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Deutsche Humoristen, 4. und 5. Band (von 8)

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Zwei Ritter
von
Heinrich Heine

 
Krapülinski und Waschlapski,
Polen aus der Polackei,
fochten für die Freiheit, gegen
Moskowiter-Tyrannei.
 
 
Fochten tapfer und entkamen
endlich glücklich nach Paris —
leben bleiben, wie das Sterben
für das Vaterland ist süß.
 
 
Wie Achilles und Patroklus,
David und sein Jonathan
liebten sich die beiden Polen,
küßten sich: „Kochan! Kochan!“
 
 
Keiner je verriet den andern,
blieben Freunde, ehrlich, treu,
ob sie gleich zwei edle Polen,
Polen aus der Polackei.
 
 
Wohnten in derselben Stube,
schliefen in demselben Bette!
Eine Laus und eine Seele,
kratzten sie sich um die Wette.
 
 
Speisten in derselben Kneipe,
und da keiner wollte leiden,
daß der andre für ihn zahle,
zahlte keiner von den beiden.
 
 
Auch dieselbe Henriette
wäscht für beide edle Polen;
trällernd kommt sie jeden Monat —
um die Wäsche abzuholen.
 
 
Ja, sie haben wirklich Wäsche,
jeder hat der Hemden zwei,
ob sie gleich zwei edle Polen,
Polen aus der Polackei.
 
 
Sitzen heute am Kamine,
wo die Flammen traulich flackern;
draußen Nacht und Schneegestöber
und das Rollen von Fiakern.
 
 
Eine große Bowle Punsch
(es versteht sich: unverzückert,
unversäuert, unverwässert)
haben sie bereits geschlückert.
 
 
Und von Wehmut wird beschlichen
ihr Gemüte; ihr Gesicht
wird befeuchtet schon von Zähren,
und der Krapülinski spricht:
 
 
„Hätt’ ich doch hier in Paris
meinen Bärenpelz, den lieben
Schlafrock und die Katzfell-Nachtmütz,
die im Vaterland geblieben!“
 
 
Ihm erwiderte Waschlapski:
„O du bist ein treuer Schlachzitz,
denkest immer an der Heimat
Bärenpelz und Katzfell-Nachtmütz.
 
 
„Polen ist noch nicht verloren,
unsre Weiber, sie gebären,
unsre Jungfraun tun dasselbe,
werden Helden uns bescheren,
 
 
„Helden, wie der Held Sobieski,
wie Schelmufski und Uminski,
Eskrokewitsch, Schubiakski,
und der große Eselinski.“
 

Ziethen
von
Friedrich von Sallet

 
Der große König wollte gern sehn,
was seine Gen’rale wüßten;
da ließ er an alle Briefe ergehn,
daß sie gleich ihm schreiben müßten,
was jeder von ihnen zu tun gedenkt,
wenn der Feind ihn so oder so bedrängt.
 
 
Der Vater Ziethen, der alte Husar,
besah verwundert den Zettel.
„Der König hält mich zum Narren wohl gar,“
so flucht er, „was soll mir der Bettel?
Husar, das bin ich, potzelement!
Kein Schreiber oder verpfuschter Student.“
 
 
Da macht’ er auf einen Bogen Papier
einen großen Klex in der Mitten.
Rechts, oben, links, unten, dann Linien vier,
die all’ in dem Klexe sich schnitten,
und jede endete in ’nem Klex.
So schickt er den Boten dem alten Rex.
 
 
Der schüttelt den Kopf gedankenvoll,
fragt bei der Revue dann den Alten:
„Zum Schockschwerenot, Ziethen, ist er denn toll?
Was soll ich vom Wische da halten?“
Den Bart streicht Ziethen: „Das ist bald erklärt,
wenn Euer Majestät mir Gehör gewährt.
 
 
„Der große Klex in der Mitte bin ich.
Der Feind einer dort von den vieren,
der kann nun von vorn oder hinten auf mich,
von rechts oder links auch marschieren,
dann rück’ ich auf einem der Striche vor
und hau’ ihn, wo ich ihn treffe, aufs Ohr.“
 
 
Da hat der König laut gelacht
und bei sich selber gemeinet:
„Der Ziethen ist klüger, wie ich es gedacht,
sein Geschmier sagt mehr, als es scheinet.
Das ist mir der beste Reitersmann,
der den Feind schlägt, wo er auch rückt heran.“
 

Elfenlied
von
Eduard Mörike

 
Bei Nacht im Dorf der Wächter rief:
Elfe!
Ein ganz kleines Elfchen im Walde schlief —
wohl um die Elfe! —
und meint, es rief’ ihm aus dem Tal
bei seinem Namen die Nachtigall
oder Silpelit hätt’ ihm gerufen.
Reibt sich der Elf die Augen aus,
begibt sich vor sein Schneckenhaus,
und ist als wie ein trunken Mann,
sein Schläflein war nicht voll getan,
und humpelt also tippe tapp
durchs Haselholz ins Tal hinab,
schlupft an der Mauer hin so dicht,
da sitzt der Glühwurm, Licht an Licht.
„Was sind das helle Fensterlein?
Da drin wird eine Hochzeit sein:
die Kleinen sitzen beim Mahle,
und treiben’s in dem Saale.
Da guck’ ich wohl ein wenig ’nein!“
– Pfui, stößt den Kopf an harten Stein!
Elfe, gelt, du hast genug?
Guckuck! Guckuck!
 

Lose Ware
von
Eduard Mörike

 
„Tinte! Tinte, wer braucht! Schön schwarze Tinte verkauf ich,“
rief ein Bübchen gar hell Straßen hinauf und hinab.
Lachend traf sein feuriger Blick mich oben im Fenster,
eh’ ich mich’s irgend versah, huscht er ins Zimmer herein.
„Knabe, dich rief niemand!“ – „Herr, meine Ware versucht nur!“
Und sein Fäßchen behend schwang er vom Rücken herum.
Da verschob sich das halb zerrissene Jäckchen ein wenig
an der Schulter, und hell schimmert ein Flügel hervor.
„Ei, laß sehen, mein Sohn! Du führst auch Federn im Handel?
Amor, verkleideter Schelm! soll ich dich rupfen sogleich?“
Und er lächelt, entlarvt, und legt auf die Lippen den Finger:
„Stille! sie sind nicht verzollt – stört die Geschäfte mir nicht!
Gebt das Gefäß! ich füll’ es umsonst, und bleiben wir Freunde!“
Dies gesagt und getan, schlüpft er zur Türe hinaus. —
Angeführt hat er mich doch: denn will ich was Nützliches schreiben,
gleich wird ein Liebesbrief, gleich ein Erotikon draus.
 

Mausfallen-Sprüchlein
von
Eduard Mörike

Das Kind geht dreimal um die Falle und spricht:

 
Kleine Gäste, kleines Haus.
Liebe Mäusin oder Maus,
stell’ dich nur kecklich ein
heut’ nacht bei Mondenschein!
Mach’ aber die Tür fein hinter dir zu!
Hörst du?
Dabei hüte dein Schwänzchen!
Nach Tische singen wir,
nach Tische springen wir
und machen ein Tänzchen:
witt witt!
Meine alte Katze tanzt wahrscheinlich mit.
 

Pastoralerfahrung
von
Eduard Mörike

 
Meine guten Bauern freuen mich sehr;
eine „scharfe Predigt“ ist ihr Begehr.
Und wenn man mir es nicht verdenkt,
sag’ ich, wie das zusammenhängt.
Sonnabend, wohl nach elfe spat,
im Garten stehlen sie mir den Salat;
in der Morgenkirch’ mit guter Ruh’
erwarten sie den Essig dazu;
der Predigt Schluß fein linde sei:
sie wollen gern auch Öl dabei.
 

Scherz
von
Eduard Mörike

 
Einen Morgengruß ihr früh zu bringen
und mein Morgenbrot bei ihr zu holen,
geh’ ich sachte an des Mädchens Türe,
öffne rasch, da steht mein schlankes Bäumchen
vor dem Spiegel schon und wäscht sich emsig.
O wie lieblich träuft die weiße Stirne,
träuft die Rosenwange Silbernässe,
hangen aufgelöst die süßen Haare!
Locker spielen Tücher und Gewänder.
 
 
Aber wie sie zagt und scheucht und abwehrt!
Gleich, sogleich soll ich den Rückzug nehmen!
„Närrchen,“ rief ich, „sei mir so kein Närrchen!
Das ist Brautrecht, ist Verlobtensitte.
Laß mich nur! ich will ja blind und lahm sein,
will den Kopf und alle beide Augen
in die Fülle deiner Locken stecken,
will die Hände mit den Flechten binden.“ —
„Nein, du gehst!“ – „Im Winkel laß mich stehen,
dir bescheidentlich den Rücken kehren!“ —
„Ei, so mag’s, damit ich Ruhe habe!“
 
 
Und ich stand gehorsam in der Ecke,
lächerlich, wie ein gestrafter Junge,
der die Lektion nicht wohl bestanden,
muckste nicht und kühlte mir die Lippen
an der weißen Wand mit leisem Kusse
eine volle lange Stunde,
ja, so wahr ich lebe. Doch wer etwa
einen kleinen Zweifel möchte haben
(was ich ihm just nicht verargen dürfte),
nun, der frage nur das Mädchen selber:
die wird ihn – noch zierlicher belügen.
 

An meinen Vetter
von
Eduard Mörike.
Juni 1837

 
Lieber Vetter! Er ist eine
von den freundlichen Naturen,
die ich Sommerwesten nenne;
denn sie haben wirklich etwas
Sonniges in ihrem Wesen.
Es sind weltliche Beamte,
Rechnungsräte, Revisoren
oder Kameralverwalter,
auch wohl manchmal Herrn vom Handel,
aber meist vom ältern Schlage,
keinesweges Petitmaitres,
haben manchmal hübsche Bäuche,
und ihr Vaterland ist Schwaben.
Neulich auf der Reise traf ich
auch mit einer Sommerweste
in der Post zu Besigheim
eben zu Mittag zusammen.
Und wir speisten eine Suppe,
darin rote Krebse schwammen,
Rindfleisch mit französ’schem Senfe,
dazu liebliche Radieschen,
dann Gemüse und so weiter,
schwatzten von der neusten Zeitung,
und daß es an manchen Orten
gestern stark gewittert habe.
Drüber zieht der wackre Herr ein
silbern Büchslein aus der Tasche,
sich die Zähne auszustochern;
endlich stopft er sich zum schwarzen
Kaffee seine Meerschaumpfeife,
dampft und diskuriert und schaut in-
mittelst einmal nach den Pferden.
 
 
Und ich sah ihm so von hinten
nach und dachte: Ach, daß diese
lieben, hellen Sommerwesten,
die bequemen, angenehmen,
endlich doch auch sterben müssen!
 

Der Tambour
von
Eduard Mörike

 
Wenn meine Mutter hexen könnt’,
da müßt’ sie mit dem Regiment
nach Frankreich, überall mit hin,
und wär’ die Marketenderin.
Im Lager, wohl um Mitternacht,
wenn niemand auf ist als die Wacht,
und alles schnarchet, Roß und Mann,
vor meiner Trommel säß’ ich dann:
die Trommel müßt’ eine Schüssel sein,
ein warmes Sauerkraut darein,
die Schlegel Messer und Gabel,
eine lange Wurst mein Sabel,
mein Tschako wär’ ein Humpen gut,
den füll’ ich mit Burgunderblut.
Und weil es mir an Lichte fehlt,
da scheint der Mond in mein Gezelt;
scheint er auch auf französ’sch herein,
mir fällt doch meine Liebste ein:
Ach weh! Jetzt hat der Spaß ein End’!
– Wenn nur meine Mutter hexen könnt’!
 

Ein Hauptkerl
von
Alexander von Schlippenbach

 
Ein Heller und ein Batzen,
die waren beide mein,
der Heller ward zu Wasser,
der Batzen ward zu Wein!
 
 
Die Mädel und die Wirtsleut’,
die rufen beid’: O weh!
Die Wirtsleut’, wenn ich komme,
die Mädel, wenn ich geh’.
 
 
Mein’ Stiefel sind zerrissen,
mein’ Schuh’, die sind entzwei,
und draußen auf der Heide,
da singt der Vogel frei.
 
 
Und gäb’s kein’ Landstraß’ nirgend,
so blieb’ ich still zu Haus,
und gäb’s kein Loch im Fasse,
so tränk’ ich gar nicht draus.
 
 
Das war ’ne rechte Freude,
als mich der Herrgott schuf,
’n Kerl wie Samt und Seide,
nur schade, daß er suff! —
 

Fridericus Rex
von
Wilibald Alexis

 
Fridericus Rex, unser König und Herr,
der rief seine Soldaten allesamt ins Gewehr,
zweihundert Bataillons und an die tausend Schwadronen,
und jeder Grenadier kriegt sechzig Patronen.
 
 
„Ihr verfluchten Kerls,“ sprach seine Majestät,
„daß jeder in der Bataille seinen Mann mir steht!
Sie gönnen mir nicht Schlesien und die Grafschaft Glatz
und die hundert Millionen in meinem Schatz.
 
 
„Die Kais’rin hat sich mit den Franzosen alliiert
und das römische Reich gegen mich revoltiert,
die Russen sind gefallen in Preußen ein,
auf, laßt uns zeigen, daß wir brave Landskinder sein!
 
 
„Meine Generale Schwerin und Feldmarschall von Keith
und der Generalmajor von Ziethen sind allemal bereit.
Kotz Mohren, Blitz und Kreuzelement,
wer den Fritz und seine Soldaten nicht kennt!“ —
 
 
„Nun adjö, Lowise, wisch ab das Gesicht,
eine jede Kugel die trifft ja nicht;
denn träf’ jede Kugel apart ihren Mann,
wo kriegten die Könige ihre Soldaten dann!
 
 
„Die Musketenkugel macht ein kleines Loch,
die Kanonenkugel ein weit größeres noch;
die Kugeln sind alle von Eisen und Blei,
und manche Kugel geht manchem vorbei.
 
 
„Unsere Artillerie hat ein vortrefflich Kaliber,
und von den Preußen geht keiner zum Feinde nicht über,
die Schweden, die haben verflucht schlechtes Geld,
wer weiß, ob der Östreicher besseres hält.
 
 
„Mit Pomade bezahlt den Franzosen sein König,
wir kriegen’s alle Woche bei Heller und Pfennig.
Kotz Mohren, Blitz und Kreuzsakerment,
wer kriegt so prompt wie der Preuße sein Traktement?
 
 
„Fridericus, mein König, den der Lorbeerkranz ziert,
ach hättst du nur öfters zu plündern permittiert,
Fridericus Rex, mein König und Held,
wir schlügen den Teufel für dich aus der Welt.“
 

Rolf Düring
von
Moritz Graf von Strachwitz.
Volksmärchen

 
König Erich sprach mit schwerem Sinn:
„Meine Tochter ist weg, ich weiß nicht wohin?
Ich möchte sie suchen und weiß nicht wie?“
Rolf Düring sprach: „Ich suche sie!“
Gar mannhaft sprach Rolf Düring.
 
 
Rolf Düring sprang ins Boot zur Stund’
und ruderte über den Öresund.
Es pfiff der Fant manch lustigen Reim,
so fuhr Rolf Düring gen Riesenheim,
gar freudig fuhr Rolf Düring.
 
 
Und als er kam vor des Riesen Tor,
Rolf Düring ritt die Stufen empor;
wohl lag auf den Stufen manch bleichend Gebein,
Rolf Düring pfiff und sprengte hinein,
nicht bange war Rolf Düring.
 
 
Und als er kam vor des Riesen Schwell’,
da stand im Saale ein langer Gesell’,
er stand und ragte als wie ein Haus,
Rolf Düring sah wie ein Zaunkönig aus,
was kümmerte das Rolf Düring?
 
 
Rolf Düring setzte die Sporen ein:
„Herr Riese, du mußt verloren sein!“
Der Riese lachte bei jedem Stich,
das war Rolf Düring sehr ärgerlich,
gar zornig ward Rolf Düring.
 
 
„Und wärest du länger als ein Mast,
zu Boden mußt du, grober Gast!“
Anprallte der Ritter im vollen Galopp,
da fiel der Riese, das war ihm zu grob!
Und auf ihn sprang Rolf Düring:
 
 
„Heraus die Prinzessin im Augenblick!
Sonst schneid’ ich dir ab dein zottig Genick!“
Er stach drei Zoll tief oder mehr,
da schrie der Riese: „Ich strecke die Wehr!“
Zu heftig stach Rolf Düring.
 
 
Rolf Düring zog; stolz war sein Zug,
er hielt die Prinzessin im Sattelbug,
vorn stapfte der Riese und zagte sehr,
ihm saß im Nacken Rolf Dürings Speer;
zu Meere zog Rolf Düring.
 
 
Rolf Düring schrie mit Ungestüm:
„Nun trag’ uns hinüber, du Ungetüm,
auf den rechten Arm mich und mein Fräulein wert
und auf den linken nimm mein Pferd!“
Gar dräuend schrie Rolf Düring.
 
 
Der Riese hob das rechte Bein
und stiefelte in den Sund hinein,
er hätte sich gerne geschüttelt, der Wicht,
allein er tat es lieber nicht,
er forchte sich vor Rolf Düring.
 
 
In Beires Burg tanzt Herr und Gesind,
da freit Rolf Düring des Königs Kind,
und wenn es wahr ist, was sie sagen,
so mußte der Riese ins Bett sie tragen,
ins Brautbett zu Rolf Düring.
 

Hans Sachsens Schusterlied
von
Richard Wagner

 
Jerum! Jerum!
Halla halla he!
Oho! Trallalei! ohe!
Als Eva aus dem Paradies
von Gott dem Herrn verstoßen,
gar schuf ihr Schmerz der harte Kies
an ihrem Fuß, dem bloßen.
Das jammerte den Herrn,
ihr Füßchen hat er gern;
und seinem Engel rief er zu:
„Da mach’ der armen Sünd’rin Schuh’!
Und da der Adam, wie ich seh’,
an Steinen dort sich stößt die Zeh’,
daß recht fortan
er wandeln kann,
so miß’ dem auch Stiefeln an!“
 
 
Jerum! Jerum!
Halla halla he!
Oho! Trallalei! ohe!
O Eva! Eva! Schlimmes Weib!
Das hast du am Gewissen,
daß ob der Füß’ am Menschenleib
jetzt Engel schustern müssen.
Bliebst du im Paradies,
da gab es keinen Kies.
Ob deiner jungen Missetat
hantier’ ich jetzt mit Ahl’ und Draht,
und ob Herrn Adams übler Schwäch’
versohl’ ich Schuh’ und streiche Pech.
Wär’ ich nicht fein
ein Engel rein,
Teufel möchte Schuster sein!
 
 
Jerum! Jerum!
Halla halla he!
Oho! Trallalei! ohe!
O Eva! Hör’ mein Klageruf,
mein Not und schwer Verdrüssen!
Die Kunstwerk’, die ein Schuster schuf,
sie tritt die Welt mit Füßen!
Gäb’ nicht ein Engel Trost,
der gleiches Werk erlos’t,
und rief mich oft ins Paradies,
wie dann ich Schuh’ und Stiefel ließ’!
Doch wenn der mich im Himmel hält,
dann liegt zu Füßen mir die Welt,
und bin in Ruh’
Hans Sachs, ein Schuh-
macher und Poet dazu.
 

Berliner Pfingsten
von
Gottfried Keller

 
Heute sah ich ein Gesicht,
freudevoll zu deuten:
in dem frühen Pfingstenlicht
und beim Glockenläuten
schritten Weiber drei einher,
feierlich im Gange,
Wäscherinnen fest und schwer,
jede trug ’ne Stange.
 
 
Mädchensommerkleider drei
flaggten von den Stangen,
schönre Fahnen, stolz und frei,
als je Krieger schwangen;
frisch gewaschen und gesteift,
tadellos gebügelt,
blau und weiß und rot gestreift,
wunderbar geflügelt!
 
 
Lustig blies der Wind, der Schuft,
Falbeln auf und Büste,
und mit frischer Morgenluft
füllten sich die Brüste;
und ich sang, als ich gesehn
ferne sie entschweben;
auf und laßt die Fahnen wehn,
lustig ist das Leben!
 

Der Narr des Grafen von Zimmern
von
Gottfried Keller

 
Was rollt so zierlich, klingt so lieb
treppauf und ab im Schloß?
Das ist des Grafen Zeitvertrieb
und stündlicher Genoss’:
Sein Narr, annoch ein halbes Kind
und rosiges Gesellchen,
so leicht und lustig wie der Wind,
und trägt den Kopf voll Schellchen.
 
 
Noch ohne Arg, wie ohne Bart,
an Possen reich genug,
ist doch der Fant von guter Art
und in der Torheit klug;
und was vergecken und verdrehn
die zappeligen Hände,
gerät ihm oft wie aus Versehn
zuletzt zum guten Ende.
 
 
Der Graf mit seinem Hofgesind’
weilt in der Burgkapell’,
da ist, wie schon das Amt beginnt,
kein Ministrant zur Stell’.
Rasch nimmt der Pfaff den Narrn beim Ohr
und zieht ihn zum Altare;
der Knabe sieht sich fleißig vor,
daß er nach Bräuchen fahre.
 
 
Und gut, als wär’ er’s längst gewohnt,
bedient er den Kaplan;
doch wann’s die Müh’ am besten lohnt,
bricht oft der Unstern an;
denn als die heil’ge Hostia
vom Priester wird erhoben,
o Schreck! so ist kein Glöcklein da,
den süßen Gott zu loben!
 
 
Ein Weilchen bleibt es totenstill,
erbleichend lauscht der Graf,
der gleich ein Unheil ahnen will,
das ihn vom Himmel traf.
Doch schon hat sich der Narr bedacht,
den Handel zu versöhnen;
die Kappe schüttelt er mit Macht,
daß alle Glöcklein tönen!
 
 
Da strahlt von dem Ciborium
ein goldnes Leuchten aus;
es glänzt und duftet um und um
im kleinen Gotteshaus,
wie wenn des Himmels Majestät
in frischen Veilchen läge:
der Herr, der durch die Wandlung geht —
er lächelt auf dem Wege!
 

Schütz im Stichfieber
von
Gottfried Keller

 
„Geh’, gewinn’ mir Geld ins Haus!“
sprach das böse Weib zum Schütz;
er gewann, in Saus und Braus
bracht er’s durch, der gute Schütz;
denn er dacht’, noch mancher Schuß
bleibt mir für das böse Weib,
bleibt mir für den Hausverdruß —
jetzo gilt’s dem Zeitvertreib!
 
 
Becher, Uhr und blankes Geld,
alles schlug er durch, der Schütz,
manchen Beutel leert der Held,
stets gewann er neu, der Schütz,
schenkt die Uhr der schönen Dirn’,
recht zum Hohn dem bösen Weib;
in den Bechern klar und firn
perlt der Wein zum Zeitvertreib.
 
 
Also trieb er’s Tag und Nacht,
bis zu End’ das große Fest
und die bittre Reu’ erwacht,
weil er denkt ans Drachennest,
wo der böse Drach’ ihm haust,
der nur Gold und Silber frißt;
und dem guten Schützen graust,
da er die Gefahr ermißt.
 
 
Blieb ihm noch ein Schuß zur Hand
und noch zehn Minuten Zeit
für den Stich ins „Vaterland“ —
ach, wie scheint die Scheibe weit!
Hell vom Tempel blinkt der Gruß
goldgefüllter Silberschal’:
„Sie gewinn’ ich, weil ich muß,
denn es bleibt mir keine Wahl!
 
 
„Vater Tell im Himmelszelt!
Bied’rer Schütz in Gottes Schoß!
Lenk’ dein Falkenaug’ zur Welt,
hilf mir, denn die Not ist groß!
Mach’ den Willen fest und frei,
reglos sicher meine Hand!
Sind die Zeiten denn vorbei,
da man Meisterschüsse fand?“
 
 
Und er schlägt bedächtlich an,
zielet lang, der gute Schütz;
was verwirrt ihm Sinn und Plan?
Setzt er ab, der gute Schütz?
Und er starret bleich und fremd,
starret sprachlos nach der Scheib’ —
denn im roten Zeigerhemd
sah er gaukeln dort sein Weib.
 
 
Niemand sah’s, als er allein,
und er sieht’s, so oft er zielt!
Macht’s die Angst, ist es der Wein,
der ihm das Gehirn bespült?
Zweimal, dreimal schlägt er an,
zitternd stark am ganzen Leib —
immer tanzt auf grüner Bahn
grad’ im Schuß das rote Weib.
 
 
Und die Sippe kommt zur Stell’,
Freunde, Vettern rings herum,
Büchsenmeister und Gesell,
Lader, Warner grad’ und krumm!
Ei, welch ein berühmter Schütz,
der so viel Klienten hat,
die ihm dienlich sind und nütz,
jeder gibt ihm guten Rat!
 
 
Dieser untersucht das Schloß,
jener dreht ein Schräubchen an,
der gebietet Ruh’ dem Troß,
und ein andrer spannt den Hahn,
und der fünfte flößt ihm Mut,
doch der sechste stellt sich bang,
und der sieb’te hält den Hut
vor den Sonnenuntergang!
 
 
Endlich doch ermannt er sich,
zielt in Wut, der gute Schütz,
und die Freunde, feierlich,
sie umstehn den kühnen Schütz,
und er sieht das böse Weib,
schließt die Augen – sei’s, weil’s muß!
und er drückt – fort ist das Weib
und zum Teufel ist der Schuß!
 
 
Eben dröhnt Kanonenknall,
Feierabend Schütz und Rohr!
Tausendfacher Gläserschall!
Klangvoll schließt des Tages Tor!
Klanglos mit gebeugtem Mut
heimwärts wallt der arme Wicht —
sich zur Freude schoß er gut:
für den Geiz gelang’s ihm nicht.
 

Waldfrevel
von
Gottfried Keller

 
Seht den Schuft am Waldessaum
mit gewandten Sprüngen fliegend,
einen jungen Eschenbaum
auf den breiten Schultern wiegend!
Hat die Axt, die er gestohlen,
vornen in den Stamm geschwungen,
weit noch hinter seinen Sohlen
kommt der Wipfel nachgesprungen.
Wie er heimlich lacht und singt,
daß das Herz im Leibe springt!
 
 
Und die Dirne kommt daher
mit geschnittnen Weidenruten;
von der Last, die drückend schwer,
stehn die Wangen ihr in Gluten.
Und der Bursche wirft die schwere
Bürde beider in den Graben,
beide springen nach, als wäre
dort ein Nest voll Glück zu haben.
 
 
Wo ein kleiner Freudenquell
tief im Erlengrunde fließet
und die Silberadern hell
durch das samtne Moos ergießet,
wirft der schlanke Dieb sich nieder
mit der Dirn’ im braunen Arm,
löst ihr hastig Tuch und Mieder,
und er flüstert liebewarm,
daß sein brennend Herz erklingt,
wie die Nuß im Feuer singt:
 
 
„Schätzchen, o du kommst mir just,
daß ich meine Schätze grabe,
wieder einmal meine Lust
am verborgnen Reichtum habe!
Zeig’ mir der Korallen Schein
an dem frischen roten Munde,
gib mir schnell mein Elfenbein,
all das fein gedrehte, runde!“
Wie der Has’ im Kohle springt
ihm das Herz und singt und klingt!
 
 
„Laß mich wägen all mein Gold,
deines Haares schwere Güsse!
Laß mich zählen meinen Sold,
zähle mir ein hundert Küsse
blank und bar auf meine Lippen,
weil uns kein Verräter lauschet!
Laß mich von dem Weine nippen,
der mich armen Schelm berauschet!
 
 
„Nun verhüll’ die Herrlichkeit
mit den Lumpen, mit den Fetzen,
daß kein Auge ungeweiht
spähen kann nach meinen Schätzen!
Dieses Tuch um deine Haare
dreimal, viermal sorglich winde,
daß die goldne Schimmerware
ja kein Strahl der Sonne finde!“
 
 
Gleich ist drauf die Dirn’ davon
durch den dunkeln Wald gesprungen,
wieder hat der Bursche schon
seinen Eschenbaum geschwungen;
wie die Beine rasch ihn tragen
mit dem langen schwanken Raube!
Einen grünen Siegeswagen,
schleift die Kron’ er nach im Staube.
Wie die Grill’ im Grase springt
ihm das Herz und singt und klingt!