Die straf- und bußgeldrechtliche Verantwortlichkeit der Diensteanbieter sozialer Netzwerke im Internet

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ee. Ergebnis zur Qualifizierung sozialer Netzwerke als Telemedien

Bei sozialen Netzwerken handelt es sich um elektronische Informations- und Kommunikationsdienste. Sie bestehen jedenfalls nicht „ganz“ in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze und erbringen keine inhaltlichen Leistungen im Rahmen einer Individualkommunikation. Zudem werden sie – bis auf einzelne Funktionen – zum individuellen Einzelabruf bereitgehalten. Soziale Netzwerke sind daher als Telemedien i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 TMG zu qualifizieren.

c. Eigene und fremde Telemedien des Diensteanbieters

Der Begriff des Diensteanbieters i.S.d. § 2 Satz 1 Nr. 1 TMG setzt weiter voraus, dass der Diensteanbieter „eigene“ oder „fremde“ Telemedien im vorgenannten Sinne zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt. Die Differenzierung zwischen „eigenen“ und „fremden“ Telemedien hat im Rahmen der Legaldefinition des Diensteanbieters nur eine klarstellende Funktion dahingehend, dass „man auch Diensteanbieter fremder Telemedien sein kann“.76 Bereits ausreichend für die Qualifizierung als Diensteanbieter ist es, dass es dem Nutzer ermöglicht wird, Telemedien zu nutzen.77 Auswirkungen hat die Differenzierung erst im Rahmen des vom TMG ausdifferenzierten abgestuften Haftungsregimes der §§ 7ff. TMG.78

Die Anbieter sozialer Netzwerke sind daher nicht nur Diensteanbieter für das eigene Telemedium, also die Plattform des sozialen Netzwerks, sondern auch für die Nutzerprofile etc., welche für den Diensteanbieter des sozialen Netzwerks grundsätzlich fremde Telemedien darstellen.79

d. Bereithalten oder den Zugang zur Nutzung vermitteln

Der Begriff des Diensteanbieters i.S.d. § 2 Satz 1 Nr. 1 TMG erfordert zudem, dass der Diensteanbieter das eigene oder fremde Telemedium „zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt“.

Das Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzungen ist funktionell zu ermitteln, sodass derjenige Diensteanbieter ist, der die Herrschaft über die betroffenen Telemedien hat, indem er über Inhalt und Abrufbarkeit bzw. Verfügbarkeit des Dienstes entscheiden kann.80 Es handelt sich danach um denjenigen, der nach außen als Anbieter des Dienstes auftritt.81 Ob der Diensteanbieter eigenen oder fremden Datenspeicher bzw. eigene oder fremde Server nutzt, ist unerheblich.82

Die Vermittlung des Zugangs zur Nutzung liegt mit der Schaffung einer „unmittelbare[n] Verbindung zwischen dem Nutzer und dem Diensteanbieter“ bzw. Telemedium vor.83

Ein Bereithalten ist demgegenüber mit einem „‚Vorhalten‘ in einem Speicher“ gegeben.84 Dies ist bei sozialen Netzwerken der Fall, indem deren Anbieter die Nutzerprofile und Nutzerinhalte bzw. -informationen auf ihren Servern speichern und über die Plattform des sozialen Netzwerks zugänglich machen. Sie halten deshalb die Plattform des sozialen Netzwerks und damit ein eigenes Telemedium zur Nutzung bereit. Über dieses halten sie zudem die Nutzerprofile als für sie grundsätzlich fremde Telemedien, nämlich Telemedien der einzelnen Nutzer, zur Nutzung bereit.

e. Videosharingplattform-Anbieter, § 2 Satz 1 Nr. 11 TMG

Ebenfalls Telemediendiensteanbieter sind Videosharingplattform-Anbieter, da es sich bei diesen um Diensteanbieter (§ 2 Satz 1 Nr. 1 TMG) handelt,85 die Videosharingplattform-Dienste betreiben (§ 2 Satz 1 Nr. 11 TMG, § 3d Abs. 1 Nr. 1 NetzDG-E).

Videosharingplattform-Dienste sind nach der Legaldefinition des § 2 Satz 1 Nr. 10 lit. a TMG und § 3d Abs. 1 Nr. 1 lit. a NetzDG-E Telemedien (im vorgenannten Sinne, siehe oben b.), bei denen der Hauptzweck oder eine wesentliche Funktion darin besteht, Sendungen oder nutzergenerierte Videos (siehe aa.), für die der Diensteanbieter keine redaktionelle Verantwortung trägt (siehe bb.), der Allgemeinheit bereitzustellen (siehe dd.), wobei der Diensteanbieter die Organisation der Sendungen und der nutzergenerierten Videos, auch mit automatischen Mitteln, bestimmt (siehe cc.). Gemäß § 2 Satz 1 Nr. 10 lit. b TMG und § 3d Abs. 1 Nr. 1 lit. b NetzDG-E sind auch trennbare Teile von Telemedien Videosharingplattform-Dienste, wenn für den trennbaren Teil der gerade genannte Hauptzweck vorliegt (siehe ee.). Die Definition setzt Art. 1 Abs. 1 lit. aa AVMD-RL um.86

aa. Sendungen und nutzergenerierte Videos

Ein Videosharingplattform-Dienst betrifft zunächst die Bereitstellung von Sendungen und nutzergenerierten Videos.

Sendung ist nach der Legaldefinition des § 2 Satz 1 Nr. 13 TMG und § 3d Abs. 1 Nr. 3 NetzDG-E eine Abfolge von bewegten Bildern mit oder ohne Ton, die unabhängig von ihrer Länge Einzelbestandteil eines von einem Diensteanbieter erstellten Sendeplans oder Katalogs ist. Der Begriff der Sendung geht auf Art. 1 Abs. 1 lit. b AVMD-RL zurück und umfasst „insbesondere Spielfilme, Videoclips, Sportberichte, Sitcoms, Dokumentationen, Kindersendungen und Originalproduktionen.“87

Ein nutzergeneriertes Video ist in § 2 Satz 1 Nr. 14 TMG und § 3d Abs. 1 Nr. 2 NetzDG-E als eine von einem Nutzer erstellte Abfolge von bewegten Bildern mit oder ohne Ton, die unabhängig von ihrer Länge einen Einzelbestandteil darstellt und die von diesem oder einem anderen Nutzer auf einen Videosharingplattform-Dienst hochgeladen wird, definiert. Die Definition setzt Art. 1 Abs. 1 lit. ba AVMD-RL in deutsches Recht um.88

Auch wenn animierte GIF-Bilder ebenfalls eine Abfolge von bewegten Bildern darstellen können, sollen sie nach Erwägungsgrund 6 Satz 2 der RL (EU) 2018/1808 nicht von der Richtlinie erfasst werden. Sie unterfallen damit auch nicht den Begriffen Sendung und nutzergeneriertes Video i.S.d. TMG, da diese gerade auf die Richtlinie zurückgehen.

bb. Keine redaktionelle Verantwortung des Diensteanbieters

Im Gegensatz zum Anbieter eines audiovisuellen Mediendienstes auf Abruf (§ 2 Satz 1 Nr. 8 TMG) trägt der Videosharingplattform-Anbieter keine redaktionelle Verantwortung für die Sendungen und nutzergenerierten Videos, die er der Allgemeinheit bereitstellt.89 Bei dieser handelt es sich um die Ausübung einer wirksamen Kontrolle hinsichtlich der Zusammenstellung der Sendungen und ihrer Bereitstellung mittels eines Katalogs (§ 2 Satz 1 Nr. 12 TMG).

cc. Organisation der Sendungen und der nutzergenerierten Videos, auch mit automatischen Mitteln

Die Organisation mit automatischen Mitteln betrifft „insbesondere Anzeigen, Tagging und die Festlegung der Abfolge.“90 Der Gesetzesbegründung zufolge sollen „nichtwirtschaftliche Tätigkeiten, wie die Bereitstellung audiovisueller Inhalte auf privaten Webseiten und durch nichtwirtschaftliche Interessengemeinschaften“, keine Videosharingplattform-Dienste sein; dabei nimmt die Gesetzesbegründung Bezug auf Erwägungsgrund 6 der RL (EU) 2018/1808.91

dd. Bereitstellung von Sendungen und nutzergenerierten Videos für die Allgemeinheit als Hauptzweck oder wesentliche Funktion

Der Hauptzweck oder eine wesentliche Funktion des Telemediums muss zudem in der Bereitstellung von Sendungen und nutzergenerierten Videos für die Allgemeinheit bestehen.

Von einer solchen Bereitstellung ist auszugehen, wenn die Sendungen und nutzergenerieren Videos zum Abruf durch die Nutzer des Dienstes bereitgehalten werden.92 Diese erfolgt für die Allgemeinheit, wenn sie sich – entsprechend einer öffentlichen Zugänglichmachung – an eine unbestimmte Vielzahl von Personen richtet.93

Bei der Bereitstellung von Sendungen und nutzergenerierten Videos handelt es sich um den Hauptzweck des Telemediums, wenn sie dessen eigentlicher bzw. wichtigster Zweck ist.94 Nach Erwägungsgrund 5 Satz 2 der RL (EU) 2018/1808 ist sie eine wesentliche Funktion, „wenn der audiovisuelle Inhalt im Rahmen der Tätigkeit des sozialen Netzwerks [bzw. Telemediums] nicht bloß von untergeordneter Bedeutung ist oder nur einen geringfügigen Teil der Tätigkeiten des sozialen Netzwerks [bzw. Telemediums] darstellt.“ Erwägungsgrund 5 Satz 3 der RL (EU) 2018/1808 enthält den Auftrag an die Kommission zur Schaffung von „Leitlinien für die praktische Anwendung des [...] Kriteriums der wesentlichen Funktion“.

ee. Trennbare Teile von Telemedien

Gemäß § 2 Satz 1 Nr. 10 lit. b TMG und § 3d Abs. 1 Nr. 1 lit. b NetzDG-E sind auch trennbare Teile von Telemedien Videosharingplattform-Dienste, wenn für den trennbaren Teil der vorgenannte Hauptzweck vorliegt. Liegt ein solcher trennbarer Teil vor, stellt jedoch nur dieser Teil des Telemediums einen Videosharingplattform-Dienst dar, sodass auch nur auf diesen Teil die speziellen Regelungen für Videosharingplattform-Dienste Anwendung finden.95 Im Übrigen kann es sich jedoch weiterhin um ein soziales Netzwerk handeln, für welches das TMG,96 aber auch NetzDG gilt.

Videos, die in redaktionelle Inhalte der Online-Presse eingebettet sind, sind grundsätzlich keine trennbaren Teile von Telemedien und sollen vom Begriff des Videosharingplattform-Dienstes nach Erwägungsgrund 6 Satz 2 der RL (EU) 2018/1808 nicht erfasst sein.

ff. Ergebnis zu Videosharingplattform-Anbietern

Videosharingplattform-Anbieter sind Telemediendiensteanbieter, die eine besondere Art von Telemedien, nämlich Videosharingplattform-Dienste, betreiben. Ein solcher Videosharingplattform-Dienst liegt vor, wenn der Hauptzweck oder eine wesentliche Funktion des Telemediums oder der Hauptzweck eines trennbaren Teils des Telemediums darin besteht, Sendungen oder nutzergenerierte Videos, für die der Diensteanbieter keine redaktionelle Verantwortung trägt, der Allgemeinheit bereitzustellen. Demnach handelt es sich etwa bei YouTube um einen Videosharingplattform-Dienst, da die Plattform gerade darauf gerichtet ist, dass ihre Nutzer Videos in sie einstellen und verbreiten.

 

f. Ergebnis zur Qualifizierung der Anbieter sozialer Netzwerke als Telemediendiensteanbieter

Anbieter von Plattformen mit den typischen Funktionen eines sozialen Netzwerks97 sind grundsätzlich als Diensteanbieter i.S.d. § 2 Satz 1 Nr. 1 TMG zu qualifizieren. Sie sind folglich Telemediendiensteanbieter i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 NetzDG. Sofern der Hauptzweck oder eine wesentliche Funktion des Telemediums oder der Hauptzweck eines trennbaren Teils des Telemediums darin besteht, Sendungen oder nutzergenerierte Videos, für die der Diensteanbieter keine redaktionelle Verantwortung trägt, der Allgemeinheit bereitzustellen, wobei der Diensteanbieter die Organisation der Sendungen und der nutzergenerierten Videos, auch mit automatischen Mitteln, bestimmt, kann es sich bei dem Telemediendiensteanbieter eines sozialen Netzwerks auch um einen Videosharingplattform-Anbieter i.S.d. § 2 Satz 1 Nr. 11 TMG handeln.

3. Nutzer

Die Legaldefinition des Begriffs des sozialen Netzwerks nach § 1 Abs. 1 Satz 1 NetzDG verlangt als weiteres Merkmal die Bestimmung der Plattform dazu, dass ihre „Nutzer“ über sie beliebige Inhalte mit anderen Nutzern teilen oder der Öffentlichkeit zugänglich machen. Nach den Gesetzesmaterialien ist Nutzer „eine natürliche oder juristische Person, die die Infrastruktur der Plattform zugangsfrei nutzt, insb. um auf Inhalte zuzugreifen und um Informationen zu erlangen (vgl. § 2 Nummer 3 TMG)“.98 Die Definition der Gesetzesbegründung entspricht weitestgehend der Legaldefinition des Begriffs des Nutzers im TMG, auf die auch durch den Klammerzusatz verwiesen wird.

Nutzer ist gem. § 2 Satz 1 Nr. 3 TMG jede natürliche oder juristische Person, die Telemedien nutzt, insb. um Informationen zu erlangen oder zugänglich zu machen. Der Begriff ist weit zu verstehen und umfasst die Nutzung z.B. des Internets und damit auch sozialer Netzwerke in jeder Art und Weise.99 Es ist unerheblich, ob die Nutzung privat oder beruflich erfolgt.100 Auch handelt es sich wegen der Formulierung „insbesondere“ bei den genannten Zwecken der Erlangung und Zugänglichmachung von Informationen nur um Beispiele. Demgegenüber stellt § 1 Abs. 1 Satz 1 NetzDG maßgeblich auf das Teilen und öffentliche Zugänglichmachen beliebiger Inhalte ab.

Ist eine Person Nutzer eines Telemediums und insbesondere eines sozialen Netzwerks, schließt dies eine zusätzliche Qualifikation als Diensteanbieter i.S.d. TMG nicht aus.101 So greifen Diensteanbieter regelmäßig als Nutzer auf andere Dienste zurück, um ihre eigenen Telemedien anbieten zu können. Zum Beispiel kann der Inhaber bzw. Betreiber einer Unternehmens- oder Fan-Seite oder eines Nutzerprofils in einem sozialen Netzwerk im Hinblick auf diese Seite Diensteanbieter sein.102 Zugleich ist er aber auch Nutzer des sozialen Netzwerks, da er dieses nutzt, um die jeweilige Seite zu betreiben bzw. anzubieten.

Demgegenüber ist derjenige kein Nutzer eines Diensteanbieters i.S.d. § 10 TMG, der die gespeicherte Information bloß abruft.103 Dies folgt aus Art. 14 Abs. 1 ECRL, wonach der Nutzer die vom Diensteanbieter zu speichernde Information eingibt.104 Gleiches gilt für § 10 Satz 1 TMG, wonach die Speicherung gerade für den Nutzer erfolgen muss.

Nutzer eines sozialen Netzwerks ist deshalb im Ergebnis jede Person, die das soziale Netzwerk in irgendeiner Weise nutzt, um über dieses beliebige Inhalte zu teilen oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen oder um Inhalte anderer Nutzer abzurufen.

4. Beliebige Inhalte

Die Legaldefinition des Begriffs des sozialen Netzwerks nach § 1 Abs. 1 Satz 1 NetzDG setzt weiter voraus, dass die Plattform dazu bestimmt ist, „beliebige Inhalte“ zu teilen oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dabei fällt auf, dass das NetzDG mit der Verwendung des Begriffs des „Inhalts“ von dem Begriff der „Information“ des TMG abweicht.

a. Der Begriff der „Information“ des TMG

Der Begriff der Information, auf den das TMG abstellt, entstammt der ECRL.105 Erfasst sind alle digitalisierten Inhalte106 und damit jegliche Daten – wie z.B. Text, Bild, Video, Ton/Musik, Software etc. –,107 „soweit sie nur elektronisch, d.h. mittels Telekommunikation übertragen werden“.108 Dabei beinhaltet der Begriff der Information gerade keine Beschränkung auf kommunikative Inhalte, die vom Rezipienten direkt wahrgenommen werden.109

b. Bedeutung für den Begriff des Inhalts des NetzDG

Vor Erlass der ECRL und deren Umsetzung in deutsches Recht verwendete der damals geltende § 5 TDG 1997 noch den Begriff des „Inhalts“. Die auch für §§ 7ff. TMG geltende Gesetzesbegründung zum Entwurf des TDG a.F. im Rahmen des Elektronischer Geschäftsverkehr-Gesetzes (EGG) führt in Bezug auf die Begriffsänderung aus, dass der Begriff der Information dem des Inhalts aus § 5 TDG 1997 entspricht „und [...] alle Angaben, die im Rahmen des jeweiligen [Telemediums] übermittelt oder gespeichert werden“, umfasst.110 Insoweit scheint zumindest der Gesetzgeber des EGG nicht von einer Beschränkung auf kommunikative Inhalte auszugehen. Demgegenüber wurde für den Begriff des „Inhalts“ im Rahmen des § 5 TDG 1997 zum Teil vertreten, dass dieser auf kommunikative Inhalte beschränkt sei.111

Nach den Gesetzesmaterialien zum NetzDG sind von dem dortigen Inhaltsbegriff bspw. Bilder, Videos, Texte und ähnliche Inhalte erfasst.112 Inhalte in diesem Sinne sind demnach auch nutzergenerierte Videos i.S.d. § 2 Satz 1 Nr. 14 TMG und § 3d Abs. 1 Nr. 2 NetzDG-E. Bei diesen Inhaltstypen handelt es sich gerade um Inhalte kommunikativer Art. Dabei muss das soziale Netzwerk aber nicht die Möglichkeit bieten, dass die Nutzer sämtliche Inhalte dieser Inhaltskategorien einstellen können, sondern es ist bereits ausreichend, wenn der Fokus des sozialen Netzwerks lediglich auf einer dieser Kategorien liegt.113

Die unterschiedliche Reichweite der Begriffe des Inhalts und der Information ist sachgerecht. Während das TMG verschiedene Providertypen betrifft, die für das Angebot und die Verbreitung von Telemedien und Daten über das Internet sowie den Zugang zum Internet verschiedene Rollen einnehmen (siehe unten Kapitel 3 A.), stellen die vom NetzDG betroffenen sozialen Netzwerke spezifische Telemedien dar, die in erster Linie dem kommunikativen Austausch der Nutzer untereinander dienen. Zudem zielt das NetzDG mit seinen Compliance-Vorgaben auf eine effektive Bekämpfung von Hassbotschaften und Fake News ab.114 Informationen, die Hassbotschaften oder Fake News sind, sind kommunikativer Art, da sie gerade bestimmte Inhalte transportieren (siehe sogleich B. und C.). Sie stellen deshalb nur eine bestimmte Art von Informationen dar, die über das Internet bzw. Datennetze verbreitet werden und damit einen Teil der Informationen, welche die Diensteanbieter i.S.d. TMG verarbeiten.

c. Ergebnis zum Begriff des Inhalts i.S.d. NetzDG

Im Ergebnis kann deshalb festgehalten werden, dass der Begriff des „Inhalts“ des NetzDG enger zu verstehen ist als der Begriff der „Information“ des TMG. Während der Begriff der „Information“ grundsätzlich jegliche Daten umfasst, die der Diensteanbieter für einen Nutzer speichert, stellt das NetzDG mit seinem Begriff des „Inhalts“ allein auf Inhalte kommunikativer Art ab. Diese können jede Form haben, also z.B. Texte, Fotos und Videos, etwa nutzergenerierte Videos i.S.d. § 2 Satz 1 Nr. 14 TMG und § 3d Abs. 1 Nr. 2 NetzDG-E, sein.115

5. Teilen oder öffentliches Zugänglichmachen der Inhalte

Als letztes Merkmal der Legaldefinition eines sozialen Netzwerks i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 NetzDG muss das soziale Netzwerk dazu bestimmt sein, dass dessen Nutzer die vorgenannten beliebigen Inhalte „mit anderen Nutzern teilen oder der Öffentlichkeit zugänglich machen“.

Ein Teilen ist sowohl bei einem „Zugänglichmachen von selbst eingestellten als auch von bereits vorhandenen beliebigen Inhalten für ausgewählte Nutzergruppen“ oder „auch für alle Nutzer“ gegeben.116

Ein öffentliches Zugänglichmachen ist nach den Gesetzesmaterialien die Ermöglichung des Empfangs des Inhalts „durch eine Öffentlichkeit“.117 Unerheblich ist, ob es tatsächlich zu einem Empfang kommt.118 Es muss allerdings „ein zeitgleicher Empfang durch die Empfänger [...] ermöglicht werden“, wobei „technisch bedingte geringfügige Zeitdifferenzen“ nicht zu einer Verneinung des zeitgleichen Empfangs und damit des öffentlichen Zugänglichmachens führen.119 Bei der Bestimmung, wann ein Inhalt „der Öffentlichkeit zugänglich“ gemacht ist, beziehen sich die Gesetzesmaterialien ausschließlich auf urheberrechtliche Rechtsprechung.120 Dies erscheint insofern als erstaunlich, als dass das NetzDG der Entfernung von in § 1 Abs. 3 NetzDG definierten strafbaren Inhalten dienen soll. Verschiedene der dort genannten Straftatbestände beinhalten jedoch ebenfalls das Tatbestandsmerkmal des öffentlichen Zugänglichmachens (z.B. §§ 86, 130, 131 StGB). Insofern wäre eine Anknüpfung an die dortige Auslegung naheliegend gewesen.

Ein Zugänglichmachen liegt danach vor, wenn die grundsätzliche Möglichkeit einer Kenntnisnahme des Inhalts durch Adressaten besteht, wobei der Inhalt nicht tatsächlich zur Kenntnis genommen worden sein muss.121 Nach der Rechtsprechung des BGH liegt ein Zugänglichmachen vor, wenn ein Inhalt „zum Lesezugriff ins Internet gestellt wird“, wobei ein Abruf des Inhalts durch einen Nutzer nicht erforderlich ist.122 Öffentlich ist die Zugänglichmachung, wenn der Inhalt durch eine unbestimmte Vielzahl von Personen wahrgenommen werden kann.123