Gesellschaftsrecht I. Recht der Personengesellschaften

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c) Gesellschafterbeschlüsse

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Die Willensbildung innerhalb der Gesellschaft erfolgt durch Beschluss. Gesellschafterbeschlüsse beruhen auf der Stimmabgabe der dazu befugten Gesellschafter. Entscheidungen kommen in der Regel dadurch zustande, dass alle Gesellschafter dem unterbreiteten Vorschlag zustimmen. Das nach § 709 Abs. 1 BGB für Beschlüsse vorgesehene Einstimmigkeitsprinzip wird den praktischen Bedürfnissen allerdings selten gerecht. Deshalb wird häufig von der gemäß § 709 Abs. 2 BGB zugelassenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Einstimmigkeitsprinzip durch eine entsprechende Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag abzubedingen und durch das Prinzip der einfachen Mehrheit zu ersetzen, die – je nach gesellschaftsvertraglicher Regelung – nach Köpfen (jeder Gesellschafter hat eine Stimme) oder nach Kapitalanteilen zu berechnen ist. Das gilt grundsätzlich auch im Hinblick auf Grundlagengeschäfte.[14] Die sogenannte Mehrheitsklausel muss die von ihr betroffenen Gegenstände nicht minutiös auflisten (anders das sog. Bestimmtheitsgebot[15]). Es reicht aus, dass sich aus dem Gesellschaftsvertrag durch Auslegung eindeutig ergibt, dass der maßgebliche Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen sein soll.[16]

Allerdings sind den Vereinbarungen von Mehrheitsentscheidungen in Gesellschaftsverträgen Grenzen gesetzt. Nach der Rechtsprechung des BGH kann die Zulassung von Mehrheitsentscheidungen im Gesellschaftsvertrag einen „unzulässigen Eingriff in schlechthin unentziehbare“ oder nur mit Zustimmung des Gesellschafters oder aus wichtigem Grund entziehbare Mitgliedschaftsrechte darstellen.[17] Der BGH[18] sieht in auf der Grundlage einer Mehrheitsklausel in Gesellschaftsverträgen getroffenen Mehrheitsentscheidungen, die in den „Kernbereich“ der Mitgliedschaftsrechte der Minderheit eingreifen, eine treupflichtwidrige Ausübung der Mehrheitsmacht. Auf diese Art und Weise zustande gekommene Mehrheitsentscheidungen sind im Zweifel unwirksam. Unwirksam ist allerdings nur die treupflichtswidrige Mehrheitsentscheidung, nicht aber die Mehrheitsklausel im Gesellschaftsvertrag.[19] Bei nachträglichen Beitragserhöhungen ist die Zustimmung eines jeden betroffenen Gesellschafters zwingend notwendig (§ 707 BGB).[20]

Beispiel:

Eine Klausel im Gesellschaftsvertrag einer BGB-Gesellschaft sieht vor, dass über Angelegenheiten der laufenden Verwaltung Mehrheitsentscheidungen getroffen werden können. Die 5 Gesellschafter stimmten mit einer Mehrheit von 4 zu 1 Stimmen (A) über den Jahresabschluss ab. A vertritt nun die Auffassung, der Beschluss werde von der Mehrheitsklausel im Vertrag nicht gedeckt. Der BGH[21] hat die Feststellung des Jahresabschlusses einer Personengesellschaft als eine den Gesellschaftern obliegende Angelegenheit der laufenden Verwaltung eingeordnet, die nicht in den Kernbereich der Mitgliedschaft eines Gesellschafters eingreife; ein entsprechender Gesellschafterbeschluss sei deshalb durch die Mehrheitsklausel legitimiert und folglich wirksam.

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Mit der Geltung einer Mehrheitsklausel nichts zu tun hat die antizipierte Zustimmung eines Gesellschafters zu einem Eingriff in den Kernbereich seiner Mitgliedschaft. Das sind die Fälle, in denen sich ein Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag vorweg damit einverstanden erklärt, dass in seine an sich unentziehbaren Rechte eingegriffen wird.[22]

Die Einhaltung einer Form für Beschlüsse der Gesellschafter sieht das BGB nicht vor.

Gegenstand von Gesellschafterbeschlüssen sind die Geschäftsführungsmaßnahmen, es sei denn, die Gesellschafter haben von der in § 711 BGB vorgesehenen Möglichkeit der Einzelgeschäftsführung Gebrauch gemacht. Darüber hinaus müssen Beschlüsse gefasst werden im Hinblick auf etwa anstehendem Änderungen des Gesellschaftsvertrages und die sonstigen gemeinschaftlichen Angelegenheiten. Zu letzteren zählen z. B. Beschlüsse über Bilanzfeststellung und Gewinnverwendung.

Bei Beschlussfassungen der Gesellschafter gilt der allgemeine Grundsatz, dass niemand Richter in eigener Sache sein darf. Deshalb unterliegt derjenige Gesellschafter, über den oder dessen Angelegenheiten ein Beschluss gefasst werden soll, einem Stimmverbot. Das gilt z. B. für die Entlastung eines Gesellschafters und die Befreiung eines Gesellschafters von einer Verbindlichkeit.[23]

Beispiel:

In einer aus 5 Gesellschaftern bestehenden BGB-Gesellschaft möchten 4 Gesellschafter gegen den 5. eine Schadensersatzklage erheben und darüber einen Beschluss herbeiführen. Bei dieser Beschlussfassung unterliegt der 5. Gesellschafter einem Stimmverbot.

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Vereinbarungen eines Gesellschafters mit anderen Gesellschaftern oder Dritten über die Ausübung des Stimmrechts sind grundsätzlich zulässig. Stimmbindungsvereinbarungen dieser Art können eine einmalige Abstimmung betreffen, aber auch auf Dauer angelegt sein. Durch Vereinbarungen dieser Art werden in der Regel BGB-Innengesellschaften gebildet. Ansprüche aus Stimmrechtsbindungsvereinbarungen sind einklagbar und nach § 894 ZPO auch vollstreckbar.[24]

Da Beschlüsse der Gesellschafter Rechtsgeschäfte eigener Art sind,[25] finden die Vorschriften über die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften, u. a. die §§ 134, 138 BGB, Anwendung. Gesellschafterbeschlüsse können also wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder wegen Verstoßes gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) nichtig sein; sie sind dann mangelhaft. Fraglich ist, ob und wie Gesellschafter sich, falls sie das wollen, gegen mangelhafte Beschlüsse zur Wehr setzen können. Nach Ansicht des BGH[26] ist im Personengesellschaftsrecht ein Streit über die Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen unter den Gesellschaftern selbst auszutragen. K. Schmidt[27] will hingegen wegen des Bedürfnisses nach Rechtssicherheit die Anfechtungsklage, wie sie gegen Beschlüsse in der AG und GmbH erhoben werden kann, auch auf Personengesellschaften ausdehnen.

4. Der Aufwendungserstattungsanspruch

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Der Geschäftsführer kann gem. § 713 i. V. m. § 670 BGB von der Gesellschaft Aufwendungsersatz verlangen. Unter Aufwendungen sind alle Vermögensopfer zu verstehen, die ein Gesellschafter freiwillig im Interesse der Gesellschaft erbringt.

Beispiel:

Ein Gesellschafter zahlt den Kaufpreis an einen Verkäufer, mit dem die BGB-Gesellschaft einen Kaufvertrag abgeschlossen hat. Er hat einen Anspruch auf Zahlung der Kaufpreissumme gegen die Gesellschaft gem. §§ 713, 670 BGB.

Der Anspruch richtet sich gegen die Gesellschaft. Eine anteilige Haftung der Mitgesellschafter ist wegen § 707 BGB (= keine Nachschusspflicht; s. dazu Rn. 83 f.) grundsätzlich bis zur Auseinandersetzung ausgeschlossen. Der Gesellschaftsvertrag kann allerdings Abweichendes vorsehen. Ein Ausgleichsanspruch gegen die Mitgesellschafter kann sich allerdings aus § 426 BGB ergeben.

5. Die Treuepflichten

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Seit langem ist anerkannt, dass die Gesellschafter einer Personengesellschaft, also BGB-Gesellschaft, OHG, KG und Partnerschaftsgesellschaft, im Verhältnis zur Gesellschaft und untereinander durch Treuepflichten verbunden sind, die auf die Wahrung der Interessen der Gesellschaft und auf die Rücksichtnahme der Interessen der übrigen Gesellschafter gerichtet sind.[28] Die gesellschafterliche Treuepflicht geht über die in jedem Rechtsverhältnis bestehenden allgemeinen Loyalitätspflichten nach § 242 BGB deutlich hinaus. Sie kann sich zu konkreten Förder- und Interessenwahrungspflichten verdichten. Pflichten dieser Art werden Treuepflichten genannt[29]. Ihre Grundlage finden sie im Gesellschaftsvertrag i. V. m. § 242 BGB.

Mit der Gründung oder dem Beitritt zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts übernehmen die Gesellschafter die gemeinsame Verpflichtung, ihr Handeln an dem von der Gesellschaft verfolgten Zweck auszurichten und seine Verwirklichung zu fördern.[30] Diese gesellschaftsrechtliche Treuepflicht ist eine Nebenpflicht der Gesellschafter, die gegenüber der Gesellschaft die Pflicht einschließt, deren Interessen zu wahren und gesellschaftsschädliche Handlungen zu unterlassen.[31] Die Gesellschafter sind also gehalten, zur Verwirklichung des gemeinsamen Zwecks beizutragen und dabei die Belange der Gesellschaft und auch die ihrer Mitgesellschafter zu berücksichtigen[32].

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Den durch den Gesellschaftsvertrag festgelegten und vereinbarten gemeinsamen Interessen kommt stets Vorrang zu. Für die Wahrnehmung eigener Interessen der Gesellschafter ist nur Raum, wenn dadurch die Belange der Gesellschaft nicht tangiert werden[33]. Soweit die Ausübung eigennütziger, den Gesellschaftern im eigenen Interesse verliehener Gesellschafterrechte in Frage steht, hat die Treuepflicht Schrankenfunktion. Sie verpflichtet den Gesellschafter zur Wahl des schonendsten Mittels bei der Verfolgung seiner Interessen. Daraus können sich Unterlassungspflichten, wie z. B. Wettbewerbsverbote, aber von Fall zu Fall auch Pflichten zu aktivem Tun, wie z. B. ausnahmsweise zur Vertragsanpassung, ergeben. Treuepflichtig sind vor allem, aber nicht nur, die die Geschäfte führenden Gesellschafter[34].

 

Beispiel:

A, B, C und D haben sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen, die auf dem Grundstück der X-GmbH die „Rathausgalerie“, ein Einkaufszentrum, errichten und auch für die Vermietung der zu schaffenden Ladenlokale sorgen soll. C und D gründen ohne Wissen der übrigen Gesellschafter eine weitere BGB-Gesellschaft, die „M-GbR“, zu dem Zweck, Marketing für die Rathausgalerie zu betreiben. Für die gelungene Anwerbung von Mietern verlangt die „M-GbR“ von diesen eine „Verwaltungsgebühr“ von 5% pro vermieteten Quadratmeter Ladenfläche. Mit diesem Verhalten haben C und D gegenüber der Altgesellschaft und gegenüber deren Gesellschaftern gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verstoßen. Die Treuepflicht gebot es C und D, die Mitgesellschafter A und B über solche Vorgänge vollständig zu informieren, die deren mitgliedschaftliche Vermögensinteressen berühren. Darüber hinaus waren sie kraft der Treuepflicht gehalten, die Interessen der Gesellschaft zu wahren und ihre eigenen Belange zurückzustellen. Dazu gehört im konkreten Fall, dass C und D Geschäftschancen auf dem Betätigungsfeld der Altgesellschaft nicht für sich und zum eigenen Vorteil, sondern zu Gunsten der Gesellschaft nutzen mussten.[35] Wegen Verletzung der Treuepflichten haben die Altgesellschaft und A und B einen Anspruch auf Unterlassung der Marketingaktivitäten und im Zweifel auch einen Schadensersatzanspruch aus § 280 BGB auf die ihnen entgangenen „Verwaltungsgebühren“ gegen C und D.

Bei den Treuepflichten geht es sowohl im Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft als auch im Verhältnis der Gesellschafter zu den Mitgesellschaftern stets um den durch den Gesellschaftszweck definierten mitgliedschaftlichen Bereich, also um das Innenverhältnis[36].

6. Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung der Gesellschafter

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Anerkannt ist der verbandsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz, der besagt, dass jedes Mitglied unter gleichen Voraussetzungen ebenso zu behandeln ist wie die übrigen Mitglieder. Anders ausgedrückt bedeutet dies ein Verbot unsachlicher Differenzierung zwischen den Gesellschaftern[37] bzw. ein Verbot sachlich nicht gerechtfertigter, willkürlicher Ungleichbehandlung der Gesellschafter. Dieser Grundsatz ist dispositiver Natur, soweit nicht die Schranke des § 138 BGB eingreift[38]. Wie sich der Gleichbehandlungsgrundsatz auf die Gesellschafter auswirkt, richtet sich nach der Struktur der Vereinigung. Für die BGB-Gesellschaft hat das Gesetz in den §§ 706, 709 Abs. 2, 722, 734 f. BGB zu erkennen gegeben, dass es von einer gewissen Gleichberechtigung der Gesellschafter ausgeht. Dabei handelt es sich jedoch überwiegend um Auslegungsregeln.

Beispiel:

Im Hinblick auf die Beitragsleistung kann sich jeder Gesellschafter, gestützt auf den Gleichbehandlungsgrundsatz, weigern, in stärkerem Maße als die Mitgesellschafter auf Erfüllung in Anspruch genommen zu werden, sofern nicht eine Ungleichbehandlung im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist oder ein sachlich gerechtfertigter Grund für diese Ungleichbehandlung vorliegt[39].

7. Die Verteilung von Gewinn und Verlust

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Nach der gesetzlichen Regelung haben die Gesellschafter ohne Rücksicht auf die Höhe des von ihnen zu erbringenden Beitrages gleichen Anteil am Gewinn und Verlust (§ 722 BGB). Es ist den Gesellschaftern jedoch unbenommen, gestützt auf die Vertragsfreiheit im Gesellschaftsvertrag eine Gewinn- und Verlustbeteiligung nach Kapitaleinlagen oder anderen Gesichtspunkten zu vereinbaren. Wenn im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vereinbart ist, entsteht der Anspruch auf Auszahlung des Gewinns bei auf Dauer angelegten Gesellschaften gem. § 721 BGB am Jahresschluss mit Feststellung der Bilanz. Bei Gelegenheitsgesellschaften entsteht der Gewinnanspruch mit der Auflösung der Gesellschaft als Auseinandersetzungsanspruch (§§ 730, 734 BGB).

Teil II Die BGB-Gesellschaft › § 5 Die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter untereinander (Innenverhältnis) › IV. Das Geltendmachen von Forderungen, die der Gesellschaft gegen einzelne Gesellschafter zustehen

IV. Das Geltendmachen von Forderungen, die der Gesellschaft gegen einzelne Gesellschafter zustehen

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Erfüllt ein Gesellschafter die ihm aus dem Gesellschaftsverhältnis erwachsenden Verpflichtungen nicht, kann die Gesamtheit der Gesellschafter den Anspruch auf Erfüllung gegen diesen Gesellschafter geltend machen (Sozialanspruch). Aus der Personenbezogenheit der gesellschaftlichen Rechte und Pflichten folgt allerdings, dass auch ein einzelner Gesellschafter das Recht haben kann, Forderungen der Gesellschaft im eigenen Namen geltend zu machen. Mit Rücksicht darauf, dass es sich stets um Ansprüche handelt, die allen Gesellschaftern materiellrechtlich zustehen, kann die Leistung allerdings nur an die Gesellschaft verlangt werden. Das bedeutet: Jeder Gesellschafter – das gilt für alle Personengesellschaften – hat ohne Rücksicht darauf, ob er geschäftsführungsbefugt ist oder nicht, die Befugnis zur Gesellschafterklage (actio pro socio)[40]. Diese Befugnis hat ihre Grundlage im Gesellschaftsverhältnis und ist Ausfluss des Mitgliedschaftsrechts des Gesellschafters.[41] Im Einzelfall kann diese Klagebefugnis durch die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht (siehe dazu oben Rn. 94 ff.) eingeengt sein. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn sich das Verhalten des klagenden Gesellschafters nach den konkreten Gesellschaftsverhältnissen als rechtsmissbräuchlich darstellt.[42]

Die Klagebefugnis des einzelnen Gesellschafters (actio pro socio) bezieht sich ausschließlich auf Sozialansprüche (Rn. 79 f.), also auf solche Verpflichtungen des zu verklagenden Gesellschafters, die aus dem Gesellschaftsverhältnis erwachsen. Dazu können auch Schadensersatzforderungen aus Pflichtverletzungen (§ 280 BGB) gehören, die wegen der Verletzung gesellschaftsvertraglicher Pflichten entstehen.[43]

Beispiel:

A, B und C haben sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen. C ist trotz Fälligkeit und mehrfacher Mahnung seiner Beitragspflicht, die in der Einzahlung von 5.000 € besteht, nicht nachgekommen. A ist befugt, von C Zahlung von 5.000 € an die Gesellschaft zu verlangen und diese Forderung notfalls im Wege der Gesellschafterklage geltend zu machen (actio pro socio).

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Lösung zu Fall 7:

Nach § 707 BGB besteht grundsätzlich keine Nachschusspflicht. Eine solche kann für A nur durch eine entsprechende wirksame Klausel im Gesellschaftsvertrag, auf welche die Geschäftsführung sich stützen kann, begründet werden. Die Wirksamkeit einer solchen gesellschaftsvertraglichen Bestimmung hängt allerdings davon ab, ob sie eindeutig ist und Ausmaß und Umfang einer möglichen zusätzlichen Belastung erkennen lässt[44]. Das erfordert bei Beitragserhöhungen die Angabe einer Obergrenze oder sonstiger Kriterien, die das Erhöhungsrisiko eingrenzen[45]. Im konkreten Fall fehlen die Angabe einer Obergrenze oder sonstige Kriterien, die das Erhöhungsrisiko eingrenzen. Für die Gesellschafter ist nicht erkennbar, wie hoch Ausmaß und Umfang einer möglichen zusätzlichen Belastung sein können. Den oben beschriebenen Erfordernissen wird nicht genügt. Die Bestimmung im Gesellschaftsvertrag kann deshalb nicht Grundlage einer von der Geschäftsführung wirksam beschlossenen Nachschussverpflichtung sein. Infolgedessen ist A nicht verpflichtet, Nachschuss in der Geforderten Höhe zu leisten.

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Lösung zu Fall 8:

Nach § 712 BGB kann einem Geschäftsführer die Geschäftsführungsbefugnis auf die in dieser Vorschrift beschriebenen Art und Weise entzogen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund ist insbesondere eine grobe Pflichtverletzung oder die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung (§ 712 Abs. 1 BGB). Ein wichtiger Grund i. S. d. § 712 BGB liegt allerdings auch vor, wenn das Verhältnis der übrigen Gesellschafter zu dem Geschäftsführer nachhaltig zerstört und es den übrigen Gesellschaftern deshalb nicht zuzumuten ist, dass der Geschäftsführer weiterhin auf die alle Gesellschafter betreffenden Belange der Gesellschaft Einfluss nehmen kann. Auch wenn die Pflichtverstöße des G nicht das Gesellschaftsvermögen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts betreffen, so liegt dennoch ein wichtiger Grund zur Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis i. S. d. § 712 Abs. 1 BGB vor, denn für das Vertrauensverhältnis zu dem Geschäftsführer, dem das Gesellschaftsvermögen anvertraut ist, kommt es auf dessen persönliche Integrität im Umgang mit ihm anvertrauten fremden Geldern an. Diese fehlt, weil G sich bei der X-GmbH zu Lasten des Gesellschaftsvermögens bereichert hat[46]. Also ist ein wichtiger Grund vorhanden, der zur Entziehung der Geschäftsführung gem. § 712 BGB berechtigt.

Anmerkungen

[1]

MünchKomm-BGB/Ulmer, § 717 Rn. 23 ff. mit Nachw.

[2]

Kießling, in: FS Hadding, S. 489.

[3]

Bejahend: Schulze-Osterloh, Das Prinzip der gesamthänderischen Bindung, 1972; so wohl auch Palandt/Thomas, BGB, § 719 Rn. 5.

[4]

MünchKomm-BGB/Ulmer, § 718 Rn. 8.

[5]

Palandt/Sprau, BGB, § 718 Rn. 1.

[6]

BGH NJW 1983, 1188 f.; Palandt/Sprau, BGB, § 706 Rn. 5.

[7]

BGHZ 132, 263, 268.

[8]

BGH ZIP 2005, 1455 f.

[9]

BGH WM 2006, 774 f.

[10]

BGH ZIP 2007, 766 f.

[11]

RGZ 162, 370, 374.

[12]

 

RGZ 102, 410, 412.

[13]

BGH NZG 2008, 298.

[14]

BGHZ 179, 13, 19 f.; KG NZG 2010, 223.

[15]

Zum Diskussionsstand siehe C. Schäfer, ZGR 2013, 237 ff.

[16]

BGHZ 179, 13, 19 f.; KG NZG 2010, 223.

[17]

BGHZ 170, 283; 179, 13, 21 f.

[18]

BGHZ 179, 13, 21 f.

[19]

BGHZ 179, 13, 20 ff.; C. Schäfer, ZGR 2013, 237, 251.

[20]

C. Schäfer, ZGR 2013, 237, 251.

[21]

BGHZ 170, 283 ff.

[22]

BGH NZG 2014, 1296; dazu C. Schäfer, ZGR 2014, 1401.

[23]

BGH NZG 2012, 625.

[24]

BGHZ 48, 163.

[25]

K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 15 I 2.

[26]

BGHZ 81, 263, 264; BGH WM 1995, 615 f.

[27]

Gesellschaftsrecht, § 15 II.

[28]

K. Schmidt, Gesellschaftsrecht § 20 IV 2 mit Nachw.

[29]

K. Schmidt, Gesellschaftsrecht § 20 IV 1 a mit Nachw.

[30]

BGH NZG 2014, 385 ff.; MünchKomm-BGB/Ulmer/Schäfer, § 705 Rn. 142.

[31]

BGHZ NZG 2014, 385 ff.

[32]

K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 59 III 1 b.

[33]

MünchKomm-BGB/Ulmer, § 705 Rn. 226.

[34]

K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 59 III 1 b.

[35]

Zu einem ähnlichen Fall siehe OLG München NZG 2014, 663 ff.

[36]

MünchKomm-BGB/Ulmer, § 705 Rn. 229.

[37]

Wiedemann, Bd. 1, § 8 II 2.

[38]

MünchKomm-BGB/Ulmer, § 705 Rn. 245 ff.

[39]

MünchKomm-BGB/Ulmer, § 705 Rn. 204 mit Nachw.

[40]

U. a. BGHZ 25, 47, 49 f.; BGH WM 1985, 1227.

[41]

BGH NZG 2010, 783.

[42]

BGH NZG 2010, 783.

[43]

MünchKomm/Ulmer/Schäfer, § 705 Rn. 204.

[44]

BGHZ 132, 263, 268.

[45]

BGH ZIP 2005, 1455 f.

[46]

BGH MDR 2008, 513 f. zu einem ähnlichen Fall.