Gesellschaftsrecht I. Recht der Personengesellschaften

Tekst
0
Recenzje
Przeczytaj fragment
Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

Anmerkungen

[1]

Dazu und zum Verbandsbegriff K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 7 I.

[2]

Ballerstedt, FS Duden, S. 15, 28.

[3]

S. zu alldem Schneeloch, insb. S. 95 ff.

[4]

Röhricht, ZIP 2005, 505, 506.

[5]

Röhricht, ZIP 2005, 505 ff.

[6]

Zu Einzelheiten Hopt, ZIP 1998, 96, 103.

[7]

S. dazu Hopt, ZIP 2005, 461 ff.

[8]

Hofmeister, WM 2007, 868 mit Nachw.

[9]

Urt. vom 5.11.2002, ZIP 2002, 2372.

[10]

Dazu v. Halen, WM 2003, 571 ff.

[11]

EuGH, ZIP2012, 1394.

[12]

W. Schön, ZGR 2013, 333.

[13]

OLG Zweibrücken MDR 2006, 219 f.

[14]

WM 2002, 1929.

[15]

Zu den Einzelheiten s. Hofmeister, WM 2007, 868, 872.

Teil I Grundlagen und Grundbegriffe des Gesellschaftsrechts › § 2 Organisationsformen im wirtschaftlichen Bereich

§ 2 Organisationsformen im wirtschaftlichen Bereich

Inhaltsverzeichnis

I. Arten von Gesellschaften

II. Personengesellschaften und juristische Personen

III. Der Begriff Kapitalgesellschaft

IV. Europäische Gesellschaftsformen

19

Fall 2:

Die A-Aktiengesellschaft (A-AG) möchte mit dem Unternehmen U einen Vertrag über die Lieferung von Halbfertigprodukten zum Zwecke der Weiterverarbeitung abschließen. Kann die A-AG Vertragspartnerin sein und wie kann sie ggf. wirksam einen Vertrag mit U abschließen? Rn. 37

Literatur:

V. Beuthien, Zur Grundlagengewissheit des deutschen Gesellschaftsrechts, NJW 2005, 855 ff.; derselbe, Zur Funktion und Verantwortung juristischer Personen im Privatrecht, JZ 2011, 124 ff.; Gurlit, Grundrechtsbindung von Unternehmen, NZG 2012, 249; Kempen, Grundrechtsverpflichtete, in: HGR II § 54; Lehmann, Der Begriff der Rechtsfähigkeit, AcP 207 (2007), 225 ff.; Mertens, Die Grundrechtsfähigkeit der juristischen Person und das Gesellschaftsrecht, JuS 1989, 857 ff.; Müller/Gugenberger, EWIV – Die neue europäische Gesellschaftsform, NJW 1989, 1449 ff.; Omlor, Die Societas Unius Personae – eine supranationale Erweiterung der deutschen GmbH-Familie; Ries, Societas Unius Personae, NZG 2014, 569 f.; K. Schmidt, Neuregelung des Rechts der Personengesellschaften? – Vorüberlegungen für eine konsistente Reform, ZHR 177 (2013), 712 ff.; Tettinger, Juristische Personen des Privatrechts als Grundrechtsträger, in: HGR II, § 51; Weimar, Einmann-Personengesellschaft – ein neuer Typ des Gesellschaftsrechts?, ZIP 1997, 1769 ff.

Teil I Grundlagen und Grundbegriffe des Gesellschaftsrechts › § 2 Organisationsformen im wirtschaftlichen Bereich › I. Arten von Gesellschaften

I. Arten von Gesellschaften

20

Unter einer Gesellschaft wird der auf einem Rechtsgeschäft beruhende Zusammenschluss von Personen zur Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes verstanden.

Die wichtigsten Gesellschaften sind:


(1) die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (BGB-Gesellschaft; §§ 705 ff. BGB),
(2) die offene Handelsgesellschaft (OHG; §§ 105 ff. HGB),
(3) die Kommanditgesellschaft (KG; §§ 161 ff. HGB),
(4) die Partnerschaftsgesellschaft (PartGG),
(5) die stille Gesellschaft (§§ 230 ff. HGB),
(6) der eingetragene Verein (§§ 21 ff. und 55 ff. BGB),
(7) der nichtrechtsfähige Verein (§ 54 BGB),
(8) der wirtschaftliche Verein (§ 22 BGB),
(9) die Aktiengesellschaft (AG; AktG),
(10) die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA; §§ 278 ff. AktG),
(11) Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea = SE)
(12) die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH; GmbHG),
(13) die eingetragene Genossenschaft (eG; GenG),
(14) die Reederei (§§ 489 ff. HGB),
(15) der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit.

Teil I Grundlagen und Grundbegriffe des Gesellschaftsrechts › § 2 Organisationsformen im wirtschaftlichen Bereich › II. Personengesellschaften und juristische Personen

II. Personengesellschaften und juristische Personen

1. Überblick

21

Fast alle der oben genannten Vereinigungsarten lassen sich auf zwei Grundtypen zurückführen, die beide im BGB geregelt sind:


die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB)
und den eingetragenen Verein (§§ 21 ff. und 55 ff. BGB).

Die auf dem Grundtyp der BGB-Gesellschaft beruhenden Gesellschaften sind Personengesellschaften; diejenigen Vereinigungen, die auf den eingetragenen Verein zurückzuführen sind, sind juristische Personen. Die Personengesellschaften sind: die BGB-Gesellschaft, die offene Handelsgesellschaft, die Kommanditgesellschaft, die Partnerschaftsgesellschaft und die stille Gesellschaft. Der Zusammenschluss beruht auf dem persönlichen Vertrauen, das sich die einzelnen Gesellschafter entgegenbringen. Deshalb ist der Fortbestand einer Personengesellschaft grundsätzlich von der unveränderten Zusammensetzung des Personenkreises abhängig, der sich zu der Gesellschaft zusammengeschlossen hat.

 

Das bedeutet u. a.:


im Zweifel endet die Gesellschaft mit dem Tode eines Gesellschafters (§ 727 BGB);
grundsätzlich muss sich keiner der Gesellschafter gegen seinen Willen einen anderen Gesellschafter aufzwingen lassen.

Beispiel:

Der Anteil an einer OHG, einer typischen Personengesellschaft, kann ohne die Zustimmung aller Gesellschafter nicht auf eine andere Person, die bisher nicht Gesellschafter war, übertragen werden. Dieser Grundsatz dient lediglich dem Schutz der Gesellschafter. Er kann deshalb durch eine davon abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag abgeändert werden.

22

Die gesetzlichen Regelungen über Personengesellschaften sind im BGB, im HGB und im Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG) enthalten. Die Vorschriften über die BGB-Gesellschaft finden auch auf die OHG, die KG, die Partnerschaftsgesellschaft und die stille Gesellschaft Anwendung, soweit das HGB und das PartGG im Verhältnis zum BGB nicht Sonderregelungen enthalten (s. § 105 Abs. 3 und § 161 Abs. 2 HGB). Das heute angewandte Recht der Personengesellschaften ist zu wesentlichen Teilen das Resultat einer systematischen Neuordnung des Gesellschaftsrechts, die auf einer von Wissenschaft und Rechtsprechung dominierten Rechtsfortbildung beruht.[1] Das gilt insbesondere für das im BGB (§§ 705 ff.) geregelte Recht der BGB-Gesellschaft, in dem viele Bestimmungen Ausdruck überholter Vorstellungen sind.

Der rechtsfähige Verein ist eine juristische Person und als solche vom Wechsel der Mitglieder unabhängig. Sein Zweck soll die Einzelpersönlichkeit der Mitglieder überdauern. Der Verein besteht deshalb auch weiter, wenn ein oder mehrere Mitglieder ausscheiden. Auch ein vollständiger Mitgliederwechsel ist grundsätzlich zulässig.

Zu den Vereinigungsarten, die auf den eingetragenen Verein zurückzuführen und deshalb ebenfalls juristische Personen sind, gehören u. a. die Aktiengesellschaft und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, obwohl beide als Gesellschaften bezeichnet werden.

Die juristische Person, wie z. B. eine GmbH oder eine Aktiengesellschaft, kann auch dann noch bestehen, wenn nur ein Mitglied vorhanden ist. Das bedeutet z. B., dass eine Aktiengesellschaft oder eine GmbH weiterbesteht, wenn sich die Anteile auf Grund des Ausscheidens der anderen Gesellschafter in einer Person vereinigen. Eine GmbH und eine AG können sogar als Einmann-Gesellschaft gegründet werden (vgl. dazu Rn. 815 ff.). Daran zeigt sich, dass das Gesellschaftsrecht nicht nur das Zusammenwirken mehrerer Gesellschafter regelt, sondern darüber hinaus bestimmte Organisationsformen zur Verfügung stellt, deren sich auch Einzelpersonen bedienen können.

23

Fraglich ist, ob es eine Einmann-Personengesellschaft (Einpersonengesellschaft) geben kann. Während die Gründung einer Personengesellschaft mit nur einer Person nach geltendem Recht nicht möglich ist, wird die Einmann-Personengesellschaft als Fortsetzungs- oder Liquidationsgesellschaft zur Diskussion gestellt und von manchen bejaht (vgl. dazu § 140 Abs. 1 S. 2 HGB). Weimar[2] verweist in diesem Zusammenhang auf die EWIV-Regelung des europäischen Gesellschaftsrechts, nach der eine EWIV mit nur einem Gesellschafter grundsätzlich bestehen kann. Gegen die Möglichkeit einer Einpersonengesellschaft sprechen allerdings die Gesetzesmaterialien zu § 140 Abs. 1 S. 2 HGB.[3]

2. Die juristische Person

24

Juristische Personen sind soziale Organisationen, denen die Rechtsordnung eine eigene Rechtsfähigkeit zuerkennt, damit sie selbst Träger von Rechten und Pflichten sein können. Die juristischen Personen sind also selbst rechtsfähig. Ihre Rechte und Pflichten sind ihre eigenen und nicht diejenigen der ihr angehörenden natürlichen Personen.

Beispiel:

Eigentümer des Grundstücks, auf dem die „Europäische Erdöl-Aktiengesellschaft“ eine Raffinerie betreibt, ist die Aktiengesellschaft als juristische Person, wenn sie das Eigentum an dem Grundstück erworben hat, und nicht die Aktionäre oder der Vorstand der Aktiengesellschaft.

Die Schaffung der Rechtsfigur „juristische Person“ war notwendig, um einen selbstständigen juristischen Zuordnungspunkt für Rechte und Pflichten zu schaffen, die nicht einer natürlichen Person zugeordnet sind. Mit der juristischen Person werden Organisationsformen ermöglicht, die für den Rechtsverkehr in einer modernen Industriegesellschaft unerlässlich sind.

25

Man unterscheidet zwischen den juristischen Personen des öffentlichen Rechts, z. B. Bund, Ländern, Gemeinden, Kreisen, und den juristischen Personen des Privatrechts. Zu Letzteren gehören u. a.: eingetragene Vereine, Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, eingetragene Genossenschaften, Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit und der wirtschaftliche Verein.

26

Die Rechtsfähigkeit erwerben juristische Personen erst mit der Eintragung in ein staatliches Register (Vereinsregister, Handelsregister, Genossenschaftsregister) oder durch staatliche Verleihung, wie z. B. der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Allein der Erwerb der Rechtsfähigkeit setzt die juristische Person allerdings noch nicht in den Stand, im Rechtsverkehr zu handeln, wie z. B. einen Kaufvertrag abschließen zu können. Eine juristische Person kann im Rechtsverkehr nur mit Hilfe von natürlichen Personen handeln, die die Organe der juristischen Person bilden. Organe, die diesen Zweck erfüllen, sind z. B. der Vorstand eines eingetragenen Sportvereins und der Vorstand einer Aktiengesellschaft.

27

Die Organe können außerdem der Willensbildung innerhalb der juristischen Person dienen. Einen solchen Zweck hat z. B. die Mitgliederversammlung eines Sportvereins oder die Mitgliederversammlung (auch Hauptversammlung genannt) einer Aktiengesellschaft.

Beispiel:

Organe der Aktiengesellschaft sind: der Vorstand, der Aufsichtsrat und die Hauptversammlung (Mitgliederversammlung).

Es gibt auch Organe, die eine Kontrollfunktion wahrnehmen.

Beispiel:

Der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft kontrolliert den Vorstand.

Das Verhalten der Organe einer juristischen Person wird nur der juristischen Person, nicht den handelnden Organwaltern zugerechnet. Die juristische Person handelt also selbst, wenn ihre Organe für sie handeln. Man kann sagen: Die juristische Person handelt durch ihre Organe.

28

Die unmittelbaren privatrechtlichen Folgen des Handelns, im Wesentlichen der Erwerb von Rechten und Pflichten, treffen deshalb nur die juristische Person selbst. Den Gläubigern einer juristischen Person haftet nur deren Vermögen. Grundsätzlich haften die Mitglieder der juristischen Person nicht mit ihrem Privatvermögen. Während die juristischen Personen die Rechtsfähigkeit auf Grund eines konstitutiven Staatsaktes, der Eintragung in ein Register, erwerben, erlangen Personengesellschaften, wie die Personenhandelsgesellschaften, die Partnerschaftsgesellschaften und die Außengesellschaften bürgerlichen Rechts die Rechtsfähigkeit ohne staatliche Mitwirkung. Dies wird allerdings durch die Haftungsregeln kompensiert[4]. Während die Mitglieder einer juristischen Person das Haftungsprivileg genießen, also für Verbindlichkeiten der juristischen Person nicht mit ihrem Privatvermögen einstehen müssen, haften die Gesellschafter der Personengesellschaften grundsätzlich für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft mit ihrem Privatvermögen.

29

Grundsätzlich können auch juristische Personen, wie z. B. eine Aktiengesellschaft, Träger des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts sein. Allerdings ist diese Rechtsträgerschaft inhaltlich begrenzt. Die Begründung dafür ergibt sich aus dem Entstehungsgrund, nämlich der Ableitung des Persönlichkeitsschutzes aus Art. 1 und 2 GG zur Ausfüllung einer Lücke. Nach Ansicht des BGH[5] ist eine Ausdehnung der Schutzwirkung des Persönlichkeitsrechts über natürliche Personen hinaus auf juristische Personen nur insoweit gerechtfertigt, als sie aus ihrem Wesen als Zweckschöpfung des Rechts und ihren Funktionen dieses Rechtsschutzes bedürfen. Dies ist der Fall, wenn juristische Personen in ihrem „sozialen Geltungsanspruch als Arbeitgeber oder als Wirtschaftsunternehmen betroffen werden“[6].

3. Unterschiede zwischen juristischer Person und Personengesellschaft

30

Das bürgerliche Recht knüpft im Hinblick auf die Rechtsfähigkeit an den grundlegenden Begriff der Person an. Es unterscheidet zwischen natürlichen Personen (Menschen) und juristischen Personen (z. B. eingetragenen Vereinen und Aktiengesellschaften). Die wichtigste Eigenschaft einer Person ist die Rechtsfähigkeit. Das Gesellschaftsrecht unterschied ehemals zwischen rechtsfähigen und nicht rechtsfähigen Vereinigungen. Nach traditioneller Auffassung konnte eine Vereinigung die Rechtsfähigkeit nur durch die Eintragung in ein öffentliches Register oder durch staatliche Verleihung erlangen; erst damit wurde sie zur juristischen Person. Nicht rechtsfähig waren deshalb bei den Personengesellschaften die Gesellschaft bürgerlichen Rechts und bei den Körperschaften der nicht eingetragene Verein. Zwischen rechtsfähigen und nicht rechtsfähigen Vereinigungen standen die Personenhandelsgesellschaften OHG und KG, die in das Handelsregister einzutragen sind, dadurch aber nicht zur juristischen Person werden. OHG und KG haben nach § 124 HGB die Fähigkeit, unter ihrer Firma Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen. Damit sollten sie nach traditioneller Auffassung allerdings nicht rechtsfähig, sondern nur verkehrstauglicher gemacht werden[7]. Diese Begrifflichkeit ist im Laufe der letzten Jahrzehnte stufenweise – nicht zuletzt durch die Einführung der Teilrechtsfähigkeit – verloren gegangen. Das BGB kennt inzwischen in § 14 Abs. 2 BGB die rechtsfähige Personengesellschaft als eine „Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.“ Demnach sind also jedenfalls die OHG und die KG rechtsfähig. Der BGH[8] hat die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, soweit sie Außengesellschaft ist, ebenfalls als rechtsfähig anerkannt. Damit ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als rechtsfähige Personengesellschaft im Sinne des § 14 Abs. 2 BGB einzuordnen.

31

Die Grenzen zwischen einer Personengesellschaft und einer juristischen Person sind also fließend geworden. Dennoch existieren nach wie vor gravierende Unterschiede zwischen Personengesellschaften und juristischen Personen, so u. a.:


Die Personengesellschafter sind, abgesehen von den Kommanditisten, kraft Mitgliedschaft grundsätzlich geschäftsführungs- und vertretungsbefugt, während die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis bei einer juristischen Person nicht den Gesellschaftern, sondern den Organen der Gesellschaft zugewiesen ist.
Bei den Personengesellschaften muss stets mindestens ein Gesellschafter geschäftsführungs- und vertretungsbefugt sein; diese Befugnisse können nicht Dritten übertragen werden (Prinzip der Selbstorganschaft bzw. Verbot der Drittorganschaft, s. Rn. 116). Im Gegensatz dazu können bei juristischen Personen auch Nichtmitglieder die Funktion des geschäftsführungs- und vertretungsbefugten Organs wahrnehmen (Zulässigkeit der Fremdorganschaft).
Die juristischen Personen sind vom Wechsel der Mitglieder unabhängig; die Mitgliedschaft ist grundsätzlich frei übertragbar. Anders ist es bei den Personengesellschaften. Der Mitgliederwechsel ist nur durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrages zu bewerkstelligen, bedarf also grundsätzlich der Zustimmung aller Gesellschafter.
Für die Verbindlichkeiten der juristischen Person haftet den Gläubigern nur das Vermögen der juristischen Person; die Mitglieder haften nicht persönlich mit ihrem Privatvermögen, genießen also das sog. Haftungsprivileg. Im Gegensatz dazu haften die Personengesellschafter grundsätzlich für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft persönlich mit ihrem Privatvermögen (vgl. Rn. 118 f.).

4. Juristischer Personen und Personengesellschaften als Grundrechtsträger

32

 

Nach Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte „auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.“ Grundrechtsfähig sind demnach in der Regel nur inländische juristische Personen des Privatrechts. Für juristische Personen des öffentlichen Rechts gelten die Grundrechte grundsätzlich nicht, wenn sie öffentliche Aufgaben wahrnehmen.[9] Ausnahmsweise gelten sie aber auch für diese, wenn das den Bürgern zur Verwirklichung ihrer Grundrechte dient. Das trifft z. B. im Hinblick auf die Wissenschaftsfreiheit auf die Universitäten und deren Fakultäten zu.[10]

Die Einschränkung in Art. 19 Abs. 3 GG „soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind“ legt das Bundesverfassungsgericht[11] dahingehend aus, dass es nur dann gerechtfertigt sei, juristische Personen in den Schutzbereich bestimmter materieller Grundrechte einzubeziehen, wenn deren Bildung und Betätigung Ausdruck der freien Entfaltung der privaten natürlichen Personen sei, insbesondere, wenn der „Durchgriff“ auf die hinter ihr stehenden Personen es als sinnvoll und erforderlich erscheinen lasse.

Die Grundrechtsfähigkeit hat das Bundesverfassungsgericht u. a. den folgenden juristischen Personen des Privatrechts zuerkannt: Aktiengesellschaft, GmbH, Kommanditgesellschaft auf Aktien, eingetragener Verein und rechtsfähige Stiftung.[12]

33

Das Bundesverfassungsgericht hat den Grundrechtsschutz allerdings nicht auf die juristischen Personen des Privatrechts beschränkt, sondern auch auf privatrechtlich Personenvereinigungen ausgedehnt, soweit es sich um privatrechtlich statuierte Organisationseinheiten handelt, denen die Rechtsfähigkeit zuerkannt wird. Der Grundrechtsschutz bezieht sich in solchen Fällen auf diejenigen Tätigkeitsbereiche, die sich aus Gesetz und Satzung bzw. Gesellschaftsvertrag ergeben.[13] Als grundrechtsfähige Personenvereinigungen in diesem Sinne hat das Bundesverfassungsgericht bislang anerkannt: die OHG[14], die KG[15] und die BGB-Gesellschaft.[16]

Zu den Grundrechten, in deren Schutz juristische Personen und andere rechtsfähige Personenvereinigungen einbezogen worden sind, gehören z. B.: die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), die Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG), die Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG), die Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) und die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG).[17]

An die Grundrechte gebunden, d. h. grundrechtsverpflichtet, ist grundsätzlich nur die staatliche Gewalt.[18] Eine umfassende Grundrechtsverpflichtung Privater lässt sich aus dem Grundgesetz nicht ableiten. Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings solche Unternehmen, die zwar in Privatrechtsform betrieben, aber qua Beteiligung von der öffentlichen Hand beherrscht werden, zum Teil an die Grundrechte gebunden.[19] Nach dem Fraport-Urteil des Gerichts[20] hat das zur Folge dass das von der öffentlichen Hand beherrschte Frankfurter Flughafenunternehmen Fraport, eine AG, öffentliche Versammlungen in den Terminals wegen der Bindung an Art. 8 Abs. 1 GG (Versammlungsfreiheit) dulden muss.[21]

Teil I Grundlagen und Grundbegriffe des Gesellschaftsrechts › § 2 Organisationsformen im wirtschaftlichen Bereich › III. Der Begriff Kapitalgesellschaft