Madame empfängt

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Am Montagnachmittag um drei Uhr verließ Heinrich Hoffmann den Krankensaal der Armenklinik und eilte den langen Flur entlang zu seinem Dienstzimmer, um die Nachmittagssprechstunde zu eröffnen.

Vor zwei Jahren hatte der umtriebige junge Arzt gemeinsam mit sechs Kollegen das Frankfurter Armenhospital in der Meisengasse gegründet. Daneben organisierte er den Frankfurter Bürgerverein und versah seinen Dienst als Leicheninspektor in der Anatomie des Senckenbergischen Instituts.

Die Armenklinik hatte es sich zur Aufgabe gemacht, das durch Krankheit und Mangel an ärztlicher Versorgung entstandene Elend armer Leute in Frankfurt und seiner Umgebung zu lindern. Dabei wurden höchste Ansprüche an die medizinische Ausbildung der Ärzte, insbesondere der Chirurgen, gestellt, denn gerade die ärztliche Pfuscherei bei der Behandlung armer Patienten hatte in der Vergangenheit dazu beigetragen, die Missstände noch zu vermehren.

Bislang verfügte die Klinik lediglich über zehn Betten, was dem Andrang bedürftiger Patienten keineswegs gerecht wurde. Daher wurde unlängst eine regelmäßige Sprechstunde eingerichtet, und Kranke erhielten an drei Tagen in der Woche Hausbesuche. Finanziert wurde das Hospital ausschließlich durch Spenden, die allerdings nicht besonders üppig flossen und kaum ausreichten, dem engagierten Personal ein angemessenes Honorar zu zahlen.

Für den jungen Familienvater Heinrich Hoffmann war es keine Seltenheit, dass er 12 bis 16 Stunden am Tag arbeitete, die Wochenend- und Nachtdienste nicht mitgerechnet. Somit blieb ihm wenig Zeit für Frau und Kinder und seine vielseitigen sozialen Aktivitäten. Dennoch gelang es dem hageren jungen Mann auf wundersame Weise immer wieder, alles unter einen Hut und vor allem zu gutem Gelingen zu bringen. Die Natur hatte ihn mit einem fröhlichen Wesen und einer unerschütterlichen Lebensfreude ausgestattet, die er mit anderen zu teilen verstand.

Auch an diesem Nachmittag verlor er, obgleich er ein überfülltes Wartezimmer vorfand und noch etliche Hausbesuche anstanden, nicht seine gute Laune und erkundigte sich humorvoll bei den Wartenden, wer am ›dransten‹ sei. Mehrere der Anwesenden wiesen auf Sidonie Weiß, die ganz hinten in der Ecke stand, sodass der Doktor sie gar nicht wahrgenommen hatte.

»Ach, das Fräulein. Na, komm nur rein«, forderte er sie mit schwungvoller Geste auf, einzutreten.

»Danke, Heinrich, das hat Zeit. Behandle erst mal deine Patienten. Ich warte so lange«, erwiderte Sidonie lächelnd.

Nach etwa einer Stunde bat der Arzt sie in sein Sprechzimmer.

»Ich quetsch dich jetzt einfach dazwischen, sonst wird das heute nix mehr mit uns. Und das wär doch schade! Also, liebe Sidonie, was liegt an?«, erkundigte sich Doktor Hoffmann. Die beiden kannten sich seit vielen Jahren, und es war nicht zuletzt den Wohltätigkeitsaktivitäten des Fräuleins zu verdanken, dass die Armenklinik überhaupt ins Leben gerufen werden konnte. Hoffmann und Sidonie verstanden sich prächtig, und der Arzt pflegte Sidonie Weiß als ›Frankfurts weise Eminenz im Hintergrund‹ zu bezeichnen.

»Es geht um den Fall Gerlinde Dietz. Ich befasse mich damit, weil es mir an die Nieren geht, dass da so geschlampt wird, und da wollte ich dich fragen, ob du die Tote vielleicht seziert hast?«

»Ja, das habe ich, und ich sagte auch diesem Inspektor, dass die junge Frau keines natürlichen Todes gestorben ist, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit vergiftet wurde. Das hat ihm nicht gepasst, weil er dadurch nur Arbeit hat, und die scheint dem Guten ja nicht so zu schmecken, und es hat ihn auch gar nicht interessiert. Ich habe so meine Mutmaßungen, womit die Ärmste vergiftet wurde. ›Mutmaßung‹ deswegen, weil sich ein solches Gift im menschlichen Körper kaum nachweisen lässt. Dennoch gibt es Anzeichen, die darauf hindeuten, dass es sich um Aconitin handeln muss. Aconitin ist das Alkaloid des Blauen Eisenhuts, auch Sturmhut genannt, einer hochgiftigen Pflanze, die überall in Europa heimisch ist. Das Aconitin ist ein Stoff, der sich im menschlichen Körper schnell auflöst und daher keine Rückstände hinterlässt. Glücklicherweise aber ist es ein sehr berüchtigtes, altes Gift, das schon bei den Ägyptern und den Griechen Verwendung gefunden hat. In den alten Gifthandbüchern werden nicht nur die Wirkungsweisen von Aconitin, sondern auch die Vergiftungsmerkmale der Opfer genau beschrieben. Dazu sei angemerkt, dass eine Aconitin-Vergiftung immer tödlich endet. Das Gift ist hochwirksam, und es gibt bis heute kein Gegenmittel. Anhand der organischen Beschaffenheit des toten Fräulein Dietz, ihrer Zungenverfärbung und Pupillengröße, auch der verkrümmten Haltung des Körpers und der Gliedmaßen, kann mit ziemlicher Sicherheit darauf geschlossen werden, dass sie mit Aconitin vergiftet wurde. Und das ist insofern erstaunlich, weil man dieses Gift heutzutage kaum noch verwendet. Die Destillation ist sehr aufwendig und erfordert fundierte Kenntnisse. Der Mörder muss demnach ein Fachmann sein – und er muss das Opfer sehr gehasst haben. In der Geschichte hat man häufig zu Aconitin gegriffen, wenn man einen Feind unschädlich machen wollte. Schwerverbrecher wurden damit hingerichtet, aber auch Fürsten und mächtige Kirchenmänner gemeuchelt. Die Vergiftungserscheinungen gelten als besonders qualvoll, weil sie bei vollem Bewusstsein durchlebt werden und sich je nach der Dosierung des Giftes bis zu 60 Minuten hinziehen können«, erläuterte der Doktor.

Sidonie hatte ihm mit angespannter Miene zugehört. »Schwerverbrecher, Fürsten und Kirchenmänner. Warum aber ein harmloses, kleines Dienstmädchen? Und warum nur hat der Mörder sie so gehasst?«, murmelte sie gedankenverloren.

»Das, meine Liebe, wird uns nur der Mörder selbst beantworten können. Vielleicht finden sich aber im Umfeld der Ermordeten aufschlussreiche Hinweise. Ich habe nur meine Zweifel, ob unsere liebe Polizei der Sache auch so nachgeht, wie es nötig wäre.«

»Mit diesen Zweifeln, mein lieber Heinrich, stehst du nicht allein da. Das Einzige, was dieser Brand bisher unternommen hat, war, ein paar arme Gassenhuren zu verhaften und zu befragen«, stimmte Sidonie ihm ärgerlich zu. »Aber ich finde diesen Kerl! Immerhin gibt es zwei übereinstimmende Täterbeschreibungen, und vorigen Samstag habe ich von einer Bekannten des ermordeten Dienstmädchens einen interessanten Hinweis erhalten.« Sidonie berichtete Doktor Hoffmann von Rudis Erlebnis auf dem Roßmarkt und Irmgards Eröffnung in der Kutsche.

»Demnach liegt es nahe, dass der Mörder aus der guten Gesellschaft stammt und sich mit Giften auskennt. Infrage kommen daher vor allem die Berufsgruppen Arzt, Chemiker und Apotheker.«

»Apotheker. Genau. Deswegen werde ich auch als Nächstes einmal in der Villa Saltzwedel vorstellig werden. Wie ich mich dort einführe, das überlege ich mir noch. Der Mörder muss also das Opfer aus bisher unbekannten Gründen sehr gehasst haben. Heinrich, wie ich weiß, bist du nicht nur ein vortrefflicher Arzt, sondern auch ein Kenner der menschlichen Seele und ihrer Abgründe. Ich muss jetzt einmal ganz naiv fragen: Welche Gründe könnte es für solche Gefühle geben?«

»Homo homini lupus! Der Mensch ist des Menschen Wolf. Das liegt nun einmal in unserer Natur. Genauso wie die Liebe. Liebe und Hass sind Geschwisterkinder. Hass ist nur die andere Seite der Medaille. Aber vielleicht sollte in unserem Zusammenhang die Frage lauten: Warum hegt ein Mann einer Frau gegenüber solche Gefühle? Da stehen doch die Weichen schon ganz anders, mehr ins Geschlechtliche weisend. Doch auch hier hat der Hass unzählige Gesichter, auch wenn er sich immer aus denselben Quellen nährt, die da lauten: Verletzung, Abweisung, Demütigung. Der Hass gegen eine bestimmte Frau kann sich oft zur tiefen Abneigung gegen Frauen im Allgemeinen ausweiten. Zuweilen wird der Grundstock dafür sehr früh gelegt, in Gestalt einer kalten, grausamen Mutter«, belehrte der Arzt seine aufmerksame Zuhörerin.

»Und einer, der Freude daran findet, geschlagen und gedemütigt zu werden? Woraus ist der gestrickt?«, fragte das Fräulein.

»Der ist sehr widersprüchlich. Dazu weiß ich aber wenig zu sagen. Es gibt bisher nur Spekulationen da­­rüber. Manche Kollegen behaupten, wer in jungen Jahren häufig Schmerz und Erniedrigung erfahren hat, der gewöhnt sich sozusagen daran und wandelt mit der Zeit die Schmerzerfahrung in eine Lusterfahrung um, sodass es ihm Lust bereitet, malträtiert zu werden. Andere Nervenärzte dagegen sind der Meinung, der Dulder gehört einem bestimmten, zu zwanghaftem Verhalten neigenden Charaktertypus an, der zu übersteigerter Reinlichkeit, Pedanterie und einem krankhaften Waschzwang tendiert. Oftmals bekleidet er eine verantwortungsvolle Position, die es ihm erlaubt, andere zu kujonieren und zu gängeln, denn in der Regel ist er das Abbild des gestrengen Despoten. Angeödet davon, dass alle vor ihm kriechen, verwandelt sich der Tyrann im stillen Kämmerlein zuweilen gerne in den ergebenen Diener. Falls du mehr darüber wissen möchtest, empfehle ich dir die Romane eines gewissen Marquis de Sade. Eigentlich sind die zwar alle verboten, aber gerade darum nicht weniger gefragt und unter der Hand ohne Weiteres erhältlich …«

»Hör mir nur damit auf«, unterbrach ihn das Fräulein angewidert. »Natürlich kenne ich diesen de Sade. Er beschreibt in seinen Werken ganz abscheuliche Dinge. Bei der Lektüre einer seiner Romane ist mir übel geworden. Immerhin saß er wegen seiner Abhandlungen 27 Jahre im Gefängnis und seine letzten Lebensjahre verbrachte er in der Irrenanstalt, wo er meines Erachtens auch hingehörte. Trotzdem, Heinrich, du hast mir sehr geholfen. Vielen Dank. Und jetzt will ich dich auch nicht mehr länger aufhalten.« Sidonie reichte Doktor Hoffmann die Hand, die dieser formvollendet küsste, worauf er die Besucherin zur Tür geleitete.

»Halte mich auf dem Laufenden, meine Liebe. Und wenn ich dir in der Angelegenheit irgendwie weiterhelfen kann, so melde dich bitte jederzeit«, verabschiedete sie der Doktor zuvorkommend.

 

*

Am Dienstagvormittag um Viertel nach elf Uhr betätigte Sidonie Weiß den schweren eisernen Türklopfer am Portal der Villa Saltzwedel am Sachsenhäuser Mainufer. Es war ein milder, sonniger Herbstmorgen, und die Vögel in dem weitläufigen englischen Garten zwitscherten fröhlich. Dem jungen Dienstmädchen, das Sidonie kurze Zeit später die Tür öffnete, erklärte die Dichterin, nachdem sie sich vorgestellt hatte, dass sie die Eheleute Saltzwedel zu sprechen wünsche.

»Treten Sie ein, Madame, und nehmen Sie einstweilen in der Halle Platz. Ich sage der gnädigen Frau Bescheid«, antwortete die Bedienstete und entfernte sich.

Nach etwa fünf Minuten kehrte die Magd zurück und bat das Fräulein, ihr zu folgen. Sie geleitete Sidonie den langen Flur entlang bis zu einer hohen Flügeltür, trat nach kurzem Anklopfen ein und meldete ihrer Herrschaft die Besucherin.

»Madame empfängt«, bedeutete sie Sidonie und hielt ihr die Tür auf. In dem großen, ganz in Pastellgelb gehaltenen Salon wirkte die zierliche Pauline Saltzwedel fast ein wenig verloren. Beim Eintreten des Fräuleins erhob sie sich von ihrem Stuhl am Fenster, legte ihren Stickrahmen zur Seite, trippelte Sidonie entgegen und reichte ihr zur Begrüßung die Hand.

Was für ein winziges, kaltes Händchen, ging es Sidonie durch den Sinn, als sie Frau Saltzwedels zaghaften Händedruck erwiderte.

»Frau Weiß, welche Freude, Sie kennenzulernen. Ich habe viele Ihrer Gedichte gelesen und darf Sie vielleicht später noch um eine Widmung bitten«, wisperte die Dame und errötete wie ein schüchterner Backfisch.

»Gerne, Madame Saltzwedel. Es wird mir eine Ehre sein!«, erwiderte Sidonie freundlich.

»Aber ehe ich Sie damit behellige, was führt Sie zu mir?«, fragte Pauline Saltzwedel und streifte Sidonie mit einem ängstlichen Blick aus ihren großen, himmelblauen Augen. Mit ihrem kleinen, runden Gesicht und der schmalen, spitzen Nase wirkte sie wie ein verschrecktes Vögelchen auf Sidonie. Vorsichtig eröffnete ihr das Fräulein, dass sie plane, einen Kriminalroman über den Giftmord an Gerlinde Dietz zu schreiben und momentan mit Recherchen im Umfeld der Ermordeten beschäftigt sei.

»Ach, dazu kann ich Ihnen leider gar nichts sagen. Mein Mann hat mit dem Herrn Polizeiinspektor auch schon ausführlich über die Anna gesprochen und mich angewiesen, den Herrschaften von der Presse mitzuteilen, dass wir mit der Angelegenheit nicht mehr behelligt werden möchten«, erwiderte Frau Saltzwedel abwehrend und nestelte nervös an ihrem Handarbeitsbeutel.

»Ich kann gut verstehen, dass es Sie verdrießlich stimmt, wenn man Sie wegen des tragischen Vorfalls immer wieder aufsucht, aber ich habe nur ein paar Fragen an Sie und möchte auch nicht lange stören. Und wie Sie wissen, bin ich nicht von einer Journaille. Was mich allerdings eben gewundert hat, ist, dass Sie von einer gewissen ›Anna‹ gesprochen haben. Hieß das Dienstmädchen denn nicht ›Gerlinde‹ mit Vornamen?«

»Ach so. Ja, mein Mann pflegt unseren Bediensteten immer eigene, gut einprägsame Vornamen zu geben, damit man sich nicht immer wieder auf andere Namen einstellen muss. Unser neues Dienstmädchen heißt wieder ›Anna‹«, erklärte Pauline Saltzwedel und kicherte nervös.

»Ihren Herrn Gatten würde ich gerne einmal kennenlernen. Vielleicht ist es ja möglich, dass er gelegentlich ein wenig Zeit für mich erübrigen kann.« Bei Sidonies leichthin geäußerten Worten zuckte die Hausfrau zusammen, als habe sie sich soeben verbrannt.

»Er ist aber beruflich sehr eingespannt und hat nur wenig Zeit.«

»Ihrem Gatten gehört doch die Schwanen-Apotheke im Steinweg, wenn ich mich nicht täusche?«

»Ja, und dort ist er vom frühen Morgen bis zum späten Abend. Und wenn er nicht wenigstens zum Mittagsessen nach Hause käme, würde ich ihn manchmal tagelang nicht sehen.«

»Ach, dann wird er ja bald eintreffen! Wenn Sie gestatten, möchte ich nur ein paar Worte mit ihm wechseln und Sie beide dann nicht mehr länger belästigen«, insistierte das Fräulein unbeirrt und lächelte Frau Saltzwedel entwaffnend an.

»Wie Sie wünschen. Er muss jede Minute kommen. Bitte entschuldigen Sie mich einstweilen. Ich muss in der Küche und im Esszimmer nach dem Rechten sehen. Auf das Personal kann man sich kaum verlassen. Sie wissen bestimmt, wie das ist. Darf ich Ihnen vielleicht etwas bringen lassen? Einen Tee, einen Kaffee?«

»Nein, nein, nur keine Umstände.« Das Fräulein blickte Pauline Saltzwedel nach, die hektisch den Salon verließ und sie in ihrem bauschigen, goldgelben Seidenkleid mit den voluminösen, rüschenverzierten Puffärmeln an ein aufgeregtes Stubenküken erinnerte.

Wenig später war aus einem der benachbarten Räume eine aufgebrachte männliche Stimme zu vernehmen, die in ärgerlichem Stakkato auf jemanden einredete. Man hörte eine Tür schlagen, und vom Flur her näherten sich energische Schritte. Gleich darauf wurde die Salontür aufgerissen und Ottmar Saltzwedel stürmte herein. Ohne ein Wort des Grußes polterte er los: »Meine liebe Dame, der Fall Gerlinde Dietz ist für uns ein für alle Mal abgeschlossen. Falls es Ihnen meine Gattin in ihrer Langmut nicht klar genug zu verstehen gegeben hat, so sage ich es Ihnen noch einmal ganz deutlich: Wir möchten damit nicht mehr behelligt werden, weder von Journalisten noch von sonstigen Vertretern der schreibenden Zunft. Bitte nehmen Sie das zur Kenntnis, liebes Fräulein Weiß. Glauben Sie mir, wir können Ihnen sowieso nicht mehr dazu sagen, als das, was unlängst in jeder Zeitung zu lesen war. Bitte entschuldigen Sie mich jetzt, ich darf Sie hinausbegleiten.« Sidonie spürte bei dem unhöflichen Gebaren des Apothekers eine Woge der Empörung in sich aufsteigen.

»Mein lieber Herr Saltzwedel, ich verbitte mir ganz entschieden diesen Ton«, erwiderte sie eisig. »Im Übrigen habe ich durchaus Grund zu der Annahme, dass gerade Sie mehr dazu zu sagen haben, als das, was in den Zeitungen zu lesen war.«

»Wie kommen Sie denn darauf?«, schnarrte Saltzwedel konsterniert.

»Ganz einfach, weil Sie ein, sagen wir mal, verfängliches, kleines Geheimnis haben, das die Ermordete, Gerlinde Dietz, mit Ihnen geteilt hat.«

Der bullige, kahlköpfige Mann wurde bei diesen Worten feuerrot im Gesicht. Die ohnehin schon nach vorne gewölbten, glasigen Augen schienen ihm förmlich aus den Höhlen zu quellen. Er schnaubte wie ein wütender Stier. Doch irgendetwas schien ihn plötzlich zurückzuhalten. Anstatt sich auf das nicht weniger aufgebrachte Fräulein zu stürzen, trabte er zum Kamin und begann, die Porzellanfiguren auf dem Sims zu verrücken. Während er mit den Fingern immer wieder über die Marmoroberfläche fuhr und diese dann genau begutachtete, als wolle er Staubspuren ausmachen, presste er keuchend hervor, ohne das Fräulein dabei anzublicken, dass sie ihn doch bitte heute Abend um sieben Uhr in der Apotheke im Steinweg Nummer 19 aufsuchen möge, denn hier könne man sich nicht ungestört unterhalten.

»Aber bitte zu niemandem ein Wort. Und bitte entschuldigen Sie doch meinen Auftritt«, flüsterte Ottmar Saltzwedel dem Fräulein eindringlich zu, um sie gleich darauf höflich zur Tür zu geleiten.

*

Als Sidonie und Johann an jenem Abend vor der Schwanen-Apotheke vorfuhren, verließen die drei Apothekergehilfen gerade den Laden, und Ottmar Saltzwedel stand im Begriff, hinter ihnen die Tür abzusperren. Als er des Fräuleins und ihres Begleiters ansichtig wurde, hielt er inne und ließ sie ein.

In Anbetracht der heiklen Umstände und Saltzwedels cholerischem Wesen hatte Sidonie es vorgezogen, Johann um Beistand zu bitten.

»Johann Konrad Friedrich, ein guter Freund und Vertrauter«, stellte sie ihn vor. Der Apotheker schien über dessen Anwesenheit offensichtlich wenig begeistert zu sein. »Ich hatte Sie doch ausdrücklich um Diskretion gebeten«, murmelte er vorwurfsvoll.

»Die sei Ihnen auch weiterhin zugesichert, vorausgesetzt natürlich, dass die Tatsachen nicht gegen Sie sprechen. Und um diese aufzuklären, sind wir heute Abend zusammengekommen. In Anbetracht der ernsten Angelegenheit konnte ich auf einen zuverlässigen Zeugen eben nicht verzichten«, erklärte ihm Sidonie ungerührt, während der Apotheker geistesabwesend auf zwei Stühle wies.

»Sie sprechen in Rätseln liebes Fräulein Weiß. ›Ernste Angelegenheit‹ und ›Tatsachen, die gegen mich sprechen‹. Was um Himmels willen meinen Sie damit? Sie führen sich schlimmer auf als ein Polizeiwachtmeister, ich dachte, Sie recherchieren für einen Kriminalroman?«

»Das war ehrlich gesagt nur ein Vorwand. In Wahrheit ist mir sehr daran gelegen, zur Aufklärung des Giftmordes an Gerlinde Dietz beizutragen. Und die war nicht nur in Ihrem Hause als Dienstmädchen beschäftigt, sondern wusste zudem über Ihre seltsame Veranlagung Bescheid.«

»Wollen Sie mir etwa unterstellen, dass ich etwas mit dieser Mordgeschichte zu tun habe?«, entrüstete sich Saltzwedel, dem, obgleich er auf Sidonies letzte Worte nicht einging, Schweißperlen auf die Stirn getreten waren.

»Sprechen wir es doch einmal deutlich aus: Sie haben eine abartige Veranlagung, bitte ersparen Sie es mir, weiter ins Detail zu gehen, und Gerlinde Dietz wusste davon. Sie sind ein angesehener Mann und haben einen Ruf zu verlieren. Es sind schon Leute geringfügigerer Dinge wegen umgebracht worden. Außerdem wurde Gerlinde Dietz vergiftet. Mit einem seltenen Gift. Als Apotheker sitzen Sie sozusagen an der Quelle, und es dürfte Ihnen ein Leichtes gewesen sein, es ihr zu verabreichen.« Das Fräulein blickte Saltzwedel fest in die Augen, der mehr und mehr die Fassung zu verlieren schien. Mit zittrigen Händen holte er aus einem der Schränke eine Kognakflasche und schenkte sich, nachdem er auch seinen Gästen etwas davon angeboten hatte, einen großzügigen Schluck in ein Wasserglas, das er auf einen Zug leerte.

»Auf den Schrecken hin musste das sein«, erklärte er kurzatmig. »Ich versichere Ihnen auf Ehre und Gewissen, mit dem Mord an der armen Anna habe ich nicht das Geringste zu tun!«

»Gerne würde ich Ihren Worten Glauben schenken, und es bereitet mir gewiss kein Vergnügen, im Privatleben anderer Leute herumzustochern. Das Gift, welches der Ermordeten verabreicht wurde, führt je nach Dosierung bereits nach einer Stunde zum Tod. Ich muss Sie daher jetzt fragen: Wo waren Sie am Samstag, den 25. August, in der Zeit von vier Uhr nachmittags bis halb sechs Uhr abends?«

Ottmar Saltzwedel war blass geworden und schenkte sich noch einen dreifachen Kognak ein.

»Das geht Sie gar nichts an, Sie aufgeblasene Pute! Sie haben überhaupt kein Recht, mich derart zu verhören. Scheren Sie sich mitsamt Ihrem alten Schwerenöter zum Teufel, und lassen Sie mir meine Ruhe!«

»Herr Saltzwedel, ich muss doch sehr bitten! So behandelt man keine Dame. Wenn Sie sich weiterhin so rüpelhaft und verstockt gebärden, steigen Fräulein Weiß und ich auf der Stelle in die Kutsche und fahren zur Hauptwache. Dann hat es sich von wegen Diskretion! Bin gespannt, was der Herr Polizeiinspektor dazu sagen wird. Und erst recht die Herren von der Zeitung. Ich treffe sie gleich morgen im Kaffeehaus …« Johann hatte sich gemeinsam mit Sidonie erhoben und strebte finsteren Blickes zur Eingangstür, wo der Schlüssel von innen steckte.

»Nein, warten Sie. So war das doch nicht gemeint. Außerdem möchte ich Sie mal sehen, mein lieber Friedrich, wie Sie aus der Wäsche gucken würden, wenn man Ihnen einen gemeinen Meuchelmord unterstellt. Und das noch von einer Freizeitdetektivin. Das muss man sich mal überlegen!« Saltzwedel schüttelte ungehalten seinen Glatzkopf, der inzwischen wie eine Speckschwarte glänzte. Die hellgrünen, vorstehenden Augen waren blutunterlaufen. Er schenkte sich sein Glas noch einmal voll, nahm einen tiefen Schluck und schien angestrengt nachzudenken.

»Also gut, wenn Sie mir beide Ihr Ehrenwort geben, dass keine Menschenseele etwas davon erfährt, sage ich Ihnen, wo ich an besagtem Samstagnachmittag zwischen vier und halb sechs Uhr gewesen bin«, lenkte er schwerzüngig ein. Nachdem ihm Sidonie und Johann zugesagt hatten, die Angelegenheit absolut vertraulich zu behandeln, fuhr Saltz­wedel stockend fort: »Ich war im Hause von Madame Zink in der Großen Gallengasse Nummer 23. Dort hatte ich eine Verabredung mit einer Dame.«

»Mein lieber Saltzwedel, auch wenn wir Ihnen unser Stillschweigen zugesichert haben, so kommen wir doch nicht umhin, Ihre Angaben zu überprüfen, das werden Sie hoffentlich verstehen. Also ist es selbst in diesem delikaten Fall unumgänglich, dass Sie uns den Namen der Dame nennen«, insistierte das Fräulein.

 

»Was denn, Sie wollen auch noch dorthin gehen und nachfragen? Ich versichere Ihnen auf Ehre und Gewissen, dass ich zur fraglichen Zeit dort war und nichts, aber auch gar nichts mit dem Mord an Gerlinde Dietz zu tun habe. Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, das ist die reine Wahrheit«, beteuerte der Apotheker mit erhobener Stimme und reichte Sidonie mit theatralischer Geste die Hand, die diese widerwillig ergriff.

»Herr Saltzwedel, ich glaube Ihnen. Aber um ganz sicher zu sein, benötige ich dennoch den Namen der Dame«, beharrte die Dichterin, obgleich ihr Saltzwedel inzwischen fast leid tat.

»Gilt denn das Wort eines Ehrenmannes überhaupt nichts mehr?«, näselte Saltzwedel gekränkt und schien den Tränen nahe. »Sie sind eine kaltherzige Person«, fügte er mit bebender Stimme hinzu.

»Mitnichten, Herr Saltzwedel, mitnichten. Und jetzt den Namen bitte!«

»Sie hat aber keinen Namen. Alle nennen sie nur die ›Miss‹. Oh je, das wird Ärger geben«, murmelte er wie zu sich selbst und senkte schicksalsergeben den Blick.

*

Von außen betrachtet wirkte das Haus in der Großen Gallengasse Nummer 23 völlig unauffällig. Darauf hatte Madame Zink, eine gutsituierte Kaufmannswitwe, die das hübsche kleine Anwesen von ihrem Gatten geerbt hatte, schon immer großen Wert gelegt. Nur Eingeweihte wussten, dass sich im ersten Stock der Villa ein heimliches Bordell der gehobenen Klasse befand.

Jungfern aus Mainz, Würzburg und auch aus Frankfurt, allesamt jung und attraktiv, standen den Besuchern zur Verfügung. Madame Zink nahm auch Sonderwünsche entgegen. Für Geld, so hieß es hinter vorgehaltener Hand, konnte man bei ihr alles bekommen. Jungfräuliche Bürgerstöchter, verheiratete Damen, Dienstmädchen und gestrenge Gouvernanten konnten im Bedarfsfall ebenso vermittelt werden wie Lustknaben und Transvestiten. Das Haus galt als eine der ersten Adressen Frankfurts. Die Einrichtung war vortrefflich und entsprach exklusiven Ansprüchen. Hier verkehrten vor allem die wohlhabenden und angesehenen Herren der Stadt, die äußersten Wert auf Diskretion legten. Auch reiche Messebesucher gehörten zu den Stammgästen.

Eine besondere Spezialität des Hauses waren die abgedunkelten Zimmer, wo der Besucher von willigen Damen empfangen wurde, die nahezu jeden Wunsch erfüllten. Einzige Bedingung: Es musste dunkel bleiben. Denn die Damen, so wurde gemunkelt, entstammten der besten Frankfurter Gesellschaft und wollten auf keinen Fall erkannt werden.

Als Johann, dem das Etablissement aus früheren Jahren noch gut in Erinnerung war, an jenem Abend die Glocke läutete und sich kurz darauf bei der Inhaberin nach einer gewissen ›Miss‹ erkundigte, erhielt er zunächst eine abschlägige Antwort: »Ich bedaure, mein Herr, aber die Miss empfängt nur nach Absprache. Da kann ich keine Ausnahme machen. Wenn Sie möchten, notiere ich Sie für die kommende Woche, sagen Sie doch bitte, wann es Ihnen gelegen kommt.«

Madame Zink, eine elegante, gutaussehende Dame um die 40, saß hinter ihrem zierlichen Sekretär aus poliertem Wurzelholz und blickte Johann abwartend an. Als dieser zögerte und aus seinem Unmut keinen Hehl machte, fügte die Inhaberin des Nobel-Bordells entgegenkommend hinzu, dass er auch die Möglichkeit habe, auf eine andere Dame zurückzugreifen, vorausgesetzt, es müsse nicht unbedingt eine Gouvernante sein. »Ich weiß ja nicht, wonach Ihnen sonst noch der Sinn steht. Aber Madame Herzog wäre momentan gerade frei. Was nicht häufig vorkommt, das darf ich Ihnen versichern, denn sie ist ebenso gefragt wie unsere Miss, auch wenn man die beiden Damen natürlich nicht miteinander vergleichen kann. Madame Herzog ist bekannt für ihre feurigen Küsse, die nichts zu wünschen übriglassen, wenn Sie verstehen, was ich meine …«, erläuterte die Bordellwirtin mit kokettem Augenaufschlag zu Johann hin und wollte gerade mit ihrer Lobpreisung fortfahren, als dieser sie unterbrach.

»Gnädige Frau, vielleicht sollte ich etwas richtigstellen: Ich komme nicht als Kunde in Ihr Haus. Es geht um den Mordfall Gerlinde Dietz, an dessen Aufklärung ich als Privatmann mitwirke, und diesbezüglich hätte ich eine Frage an Ihre Miss, deren wahrheitsgemäße Beantwortung allerdings für die kriminalistischen Ermittlungen von größter Wichtigkeit ist.«

Die geschäftsmäßige Freundlichkeit von Madame Zink war mit einem Mal wie weggeblasen. »So etwas hat in meinem Hause nichts zu suchen. Mit wie auch immer gearteten Mordfällen haben wir nichts zu tun und wollen es auch nicht, damit das klar ist. Und jetzt wäre ich Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mich nicht länger behelligen würden«, beschied ihm Madame kühl.

»Wie Sie wünschen, Verehrteste. Stellen Sie sich aber bitte darauf ein, dass Sie in der Angelegenheit schon sehr bald Besuch von der Gendarmerie bekommen werden, die ich im Falle Ihres mangelnden Entgegenkommens leider zu unterrichten gezwungen wäre. Und diese Herren werden dann gewiss mehr Staub aufwirbeln als meine Wenigkeit, das darf ich Ihnen versichern. Im Gegensatz zu unserer lieben Polizei ist mir nämlich sehr wohl an einer behutsamen Ermittlung gelegen.«

Madame Zink dachte kurz nach. »Also gut. Was wollen Sie wissen?«, raunzte sie unwirsch. Johann formulierte bedachtsam sein Ansinnen, als er aber den Namen ›Saltz­wedel‹ erwähnte, wurde ihm rüde das Wort abgeschnitten.

»Mein lieber Herr Friedrich, wie Ihnen sicherlich bekannt sein dürfte, suchten Sie uns noch vor einigen Jahren das eine oder andere Mal auf, gilt doch mein Haus als eine der ersten Adressen Frankfurts. Bei uns wird größten Wert auf Diskretion gelegt. Deswegen werde ich den Teufel tun, Ihnen irgendetwas über meine Kunden preiszugeben!«

»Es wäre aber ganz im Sinne von Herrn Saltzwedel, wenn Ihre Miss seine Angaben bestätigen würde«, gab Johann zu bedenken.

»Na, die wird Ihnen was husten, das kann ich Ihnen versprechen!«, erwiderte Frau Zink grimmig. »Da habe ich eine bessere Idee. Sie lassen sich gemeinsam mit Herrn Saltz­wedel einen Termin bei der Miss geben, stellen in seinem Beisein Ihre Fragen, und wenn die Miss gnädig gestimmt ist, wird Sie Ihnen vielleicht eine Antwort geben. Vielleicht aber auch nicht.« Madame Zink lächelte süffisant, läutete nach dem Dienstmädchen und wollte Johann hinausbegleiten lassen, als es an der Tür klingelte.

»Das sind Schüler von der Miss, Emma. Kümmere dich bitte darum und bring sie schon mal ins Schulzimmer, damit der Unterricht pünktlich beginnen kann. Und den da bringst du bitte nach draußen. Ich bin dann mal kurz abwesend«, richtete sich die Bordellwirtin an das herbeieilende Dienstmädchen und verließ den Empfangsraum durch eine schmale, tapezierte Hintertür mit der Aufschrift ›Privat‹. Johann hatte sich in den Schatten eines großen Gummibaums zurückgezogen und wartete ab. Kurz hintereinander läutete es noch zweimal an der Eingangstür, drei Herren in Frack und Zylinder traten in das Foyer und übergaben dem Dienstmädchen ihre Hüte. Johann mischte sich unauffällig unter sie und tat es ihnen gleich. Die Dienstmagd blickte sich suchend im Empfangsraum um, runzelte ratlos die Stirn und bat die Herren schließlich, ihr zu folgen. Über eine lange, gewundene Treppe, deren Stufen mit einem flauschigen, dunkelroten Läufer ausgelegt waren, gelangten sie in den ersten Stock. Am Ende einer Zimmerflucht erreichten sie eine Flügeltür mit der Aufschrift ›Klassenzimmer‹. Das Dienstmädchen öffnete die Tür ohne anzuklopfen, bat Johann und die drei anderen Herren, sich auf ihre Plätze zu begeben und sich ruhig und gesittet zu betragen, der Unterricht beginne in Kürze. Johann staunte nicht schlecht, als er den Raum erblickte, der bis ins kleinste Detail die getreue Nachbildung eines Schulzimmers darstellte. An der Stirnseite hing eine große Tafel. Rechter Hand davon war eine Weltkarte angebracht. In einem Wandregal befand sich neben Schulbüchern und einem Stapel Atlanten auch ein Globus. In den Regalfächern reihten sich überdies ausgestopfte Säugetiere und Vögel, an der Seite baumelte gar ein menschliches Skelett. Auf einem Podest vor der Tafel erhob sich der Lehrerkatheder. Johann, der sich ebenso wie die anderen ›Schüler‹ auf einer der in Dreierreihen aufgestellten Schulbänke niedergelassen hatte, sah, dass auf dem Lehrerpult außer den obligatorischen Schreibutensilien und einem Klassenbuch auch verschiedene Rohrstöcke und Ruten sowie Holzlineale in unterschiedlichen Größen angeordnet waren. Kurz bevor die Schulglocke durchdringend läutete, entdeckte er mit leichtem Amüsement in der hinteren Ecke des Klassenzimmers sogar eine Eselsbank. Während er seine Blicke noch im Raum umherschweifen ließ und überlegte, wie er sich am besten der Miss gegenüber verhalten sollte, wurde die Flügeltür aufgerissen, und eine große, hagere Dame in einem schwarzen, hochgeschlossenen Kleid eilte im Stechschritt ins Klassenzimmer. Unter dem knöchellangen Saum ihres schmucklosen Gewandes waren schwere Reitstiefel zu erkennen, und in der rechten Hand hielt sie eine Reitgerte. Die dunklen Haare waren straff nach hinten gekämmt und im Nacken zu einem Knoten zusammengesteckt. Die herben Gesichtszüge mit den hohen Wangenknochen und der schmallippige Mund waren gänzlich ungeschminkt. Mit starren, gelben Raubvogelaugen und unbewegter Miene fixierte die Miss der Reihe nach ihre Schüler, und Johann kam es so vor, als könne sie bis auf den Grund seiner Seele spähen. Ehe er sich versah, fürchtete er sich vor diesem durchdringenden, erbarmungslosen Blick wie ein kleiner, unartiger Pennäler vor der Knute des Magisters. Die drei anderen Herren waren beim Eintreffen der Miss augenblicklich von ihren Bänken hochgeschnellt.

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