentlich: Tankstelle (BayObLG VRS 24, 69 = VM 63, 13 = VkBl 63, 52; Düsseldorf VRS 59, 282; VRS 76, 34 = NZV 88, 231); Parkplätze immer dann nicht, wenn der Verfügungsberechtigte nach außen erkennbar seinen gegenläufigen Willen verdeutlicht hat. Dies erfolgt z.B. durch Aushang von Nutzungsbedingungen oder durch eigene Beschilderung „Hier gilt die StVO“ oder Vorhaltung von speziellen Mutter-Kind-Parkplätzen etc. Der Verfügungsberechtigte macht dann von seinem Hausrecht Gebrauch. Ist dies nicht der Fall: Parkplatz vor Gastwirtschaft (BGH VRS 20, 453 = DAR 61, 205 = VM 61, 56 = NJW 61, 1124; Düsseldorf NZV 92, 120 = VRS 82, 123); Parkplatz od. Parkhaus, die der Allgemeinheit zur Benutzung offen stehen (KG DAR 77, 47; 78, 19; 83, 80; NZV 2003, 381; Düsseldorf VRS 63, 289); Parkplatz eines Einkaufscenters (Saarbrücken VRS 47, 54); Parkplatz in Hinterhof, der den Kunden mehrerer Firmen sowie den Anwohnern offen steht (OVG Münster NZV 2000, 183 = DAR 2000, 91); Ladestraße eines Güterbahnhofs (Celle DAR 65, 100); öff. Parkhäuser u. Tiefgaragen (Bullert DAR 63, 325; Stuttgart VRS 30, 210; Bremen VRS 33, 193; Düsseldorf VRS 39, 204); gemeinsame Zufahrt zu mehreren Häusern, soweit keine Sperreinrichtungen od. Z vorh. (BayObLG NVwZ 83, 438); Straßen in priv. Klinikgelände (VGH Kassel NZV 89, 406) Straßen in Klinikgelände, das Besuchern von Patienten offen steht, sind öff., auch wenn Umzäunung und Zufahrtkontrolle vorhanden; Forstweg, der als Wanderweg zur Verf. steht (Bouska BayVBl 65, 51); Straßen, die nur nach Bezahlung eines bes. Entgelts (Maut) benutzt werden dürfen, grds. aber jedermann zur Verf. stehen; Straße in nicht abgeschloss. Ind.- od. Gewerbegebiet. Bauliche Mittelstreifen od. Grünstreifen in Straßen mit getrennten Richtungsfahrb. sind öff. iSd Straßenverkehrsrechts, idR sogar iSd Straßenrechts, denn sie bilden zus. mit den für den fließ. Verk. best. Straßenteilen einen einheitl. Straßenraum (z.B. als „Insel“ für Fußg., die die gesamte Straße überschreiten wollen), auch wenn sie nicht ausdrückl. dazu bestimmt sind. Die Auff. von Düsseldorf (NZV 93, 161 = VRS 84, 471 = VM 93, 46) ist als zu eng abzulehnen. Entspr. gilt für Straßenteile, z.B. Grünstreifen, die zw. Fahrb. und Gehweg verlaufen und tatsächl. den Fußg. beim Überqueren der Fahrb. zur Verfügung stehen (davon gehen wohl auch Hamm DAR 94, 409 und Düsseldorf NZV 94, 372 aus). Nicht öffentlich: Kasernengelände (BGH VRS 26, 255); Fliegerhorst (BayObLG VRS 24, 305 = VM 63, 27 = NJW 64, 501); abgeschl. Fabrikgelände, auch mit Parkplatz (Braunschweig VRS 8, 144; 27, 458); ausweispfl. Großmarktgelände (BGH DAR 63, 132 = VM 63, 9); a.A. LG Dresden (NZV 1999, 221); Weg, der erkennbar nur Anwohnern u. Besuchern dient (Hamm VRS 52, 207); Wagendeck eines Fährschiffes (Karlsruhe NZV 93, 77 = VRS 84, 100); wohl auch sog. Verkehrsübungsplätze, jed. nur, wenn sie ggü. dem öff. Verkehrsraum abgeschlossen sind (Zaun), einer Zugangskontrolle und bes. Benutzerregeln unterliegen (die fahrpraktische Ausbildung vor Erwerb einer Fahrerlaubnis darf jed. auch auf solchen Übungsplätzen nur durch Fahrlehrer nach Maßg. des Fahrlehrergesetzes durchgeführt werden). Außerhalb des öff. Verkehrsraums gilt die StVO grds. nicht, dennoch hat man sich zumindest stets an die Grundregel des § 1 zu halten (Vorsicht und gegens. Rücksichtnahme), Versuche seitens vereinzelter Länder und Interessenvertreter.

3

Jeder Fußg., Radf., KfzFührer und damit jeder VT muss sich in jeder Situation darüber klarwerden, ob sein Verhalten in diesem Zeitpunkt nach vernünftiger Auffassung die nach den Umständen mögliche Sicherheit und Störungsfreiheit für die anderen und für sich selbst gewährleistet. Defensiv fahren (Wimmer DAR 64, 37) heißt, „auf Sicherheit“ fahren, so fahren, „dass nichts passieren kann“. Rspr. verlangt risikoärmstes Verhalten (BGH NJW 88, 909). Bedeutet aber nicht, dass man sich als VT immer auf ein Idealverhalten des Anderen verlassen kann. Derjenige, der die gebotene Sorgfalt außer Acht lässt, die in der konkreten Situation erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu schützen, muss ggf. eine Mitverantwortung tragen (Karlsruhe 1 U 8/12, juris).

4

VT ist jeder, der durch eigenes Tun od. Unterlassen unmittelbar auf den Verkehr einwirkt. Beispiele: FzgFührer, der Fzg parkt, für die Dauer des Parkens (Hamburg VRS 23, 139; BayObLG VRS 24, 460; 27, 220); Soziusfahrer auf Kraftrad (BGH VRS 7, 68 = DAR 54, 304; VRS 18, 415); Lenker eines abgeschleppten Kfz (Hamm VRS 22, 220); Führer von Schienenbahn im öff. Verkehrsraum, auch auf Bahnübergang (BGH DAR 53, 118 = VRS 5, 304 = VkBl 53, 240); Baggerführer bei StrBauarb. auf nicht gesperrter Straße (Hamm DAR 64, 115); Fahrlehrer (§ 3 StVG); Lenker der Hinterachse bei Langfzg Kein VT: Fahrgast in Kraftwagen (außer bei Einwirkung auf Fahrer oder Bedienungsapp., Ablenkung des Fahrers, BayObLG VRS 13, 285); Bediensteter der StrVerkBeh u. der StrBaubeh. beim Vollzug des § 45 (Köln NJW 65, 829; Vd 65, 351), des StrBaulastträgers bei § 45 Abs. 5; Bauunternehmer bei § 45 Abs. 6 (Hamm VRS 5, 623); FzgHalter in dieser Eigenschaft.

5

Tatbestand hinreichend bestimmt (BVerfG DAR 68, 329 = VkBl 68, 488; VD 67, 321 abw. von Lange-Fuchs NJW 67, 1843).

6

Andere sind nicht nur VT, sondern alle Menschen, auch Tiere, aber grds. nicht Sachen.

6a

Immer konkrete Gefahr; Befürchtung, dass Unfall unmittelbar bevorsteht (Beinahe-Unfall BGH NJW 95, 3131). Liegt keine konkrete Gefahr vor, ggf. Behinderung oder Belästigung gegeben.

6b

Wer mit der höchstzul. Geschw. auf dem linken Fahrstreifen der Richtungsfahrb. einer AB fährt, behindert einen Fahrer, der überholen will, nicht, wenn das Überholen nur bei Überschreitung der Geschw.beschr. möglich wäre (BGH VRS 72, 293), wohl aber kann ein Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot (§ 2 Abs. 2) vorliegen. Versammlungsfreiheit begr. kein Recht zur absichtl. Lahmlegung des Straßenverkehrs; Behinderungen insoweit nur gedeckt, soweit sie sozialadäquate Nebenfolge der Versammlungsfreiheit sind; AB stehen für Demonstrationen nicht zur Verfügung (OVG Lüneburg NZV 95, 332). Blockade einer AB durch Kfz kann Nötigung (§ 240 StGB) sein (BGH DAR 95, 453 = VM 96, Nr. 1). Zu den Vorauss., unter denen stetiges Fahren auf dem linken Fahrstr. einer AB Nötigung sein kann vgl. Düsseldorf NZV 2000, 301 (vgl. auch Erl. 5 zu § 2). Verlangt wird eine nachhaltige Beeinträchtigung (BGHSt 34, 238).

 

7

Störung einer Radarmessung durch geparkte Fzg ist Belästigung der Überwachungskräfte (Hamm VRS 52, 208). Ein subjektives Unbehagen ist Voraussetzung.

8

Gefährdung, Behinderung und Belästigung müssen konkret nachweisbar sein.

9

Verhältnis zu and. Vorschriften der StVO:


a) Einzelvorschr. untersagt best. Verh. ohne Rücksicht auf Gefährdung usw.: Bei Eintritt einer dieser Folgen Tateinheit (§ 19 OWiG). Beisp.: § 3 Abs. 1, § 4, § 12 Abs. 1.
b) Einzelvorschr. untersagt best. Verh., wenn dadurch einer der Erfolge des § 1 Abs. 2 eintritt: § 1 Abs. 2 nicht anzuwenden (Gesetzeskonkurrenz), wenn diese Folge eintritt, jed. allein anzuwenden, wenn eine and. Voraussetzung erfüllt wird. Beisp.: Gefährdung durch Öffnen der Wagentür = nur § 14 Abs. 1; Behinderung in solchem Falle = nur § 1 Abs. 2.
c) Einzelvorschr. untersagt best. Verh., das notwendig auch den Tatbest. des § 1 Abs. 2 erfüllt: anzuwenden ist nur die Einzelvorschr. Beisp.: Verletzung der Vorfahrt, § 8, des Vorranges nach § 9 Abs. 3.

§ 2 Straßenbenutzung1 durch Fahrzeuge

(1) Fahrzeuge2 müssen die Fahrbahn3 benutzen, von zwei Fahrbahnen4 die rechte. Seitenstreifen4a sind nicht Bestandteil der Fahrbahn4b 4c.

(2) Es ist möglichst weit rechts5 6 zu fahren, nicht nur bei Gegenverkehr, beim Überholtwerden, an Kuppen, in Kurven oder bei Unübersichtlichkeit.

(3) Fahrzeuge, die in der Längsrichtung einer Schienenbahn verkehren, müssen diese, soweit möglich, durchfahren lassen.

(3a) 7Der Führer eines Kraftfahrzeuges darf dies bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte nur fahren, wenn alle Räder mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen7a. Satz 1 gilt nicht für7b


1. Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft,
2. einspurige Kraftfahrzeuge,
3. Stapler im Sinne des § 2 Nummer 18 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung,
4. motorisierte Krankenfahrstühle im Sinne des § 2 Nummer 13 der Fahrzeug-Zulassungs-Verordnung und
5. Einsatzfahrzeuge der in § 35 Absatz 1 genannten Organisationen, soweit für diese Fahrzeuge bauartbedingt keine Reifen verfügbar sind, die den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen und
6. Spezialfahrzeuge, für die bauartbedingt keine Reifen der Kategorien C1, C2 oder C3 verfügbar sind.

Kraftfahrzeuge der Klassen M2, M3, N2, N3 dürfen bei solchen Wetterbedingungen auch gefahren werden, wenn mindestens die Räder


1. der permanent angetriebenen Achsen und
2. der vorderen Lenkachsen

mit Reifen ausgerüstet sind, die unbeschadet der allgemeinen Anforderungen an die Bereifung den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügen.7c Soweit ein Kraftfahrzeug während einer der in Satz 1 bezeichneten Witterungslagen ohne eine den Anforderungen des § 36 Absatz 4 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung genügenden Bereifung geführt werden darf, hat der Führer des Kraftfahrzeuges über seine allgemeinen Verpflichtungen hinaus,


1. vor Antritt jeder Fahrt zu prüfen, ob es erforderlich ist, die Fahrt durchzuführen, da das Ziel mit anderen Verkehrsmitteln nicht erreichbar ist,
2. während der Fahrt a) einen Abstand in Metern zu einem vorausfahrenden Fahrzeug von mindestens der Hälfte des auf dem Geschwindigkeitsmesser im km/h angezeigten Zahlenwertes der gefahrenen Geschwindigkeit einzuhalten, b) nicht schneller als 50 km/h zu fahren, wenn nicht eine geringere Geschwindigkeit geboten ist.7d

Wer ein kennzeichnungspflichtiges Fahrzeug mit gefährlichen Gütern8 führt, muss bei einer Sichtweite unter 50 m9, bei Schneeglätte10 oder Glatteis jede Gefährdung Anderer ausschließen11 und wenn nötig11a den nächsten geeigneten Platz12 zum Parken aufsuchen.

(4) Mit Fahrrädern12a darf nebeneinander gefahren werden; wenn dadurch der Verkehr nicht behindert wird; anderenfalls muss einzeln hintereinander gefahren werden12b. Eine Pflicht Radwege13 in der jeweiligen Fahrtrichtung14 zu benutzen14a, besteht nur, wenn dies durch Zeichen 237, 240 oder 241 angeordnet ist. Rechte Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen benutzen werden14b. Linke Radwege ohne die Zeichen 237, 240 oder 241 dürfen nur benutzt werden, wenn dies durch das allein stehende Zusatzzeichen „Radverkehr frei“ angezeigt ist.14c Wer mit dem Rad fährt, darf ferner rechte Seitenstreifen benutzen14d, wenn keine Radwege vorhanden sind und zu Fuß Gehende nicht behindert werden. Außerhalb geschlossener Ortschaften darf man mit Mofas15 und E-Bikes16 Radwege benutzen16a.

(5) Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr müssen17, Kinder bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr dürfen mit Fahrrädern Gehwege benutzen18. Ist ein baulich von der Fahrbahn getrennter Radweg vorhanden, so dürfen abweichend von Satz 1 Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr auch diesen Radweg benutzen.18a Soweit ein Kind bis zum vollendeten achten Lebensjahr von einer geeigneten Aufsichtsperson begleitet wird, darf diese Aufsichtsperson für die Dauer der Begleitung den Gehweg ebenfalls mit dem Fahrrad benutzen; eine Aufsichtsperson ist insbesondere geeignet, wenn diese mindestens 16 Jahre alt ist.18b Auf zu Fuß Gehende ist insbesondere Rücksicht zu nehmen19 20. Der Fußgängerverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden. Soweit erforderlich, muss die Geschwindigkeit an den Fußgängerverkehr angepasst werden.20a Wird vor dem Überqueren einer Fahrbahn ein Gehweg benutzt, müssen die Kinder und die diese begleitende Aufsichtsperson absteigen21 22.

Erläuterungen

1

Vorschrift gilt nur für den fließenden Verkehr. Daher z.B. bei Parken auf Gehweg Verstoß nur gegen § 12 Abs. 4 (KG VRS 45, 66; BayObLG VRS 48, 456; Düsseldorf VRS 61, 64; BVerwG DAR 92, 473 = VRS 84, 127 = NZV 93, 44; a.A. Düsseldorf VRS 63, 384 = DAR 82, 336, jed. in sich widersprüchl., weil Pflicht zur Fahrb.Benutzung – § 2 Abs. 1 – durch § 12 Abs. 4 gerade nicht für ruh. Verk. gilt). Innerhalb des fließenden Verkehrs gilt die Vorschrift nur für den Längsverkehr. Sie verbietet deshalb z.B. nicht das Überfahren des Gehwegs (oder eines Radwegs), um in ein Grundstück zu gelangen (Hamburg DAR 85, 292); zulässig ist hier aber nur eine direkte rechtwinklige Überquerung. Ein KfzFührer, der vor einer Straßenkreuzung die Fahrb. verlässt, um über ein Tankstellengelände die Querstraße schneller zu erreichen, verstößt nicht deshalb gegen die Vorschrift, weil er den Gehweg überquert (BGH VRS 69, 386). Wer eine parallel zur Richtungsfahrb. einer AB verlaufende Parkplatzstraße benutzt, um sich an deren Ende wieder einzufädeln, verstößt gegen § 2 Abs. 1, nicht aber gegen § 5 Abs. 1 (Düsseldorf VRS 73, 146).

 

2

Fzg jeder Art (Kfz, Fahrräder, Fuhrwerke). Fahrr. u. Mofas s. auch Abs. 4; Fzg, die von Fußg. mitgeführt werden, fallen nicht unter Abs. 1, sondern unter § 25 Abs. 2. Kinderwagen, einschl. sog. City-Roller, Skateboards, Inlineskates usw. begriffl. keine Fzg (§ 24 Abs. 1). Die Vorschr. verbietet also insbes. auch die Benutzung des Gehwegs durch Radf. (Ausn.: Abs. 5); kollidiert ein rechtswidr. auf dem Gehsteig fahr. Radf. mit Pkw, der aus einer Grundstücksausfahrt kommt, so kann selbst die Betriebsgefahr des Pkw zurücktreten (LG Nürnberg-Fürth NZV 91, 433; vgl. auch Hamburg NZV 92, 281; Hamm NZV 95, 152).

3

Derjenige Teil der Straße, der nach seiner bautechn. Gestaltung nach vernünftiger Auffassung für den Fzgverkehr bestimmt ist. Auch Radwege sind Teil der Fahrb. Seitenstreifen der AB darf – außer in Notfällen und bei Anordnung von Z 223.1 „Seitenstreifen befahren“ (vgl. auch Erl. 4c) – nicht benutzt werden, auch nicht für kurze Strecke, um zu einer Ausfahrt zu gelangen (BGH VRS 61, 57 = DAR 81, 295; vgl. auch Bouska DAR 81, 289). Def. des Fahrstreifens als Teil der Fahrb. vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2.

4

Gilt nur für gleichartige Fahrb. einer Straße, also z.B. nicht für schmale Anliegerstraße neben breit ausgebauter Hauptverkehrsstraße. Dann idR zwei Straßen, nicht eine Str. mit mehreren Fahrb. Ggf. Regelung durch Z 220, 267. „Geisterfahrer“ auf AB verstößt gegen § 2 Abs. 1 Satz 1 (BayObLG VM 98 Nr. 52).

4a

Seitenstreifen sind entlang der Fahrb. – durchgehend od. für eine best. Strecke – verlaufende, befestigte od. unbefestigte befahrbare Straßenflächen, die idR durch Fahrbahnbegrenzungslinie (Z 295) von der Fahrb. abgetrennt sind (Ausn.: Abgrenzung durch and. Mittel in verk.beruhigten Geschäftsbereichen, wohl auch für baulich auf kurze Strecken angelegte „Parkstreifen“ § 12 Abs. 4 Satz 1).

4b

Obwohl die StVO nach ihrer Systematik zw. Fahrb. und Seitenstreifen unterscheidet, hatte die Rspr. früher wiederholt Seitenstreifen als Bestandteil der Fahrb. bezeichnet (z.B. BGH DAR 81, 295; zuletzt Köln NZV 92, 415). Auch die mittelbare Klarstellung durch den VO-Geber durch deutliche Hervorhebung des Seitenstreifens in § 18 Abs. 8 durch VO v. 22.3.1988 (BGBl I S. 405) hatte daran zunächst nichts geändert. Erst die Ergänzung des § 2 Abs. 1 stellte ausdrücklich klar, dass der Seitenstreifen im Verh. zur Fahrb. ein aliud ist.

4c

Damit ist z.B. auch klargestellt, dass der Seitenstreifen nicht zum Fahren benutzt werden darf (§ 2 Abs. 1 Satz 1), ausgen. in Notfällen (§ 16 OWiG) und in den bes. geregelten Fällen (z.B. § 2 Abs. 4 Satz 5, § 5 Abs. 6 Satz 3; Z 223.1); klargestellt ist auch, dass Fzg, die auf dem Seitenstreifen fahren, von Fzg auf der Fahrb. im Rechtssinne nicht „überholt“ werden, so dass z.B. Überholverbote (Z 276, 277) insoweit nicht greifen; anders bei angeordnetem Z 223.1, denn dann gelten für den temporär umfunktionierten Seitenstreifen die Vorschriften über die Benutzung von Fahrb. Z 295 wird dann zu Z 340, es gilt das Rechtsfahrgeb. und ein angeordn. Überholverb. muss beachtet werden.

5

Grundsatz des Rechtsverkehrs. Es muss so nahe am rechten Fahrbahnrand gefahren werden, wie das nach Auff. eines durchschn. erfahrenen verantwortungsbewussten Fahrers unter Berücks. der Geschwindigkeit, der Verkehrslage, der Sichtverhältnisse, der Fahrbahnbreite u. -beschaffenheit (z.B. Wölbung, tiefe Schlaglöcher) u. sonst. Umstände (z.B. Baumäste im Lichtraum der Straße) vertretbar erscheint. Schutz des Gegenverkehrs stets vorrangig (reibungslose Abwicklung des Fahrverkehrs, BGH VersR 64, 1069; DAR 96, 462 = VRS 92, 189 = NZV 96, 444 = VM 97 Nr. 11). Linksfahren auch auf Fahrb. ohne Gegenverkehr, z.B. Autobahn, verboten, jed. beim Überholen kein Einscheren in ungenüg. Fzglücken notwendig (Frankfurt VM 64, 23; BayObLG VRS 28, 44; 29, 468; Hamm VRS 33, 130). Kfz, die links neben einem Schutzstreifen für Radf. (Z 340) fahren, verstoßen nicht gegen das Rechtsfahrgebot. Zur Frage, wann auf Fahrb. mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung der linke Fahrstreifen für nachfg. schnelleren Verk. freigemacht werden muss, vgl. Bouska DAR 85, 137; BayObLG DAR 90, 187. Wer auf AB rechtswidrig links fährt und dadurch nachfolg. Fzg am Überholen hindert, verstößt nur gegen § 2 Abs. 2, nicht gegen § 1 Abs. 2, wenn das Überholen nur unter Überschreiten der dort geltenden Höchstgeschw. möglich gewesen wäre (BGH VRS 72, 293). Nötigung (§ 240 StGB) kann gegeben sein, wenn ein Fzgf. den linken Fahrstreifen der AB nicht freigibt und damit ein nachf. Fzg planmäßig, längerwährend und ohne vernünftigen Grund am Überholen hindert (Stuttgart NZV 91, 119; vgl. auch Hamm NZV 91, 480, Köln NZV 93, 36 und Düsseldorf NZV 2000, 301). Kurven dürfen nicht geschnitten werden, auch nicht bei übersichtlicher Fahrb. u. Fehlen einer Behinderung od. Gefährdung (BGH VRS 39, 367 = VM 70, 89). Abstand 80 cm zum recht. Fahrbahnrand und 50 cm z. Fahrbmitte nicht zu beanstanden (BayObLG VRS 61, 55). Bei Nebel unter best. Vorauss. geringerer Abstand (50 cm) zur Leitlinie in Fahrbmitte zulässig (BayObLG VRS 62, 377).

6

Sog. Kriechspuren sind Fahrstreifen, die im Bereich von Steigungs- u. Gefällstrecken zusätzlich angelegt und von den übrigen Richtungsfahrstreifen durch eine Leitlinie (Z 340) in Breitstrichausführung (vgl. VwV-StVO Rn. 5 zu Z 340 iVm RMS) abgegrenzt sind. Beschilderung, z.B. mit Z 209, häufig, jed. nicht begriffsnotw. Zügiger Verkehr muss Kriechsp. idR nicht benutzen (vgl. BGH DAR 70, 21; Bouska DAR 62, 254; Frankfurt VM 76, 56, das eine Abweich. vom Rechtsfahrgebot bei fahrstreifenbezogener Geschw.Beschr. für zulässig hält. Das muss auch bei unterschiedl. Mindestgeschw. gelten, wie bei Kriechstreifen, aber auch bei regulären dreistreifigen Richtungsfahrbahnen in Steigungsstrecken häufig angeordnet; vgl. auch VD 77, 81). Nachdem nunmehr auch fahrstreifenbezogene Anordnungen unterschiedlicher Geschw. ausdrücklich zugelassen sind (vgl. § 39 Abs. 2 Satz 4) empfiehlt sich eine Klarstellung, dass dann eine Abweichung vom Rechtsfahrgebot zulässig ist. Zügig = wer an Steigung oder Gefälle mind. 60 km/h fährt. Am Ende der Kriechsp. Wartepflicht gegenüber durchgeh. Fahrspur; Z 205 zulässig, aber nicht notw. (BGH aaO); das Reißverschlussverfahren (§ 7 Abs. 4) kommt am Ende eines Kriechstreifens wegen § 7 Abs. 5 Satz 1 in aller Regel nicht in Betracht, weil eine Vermischung des Verkehrs nach diesem Verfahren angesichts der hohen Geschwindigkeitsunterschiede gefährlich wäre.

7

Neugefasst durch 52. VO zur Änd. straßenverk. Vorschr. Mai 2017. Novellierung musste im Anschluss an die Verortung der Anforderungen an Reifen für winterliche Verh. in § 36 Abs. 4 StVZO erfolgen. Eine erste Konkretisierung solcher Reifen erfolgte Ende 2010. Bereits vorherige Vorschrift beinhaltete Verhaltenspflichten zur Anpassung der Ausrüstung an die Wetterverhältnisse. Es handelt sich nach wie vor ausschließlich um eine situative, witterungsabhängige Verhaltens- und nicht um eine generelle Ausrüstungspflicht. Für Fzg, die der Personenbeförderung dienen (Omnibus, Taxi), enthält § 18 BOKraft bereits seit geraumer Zeit eine Winterreifenpflicht. Oldenburg hatte mit Beschl. v. 9.7.10 entschieden, dass die Bußgeldbewehrung für Verstöße gegen die alte Vorschrift gegen das Bestimmtheitsgebot (Art. 103 Abs. 2 GG) verstößt. Bundesrat hatte zu dieser Konkretisierung in 2010 gleichz. eine Entschließung gefasst, in der weiterer Beratungs- und Prüfbedarf zum Ausdruck kam (z.B. Prüfung der Profiltiefe, Aufforderung Bußgeldtatbestand für Halter durch Anpassung StVZO zu schaffen). Festlegung einheitlicher Kriterien für Winterreifen scheiterte vormals daran, dass erst eine Verabschiedung in den intern. Gremien der UN-Wirtschaftskommission für Europa (UNECE) für Prüfanforderungen für Winterreifen notwendig war (im Nov. 2012 geschaffen -Verankerung des Alpine-Symbols, dessen Aufbringung einen definierten Test durchlaufen muss – dadurch werden Mindestanforderungen an die Leistungsfähigk. des Winterreifens bei schneebedeckter Straße festgelegt). In der Folge wurde die Bundesanstalt für Straßenwesen mit einem Forschungsprojekt zu Reifenalter, Profiltiefe, Winterreifen nur auf der Lenkachse von Nutzfzg und Schneekettenpflicht bei Nutzfzg beauftragt. Verpflicht. gilt auch für Mietwagen, Fzgf. hat sich vor Fahrtantritt von der ordnungsgem. Bereifung zu überzeugen.

7a

Reifen müssen dem § 36 Abs. 4 StVZO entsprechen. Regelung gilt für M2, M3, N2, N3 Kfz. Im Fzg mitgeführte Ersatzräder werden davon nicht erfasst. Die Reifen für winterliche Verhältnisse werden über die Kennzeichnung mit entsprechenden Symbolen (Alpine-Symbol) definiert. Sie müssen die in der ECE-Regelung Nr. 117 festgelegten Anforderungen auf Schnee erfüllen. Zur Übergangsbestimmung vgl. § 52. Die in § 36 Abs. 4 StVZO beschriebene Reifenkennzeichnung wird in abgestuften Zeitschritten eingeführt. M+S-Reifen können bis 30.9.2024 verwendet werden, wenn sie bis 31.12.2017 produziert wurden (Herstellungsdatum auf Reifenseitenwand ablesbar).

7b

Schaffung der Ausnahmetatbestände ist in Teilen umstr. Laut ECE-Regelung Nr. 117 dürfen Winterreifen der Klassen C1, C2, C3 (Reifen für Lkw und Pkw) das Alpine-Symbol erhalten, wenn sie einen Test durchlaufen haben. Bei Motorrädern fehlt dies bislang. Einspurige Fzge werden nun ausgenommen. Unter Verk.Si.Gründen ist dies fraglich. Besser ist es, von vornherein das Motorrad bei solchen Bedingungen stehen zu lassen. Auch Motorräder mit Doppelrad fallen darunter, es sei denn, sie sind mit Pkw-Reifen ausgerüstet. Bundesanstalt für Straßenwesen ist beauftragt, den Einfluss von Winterreifen auf die Verk.Si. zu untersuchen. Änderungen könnten je nach Ausgang also noch folgen. Motorisierte Krankenfahrstühle und Gabelstapler sind ebenfalls ausgenommen – geringe Geschw. (15 km/h) lässt dies unter Verk.Si.Gründen im Gegensatz zu Motorrädern aber auch generell zu. Die zusätzlich verankerten Parameter, die unter Verk.Sicherheitsgründen unentbehrlich sind, lassen dennoch ein generelles situatives Fahrverbot vermuten. Es dürfte quasi niemals erforderlich sein, die Fahrt wirklich mit dem Motorrad durchzuführen, da zumindest die Möglichkeit der Anmietung von Pkw oder der Nutzung des ÖPNV immer gegeben sein dürfte. Jegliche Verkehrsziele sind in Deutschland mit anderen Verkehrsmitteln als mit Motorrädern erreichbar!

7c

Ausnahme geht auf Bundesrat (BR-Drs. 771/16-Beschluss) zurück mit der Begründung, dass Testergebnisse der Fachpresse sowie Angaben der Reifenhersteller eine Verbesserung der Fahrstabilität sowie eine erhebliche Verkürzung des Bremsweges von Lkw und Lkw-Gespannen belegen, wenn diese auf allen Achsen mit Winterbereifung ausgerüstet sind. Mit dem Begriff der „vorderen Lenkachse“ soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass im Nutzfahrzeugbereich gelenkte Achsen in Form einer Reibungs- und Hilfslenkung auch an der Hinterachse Anwendung finden. Zur Übergangsfrist vgl. § 52.

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Mögliche Geschw. dürfte bei richtigen winterl. Verh. weit unter 50 km/h betragen, soweit sie ohne entspr. Bereifung unterwegs sind.

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Zu beurteilen nach der Gefahrgutverordnung Straße (GGVS) und dem Europ. Übereinkommen über die internat. Beförderung gefährl. Güter auf der Straße (ADR-Übereinkommen). Betrifft insbes. auch Tankfzg mit brennbaren Flüssigkeiten.