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»Ei der Tausend, der Wagen hält ja vor unserm Hause!« rief Valentin aus. »Wer mag so spät und in einer so kalten Nacht zum Besuch kommen? Und, noch dazu in einem Wagen!«



»Es ist eine Droschke, nach dem Rädergerassel zu urteilen, und sie bringt uns die ‚Schöne Minka‘«, sang Zack, sinnreich den Originaltext seines Gesanges mit der Vorstellung eines möglichen Besuchers in den Schlussworten verbindend.



»Hören Sie auf, solchen Unsinn zu singen, und lassen Sie uns Acht geben, ob die Tür geöffnet wird«, sagte Frau Blyth, froh eine kleine Gelegenheit gefunden zu haben, um Zack einen ganz gelinden Verweis zu erteilen.



»Ich vermuthe, es ist Herr Gimble, der endlich auf dasjenige meiner Gemälde bieten wird, welches er schon längst hat kaufen wollen«, rief Valentin aus.



»Und ich vermute, dass es mein Hofmeister ist!« rief Zack, sich plötzlich mit einem kreideweißen Gesicht auf seinen Knien umdrehend. »O, dieser höllische Yollop, mit seinen Stachelbeeraugen und seinen Händen voll Traktätchen. Es sieht ihm ganz ähnlich, hierherzukommen und mein Vergnügen zu stören, wie er es überall gestört hat.«



»Pst!« sagte Frau Blyth. »Der Fremde ist eingetreten, wer immer er auch sein mag. Herr Gimble kann es nicht sein, Valentin, denn der läuft stets zwei Stufen auf einmal hinauf.«



»Und es ist eine Person, die schwer wiegt, nicht eine Unze weniger als sechzehn Stein, nach dem Tritt zu urteilen«, bemerkte Zack, indem er seine Semmel anbrennen ließ, während er horchte.



»Es ist doch nicht die langweilige alte Lady Brambledown, die Dich wieder mit der Ändernng ihres Bildes quälen will«, sagte Frau Blyth.



»Nein, sie ist es sicher nicht«, begann Valentin, aber ehe er fortfahren konnte, wurde die Tür geöffnet, und zum größten Erstaunen eines jeden, mit Ausnahme des armen Mädchens, dessen Ohr keine Stimme erreichen konnte, meldete die Magd an: »Frau Peckover.«



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Erstes Kapitel – Ein alter Freund

Die Zeit hatte die Frau Peckover mit einem ziemlich starken Embonpoint versehen, ihr aber großmütig nichts oder wenig dafür genommen. Ihr Haar war allerdings seit der Zeit, wo Valentin sie zum ersten Mal im Circus traf, grau geworden, aber ihr gutgelauntes Gesicht sah noch immer so lebhaft und herzlich aus, wie nur je in früheren Tagen. Ihre Backen hatten gewaltig an Umfang gewonnen, ihr Kinn war aus dem zweiten in das dritte Stadium jovialer Entfaltung getreten; einige zweifelhafte Spuren von einer Taille, die sie früher besessen hatte, waren spurlos verschwunden, aber an der geschäftigen Manier, mit der sie in Frau Blyths Zimmer eintrat, war leicht zu erkennen, dass ihr Tätigkeitssinn nichts von seiner früheren Kraft verloren hatte und noch immer allen körperlichen Hindernissen Trotz bieten konnte.



Zahllose Bruchstücke cordialer Worte hervor keuchend, Herrn und Frau Blyth, sowie Zack zulächelnd und zunickend, bis die mächtig große altmodische Haube auf ihrem Kopfe fieberhaft zitterte, schritt die gute Frau, jeden beweglichen Gegenstand im Zimmer erschütternd, gerade auf den Teetisch zu und schloss Madonna in ihre gewaltigen Arme. Das zarte Gesicht des jungen Mädchens schien in einer dichten Wolke von Haubenbändern und unergründlichen Stoffen zu verschwinden, als Frau Peckover sie mit einem prasselnden Feuer von Küssen begrüßte, deren Schall trotz des hastigen Sprechens des Herrn Blyth und des lauten Gelächters Zacks hörbar war.



»Ich will Ihnen sogleich sagen, wie ich hierher komme, mein Herr; ich musste doch aber wenigstens erst nach meiner alten Weise zur kleinen Marie »guten Tag« sagen«, begann Frau Peckover entschuldigend, die man nicht dahin bringen konnte, den Namen »kleine Marie«, welchen sie in früheren Jahren so oft und so gern ausgesprochen hatte, mit dem ihr in Valentins Hause gegebenen »Madonna« zu vertauschen. Dies kam daher, weil dieses würdige Geschöpf durchaus nicht das Geringste von Raphael wusste und sie »Madonna« als ein ausländisches Wort betrachtete, das mit Guy Fawkes und der Pulververschwörung in Verbindung stände, und daher fest glaubte, dass eine Engländerin von gesetzten Jahren ihren Charakter kompromittieren müsste, sobald sie diesen Namen auszusprechen wagte.



»Ich will Ihnen sagen, mein Herr – ich will Ihnen sogleich sagen, warum ich nach London gekommen bin«, wiederholte Frau Peckover, majestätisch vom Teetische aufstehend, und bewegte sich leicht um ihre eigene Achse nach der Richtung des Kissens hin, um sich genau nach der Gesundheit der Frau Blyth zu erkundigen.



»Ich befinde mich weit besser, meine gute Freundin – weit besser«, war die tröstliche Antwort; »aber bitte sagen Sie uns, weshalb Sie uns aus diese Weise überrascht haben?«



»Nun, verehrte Frau«, fing Frau Peckover an, »es ist für mich beinah fast eine ebenso große Überraschung in London zu sein, als es – sein Sie ruhig, Sie junger Taugenichts; ich werde Ihnen nicht einmal die Hand geben, wenn Sie sich nicht anständig betragen!« Die letzten Worte richtete sie an Zack, dessen Lieblingsscherz vom ersten Tage seiner Bekanntschaft mit ihr in Valentins Hause es stets gewesen war, sich fürchterlich verliebt in sie zu stellen. Er stand jetzt mit weit geöffneten Armen, die Röstgabel in der einen Hand und den Teekuchen, welchen er verbrannt hatte, in der andern, versuchte schmachtend auszusehen und bat Frau Peckover um einen Kuss.



»Sobald Sie es verstehen, einen Teekuchen gehörig zu rösten, könnte ich mich vielleicht entschließen, Ihnen einen zu geben«, sagte sie, indem sie triumphierend über ihre eigene kleine, ihr sehr witzig erscheinende Antwort lachte. »Bitte, Herr Blyth, sorgen Sie dafür, dass er sich ruhig verhält, oder ich werde kein Wort von Allen dem herausbringen können, was ich zu sagen habe. Sehen Sie, verehrte Frau, Doktor Joyce —«



»Wie befindet er sich?« unterbrach sie Valentin, indem er ihr eine Tasse Tee überreichte.



»Er ist der beste Mann von der Welt, mein Herr, aber er trinkt gern sein Glas Portwein nach Tische und davon kommt es, dass er jetzt an der Gicht darniederliegt.«



»Und Frau Joyce?«



»Die ist auch krank, mein Herr – das ganze Haus ist beim Rektor mit Krankheit geplagt – geplagt mit der Influenza.«



»Hat eins von den Kindern auch die Influenza?« fragte Frau Blyth. »Ich hoffe nicht.«



»Nein, verehrte Frau, sie sind Alle wohl, das jüngste Mädchen ausgenommen. – Erinnern Sie sich ihrer noch, mein Herr? Es ist dieselbe, die so schnell wuchs, als sie zum letzten Male beim Rektor waren. – Ihrethalben komme ich nach London.«



»Ist das Kind krank?« fragte Valentin ängstlich. »Es ist so ein allerliebstes kleines Geschöpf, Lavinia, ich möchte es gern malen.«



»Ich befürchte, sie eignet sich jetzt gerade nicht gut zum Malen«, erwiderte Frau Peckover. »Frau Joyce ist in schrecklicher Unruhe ihrethalben, weil eine ihrer Schultern schief geworden ist. Der Rubbleforder Doktor zweifelt zwar nicht daran, dass dieser Übelstand wieder beseitigt werden könnte, aber er sagt, man müsste sogleich mit ihr zu einem berühmten Doktor in London gehen. Da nun weder ihr Vater noch ihre Mutter im Stande waren, sie nach dem Hause ihrer Tante hinzubringen, so beauftragten sie mich damit. Wie Sie wissen, mein Herr, seit Doktor Joyce meinem Manne eine Stelle in Rubbleford verschafft hat, habe ich mich immer bemüht, mich in der Wohnung des Rektors bei den Kindern und sonst in der Wirtschaft nützlich zu machen; und da Fräulein Lucy sich an mich gewöhnt hat, so fuhren wir ganz fröhlich und heiter auf der Eisenbahn zusammen hierher. Sie können sich wohl leicht vorstellen, wie sehr erfreut ich war, eine solche Gelegenheit hierher zu finden, zumal ich die kleine Marie so lange nicht gesehen habe. Ich ließ Fräulein Lucy bei ihrer Tante, wo man sehr freundlich gegen mich war und mich die Nacht über dort zu behalten wünschte. Ich sagte aber, dass ich, so oft ich mich auch in London befände, stets durch Ihre Güte ein Bett in Ihrer Wohnung für mich hätte, und nachdem ich so das kleine Mädchen sicher und bequem untergebracht wusste, setzte ich mich in eine Droschke und fuhr hierher. Das ist die ganze Geschichte, wie ich dazu kam, Sie auf diese Weise zu überraschen, verehrte Frau – und nun will ich meinen Tee austrinken.«



Nachdem sie ihre Tasse ausgetrunken und einen Teekuchen, der ihr von dem unverbesserlichen Zack als ein Beweis seiner unabänderlichen Zuneigung mit verliebter Miene präsentiert worden war, aufgegessen hatte, gewann Frau Peckover Zeit, sich wieder zur Madonna zu wenden, die ihr Hut und Shawl abgenommen hatte und jetzt dicht neben ihr saß. »Bei meinem jetzigen Eintritte dachte ich nicht, dass sie ganz so wohl aussehe, wie gewöhnlich, aber sie scheint sich jetzt wieder erholt zu haben«, sagte Frau Peckover, indem sie dem Mädchen mit ihren dicken Fingern auf die Wange klopfte. Und in der Tat, die stille Trauer war bei dem Anblick ihrer ältesten Freundin und Mutter von dem Gesicht der Madonna verschwunden. – »Vielleicht hat sie sich kürzlich ein wenig zu sehr mit dem Zeichnen beschäftigt —«



»Beiläufig gesagt, da wir gerade vom Zeichnen sprechen, was ist aus meiner Zeichnung geworden?« rief Zack aus, als er sich plötzlich zum ersten Male des Geschenks erinnerte, welches er von der Madonna zum Andenken erhalten hatte.



»Mein Gott«, fuhr Frau Peckover fort, als sie die drei Zeichenbretter erblickte, welche um das Fußgestell der Büste herumstanden, »hat dies alles die kleine Marie gemacht? Ich vermute, sie ist jetzt geschickter als je vorher im Zeichnen. O, mein Himmel, was für eine alte Frau ich geworden bin, wenn ich an die vielen vergangenen Jahre denke —«



»Kommen Sie und sehen Sie, was sie heute Abend gearbeitet hat«, unterbrach sie Valentin, Frau Peckover beim Arm nehmend und denselben sehr bedeutungsvoll drückend, als er nach jenem Teil des Tisches hinblickte, wo der junge Thorpe saß.

 



»Meine Zeichnung – wo ist meine Zeichnung?« wiederholte Zack. »Wer stellte sie weg, als der Tee hereingebracht wurde? O! dort liegt sie, ganz gut verwahrt auf dem Bücherschranke.«



»Ich gratuliere Ihnen, mein Herr, dass Sie sich endlich erinnern, dass überhaupt das Geschenk der Madonna noch für Sie existiert«, sagte Frau Blyth sarkastisch.



Zack sah verblüfft vom Tee auf und fragte sogleich, was jene Worte bedeuteten.



»O bitte, beachten Sie dieselben nicht«, sagte Frau Blyth in demselben Tone, »Sie sind keiner Erklärung wert. Hörten Sie jemals von einem jungen Gentleman, der einen Teller voll Teekuchen mehr schätzte, als das Geschenk einer Dame? Ich glaube nicht! Ich wenigstens niemals. Sprechen Sie nicht mehr mit mir darüber, ich habe hier ein Buch, das ich auslesen möchte. Nein, es hilft Ihnen nichts, ich werde kein Wort weiter sagen.«



»Was für ein Unrecht habe ich begangen?« fragte Zack, kläglich und bestürzt aussehend, als er zu ahnen anfing, dass er irgendeinen unverzeihlichen Verstoß begangen haben musste. »Ich weiß, dass ich einen Teekuchen verbrannt habe, aber was hat das mit meinem Geschenke von der Madonna zu tun?« (Frau Blyth schüttelte bei diesen Worten mit dem Kopfe, öffnete ihr Buch und vertiefte sich sogleich darin). »Dankte ich ihr nicht dafür in gehöriger Weise? Ich würde ein Unmensch und ein Narr sein, wenn ich nicht dankbar dafür und stolz auf das sein wollte, was sie für mich gearbeitet hat.« (Hier hielt er inne, aber Frau Blyth achtete nicht auf ihn). »Ich befürchte, dass ich in eine sehr unangenehme Lage gekommen bin! Scherzen Sie darüber, so viel Sie wollen, aber sagen Sie mir, worin sie besteht. Sie wollen nicht? Nun, dann will ich schon suchen, alles von der Madonna darüber zu erfahren. Sie weiß es natürlich und wird es mir sagen. Sehen Sie hierher, Frau Blyth, ich werde nicht eher aufstehen, bis sie mir alles gesagt hat.« Zack fiel hierauf mit einer komisch-bittenden Miene am Stuhle der Madonna auf seine Knie nieder, bemächtigte sich sogleich ihrer Schiefertafel, die immer noch an ihrer Seite hing, und verhinderte so, dass sie sich von ihrem Sitze erheben konnte.



Während der junge Thorpe Fragen, Beteuerungen und Unsinn aller Art schnell hintereinander auf die Tafel schmierte, las die Madonna, – deren Augen unter Tränen zu lächeln suchten – seine Fragen und Wünsche mit zweifelnder Miene. Anfangs konnte sie es kaum über sich gewinnen, an seine aufrichtige Reue zu glauben, als er aber die Bitte niederschrieb, sie möge sanft und verzeihend auf ihn nieder blicken, und dieselbe mit flehender Gebärde begleitete, so konnte Madonna trotz der geheimen Zeichen, die ihr von Madam Blyth für das Gegenteil gemacht wurden, doch nicht umhin, ihm seine Sorglosigkeit zu vergeben und ihm wie gewöhnlich wieder zum Beweise ihrer Aufrichtigkeit ihre Hand zu überlassen.



Während diese kleine Szene an einem Ende des Zimmers vor sich ging, war eine Szene anderer Art – ein Gespräch in geheimnisvollem Flüstern zwischen Herrn Blyth und seinem Besuche vom Lande, an dem andern im vollen Gange.



Die Zeit hatte Valentins an Krankheit grenzende Angst über das strenge Geheimhalten eines jeden Umstandes, der sich auf Frau Peckovers erste Bekanntschaft mit der Madonna und ihrer Mutter bezog, keineswegs vermindert. Die Jahre, welche ihm jetzt in unbestrittenem Besitze seines Adoptivkindes dahingeschwunden waren, hatten die übermäßige Vorsicht, das Wenige, was von ihrem Leben bekannt war, geheim zu halten, nicht verringert, ja ihn sogar angetrieben, Doktor Joyce und seine Frau zu verpflichten, dass sie niemals die besonderen Umstände der in der Rektorwohnung mitgeteilten Erzählung gegen jemand erwähnten. Er konnte dessen ungeachtet seine erste Furcht nicht besiegen, dass sie eines Tages aufgespürt, ihm abverlangt und entrissen würde, sobald jene Erzählung, so armselig sie an sich war, jemals andern Ohren, als denjenigen, welche sie ursprünglich mit angehört hatten, anvertraut werden würde. Noch hielt er das Haararmband und das Taschentuch, welche ihrer Mutter gehört hatten, sorgfältig vor Jedermann in seinem Bureau verschlossen und dennoch zweifelte er an der Verschwiegenheit der Frau Peckover, wie er es schon in früheren Tagen getan hatte, als das kleine Mädchen zuerst in sein Haus kam.



Nachdem er einen Vorwand gesucht hatte, um ihr die am heutigen Abend angefangenen Zeichnungen zu zeigen, wusste es Herr Blyth schlau anzustellen, um Frau Peckover an denselben vorbei nach einem Winkel in dem äußersten Ende des Zimmers zu führen.



»Wohl an«, sagte er mit einem unnötigen leisen Flüstern, wenn man die Entfernung in Anschlag brachte, welche ihn jetzt von Zack trennte, und welche so groß war, dass niemand die Worte, welche er in einem leisen Tone hätte sagen können, verstanden haben würde, nicht einmal einer, der in der bestimmten Absicht ganz besonders gelauscht hätte, um sie zu erhorchen. »Wohl an, sind Sie überzeugt, dass Sie gegen niemand etwas ausgeplaudert haben, seit wir uns zuletzt sahen – Sie verstehen, etwa beim Plaudern mit den Nachbarn – über Ihr erstes Zusammentreffen mit unserm Lieblingsmädchen? Oder über ihre arme Mutter? Oder —?«



»Wie, Sie fangen die alte Geschichte wieder an, mein Herr?« unterbrach ihn Frau Peckover hochmütig, aber in ebenso flüsterndem Tone, um Herrn Blyth nachzuahmen – »Sie, der Sie noch obendrein ein so geschickter Mann sind! Mein Himmel, wie oft soll ich es Ihnen denn noch sagen, dass ich alt genug bin, um meine Zunge im Zaum zu halten! Wie lange wollen Sie sich denn noch ängstigen, etwas zu verbergen, was niemand sucht?«



»Meine gute Seele, Sie wissen, ich glaube immer, dass Sie Ihren Mund halten können«, erwiderte Valentin schmeichelnd, »aber gerade jetzt waren Sie hier in der Gegenwart des jungen Thorpe in Begriff, von alten Zeiten und von dem, was Sie sich von früher her von unserm lieben Kinde erinnerten, zu sprechen, wenn ich Sie nicht unterbrochen hätte.«



»Ich wollte durchaus nichts derartiges sagen, mein Herr, und ich wundere mich, wie Sie mir so etwas zumuten konnten«, antwortete Frau Peckover schnell und entschieden.



»Dann habe ich mich geirrt und ich bitte um Verzeihung.« Hier hielt er inne, um sich nach Zack umzusehen. Wie er aber bemerkte, dass der junge Thorpe zu sehr mit der Madonna beschäftigt war, um auf irgendetwas anderes zu achten, fügte er hinzu: »Und Ihr Mann? und Doktor Joyce und Frau Joyce, keiner von Ihnen, sagen natürlich jemals ein Wort darüber vor andern Leuten?«



»Täten Sie nicht besser, wenn Sie an alle drei schrieben und sie selber darüber befragen, mein Herr?« wandte Frau Peckover spöttisch ein. »Es würde weit beruhigender sein, als sich auf ein altes, geschwätziges Weib wie mich, zu verlassen, das kein Geheimnis bewahren kann.«



»Still! Still!« sagte Valentin, ihre Hand ergreifend, »Sie glauben doch nicht, dass ich Sie beleidigen wollte? Sie wissen, hierüber haben wir immer unsern kleinen Zwist, nicht wahr? Aber wir sahen darin niemals eine Beleidigung – o nein, niemals! Dazu sind wir zu alte Freunde.«



Frau Peckover stimmte diesem Ausspruch lächelnd bei und schickte sich an, nach dem andern Ende des Zimmers zurückkehren; Herr Blyth hielt sie jedoch einige Augenblicke länger zurück und fuhr ernst, fast traurig fort: »So oft ich Sie sehe, meine gute Freundin, bilde ich mir ein, die ganze traurige Geschichte unseres Lieblingskindes und ihrer elenden verlassenen Mutter, deren Namen wir nicht einmal kennen, wieder zu hören. Ich fühle auch, wenn Sie uns besuchen fast mehr, als zu andern Zeiten, wie die Tochter, die Sie uns gegeben, Lavinia und mir unaussprechlich teuer geworden ist; und ich denke mit mehr Furcht, als ich wohl zu beschreiben im Stande bin, an den schrecklichen Fall, wenn unbedachtsamer Weise irgendetwas darüber gesagt und von einem zum andern weiter gesprochen würde.«



»O mein Himmel, wie können Sie nur nach so vielen Jahren noch so etwas befürchten?«



»Ich bin niemals lange ängstlich, Frau Peckover, meine gute Laune vertreibt immer jede Angst, sie sei groß oder klein, aber so lange ich nicht weiß, ob nicht noch Verwandte von ihr – vielleicht ihr schurkischer Vater selbst – noch leben könnten und nach ihr forschen —«



»Darüber können Sie sich beruhigen, Herr Blyth, von ihren Verwandten lebt keiner mehr, und wenn es der Fall wäre, so bekümmert sich keiner um das arme Lamm. Dafür will ich stehen.«



»Ich hoffe zu Gott, dass Sie Recht haben«, sagte Valentin ernst. »Aber lassen Sie uns jetzt nicht mehr daran denken«, fügte er hinzu und ging wieder zu seinem gewöhnlichen Benehmen über. »Ich habe meine regelmäßigen Fragen vorgebracht, welche ich stets stelle, so oft ich Sie sehe; Sie haben mir dies wie gewöhnlich verziehen und nun bin ich ganz zufrieden. Nehmen Sie meinen Arm, Frau Peckover. Um Ihre Ankunft zu feiern, will ich den Studenten meiner neuen Zeichenakademie für den übrigen Teil des Abends ihre Arbeit erlassen. Was denken Sie davon, wenn wir nach alter Weise ein Spielchen machten?«



»Das ist es gerade, woran ich selbst dachte und womit ich sehr zufrieden sein würde, nämlich, so lange jedes Spiel nur um sechs Pence gespielt wird«, sagte Frau Peckover heiter. »Ich sage, junger Herr«, fuhr sie, als Herr Blyth sie verlassen hatte, um die Karten zu holen, an Zack gewendet fort, »was für Unsinn schreiben Sie da auf unseres Lieblings Tafel? Sie ist ja ganz verwirrt und errötet bis hinter die Ohren, wenn sie auf ihre arme alte Peckover blickt? Gott segne sie! sie vertreibt sich jetzt ebenso leicht die Zeit, wie damals, als sie noch ein Kind war. Gib mir noch einen Kuss, mein Liebling. Du verstehst, was ich meine, nicht wahr, wenn Du auch nicht hören kannst! O, du meine Güte! wenn sie so dasteht und mich mit ihren Augen betrachtet, so ist sie das lebende! Bild von —«



»Cribbage«, rief Herr Blyth aus, ein dreieckiges Brett für drei Spieler auf dem Tisch befestigend und Frau Peckover mit dem vorwurfsvollsten und verweisendsten Ausdrucke ansehend, den seine Gesichtszüge annehmen konnten.



Sie fühlte, dass sie jenen Blick verdient hatte, und näherte sich beinah verwirrt dem Spieltisch, ohne noch ein Wort weiter zu sagen. Hätte sie aber Valentin nicht zum zweiten Male unterbrochen, so würde sie in der Gegenwart des jungen Thorpe erklärt haben, dass die Madonna das lebende Bild ihrer Mutter wäre.



Glücklicher Weise kam ihr Zack während der augenblicklichen, unangenehmen Stille, welche jetzt entstand, zu Hilfe. Während sie sprach, war er nach dem Bücherschrank gegangen, um sein Geschenk zu holen und es ihr zu zeigen. Hierauf setzte er, als sie die Zeichnung betrachtete, seinen Lieblingsscherz fort, – indem er sie bat, auf die Madonna nicht eifersüchtig zu sein; dabei versuchte er seinen Arm um ihre Taille zu legen und erklärte, dass Frau Peckover der Name des einzigen weiblichen Wesens wäre, das er jemals wahrhaft geliebt hätte.



Außerdem bestürmte er sie noch mit so vielem geräuschvollem Unsinn, dass sie ihre gute Laune und den Gebrauch ihrer Zunge zu ihrer Selbstverteidigung sogleich wieder erlangte.



»Die Madonna wird wie gewöhnlich mitspielen. Willst Du die dritte abgeben, Lavinia?« fragte Valentin, als er die Karten mischte. »Zack brauchen wir gar nicht zu fragen, er kann noch nicht einmal zählen.«



»Nein, ich danke Dir, mein Lieber. Ich werde hinlänglich genug zu tun haben, wenn ich mit meinem Buche fortfahre und es während Eures Spiels nebenbei versuche, Meister Tollkopf hier in Ordnung zu halten«, erwiderte Frau Blyth.



Das Spiel fing an. Es war eine hergebrachte Sitte, dass, so oft Frau Peckover nach Herrn Blyths Hause kam, Cribbage gespielt wurde und die Madonna daran Anteil nehmen musste. Dies wurde hauptsächlich ihrethalben in dankbarer Erinnerung an die alten Zeiten getan, als sie unter der Fürsorge von Jemmys Frau lebte und wo sie von ihr Cribbage gelernt hatte, damit sie nach ihrer Genesung von dem im Circus sie betroffenen Unglücke eine kleine Zerstreuung hatte. Es war ein charakteristischer Zug und eine sonderbare Eigentümlichkeit ihrer Gemütsart, dass der Anblick der Karten, welche sie die Tage des Leidens und der Betrübnis und an die spätere Periode der mühsamen Produktionen vor dem Publikum, wobei die dieselben eine große Rolle spielten, niemals eine schmerzliche Erinnerung bei ihr hervorrief. Bei den angenehmen Nebenumständen aber, welche an ihnen hafteten, bei der sinnigen Güte, die sie in ihrem tiefen Schmerze so oft getröstet hatte, und bei der selbstleugnenden Liebe, die ihre Betrübnis gemildert hatte, verweilte ihr Herz, abgesehen von allen andern Dingen, immer und immer wieder sehr gern.



Valentins größte Aufmerksamkeit entdeckte niemals einen traurigen Blick in ihrem Gesicht, so oft Frau Peckover in London war, und wenn sie dasjenige Kartenspiel spielten, welches ihr zuerst nach dem Unglücke, das einen ihrer Sinne gänzlich zerstört und die Ausübung der andern gehemmt hatte, gelehrt worden war.

 



Zu Frau Blyths großem Erstaunen brauchte Zack zehn volle Minuten lang, während die andern Karten spielten, durchaus nicht in Ordnung gehalten zu werden.



Es war die unglaublichste aller menschlichen Erscheinungen, aber er stand zuverlässig ganz ruhig mit seinem Bilde in der Hand neben dem Kamine und dachte wirklich nach! Frau Blyths Erstaunen bei dieser beispiellosen Veränderung in seinem Benehmen wuchs so sehr, dass sie ihr Buch weglegte, um ihn ungestörter betrachten zu können. Er bemerkte dies und näherte sich sogleich ihrem Kissen.



»Das ist recht«, sagte er, »lesen Sie nicht weiter. Ich möchte gern eine ordentliche ernste Beratung mit Ihnen halten.«



»Erst einen Besuch von Frau Peckover, dann eine ernste Beratung mit Zack! Das ist ein wunderbarer Abend! —« dachte Frau Blyth.



»Ich habe bei der Madonna alles wieder in das gehörige Geleise gebracht«, fuhr Zack fort. »Sie hält mich durchaus nicht für schlechter, weil ich mich, als wir den Tee tranken, beim Rösten der Teekuchen wie ein Narr benommen habe; aber das ist es gerade nicht, worüber ich jetzt mit Ihnen sprechen wollte: es ist eine Art Geheimnis. Erstens: —«



»Sprechen Sie stets von Ihren Geheimnissen so laut, dass sie jedermann hören kann?« fragte Frau Blyth lachend.



»O, das tut durchaus nichts«, erwiderte er nicht im Geringsten mit leiserer Stimme; »es ist nur vor der Madonna ein Geheimnis, und wir können vor der armen Seele sprechen, gerade, wie wenn sie nicht im Zimmer wäre. Nun, die Sache verhält sich so: sie hat mir ein Geschenk gemacht, und ich denke, ich muss meine Dankbarkeit durch ein Gegengeschenk beweisen. Er nahm hierbei seine gewöhnliche Manier wieder an und begann auf seine übliche, unruhige, schnelle Weise im Zimmer auf und ab zu gehen. Wohl an, ich habe über das Geschenk nachgedacht – ein recht hübsches muss es natürlich sein. Ich kann ihr keine Zeichnung von mir geben, die einen Nasenstüber wert wäre; und sogar, wenn ich könnte —«



»Wollen Sie nicht lieber herkommen und sich hier niedersetzen, Zack«, unterbrach ihn Frau Blyth. »Wenn Sie immer auf diese Weise vor dem Spieltische auf und ab gehen, stören Sie die Aufmerksamkeit der Madonna beim Spiel.«



Das war auch ohne Zweifel der Fall, wie konnte sie genau auf ihr Spiel achten, wenn er immer an ihr vorüberging und stets ihre Zeichnung in seinen Händen trug, wie wenn er sie zu hoch schätzte, um sie wegzulegen! – Sie musste ja bei dem Gedanken an diese unschuldige kleine Schmeichelei Gefallen finden und ihm recht oft nachblicken.



Zack folgte der Einladung der Frau Blyth, setzte sich zu ihr und kehrte seinen Rücken den Cribbage-Spielern zu.



»Nun, es handelt sich darum, was für ein Geschenk ich ihr geben soll«, fuhr er fort. »Ich habe es in meinem Kopfe hin und her überlegt und habe endlich herausgebracht —«



»Fünfzehn zwei, fünfzehn vier, und ein Paar macht sechs«, sagte Valentin, die Stiche zusammenzählend, welche er in jenem Augenblicke in der Hand hatte.



»Bemerkten Sie jemals, dass sie eine besonders hübsche Hand und einen schönen Arm hatte?« fuhr Zack einigermaßen ausweichend fort. »Ich verstehe mich selbst auf solche Dinge, und von allen andern Mädchen, welche ich jemals sah —«



»Kümmern Sie sich nicht um andere Mädchen«,erwiderte Frau Blyth. »Sagen Sie mir, was Sie der Madonna zu geben gedenken.«



»Zwei auf seine Hacken«, rief Frau Peckover aus, mit großer Heiterkeit einen Buben stechend.



»Ich gedenke ihr ein Armband zu geben«, sagte Zack.



Valentin sah schnell vom Spieltische auf.



»Bitte, mein Herr, spielen Sie«, sagte Frau Peckover; »die kleine Marie wartet auf Sie.«



»Nun Zack«, sprach Frau Blyth, »Ihre Idee, Madonnas Geschenk zu erwidern, billige ich von ganzem Herzen, nur würde ich ein etwas weniger kostbares empfehlen. – Wissen Sie denn nicht, dass es zu den Wunderlichkeiten der Madonna gehört, keinen Wert auf Juwelierarbeit zu legen; sie hätte sich schon längst ein Armband von ihren eignen Ersparnissen kaufen können, wenn Pretiosen nur irgendwie einen Reiz in ihren Augen gehabt hätten.«



»Warten Sie einen Augenblick, Frau Blyth«, sagte Zack mit sichtlicher Genugtuung; »Sie haben das beste von meiner Idee noch nicht gehört, Kern und Mark kommen erst noch nach. Das Armband, welches ich ihr zu geben beabsichtige, ist ein solches, das sie bis zu ihrem Todestage hoch schätzen wird, oder sie ist nicht das liebende, hochherzige Mädchen, wofür ich sie halte. Was denken Sie von einem Armbande, das sie an Sie, an Valentin und an die alt