Kirsch und der Ring der Keltengöttin

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Z serii: Reihe #2
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Kapitel 4

Kirsch hatte wie immer eine unruhige Nacht. Das war einfach eines seiner Probleme, dass er sich so in seine Fälle richtig verbiss und sie ganz persönlich nahm. Das sagt selbst Moni seine Frau. Auch sie konnte noch nicht ans Einschlafen denken, da sie noch ein bisschen den smarten Polizeipräsidenten vor Augen hatte.

Kirsch wälzte sich im Bett immer wieder einmal hin und her und dann hatte er wieder einen Traum. Er befand sich in einem dunklen Verließ. Am Boden lag er selbst und über ihm lachen sich Elise und Rudolf von Monroe kaputt. Schweißgebadet wachte Kirsch auf, der sich allerdings vornahm, sich bei seinen Ermittlungen nicht von diesem Traum beeinflussen zu lassen.

„Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass das Ehepaar mit dem Raub des Ringes was zu tun hat“, murmelte Kirsch noch schlaftrunken in sein nasses Kopfkissen hinein.

Moni lag mit einem fast verklärten Gesicht neben ihm und schlief ganz vermummt in ihrem Bett mit ruhigen Atemzügen.

Als Kirsch Moni so ruhig neben sich sah, drehte er sich auch auf die andere Seite, um weiter zu schlafen.

„Was soll’s, irgendwie werden wir die Räuber finden“, murmelte er und räkelte sich in seinem Bett.

„Ja, ich nenne sie Räuber, denn Diebe, das wäre zu einfach“, wiederholte er richtig trotzig und aufgebracht und so einfach abhaken konnte er diesen dreisten Raub einfach nicht.

Am anderen Morgen machte sich Kirsch zunächst einen Kaffee. Und der würzige Kaffeeduft durchzog das ganze Haus und weckte auch Moni, die eigentlich ansonsten vor Kirsch aufstand. Aber die Aufregung gestern war auch für sie zu groß und so ist auch ihr Schlaf ziemlich unruhig verlaufen.

„Ich lass sie noch schlafen“, dachte Kirsch, aber da stand Moni schon in der Tür und strich sich das erhitzte Haar aus dem Gesicht.

„Bist du schon auf?“

„Ja, was glaubst du, was heute los ist, da kann ich doch nicht ruhig schlafen“, meinte Kirsch und ging zum Küchenschrank und steckte sich ein Brot in den Toast.

„Noch ein Tässchen Kaffee gefällig?“, lächelte Moni Kirsch zu, der sich nicht zweimal bitten ließ.

„Ja, mach sie nur voll, die Tasse, ich brauche heute den Kaffee als Lebenselixier und Aufputschmittel.“

Kirsch verabschiedete sich von Moni, die ihm noch nachwinkte, bevor sie sich wieder in ihr Küchenparadies aufmachte. Und Kirsch spazierte schnellen Schrittes ins Kommissariat. Unterwegs traf er wie immer auch Johanna Merkle, die wieder mit Kopfhörern in den Ohren joggte.

„Hallo Hanna, steht wieder ein Marathon an?“, wollte Kirsch lachend von Hanna wissen.

„Nein, diesmal nicht, ich will mich nur körperlich fit halten“, meinte sie und joggte wieder um die Ecke.

Eugen kam wie immer aus der Bäckerei, wo er wieder Brezeln und Croissant für die Besprechung holte. Alles war wie immer, alles ging seinen gewohnten Gang, wenn nur nicht im Hinterkopf von Kirsch dieser fürchterliche Raub spuken würde.

„Irgendwie würde ich den jetzt gerne ausblenden, mich irgendwo „hinbeamen“, wenn das so einfach wäre.“ Kirsch machte sich so seine Gedanken auf dem Weg ins Kommissariat.

Ein so schöner spätsommerlicher Tag und da muss man sich wieder mit den dunkelsten Machenschaften abgeben.

Helen kam Kirsch auch schon entgegen und reichte ihm die Liste mit den Personen, die beim Tea-Dinner anwesend waren.

„Das hat später Zeit, besorge mir noch einen Antragszettel für eine Dienstreise, Helen“, bat Kirsch seine Assistentin.

„Ich muss in die Schweiz, dort gibt es Kommissar Späni, der kennt sich mit solchen Raubdelikten am besten aus. Dort fahre ich heute hin, nach Zürich“, gab Kirsch schnell weitere Anweisungen an Helen weiter.

„Derweil kümmert ihr euch hier um alles. Wo sind denn Huber und Drechsler, noch im Urlaub?“, wollte Kirsch dann noch wissen.

„Ja, Chef, sie sind beide noch im Urlaub, da müssen wir eben alleine ran“, erwiderte Helen, die dann Kirsch mit einem Lächeln aufmuntern wollte.

„Wann kommen die beiden wieder aus dem Urlaub zurück?“, bohrte Kirsch ungeduldig weiter.

„Ich kümmere mich darum, ich weiß es auch nicht genau“, erwiderte Helen.

„Ist ja gut, Helen“, Kirsch bedankte sich bei seiner treuen Assistentin, auf die er sich hundertprozentig verlassen konnte.

Eugen kam dann auch die Treppen hochgelaufen, natürlich mit einer Tüte voller Brezeln und Croissant, die er an die Kollegen verteilte, die schon mit ihren dampfenden Kaffeetassen sehnsüchtig auf die schmackhaften Backwaren warteten.

„Wollen Sie auch noch einen Kaffee trinken, bevor Sie losfahren?“, meinte Helen zu Kirsch.

„Ja, Helen, ich trinke noch eine Tasse und nehme noch ein Croissant, denn Zeit zum Essen habe ich nicht“, meinte Kirsch, der gleich an sein Telefon ging und seinen Kollegen Späni in Zürich anrief.

„Hallo Geni, kann ich heute zu dir kommen, ich habe nämlich ein Problem“, rief Kirsch ziemlich laut und schnell ins Telefon.

„Ja, Kirsch, du und dein Problem, was ist es denn diesmal?“, meinte der Schweizer Kommissar Geni Späni zu Kirsch.

„Das sag ich dir wenn ich bei dir bin, nicht dass noch mein Telefon abgehört wird, man kann ja nie wissen. Es ist alles noch sehr geheim“, flüsterte Kirsch ins Telefon und seine Rede klang ziemlich verschwörerisch. Selbst Helen und Eugen fragten sich weshalb Kirsch nur so leise flüsterte.

„Gut, Bernhard, ich erwarte dich im Büro in Zürich. Du kennst dich ja aus“, erwiderte Späni und freute sich auf seinen Kollegen aus dem Schwarzwald, den er schon lange kannte.

„Ich bin so spätestens um 12 Uhr bei dir“, antwortete Kirsch knapp.

Und dann machte sich Kirsch auf den Weg in die schöne Schweiz, wo ihn Geni Späni, mit großer Spannung erwartete. In Zürich angekommen fuhr er auf dem schnellsten Weg ins Kommissariat.

„Nimm Platz, Kirsch, willst du einen Schweizer Bohnenkaffee und ein Schweizer „Leckerli“, meinte Späni zu Kirsch.

„Ja, gerne“, sagte Kirsch und ein bisschen verfiel er dann auch in den warm klingenden Singsang der Schweizer Sprache.

Kirsch ist in der Nähe der Schweizer Grenze aufgewachsen, so dass er diesen Dialekt immer noch beherrschte und sein Akzent auch nie ganz hochdeutsch war.

„Jetzt erzähl mal, Kirsch, was ist los, weshalb kommst du so mir nichts dir nichts in die Schweiz gefahren, da muss es sich schon um was Wichtiges handeln“, meinte Späni zu Kirsch.

„Ich komme in einer geheimen Mission. Es geht nicht um Mord, sondern um einen raffinierten Diebstahl“, fing Kirsch etwas umständlich zu erzählen an.

„Bei uns in Wiesenbach gibt es ein altes Landgut mit dem Namen Amalienburg. Dort wohnt Rudolf von Monroe mit seiner Frau Elise, die eine berühmte Fernsehköchin und –autorin ist. Ihr Mann ist der bekannte Frankfurter Unternehmer von Monroe, der sich auch als Autor von Sachbüchern einen Namen gemacht hat. Von seinem Großvater besitzt von Monroe einen alten Keltenring, den sein Großvater selbst auf der Schwäbischen Alb ausgegraben hat. Irgendwie war er bis dato immer noch im Familienbesitz.“

„Von Monroe hatte kürzlich eine Pressekonferenz, wo er den Ring präsentierte, weil er ihn jetzt endlich dem Land Baden-Württemberg übergeben wollte“, brachte Kirsch in einer Kurzfassung die weiteren Details der Geschichte hervor.

„Und wann geschah dann der Diebstahl?“, fragte Späni voller Interesse nach.

„Es gab eine wunderschöne Tea-Time bei Monroes, wo ich und meine Frau auch eingeladen waren und bei dieser Gelegenheit ist dieser Ring gestohlen worden“, erläuterte Kirsch die Tat.

„Was unter deinen wachen Augen ist es passiert. Das ist schon etwas seltsam und peinlich für dich, Kirsch“, schmunzelte Späni.

Aber Kirsch war deshalb nicht ungehalten, denn er kannte ja seinen Freund schon lange und der durfte diese Kritik schon äußern, zumal sie ja auch im Spaß gemeint war.

„Ja, deshalb kümmere ich mich ja auch selbst darum, weil ich bin schon ganz untröstlich, dass es während meiner Anwesenheit passiert ist, das kannst du mir glauben, Geni“, erwiderte Kirsch.

„Das kann ich mir denken“, antwortete Geni Späni lachend.

„Der Ring hat einen immensen Wert, ich glaube er ist mit einer Million oder mehr versichert“, sagte Kirsch etwas unwirsch, denn gerne wollte er an sein Versagen nicht erinnert werden, auch nicht von seinem Freund.

Allerdings hatte er ja niemals erwartet, dass der Ring so am helllichten Tag und noch während einer Tea-Time und während seiner Anwesenheit gestohlen werden würde.

„Du kannst dir ja denken, dass ich alles daran setze, dass der Ring wieder gefunden wird, bevor er an einen Sammler und ins Ausland geht“, meinte Kirsch zu Späni.

„Du bist doch hier der Experte, was solche Raubdelikte betrifft“, erinnerte Kirsch seinen Freund an diverse Delikte, die Späni schon aufgeklärt hatte.

„Ich möchte dich hier nur an den Fall mit der ägyptischen Sphinx erinnern. Diesen Fall hast du brillant gelöst und die Diebe konnten nicht viel ausrichten.“

„Ja, aber Interpol hat mir dabei sehr geholfen“, gab Späni gewissermaßen entschuldigend zu.

„Das weiß ich, deshalb auch meine Bitte an dich, dass du mir deine Verbündeten oder deine Kontakte nennen könntest“, ging Kirsch auf sein Anliegen ein.

„Kirsch, ich helfe dir gerne. Hat die Spusi schon Spuren entdecken können“, wollte Späni dann von Kirsch wissen.

 

„Ich habe noch keinen Bericht von der Spusi, weil ich gleich zu dir fahren wollte, damit ich keine Zeit verliere. Die Informationen zu den Spuren kann ich dir nachliefern“, äußerte sich Kirsch schon etwas entspannter, weil er wusste, dass er sich hundertprozentig auf seinen Freund verlassen konnte.

„Das ist richtig, ich will mal in unserer Datei nachsehen, denn dabei handelt es sich sicherlich um eine internationale Bande, die sich auf solche Diebstähle spezialisiert hat“, so Späni.

„Kann ich mal meine beiden Assistenten anrufen. Vielleicht gibt es schon Informationen, die man dir gleich übermitteln kann?“, fragte Kirsch nach.

„Natürlich, tu dir keinen Zwang an!“

Helen war am Telefon.

Eugen war nochmals zur Villa gefahren und wollte sich alles ganz genau anschauen, informierte Helen den Kommissar.

„Übrigens Chef, Huber und Drechsler kommen erst wieder nächste Woche, Montag, ins Büro“, wandte Helen weiter ein.

„Gehen die eigentlich immer zusammen in Urlaub, wie Zwillinge?“, brachte Kirsch etwas ungehalten seine Meinung vor.

„Nein, aber durch unseren Fall, Sie wissen ja, Herr Kirsch, waren sie ja bis zum Schluss eingesetzt, und konnten so auch nicht früher gehen“, erwiderte Helen, die den Kommissar wieder etwas besänftigen konnte.

„Ist ja gut, Helen, ich weiß, ich war etwas ungehalten, aber die Zeit drängt“, gab Kirsch zu bedenken.

„Ich bin bald fertig bei meinem Freund Späni, dann fahre ich wieder zurück“, erwiderte Kirsch.

„Noch was, Helen, ist schon der Bericht der Spusi vorrätig, dann faxe ihn doch bitte zu Herrn Geni Späni an das Kommissariat in Zürich“, gab Kirsch doch noch eine weitere, wichtige Anweisung an Helen.

„Ich gebe dir die Faxnummer gleich durch.“

Zu Späni gewandt, erhielt er von ihm die Faxnummer und noch einige Namen von Interpol, die Experten auf dem Gebiet von Raubkunst waren.

Außerdem wollte sich Späni mal umhören, ob bei den Antiquitätenhändlern in Zürich und Basel sich etwas tat.

„Mehr kann ich jetzt für dich nicht tun, Kirsch“, entgegnete Späni, der jedoch versicherte, dass er Kirsch bei diesem Fall gerne behilflich ist.

„Ich danke dir, Geni, für deine Hilfe, wenn ich mehr weiß, melde ich mich, kannst dich darauf verlassen“, meinte Kirsch zu Späni, der sich dann herzlich vom Schweizer Kommissar verabschiedete.

„Eigentlich sollten wir uns mal wieder im Hotzenwald treffen, was meinst du, Kirsch?“

Späni kam nämlich aus Laufenburg aus der Schweiz und Kirsch aus Laufenburg in Deutschland und die beiden kannten sich schon viele Jahre. Deshalb war auch Kirsch sicher, dass er in Späni einen guten Verbündeten hatte und einen guten Freund, der ihm sicherlich noch bei diesem Fall zu Diensten war.

„Also mach‘s gut, Kirsch, und melde dich, wenn du mehr weißt, was ich auch mache“, so Späni zu Kirsch.

Im Nu war Kirsch wieder an seinem Auto und er fuhr dann gemächlich über Schaffhausen zurück. Die Landschaft am Hochrhein kannte er noch von seiner Jugendzeit her und irgendwie waren ihm auch die Menschen, obwohl sie manchmal einen etwas eigenwilligen Humor haben, einfach sehr vertraut.

Kaum fuhr Kirsch über die Grenze, kam ein Anruf von Helen. Kirsch konnte an an einer guten Stelle das Auto anhalten, denn eine Freisprechanlage hatte er nicht in seinem Auto und er kannte sich nicht so damit aus. Als er den Hörer abnahm, hört er Helen, deren Stimme sich fast überschlug.

„Was ist los, Helen, beruhige dich, ich verstehe fast nichts“, gab Kirsch von sich, bevor dann Helen so richtig loslegen konnte.

„Linette, das Dienstmädchen der von Monroes ist ermordet worden“, prustete Helen ins Telefon.

„Wer hat sie denn gefunden?“, fragte Kirsch völlig überrascht nach.

„Der Gärtner, die Eheleute von Monroe sind nicht mehr da. Als Eugen zur Villa, hatte niemand geöffnet und dann hatte er den Gärtner gesehen, der ließ ihn dann ins Haus und dabei haben sie die tote Linette gefunden“, erzählte Helen, die sich jetzt wieder etwas beruhigt hatte und ihre zuerst hektische Stimme klang dann auch schon wieder ganz normal.

„Okay, schick die Spusi hin, Eugen ist ja noch da, er soll mal alles inspizieren, aber nichts berühren, ich komme so schnell wie möglich“, betonte Kirsch ziemlich energisch zu Helen.

Kapitel 5

„Jetzt haben wir also doch einen Mord, genau das, was ich befürchtet habe“, sprach Kirsch wieder mal mehr zu sich selbst, wobei ihn bei dieser Analyse schon angst und bange wurde.

Und Kirsch legte in seinem Volvo noch einen Zacken zu, damit er möglichst schnell an den Tatort gelangen konnte.

„Linette ermordet, wieso, das passte überhaupt nicht in das Konzept oder Schema des Diebstahls, wie Kirsch es nannte.“ Kirsch führte mal wieder Selbstgespräche, was er des Öfteren in seinem Auto machte, wenn er alleine war.

„Die Diebe könnten allenfalls einen Erpresserbrief schreiben, aber einen Mord begehen, das würden sie nicht, das passt einfach nicht in das Bild“, murmelte er weiter, bevor er sich wieder seinen Fahrkünsten und der Straße widmete.

Kirsch führte gerne Selbstgespräche, vor allem, wenn er alleine war. Und manchmal war er eben auch alleine im Auto, obwohl der Fall dringend seine Anwesenheit benötigte und er nicht schnell genug am Tatort sein konnte wie jetzt auch an diesem Tag.

Langsam stieg das Tachometer auf 120 Stundenkilometer an, wobei auf dieser Straße eigentlich nur 100 km/h angezeigt waren.

Ich muss aufpassen, sonst krieg ich noch einen Strafzettel, dachte Kirsch nur kurz.

Trotzdem drückte er noch etwas auf das Gas, um aber gleich wieder vernünftig zu werden, denn ein Unfall würde ihm jetzt auch nichts nützen.

So siegte auch wieder seine Vernunft über sein Temperament, das manchmal mit ihm durchging, und er drosselte sein Tempo und fuhr dann angemessen die angegebenen Stundenkilometer.

Auch so erreichte Kirsch bald Wiesenbach und bevor er das Kommissariat anfuhr, nahm er die paar Kilometer weiter bis zur Villa, das auf einer Anhöhe in der Vorbergzone des Schwarzwaldes liegt und man von dort einen herrlichen Ausblick auf die Vogesenberge auf der anderen Rheinseite hatte.

Sogleich entdeckte Kirsch auch das Polizeiaufgebot. Bürgermeister Wohlgemuth und auch der Polizeipräsident waren schon dort.

„Was wollen die denn?“, dachte Kirsch nur kurz.

Na ja, lass sie halt hier, dachte er, bevor er sich an die beiden wandte.

„Guten Tag, meine Herren“, rief Kirsch in die Runde, aber die beiden zuckten nur so zusammen, als hätten sie selbst den Mord begangen.

„Jetzt haben wir den Schlamassel, Kirsch“, meinte der Bürgermeister und auch der Polizeipräsident nickte nur langsam und bedächtig vor sich hin.

Auch der alte Gärtner stand untröstlich in der Ecke und hielt seine Mütze in der Hand.

Eugen kam kurz angerannt, als er bemerkte, dass Kirsch schon im Raum war.

„Was wollen denn die beiden hier, Chef?“, meinte Eugen ebenfalls leise zu Kirsch.

„Ich weiß es auch nicht, hast du sie verständigt?“, fragte Kirsch nach.

„Nein, vielleicht war es Helen, Huber und Drechsler können es ja nicht gewesen sein, die sind ja noch im Urlaub.

„Was war los Eugen, hast du noch was bemerkt?“, wollte Kirsch von Eugen wissen und nahm ihn etwas zur Seite, damit es der Bürgermeister und auch der Polizeipräsident nicht hören konnten.

„Nein, ich glaube Linette ist schon länger tot, das ist nicht gerade erst geschehen“, antwortete Eugen.

„Was sagt denn die Spusi?“, wollte Kirsch weiter wissen.

„Die bestätigen es auch“, so Eugen. „aber natürlich, kann man es erst nach der Obduktion sagen.“

Linette lag ausgestreckt am Boden. Sie wurde hinterrücks mit einem Draht erstickt, meinten die beiden Spusi-Mitarbeiter, die noch überall nach Spuren suchten.

„Hat Helen die Liste der Tea-Time-Gäste abgearbeitet und konnten sie noch etwas zum Raub des Keltenringes sagen?“, wandte sich Kirsch wieder voll und ganz Eugen zu.

„Nein, ich bin ja auch erst schnell hierher gefahren, weil ich noch mit Linette reden wollte. Irgendwie hatte sie einem Gast gegenüber, ich glaube, dem Schriftsteller, Michael Brenner, so eine komische Andeutung gemacht. Deshalb wollte ich noch mit ihr persönlich sprechen, ohne dass das Ehepaar anwesend war“, informierte Eugen Kirsch.

„Wurden die von Monroes schon verständigt“, war Kirsch etwas kurzangebunden über die Auskunft von Eugen.

„Ja, das habe ich veranlasst, Chef“, meinte Eugen zu Kirsch gewandt, bevor dieser weiter mit dem Bürgermeister und Polizeipräsidenten redenkonnte.

„Linette hatte anscheinend was bemerkt, wie mir gerade Eugen mitgeteilt hat, meine Herren“, flüsterte Kirsch leise zu den beiden, damit es niemand hören konnte.

„So, so, das ist ja interessant“, meinten die beiden nur kurz.

„Herr Kirsch, ich erwarte morgen Ihren Bericht“, sagte der Polizeipräsident ebenfalls etwas kurzangebunden.

„Ja, der kommt pünktlich.“

„Eugen hole mir mal den Gärtner her, ich muss noch mit ihm selbst sprechen.“

„Ja, Chef wird gemacht, er ist noch ganz schockiert, denn er kannte natürlich Linette schon längere Zeit“, informierte Eugen den Kommissar.

„Guten Tag Herr Koch“, sagte Kirsch zum Gärtner, der sich als Ewald Koch vorstellte.

Er arbeitete schon lange hier in der Villa Amalienburg, schon zu Zeiten der ehemaligen Besitzerin und Tante von Rudolf von Monroe.

Schüchtern stand er vor dem Kommissar, der ihn schon mal am Arm in eine Ecke führte, denn der alte Mann war doch sichtlich gezeichnet. Ein Mord auf Amalienburg, das war noch nie passiert, seit er hier arbeitete.

„Kennen Sie Linette schon lange?“, fragte der Kommissar.

„Ja, sie ist seit zwei Jahren hier bei uns beschäftigt. Früher als die alte Dame noch lebte war eine andere Gesellschafterin hier. Sie hieß Elisabeth Burger. Die beiden Damen kannten sich von früher und Elisabeth Burger war eine sehr vornehme Dame, sie hatte schon bei Adeligen eine Stellung“, gab Gärtner Koch noch bekannt.

„Linette hatte sich beworben und die Eheleute haben sie auch gleich genommen, weil sie mehrere Sprachen spricht und das Ehepaar ja auch immer viele ausländische Gäste hier zu Besuch hat. Sie selbst wohnen ja in Frankfurt, aber die Villa war ihr Refugium und sie hatten, wenn sie hier weilten, immer viele Gäste um sich“, erzählte der Gärtner weiter.

Weiter erfuhr Kirsch vom Gärtner, dass sehr viele bekannte Persönlichkeiten hier waren, wie Schriftsteller, Archäologen oder auch Ozeanlogen, deren Bücher auch von Monroe in seinem Verlag herausgebracht hat. Oftmals haben hier die Gäste auch übernachtet, so dass Linette auch dafür zuständig war und alles herrichtete. Linette war sehr hübsch, das gefiel auch den Gästen und sie machte eine wunderbare Konversation. Sie hatte Kunstgeschichte studiert und wollte wohl als Galeristin später tätig werden.

„Das ist ja sehr interessant, was Sie da erzählen, Herr Koch“, wandte sich der Kommissar näher an den Gärtner heran.

„Linette wohnte daher ständig hier, sie hatte im Dachgeschoss ein kleines Appartement und fühlte sich hier sehr wohl“, führte der alte Mann weiter aus.

Linette besuchte öfters auch ihre Eltern, die in Straßburg leben und ihren Freund Pierre, ein Franzose, der sich als Maler mit Bildern seinen Lebensunterhalt verdient. Diese präsentierte er in den Straßen und Plätzen von Straßburg und die Touristen waren auch ganz wild auf diese Bilder erfuhr der Kommissar weiter vom Gärtner.

„Aber mir war der Bursche, dieser Pierre nicht sympathisch, er hatte so einen seltsamen Blick, wenn er mich anschaute“, erzählte der Gärtner sichtlich aufgeregt weiter.

„Doch Linette war ganz vernarrt in ihn“, meinte er daraufhin noch.

„Ich möchte ja nichts sagen, aber er war schon mal im Gefängnis, weil er Bilder von bekannten französischen Impressionisten kopiert hatte und damit auch Geld verdiente“, rutschte es dem Gärtner auch noch heraus.

„Linette war einfach zu gutmütig für diesen Kerl“, meinte der alte Mann unter Tränen, denn Linette war ihm einfach wie eine Tochter ans Herz gewachsen, denn Koch hatte keine Familie.

 

„Haben Sie selbst auch etwas gesehen?“, wollte Kirsch wissen.

„Nein, ich war ja gar nicht da an diesem Abend, ich wohne ein paar Kilometer weiter in einem kleinen Dorf. Ich hatte vorher genug zu tun, um alles besonders schön für die Veranstaltung herzurichten. Der Rasen musste gemäht werden, das Efeu geschnitten, die Rosenstöcke mussten gesichtet werden, die Palmen und sonstigen mediterranen Gewächse waren in Form zu schneiden. Also ich war eigentlich ganz froh, dass ich nicht mehr gebraucht wurde und ging am frühen Mittag nach Hause“, so der Gärtner, der vom langen Reden schon etwas erschöpft war.

„Eugen, komm wir werden jetzt mal das Appartement von Linette besichtigen. Die Spurensicherung soll dann später nachkommen. Ich möchte mir zuerst mal das Zimmer von ihr anschauen, um mir ein Bild zu machen“, verriet der Kommissar Eugen.

„Du hast vorhin etwas gesagt, dass Linette etwas bemerkt haben könnte und es dem Schriftsteller erzählt hatte. Stimmt das?“, fragte der Kommissar neugierig nach.

„Ja, so hat es mir der Gärtner erzählt, aber genau wusste er es auch nicht. Linette war ja schon tot als wir sie zusammen gefunden haben.“

„Gut, sag Herrn Koch, er solle noch auf mich warten, ich möchte nochmals mit ihm reden, wenn ich die Zimmer inspiziert habe“, so der Kommissar zu Eugen.

Eugen entschwand und der Kommissar ging leichten Schrittes nach oben. Die Tür war nicht verschlossen, wie auch, denn Linette wurde sicherlich unten in der ersten Etage getötet, und später konnte sie ja nicht mehr nach oben gehen.

Ihr Schlafzimmer sah ziemlich verwüstet aus. Überall lagen Kleider herum, Schriftstücke auf dem Boden, so als ob jemand etwas Bestimmtes gesucht hätte.

„Also ich denke schon, dass das stimmt, was der Gärtner Koch gesagt hat, Linette wusste etwas und das ist ihr jetzt zum Verhängnis geworden“, murmelte Kirsch vor sich hin.

Eugen kam schon wieder angerannt und wollte dem Kommissar helfen.

„Eugen, geh mal in die Küche, ins Bad und ich schaue mal im Wohnzimmer nach“, ordnete Kirsch kurz an.

Auch hier lagen wieder überall Gegenstände auf dem Boden. Ansonsten war alles gut aufgeräumt. Kirsch schaute noch in die Schränke und überflog die Bücher, die auf einem Regal standen. Vielleicht gab es ja irgendwo einen Hinweis.

Aber der Kommissar fand nichts und auch Eugen konnte nichts entdecken.

„Ihr Freund muss hier übernachtet haben, denn es gibt zwei Zahnbürsten habe ich festgestellt“, meinte Eugen kurz zu Kirsch.

„Schau mal im Schank im Schlafzimmer nach, ob auch Männerkleidung zu sehen ist“, brachte Kirsch noch hervor.

„Ja, hier sind Hosen und T-Shirts“, rief Eugen Kirsch zu.

„Also hat dieser Freund, dieser Pierre, ich weiß gar nicht wie er mit Nachnamen heißt, übernachtet und war wahrscheinlich auch öfters hier. Da hatte er sicherlich auch das Ringzimmer inspiziert, wenn er rein konnte, da bin ich mir sicher und wer sagt denn, dass er nicht die Geheimzahl wusste“, legte sich der Kommissar mit seinen Argumenten so richtig ins Zeug.

„Chef, das ist gut möglich“, meinte Eugen als er den Kommissar so reden hörte.

„Dass die von Monroes so vertrauensselig waren, verstehe ich gar nicht“, meinte Kirsch zu Eugen.

„Vielleicht wussten Sie gar nicht, dass sie einen Freund hat und dass er hier übernachtet hat“, gab Eugen zu bedenken.

„Gut möglich, aber das glaube ich nicht. Sicherlich sind sie auch mal unvorhergesehen gekommen oder Linette wusste halt Bescheid, wann sie kommen und gehen“, überlegte Kirsch.

„Das müssen wir die von Monroes unbedingt fragen, Chef.“

„Sind sie überhaupt verständigt worden, vor lauter Aufregung habe ich das ganz vergessen zu fragen?“, so Kirsch.

„Natürlich, Helen hat sie gleich angerufen bzw. Herrn von Monroe, den konnte sie in seinem Büro erreichen, allerdings seine Frau war gerade wieder bei einer Aufzeichnung ihrer nächsten Kochschau.“

„Eugen, Helen soll mal die von Monroes erreichen und mir mitteilen, wann sie kommen. Ich möchte keine Zeit verlieren und noch nach Frankreich fahren zu den Eltern, aber zunächst möchte ich noch abwarten bis die von Monroes hier sind“, gab Kirsch wieder seine berühmten kurzen Anweisungen.

„Gut, Chef, wird gemacht.“

„Helen, glaubt, dass sie schon unterwegs sind und gut in einer Stunde eintreffen werden, wenn der Verkehr gut läuft“, informierte Eugen Kirsch.

„Ich fahre jetzt doch noch ins Kommissariat, denn ich will noch mit den Beamten von Interpol sprechen. Ich habe von Kommissar Späni aus der Schweiz die Adressen. Vielleicht kennen sie einen Bilderfälscher mit dem Namen Pierre“, bemerkte Kirsch zu Eugen.

„Du rufst mich an, wenn die Eheleute eingetroffen sind. Die Spusi kann jetzt hoch ins Appartement. Sag ihr, morgen früh erwarte ich den Bericht, es muss ein bisschen dalli-dalli gehen, mach denen mal Dampf, Eugen“, ordnete Kirsch wieder sehr energisch an.

Kirsch stieg in seinen Volvo und fuhr in Richtung Wiesenbach und ins Kommissariat.

„Helen, verbinde mich bitte mit dieser Nummer und er reichte Helen einen Zettel, da stand eine lange Telefonnummer von Interpol und einem Kommissar Briand darauf. Frag mal, ob er deutsch spricht?“, wollte Kirsch wissen.

„Ich frage ihn, aber ich nehme es an, die sind mehrsprachig ausgebildet“, antwortete Helen, die wieder sehr beflissen agierte.

„Hallo Monsieur Briand, hier ist Kommissar Kirsch aus dem Schwarzwald, aus Wiesenach, ich nehme an, Kommissar Späni aus der Schweiz hat sie schon informiert, dass ich mich bei Ihnen melden würde“, rief Kirsch ziemlich laut ins Telefon, denn er war natürlich sehr aufgeregt.

„Ja, Herr Kirsch, das ist richtig, er hat schon angerufen“, sagte Auguste Briand doch etwas langsam und mit typisch französischem Akzent.

„Isch kann nicht so gut deutsch sprechen“, meinte er.

„Aber doch, ich verstehe Sie sehr gut und es wäre schön, wenn ich so gut Französisch könnte wie sie Deutsch“, entschuldigte sich Kirsch höflich bei dem Kommissar.

„Was wollen Sie wissen?“, so Auguste Briand.

„Bei uns ist ein alter Keltenring gestohlen worden und ich vermute, dass er schon ins Ausland, vielleicht nach Frankreich verschleppt wurde“, so Kirsch zu Briand.

Die Stimme des französischen Kommissars gefiel Kirsch und so war ihm dieser Franzose schon von vorneherein sehr sympathisch.

„Glauben Sie, Monsieur Kirsch, dass wir uns mit Hehlern, Fälschern und sonstigen Dieben gut auskennen?“, lachte Briand.

„Isch werde mich bei meinen Kollegen bei Interpol umhören und gebe Ihnen wieder Bescheid, sobald ich Näheres weiß, erwiderte Briand, dem auch Kirsch mit seiner unkomplizierten Art gefiel.

„Halt Monsieur Briand, noch nicht so schnell, denn inzwischen ist auch ein Mord passiert, der im Zusammenhang mit dem Keltenring stehen könnte, das wusste unser Freund und Kollege, Geni Späni aus der Schweiz noch nicht und da gibt es Neuigkeiten, die ich mit ihnen besprechen muss.“

„Ein Mord sagen Sie, das ist ja ungewöhnlich“, gab Briand etwas überrascht von sich.

„Meistens wollen die Räuber nur Geld erpressen und geben den Gegenstand wieder heraus oder er wandert an einen interessierten Sammler“, erzählte Briand, der schon erfolgreich derartige Fälle gelöst hatte, wie Geni Späni ja Kirsch erzählt hat.

„Ja, das vermuteten wir auch.“

„Die Ermordete ist eine Französin und sie war befreundet mit einem Bilderfälscher, einem Pierre, den Nachnamen weiß ich nicht. Sie ist jetzt tot, ermordet worden. In ihren Unterlagen habe ich auch keine näheren Hinweise finden können, als wir ihr Appartement durchsucht haben“, führte Kirsch weiter aus.

„Pierre, sagen Sie, war es vielleicht Pierre Orlon oder Orly, unter diesen Namen ist er bei uns bestens bekannt“, teilte Briand dem eifrig lauschenden Kirsch mit.

„Ich weiß es nicht genau, aber möglich ist es schon“, so Kirsch zu Briand.

„Schicken Sie mir am besten ein Foto von diesem Pierre Orlon oder Orly, ich fahre auch noch nach Frankreich und zeige das Foto den Eltern von Linette, vielleicht wissen sie mehr!“

Briand war damit zufrieden und auch Kirsch freute sich, dass er in diesem Kommissar einen guten Kollegen gefunden hatte. Das gute grenzüberschreitende Miteinander bei der Polizei auf den beiden Rheinseiten macht sich doch irgendwann bemerkbar, und das ließ auch Kirsch hoffen, dass der Fall baldigst geklärt werden könnte.

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