Карлик Нос и другие любимые сказки. Уровень 1 / Der Zwerg Nase und andere Lieblingsmärchen

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Die Geschichte vom kleinen Muck

In Nicea, meiner lieben Vaterstadt, wohnte ein Mann. Er hieß der kleine Muck. Damals war ich sehr jung. Der kleine Muck nämlich war schon ein alter Geselle. Er war nur drei bis vier Schuh hoch. Er hatte eine sonderbare Gestalt. Er war sehr klein und zierlich. Sein Kopf war viel größer und dicker als der Kopf anderer Leute. Er wohnte ganz allein in einem großen Haus. Er kochte sich sogar selbst. Er ging nur alle vier Wochen einmal aus.

Ich und meine Kameraden waren böse Buben, die jedermann gerne neckten und belachten. Es war uns allemal ein Festtag, wenn der kleine Muck ausging. Wir versammelten uns an dem bestimmten Tage vor seinem Haus und warteten, bis er herauskam. Dann aufging die Türe. Zuerst herausguckte der große Kopf mit dem noch größeren Turban. Dann nachfolgte das übrige Körperlein, mit einem abgeschabten Mäntelein, weiten Beinkleidern und einem breiten Gürtel, an welchem ein langer Dolch hing. Der Dolch war sehr lang.

Wenn er so heraustrat, da ertönte die Luft von unserem Freudengeschrei. Wir warfen unsere Mützen in die Höhe. Wir tanzten wie toll um ihn her. Der kleine Muck aber grüßte uns mit ernsthaftem Kopfnicken. Er ging mit langsamen Schritten die Straße hinab. Wir Knaben liefen hinter ihm her und schrien immer:

 
«Kleiner Muck, kleiner Muck!«
 

Auch hatten wir ein lustiges Verslein und da sangen:

 
«Kleiner Muck, kleiner Muck,
Wohnst in einem großen Haus,
Gehst nur all vier Wochen aus,
Bist ein braver, kleiner Zwerg,
Hast ein Köpflein wie ein Berg,
Schau dich einmal um und guck,
Lauf und fang uns, kleiner Muck!«
 

So haben wir schon oft unsere Kurzweil getrieben[26]. Zu meiner Schande muss ich sagen, ich trieb's am ärgsten[27]. Ich zupfte ihn oft am Mäntelein. Einmal trat ich ihm von hinten auf die großen Pantoffeln. Er hinfiel. Dann ging der kleine Muck auf meines Vaters Haus. Er ging richtig hinein und blieb einige Zeit dort.

Ich versteckte mich an der Haustüre. Dann kam der Muck heraus. Mein Vater hielt ihn an der Hand. Mir war gar nicht wohl zumute[28]. Ich blieb daher lange in meinem Versteck. Endlich trieb mich der Hunger heraus. Mit gesenktem Kopf trat ich vor meinen Vater.

«Du hast, wie ich höre, den guten Muck beschimpft?«sprach er.»Ich will dir die Geschichte dieses Muck erzählen. Du wirst ihn gewiss nicht mehr auslachen. Und vor- und nachher bekommst du das Gewöhnliche[29]

Das Gewöhnliche aber waren fünfundzwanzig Hiebe. Er nahm daher sein langes Pfeifenrohr und schraubte die Bernsteinmundspitze ab. Dann bearbeitete er mich ärger als je zuvor.

Als die Fünfundzwanzig voll waren, erzählte er mir von dem kleinen Muck.

Der kleine Muck heißt eigentlich Muckrah. Sein Vater war ein angesehener, aber armer Mann hier in Nicea. Er lebte einsiedlerisch wie jetzt sein Sohn. Er liebte ihn nicht, weil er sich seiner Zwerggestalt schämte. Der kleine Muck war noch in seinem sechzehnten Jahr ein lustiges Kind. Sein Vater, ein ernster Mann, tadelte ihn immer, dass er so dumm und läppisch war.

Der Alte starb und zurückließ den kleinen Muck arm und unwissend. Die harten Verwandten jagten den armen Kleinen aus dem Hause. Sie rieten ihm, in die Welt hinauszugehen und sein Glück zu suchen. Der kleine Muck antwortete, er ist schon fertig. Er bat sich aber nur noch den Anzug seines Vaters. Sein Vater war ein großer, starker Mann, daher paßten die Kleider nicht. Muck schnitt ab, was zu lang war, und zog dann die Kleider an. Sein Aufzug, wie er noch heute hat ist, der große Turban, der breite Gürtel, die weiten Hosen, das blaue Mäntelein. Alles dies sind Erbstücke seines Vaters. Den langen Damaszenerdolch[30] seines Vaters steckte er in den Gürtel, ergriff ein Stöcklein und wanderte zum Tor hinaus.

Fröhlich wanderte er den ganzen Tag. Er war ausgezogen, um sein Glück zu suchen. Wenn er eine Scherbe auf der Erde im Sonnenschein sah, so steckte er sie. Er sah die Kuppel einer Moschee – und eilte er voll Freude darauf zu. Denn er dachte, in einem Zauberland angekommen zu sein. Aber ach! Jene Trugbilder verschwanden in der Nähe. Nur erinnerten ihn seine Müdigkeit und sein vor Hunger knurrender Magen, dass er noch im Lande der Sterblichen sich befinde.

So war er zwei Tage gereist unter Hunger und Kummer. Er verzweifelte, sein Glück zu finden. Die Früchte des Feldes waren seine einzige Nahrung, die harte Erde sein Nachtlager. Am Morgen des dritten Tages erblickte er eine große Stadt.

Hell leuchtete der Halbmond auf ihren Zinnen. Bunte Fahnen schimmerten auf den Dächern. Überrascht stand er stille. Er betrachtete Stadt und Gegend.

«Ja, dort wird der kleine Muck sein Glück finden«, sprach er zu sich,»dort oder nirgends!«

Er schritt auf die Stadt zu. Aber konnte er sie doch erst gegen Mittag erreichen. Seine Glieder waren sehr klein. Er musste sich oft in den Schatten einer Palme setzen, um auszuruhen.

Endlich war er an dem Tor der Stadt angelangt. Er legte sein Mäntelein zurecht. Er band den Turban schöner um. Er zog den Gürtel noch breiter an. Er steckte den langen Dolch schiefer. Dann wischte er den Staub von den Schuhen. Er ergriff sein Stöcklein und ging mutig zum Tor hinein.

Er hat schon einige Straßen durchwandert. Aber nirgends öffnete sich ihm die Türe. Nirgends rief man:

«Kleiner Muck, komm herein! Iss und trink hier!«

Er schaute gerade an einem großen, schönen Haus hinauf. Da öffnete sich ein Fenster. Eine alte Frau schaute heraus. Sie rief:

 
«Herbei, herbei!
Gekocht ist der Brei,
Den Tisch ließ ich decken,
Drum lasst es euch schmecken;
Ihr Nachbarn herbei,
Gekocht ist der Brei.«
 

Die Türe des Hauses öffnete sich. Muck sah viele Hunde und Katzen. Er stand in Zweifel, ob er der Einladung folgen soll. Endlich aber ging er in das Haus. Vor ihm her gingen ein paar junge Kätzlein. Er beschloss, ihnen zu folgen.

Als Muck die Treppe hinaufgestiegen war, begegnete er jener alten Frau. Sie sah ihn mürrisch an.

«Du hast ja jedermann zu deinem Brei eingeladen«, antwortete der kleine Muck,»und weil ich so gar hungrig bin, bin ich auch gekommen.«

Die Alte lachte und sprach:

«Woher kommst du denn, wunderlicher Gesell? Die ganze Stadt weiß, dass ich für niemand koche als für meine lieben Katzen.«

Der kleine Muck erzählte der alten Frau, wie es ihm nach seines Vaters Tod ist. Er bat sie, ihn heute mit ihren Katzen speisen zu lassen.

Die alte Frau erlaubte ihm, ihr Gast zu sein. Sie gab ihm reichlich zu essen und zu trinken. Als er gesättigt und gestärkt war, betrachtete ihn die Frau lange und sagte dann:

«Kleiner Muck, bleibe bei mir in meinem Dienst[31]

Der kleine Muck, dem der Katzenbrei geschmeckt hat, willigte ein. Er wurde also der Bedienstete der Frau Ahavzi. Er hatte einen leichten, aber sonderbaren Dienst. Frau Ahavzi hatte zwei Kater und vier Katzen. Der kleine Muck musste alle Morgen den Pelz kämmen und mit Salben einreiben. Wenn die Frau ausging, musste er auf die Katzen Achtung geben. Wenn sie aßen, musste er ihnen die Schüsseln vorlegen. Nachts musste er sie auf seidene Polster legen. Musste er auch sie mit samtenen Decken einhüllen.

Auch waren noch einige kleine Hunde im Haus, die er bedienen musste. Übrigens führte Muck ein so einsames Leben wie in seines Vaters Haus. Außer der Frau sah er den ganzen Tag nur Hunde und Katzen.

Eine Zeitlang ging es dem kleinen Muck ganz gut. Er hatte immer zu essen und wenig zu arbeiten. Die alte Frau war zufrieden mit ihm. Aber nach und nach[32] wurden die Katzen unartig. Wenn die Alte ausgegangen war, sprangen sie in den Zimmern umher. Sie warfen alles durcheinander und zerbrachen manches schöne Geschirr. Wenn sie aber die Frau hörten, verkrochen sie sich auf ihre Polster. Wenn die Frau Ahavzi ihre Zimmer verwüstet sah, schob sie alles auf Muck. Sie glaubte ihren Katzen, mehr als ihrem Diener.

 

Der kleine Muck war sehr traurig. Beschloss er bei sich, den Dienst der Frau Ahavzi zu verlassen. Und beschloss er den Lohn, den ihm seine Gebieterin immer versprochen, aber nie gegeben hat, sich zu verschaffen. Es befand sich in dem Hause der Frau Ahavzi ein Zimmer, das immer verschlossen war. Und fiel ihm ein, dass dort die Schätze der Frau waren. Aber immer war die Tür fest verschlossen. Er konnte daher den Schätzen nie beikommen.

Eines Morgens war die Frau Ahavzi ausgegangen. Zupfte ihn eines der Hundlein an seinen weiten Beinkleidern und schaute, dass Muck ihm folgen soll. Muck folgte ihm. Das Hundlein führte ihn in die Schlafkammer der Frau Ahavzi vor eine kleine Türe. Die Türe war halb offen. Das Hundlein ging hinein. Muck folgte ihm. Er sah, dass er sich in dem Gemach befand!

Er spähte überall umher, ob er kein Geld fand. Er fand aber nichts! Nur alte Kleider und geformte Geschirre standen umher. Eines dieser Geschirre war von Kristall. Schöne Figuren waren darauf ausgeschnitten. Er hob es auf. Aber, o Schrecken! Er hat nicht bemerkt, dass es einen Deckel hat. Der Deckel fiel herab und zerbrach in tausend Stücke.

Lange stand der kleine Muck vor Schrecken leblos. Jetzt muss er entfliehen, sonst schlug ihn die Alte tot. Er sah ein Paar große Pantoffeln. Sie waren zwar nicht schön, aber seine waren viel schlechter. Er zog schnell seine Töffelein aus und fuhr in die großen hinein. Dann sah er ein Spazierstöcklein mit einem Löwenkopf in der Ecke. Er nahm es also mit und eilte zum Zimmer hinaus. Schnell ging er jetzt auf seine Kammer. Er zog sein Mäntelein an. Er setzte den väterlichen Turban auf. Er steckte den Dolch in den Gürtel und lief – zum Haus und zur Stadt hinaus. Vor der Stadt lief er, immer weiter fort.

So schnell war er in seinem Leben nicht gegangen. Endlich bemerkte er, dass die Pantoffeln schossen immer fort und führten ihn mit sich. Da rief er:

«Oh – oh, halt, oh!«

Da hielten die Pantoffeln. Muck warf sich auf die Erde nieder.

Die Pantoffeln freuten ihn ungemein. Er schlief trotz seiner Freude vor Erschöpfung ein. Das Körperlein des kleinen Muck trug so schweren Kopf. Im Traum erschien ihm das Hundlein, welches ihm im Hause der Frau Ahavzi half. Das Hundlein sprach zu ihm:

«Lieber Muck! Wenn du dich in Pantoffeln dreimal auf dem Absatz herumdrehst, so kannst du hinfliegen, wohin du nur willst. Mit dem Stöcklein kannst du Schätze finden. Wo Gold vergraben ist, da wird es dreimal auf die Erde schlagen, bei Silber zweimal.«

So träumte der kleine Muck. Als er aber aufwachte, dachte er über den wunderbaren Traum einen Versuch zu machen. Er zog die Pantoffeln an. Er lupfte einen Fuß. Er begann sich auf dem Absatz umzudrehen.

Der arme Kleine fiel einigemal tüchtig auf die Nase. Endlich glückte es. Er fuhr auf seinem Absatz herum, wünschte sich in die nächste große Stadt, und – die Pantoffeln ruderten hinauf in die Lüfte. Sie liefen mit Windeseile durch die Wolken. Und befand sich der kleine Muck auf einem großen Marktplatz. Viele Buden waren hier aufgeschlagen. Unzählige Menschen liefen hin und her.

Der kleine Muck bedachte nun ernstlich, was er wohl anfangen kann, um sich ein Stück Geld zu verdienen. Er hatte zwar ein Stäblein, das ihm Schätze anzeigte. Aber wo soll er gleich einen Platz finden, wo Gold oder Silber vergraben waren? Endlich beschloss er, sich als Schnellläufer zu verdingen[33]. Der König dieser Stadt bezahlt am besten, so erfragte er den Palast.

Unter dem Tor des Palastes stand eine Wache. Die Wache fragte ihn, was er hier sucht. Auf seine Antwort, dass er einen Dienst sucht, wies man ihn zum Aufseher der Sklaven. Der Aufseher maß ihn mit seinen Augen von Kopf bis zu den Füßen und sprach:

«Wie, mit deinen Füßlein, willst du königlicher Schnellläufer werden? Hebe dich weg![34]«

Der kleine Muck versicherte ihm aber, dass er es mit dem Schnellsten auf eine Wette ankommen lassen will. Der Aufseher führte ihn in die Küche. Er selbst aber begab sich zum König und erzählte ihm vom kleinen Muck und seinem Anerbieten. Der König war ein lustiger Herr. Er befahl ihm, auf einer großen Wiese hinter dem Schloss Anstalten zu treffen. Der König erzählte seinen Prinzen und Prinzessinnen über das Schauspiel. Als der Abend herankam, strömten alle auf die Wiese hinaus.

Der König und seine Söhne und Töchter nahmen Platz auf dem Gerüst. Ein allgemeines Freudengeschrei ertönte. Eine solche Figur hat man dort nie gesehen. Das Körperlein mit dem mächtigen Kopf, das Mäntelein und die weiten Beinkleider, der lange Dolch in dem breiten Gürtel, die kleinen Füßlein in den weiten Pantoffeln – nein! Es war sehr drollig. Der kleine Muck stellte sich stolz und erwartete seinen Gegner. Der Aufseher der Sklaven hat den besten Läufer ausgesucht. Beide harrten auf das Zeichen. Da winkte Prinzessin Amarza mit ihrem Schleier, und flogen die beiden Wettläufer über die Wiese hin.

Von Anfang hatte Mucks Gegner einen bedeutenden Vorsprung. Aber Muck jagte ihm auf seinem Pantoffelfuhrwerk nach und holte ihn ein. Dann überfing er ihn und stand längst am Ziele, als jener noch daherlief. Verwunderung und Staunen fesselten einige Augenblicke die Zuschauer. Der König klatschte in die Hände. Die Menge jauchzte. Alle riefen:

«Hoch lebe der kleine Muck[35], der Sieger im Wettlauf!«

Der kleine warf sich vor dem König nieder und sprach:

«Großmächtigster König! Gib mir eine Stelle unter deinen Läufern!«

Der König aber antwortete ihm:

«Nein, du sollst mein Leibläufer und immer um meine Person sein, lieber Muck! Jährlich sollst du hundert Goldstücke erhalten als Lohn. An der Tafel meiner ersten Diener sollst du speisen.«

So fand denn Muck endlich das Glück, das er so lange suchte. Er war fröhlich und wohlgemut in seinem Herzen. Auch erfreute er sich der besonderen Gnade des Königs. Der König gebrauchte ihn zu seinen schnellsten und geheimsten Sendungen.

Der kleine Muck in kurzer Zeit wurde Oberleibläufer[36]. Aber die übrigen Diener des Königs waren nicht zufrieden. Sie veranstalteten daher manche Verschwörung gegen ihn, um ihn zu stürzen.

Aber hatte Muck zu gutes Herz. Da nahm er sein Stäblein. Er hat gehört, dass der Vater des jetzigen Königs viele seiner Schätze vergraben hat. Und wo? Wo ist das Geld des alten Königs vergraben? Eines Abends führte ihn der Zufall in einen entlegenen Teil des Schlossgartens. Plötzlich schlug das Stöcklein in seiner Hand dreimal gegen den Boden.

Der kleine Muck zog daher seinen Dolch heraus. Er machte Zeichen in die Bäume und schlich sich wieder in das Schloss. Dann nahm er einen Spaten.

Seine Arme waren gar zu schwach, sein Spaten aber groß und schwer. Endlich stieß er auf etwas Hartes. Das klang wie Eisen. Muck grub jetzt emsiger, und bald sah er einen großen eisernen Deckel. Er fand einen großen Topf, mit Goldstücken angefüllt. Aber seine schwachen Kräfte reichten nicht hin, den Topf zu heben. Steckte er in seine Beinkleider und seinen Gürtel, so viel er zu tragen vermochte. Auch füllte er sein Mäntelein damit. Dann kam er auf sein Zimmer und verwahrte dort sein Gold unter den Polstern seines Sofas.

Jetzt wird das Blatt wenden! Er wird viele Gönner und warme Anhänger erwerben. Aber nein. Das Gold, das der kleine Muck austeilte, erweckte den Neid der übrigen Hofbediensteten. Der Küchenmeister sagte:

«Er ist ein Falschmünzer.«

Der Sklavenaufseher Achmet sagte:

«Er hat das dem König abgeschwatzt.«

Archaz, der Schatzmeister, sein ärgster Feind, sagte geradezu:

«Er hat das gestohlen.«

Eines Tages stellte der Obermundschenk[37] Korchuz sich traurig vor die Augen des Königs. Der König fragte, was ihm fehle.

«Ah«, antwortete Korchuz,»ich bin traurig, dass ich die Gnade meines Herrn verlor.«

«Quatsch, Korchuz!«entgegnete ihm der König.»Warum sagst du so?«

«Der König beladet den geheimen Oberleibläufer mit Gold, und seinen armen, treuen Dienern gibt nichts«, antwortete ihm der Obermundschenk.

Der König war sehr erstaunt. Hat Muck das Geld aus der Schatzkammer gestohlen? Sehr lieb war diese Wendung der Sache dem Schatzmeister. Der König gab daher den Befehl, des kleinen Muck achtzugeben. Als nun in der Nacht, nahm der kleine Muck den Spaten und schlich in den Schlossgarten, folgten ihm von weitem die Wachen. Da er das Gold aus dem Topf in sein Mäntelein legen wollte, fielen sie über ihn her. Sie banden ihn und führten ihn sogleich vor den König. Der König war mürrisch und stellte sogleich das Verhör über ihn an. Man hat den Topf aus der Erde gegraben und mit dem Spaten und mit dem Mäntelein voll Gold vor die Füße des Königs gesetzt. Der Schatzmeister sagte aus, dass Muck diesen Topf mit Gold gerade in die Erde gegraben hat.

Der kleine Muck sagte aus, dass er diesen Topf im Garten entdeckt hat.

Alle Anwesenden lachten laut über diese Entschuldigung. Der König rief aus:

«Wie, Elender! Du willst deinen König so dumm und schändlich belügen!«

Da befahl der König, den kleinen Muck in enge Ketten zu legen und in den Turm zu führen. Der Schatzmeister übergab das Gold und trug es in den Schatz. Aber unten in dem Topf lag ein Zettel, der sagte:

«Der Feind hat mein Land überschwemmt. Daher verberge ich hier einen Teil meiner Schätze. Wer es findet, den treffe der Fluch seines Königs, wenn er es nicht meinem Sohne ausliefert! König Sadi.«

Der kleine Muck stellte in seinem Kerker traurige Betrachtungen an. Er mochte das Geheimnis mit dem Stäbchen dem König nicht verraten. Seine Pantoffeln konnten ihm leider auch keine Hilfe bringen. Da war er in engen Ketten an die Mauer geschlossen. Er konnte sich nicht auf dem Absatz umdrehen. Aber es ist besser, ohne das Zauberstäbchen zu leben als mit ihm zu sterben. Er ließ den König um geheimes Gehör bitten. Dann entdeckte Muck ihm das Geheimnis. Der König glaubte das nicht. Aber der kleine Muck versprach eine Probe.

Der König hat einiges Gold in die Erde vergraben. In wenigen Augenblicken hat Muck es gefunden. Das Stäbchen schlug deutlich dreimal auf die Erde. Da merkte der König, dass ihn sein Schatzmeister betrogen hat. Zum kleinen Muck sprach der König:

«Es scheint mir, als ob du nicht allein dieses Geheimnis mit dem Stäbchen besitzest. Darum bleibst du in ewiger Gefangenschaft, wenn du nicht gestehst: warum bist du so schnell?«

Der kleine Muck bekannte, dass seine ganze Kunst in den Pantoffeln liege. Doch lehrte er den König nicht das Geheimnis von dem dreimaligen Umdrehen auf dem Absatz. Der König schlüpfte selbst in die Pantoffeln, um die Probe zu machen. Er jagte wie unsinnig im Garten umher. Oft wollte er anhalten, aber er wusste das nicht. Der kleine Muck ließ ihn laufen, bis er ohnmächtig niederfiel.

 

Der König war schrecklich über den kleinen Muck:

«Ich schenke dir Freiheit und Leben. Aber innerhalb zwölf Stunden musst du mein Land verlassen!«

Die Pantoffeln und das Stäbchen aber brachte er in seine Schatzkammer.

Der kleine Muck wanderte zum Land hinaus. Das Land war nicht groß, daher war er schon nach acht Stunden auf der Grenze.

Dann verließ er die gewöhnliche Straße, um die dichteste Einöde der Wälder aufzusuchen und dort nur sich zu leben. In einem dichten Walde traf er auf einen Platz. Ein klarer Bach, von großen Feigenbäumen umgeben, ein weicher Rasen luden ihn ein. Hier warf er sich nieder.

Köstliche reife Feigen hingen an dem Baume. Er stieg hinauf und aß. Dann ging er an den Bach. Aber wie groß war sein Schrecken, als ihm das Wasser seinen Kopf mit zwei gewaltigen Ohren und einer dicken, langen Nase zeigte! Er griff mit den Händen nach den Ohren, und sie waren, wirklich, über eine halbe Elle lang.

«Ich verdiene Eselsohren!«rief er aus.»Denn ich ein Esel bin.«

Er wanderte unter den Bäumen umher. Und noch einmal aß er die Feigen. Jetzt fühlte er, dass seine Ohren verschwunden waren. Er lief gleich an den Bach zurück. Und wirklich, es war so, seine Ohren hatten ihre vorige Gestalt. Seine lange, unförmliche Nase war nicht mehr. Jetzt merkte er aber, wie dies gekommen war. Von dem ersten Feigenbaum hatte er die lange Nase und Ohren bekommen. Der zweite hatte ihn geheilt.

Er pflückte daher von jedem Baum so viel, wie er tragen konnte. Er ging in das Land zurück. Dort ging er dann weiter auf die Stadt zu, die jener König bewohnte, und kam auch bald dort an.

Der kleine Muck setzte sich daher unter das Tor des Palastes. Der Küchenmeister fiel sein Blick auch auf Mucks Körbchen.

«Ah, ein seltener Bissen«, sagte er,»was willst du für den ganzen Korb?«

Der kleine Muck bestimmte einen mäßigen Preis. Der Küchenmeister übergab den Korb einem Sklaven und ging weiter.

Der König war über Tisch sehr glücklich. Der Küchenmeister aber sagte:

«Ende gut, alles gut.«

Dann brachte er die schönen, einladenden Feigen.

«Wie reif, wie appetitlich!«rief der König.»Küchenmeister, du bist ein ganzer Kerl! Du verdienst unsere ganz besondere Gnade!«

Dann teilte der König die Feigen an seiner Tafel aus. Jeder Prinz und jede Prinzessin bekam zwei, die Hofdamen und die Wesire eine. Die übrigen stellte er vor sich hin und begann sie zu verschlingen.

«Aber, lieber Gott, wie siehst du so wunderlich aus, Vater?«rief die Prinzessin Amarza.

Oh! Ungeheure Ohren hingen ihm am Kopf, eine lange Nase zog sich über sein Kinn herunter. Sie betrachteten sich selbst mit Staunen und Schrecken. Alle waren mit dem sonderbaren Kopfputz geschmeckt.

Man schickte sogleich nach allen Ärzten der Stadt. Sie kamen haufenweise. Sie verordneten Pillen und Mixturen. Aber die Ohren und die Nasen blieben. Man operierte einen der Prinzen. Aber die Ohren wuchsen nach.

Muck hat einen Anzug gekauft, der ihn als Gelehrten darstellen kann. Ein langer Bart aus Ziegenhaaren vollendete die Täuschung. Mit einem Säckchen voll Feigen wanderte er in den Palast des Königs. Er bot als fremder Arzt seine Hilfe an. Dann hat er den Prinzen geheilt.

Der König nahm ihn bei der Hand und führte ihn in sein Gemach. Dort schloss er eine Türe auf, die in die Schatzkammer führte.

«Hier sind meine Schätze«, sprach der König,»nimm was du willst, wenn du mich von diesem Übel befreist.«

Muck sah seine Pantoffeln und auch sein Stäbchen. Er schlüpfte eilends hinein. Dann ergriff er sein Stäbchen und riss seinen falschen Bart herab. Er zeigte dem erstaunten König das Gesicht seines Muck.

«Treuloser König«, sprach er,»nimm als Strafe die Missgestalt, die du trägst! Die Ohren werden dich täglich an den kleinen Muck erinnern.«

Dann drehte Muck sich schnell auf dem Absatz herum, und war er entflohen. Seitdem lebt der kleine Muck hier in großem Wohlstand, aber einsam. Er verachtet die Menschen. Er ist durch Erfahrung ein weiser Mann geworden, welcher deine Bewunderung verdient.

«So erzählte mir mein Vater. Ich erzählte meinen Kameraden die wunderbaren Schicksale des Kleinen. Wir schimpften ihn nicht mehr. Im Gegenteil, wir ehrten ihn.«

26So haben wir schon oft unsere Kurzweil getrieben. – Так мы частенько развлекались.
27ich trieb's am ärgsten – я шалил больше всех
28Mir war gar nicht wohl zumute. – Мне было не по себе.
29bekommst du das Gewöhnliche – ты получишь обычную порцию
30Damaszenerdolch – дамасский кинжал
31bleibe bei mir in meinem Dienst – оставайся у меня в услужении
32nach und nach – мало-помалу
33sich als Schnellläufer zu verdingen – устроиться на службу скороходом
34Hebe dich weg! – Убирайся!
35Hoch lebe der kleine Muck! – Да здравствует маленький Мук!
36Oberleibläufer – старший личный гонец
37Obermundschenk – старший виночерпий
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