Die straf- und bußgeldrechtliche Verantwortlichkeit der Diensteanbieter sozialer Netzwerke im Internet

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IV. Ergebnis zum Herkunftslandprinzip (§ 3 TMG)

Das Herkunftslandprinzip des § 3 TMG bzw. Art. 3 ECRL ist grundsätzlich auf das Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht anwendbar. Auf Diensteanbieter sozialer Netzwerke findet es Anwendung, sofern es sich nicht um solche aus einem Drittstaat bzw. dem Nicht-EU-Ausland handelt. Es schließt eine Anwendung des deutschen Rechts jedoch nicht aus, wenn die Handlung, also das Unterlassen des Entfernens bzw. Sperrens des strafbaren Inhalts im EU-Herkunftsland ebenfalls sanktioniert ist, da dann bereits keine Einschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs vorliegt. Aber selbst, wenn eine solche Einschränkung gegeben ist, kann eine Anwendung des Herkunftslandprinzips im Einzelfall ausnahmsweise ausscheiden. Bei der Verbreitung von Hassbotschaften in sozialen Netzwerken wird vom Vorliegen einer solchen Ausnahme in der Regel auszugehen sein, da mit dieser regelmäßig eine qualifizierte Gefahr vorliegt und Maßnahmen der Verfolgung und Ahndung als verhältnismäßig zu betrachten sind.

272 Altenhain, in: MüKo StGB, TMG § 3 Rn. 3. 273 Bär, in: Wabnitz/Janovsky/Schmitt, Handbuch Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, Kap. 15 Rn. 205. 274 Spindler, NJW 2002, 921, 926; Spindler, in: Spindler/Schmitz, Telemediengesetz, TMG § 3 Rn. 70.; vgl. auch Kudlich, HRRS 2004, 278, 282. 275 Vgl. Döpkens, in: Raue/Hegemann, MAH Urheber- und Medienrecht, § 30 Rn. 16. 276 Gutsche, Die Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie, S. 14. 277 Siehe hierzu Kapitel 1 A.I.2. 278 So auch Erwägungsgrund 58 der ECRL. 279 Altenhain, in: MüKo StGB, TMG § 3 Rn. 11. 280 BT-Drucks. 19/18789, S. 35. 281 Gutsche, Die Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie, S. 9. 282 Spindler, MMR-Beilage 7/2000, S. 5; Heckmann, in: Heckmann, jurisPK-Internetrecht, Kap. 1 Rn. 135; Martiny, in: MüKo BGB, TMG § 3 Rn. 16; Waldenberger, EuZW 1999, 296, 298. 283 Heckmann, in: Heckmann, jurisPK-Internetrecht, Kap. 1 Rn. 136. 284 Gutsche, Die Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie, S. 10. 285 BR-Drucks. 29/1/99, S. 5; vgl. auch Brisch, CR 1999, 235, 236. 286 Heckmann, in: Heckmann, jurisPK-Internetrecht, Kap. 1 Rn. 137. 287 Handel, MMR 2017, 227, 230. 288 BT-Drucks. 19/18789, S. 36. 289 BT-Drucks. 19/18792, S. 11f. 290 Zur Eigenschaft sozialer Netzwerke als Telemedien i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 TMG siehe bereits Kapitel 1 A.I.2. 291 Döpkens, in: Raue/Hegemann, MAH Urheber- und Medienrecht, § 30 Rn. 20. 292 Döpkens, in: Raue/Hegemann, MAH Urheber- und Medienrecht, § 30 Rn. 20; Spindler, in: Spindler/Schmitz, Telemediengesetz, TMG § 3 Rn. 13. 293 Altenhain, in: MüKo StGB, TMG § 3 Rn. 25. 294 Altenhain, in: MüKo StGB, TMG § 3 Rn. 28. So wohl auch die Gesetzesbegründung, nach der das öffentliche Recht auf Grund von § 3 Abs. 2 TMG grds. keine Anwendung findet, BT-Drucks. 14/6098, S. 18. 295 Vgl. Heckmann, in: Heckmann, jurisPK-Internetrecht, Kap. 1 Rn. 212, der ausführt, dass das „anwendbare nationale Sachrecht dann außer Betracht [bleibt], wenn es strengere Anforderungen bereithält als das Recht des Herkunftslandes“; Spindler, in: Spindler/Schmitz, Telemediengesetz, TMG § 3 Rn. 71. 296 Handel, MMR 2017, 227, 230; Hoven, ZWH 2018, 97, 103. 297 Handel, MMR 2017, 227, 230. 298 Handel, MMR 2017, 227, 230. 299 BVerfG, NJW 1987, 2155, 2156; Werle/Jeßberger, JuS 2001, 35, 36. 300 Heckmann, in: Heckmann, jurisPK-Internetrecht, Kap. 1 Rn. 237. 301 Altenhain, in: MüKo StGB, TMG § 3 Rn. 57f.; Liesching, Herkunftslandprinzip, S. 9; Tettenborn/Bender/Lübben/Karenfort/Santelmann/Enaux/König, K&R Beilage 1 zu Heft 12/2001, S. 12. 302 BT-Drucks. 14/6098, S. 20. 303 Kudlich, HRRS 2004, 278, 284. 304 Vgl. auch Schwiddessen, CR 2017, 443, 451. 305 Krüger, JuS 2013, 985f.; Poscher/Rusteberg, JuS 2011, 984, 986f.; Rengier, in: KK-OWiG, § 16 Rn. 12; Handel, MMR 2017, 227, 230. 306 Tettenborn/Bender/Lübben/Karenfort/Santelmann/Enaux/König, K&R Beilage 1 zu Heft 12/2001, S. 12. 307 Altenhain, in: MüKo StGB, TMG § 3 Rn. 57; vgl. auch Handel, MMR 2017, 227, 230; Satzger, CR 2001, 109, 112. 308 Handel, MMR 2017, 227, 230. 309 Weller, in: Gersdorf/Paal, BeckOK Informations- und Medienrecht, TMG § 3 Rn. 32. 310 Handel, MMR 2017, 227, 230; Schwiddessen, CR 2017, 443, 453. 311 Schwiddessen, CR 2017, 443, 453. 312 Handel, MMR 2017, 227, 231. Der besonderen Bedeutung des Art. 10 Abs. 1 EMRK trägt auch Erwägungsgrund 9 zur ECRL Rechnung (vgl. Spindler, MMR-Beilage 7/2000, S. 19). 313 Vgl. die Bedeutungsübersicht bei Duden, unbeschadet, abrufbar unter https://www.duden.de/rechtschreibung/unbeschadet_trotz_ungeachtet, zuletzt abgerufen am 29.12.2020. 314 EuGH, MMR 2020, 171, 175. 315 Siehe auch Spindler, MMR-Beilage 7/2000, S. 19. 316 Vgl. auch Heckmann, in: Heckmann, jurisPK-Internetrecht, Kap. 1 Rn. 249f.; Ohly, WRP 2006, 1401, 1405. A.A. wohl EuGH, MMR 2020, 171, 175, wonach Art. 3 Abs. 6 ECRL „keine Stillhalteverpflichtung zu Lasten des Mitgliedstaats vor[sieht], der den Erlass einer Maßnahme beabsichtigt, mit der der freie Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft beschränkt wird.“ Insoweit stünde die Unterrichtungspflicht einer Durchführung des Verfahrens nicht entgegen. 317 Handel, MMR 2017, 227, 231; vgl. auch Spindler, MMR-Beilage 7/2000, S. 19.

D. Ergebnis zur Anwendbarkeit deutschen Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts auf Diensteanbieter sozialer Netzwerke

Eine Anwendung deutschen Strafrechts auf ausländische Diensteanbieter sozialer Netzwerke ist jedenfalls immer dann zu bejahen, wenn strafbare Hassbotschaften durch einen Nutzer vom Inland aus in das soziale Netzwerk eingestellt wurden oder zu einem zum Tatbestand gehörenden Erfolg im Inland führen oder nach der Vorstellung des Täters bzw. Nutzers führen sollten (§ 9 Abs. 1 Var. 3 und 4 StGB). Für die Anwendung deutschen Ordnungswidrigkeitenrechts gilt dasselbe, wenn diese nicht bereits ausdrücklich gesetzlich bestimmt ist (vgl. § 5 OWiG). In diesem Fall liegt grundsätzlich auch eine Ausnahme im Hinblick auf das Herkunftslandprinzip (§ 3 TMG, Art. 3 ECRL) vor, sollte dieses einschlägig sein.

Kapitel 3 Die Verantwortlichkeit des Diensteanbieters nach dem TMG

Für die Beantwortung der mit dieser Arbeit aufgeworfenen Frage der straf- und bußgeldrechtlichen Verantwortlichkeit der Diensteanbieter sozialer Netzwerke ist eine Prüfung und Darstellung der Voraussetzungen des spezialgesetzlichen Haftungsregimes der §§ 7ff. TMG elementar. Kern dieser Regelungen sind die Haftungsprivilegierungen der §§ 8 bis 10 TMG. Das vorliegende Kapitel stellt deren Voraussetzungen dar und prüft, ob Diensteanbieter sozialer Netzwerke aufgrund dieser Regelungen in ihrer Haftung privilegiert, also für Nutzerinformationen nicht verantwortlich, sein könnten vor.

A. Die verschiedenen Diensteanbieter des TMG und das Haftungsregime der §§ 7ff. TMG

Das TMG unterscheidet zwischen drei verschiedenen Diensteanbieter- bzw. Provider-Typen. Neben dem Contentprovider (§ 7 Abs. 1 TMG) kennt das TMG den Network- und Accessprovider (§§ 8, 9 TMG) sowie den Hostprovider (§ 10 TMG).

 

Für diese Provider trifft das TMG in den §§ 7ff. besondere Haftungsregelungen,318 da sie Dienstleistungen erbringen, welche zur Funktion des Internets in der heutigen Form unabdingbar sind. Ohne diese Regelungen bestünde für die Diensteanbieter ein unkalkulierbares Haftungsrisiko, da sich die von ihnen gespeicherten und übermittelten Informationen in Sekundenschnelle ändern können.319 Der Grundsatz der Verantwortlichkeit nach den allgemeinen Gesetzen wird für fremde Informationen, welche die Anbieter „lediglich übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, sowie für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern“, entsprechend der jeweiligen Nähe des Diensteanbieters zu den Informationen beschränkt.320 Es handelt sich um ein abgestuftes Haftungsregime für die Diensteanbieter von Telemedien.

I. Der Contentprovider

Als Contentprovider werden Anbieter bezeichnet, die eigene Inhalte bereitstellen. Hierunter fallen vor allem Anbieter herkömmlicher Internetseiten, die von ihnen selbst generierte Informationen beinhalten.321 Als Beispiel kann DER SPIEGEL322 im Hinblick auf die verbreiteten eigenen Artikel genannt werden. Aber auch der Inhaber eines Facebook-, Twitter- oder YouTube-Profils wird mit den von ihm selbst verbreiteten Inhalten zum Contentprovider.323

Nach § 7 Abs. 1 TMG sind Diensteanbieter für eigene Informationen, die sie zur Nutzung bereithalten, nach den allgemeinen Gesetzen verantwortlich. Eine Haftungsbeschränkung ist für den Contentprovider nicht vorgesehen. § 7 TMG hat lediglich eine klarstellende Wirkung, da sich die Verantwortlichkeit des Diensteanbieters ohne das Bestehen einer Haftungsprivilegierung ohnehin nach den allgemeinen Gesetzen richtet. Das Fehlen einer Haftungsprivilegierung für den Contentprovider ist insofern konsequent, da dieser die eigenen Inhalte bzw. Informationen originär kennt und in dieser Kenntnis zur Nutzung bereithält.324 Der Contentprovider hat damit üblicherweise die Kontrolle über die von ihm bereitgehaltenen eigenen Informationen.325

II. Der Network- und Accessprovider

Network- und Accessprovider stellen die nötigen Datenverbindungen her, ohne die das Internet nicht funktionieren könnte. Sie sorgen für die Übermittlung von Informationen innerhalb eines Kommunikationsnetzes (Networkprovider) sowie den Zugang zu diesen Netzen (Accessprovider) und erbringen rein technische Dienstleistungen.326 Network- und Accessprovider stellen damit die nötige Infrastruktur bereit, um z.B. die Informationen des Contentproviders an die Nutzer zu übermitteln. Eine Einflussnahme auf die Informationen durch den Network- und Accessprovider findet nicht statt. Die Übermittlung der Informationen wird durch den jeweiligen Nutzer des Dienstes veranlasst.

§ 8 TMG regelt daher in konsequenter Weise eine weitgehende Haftungsprivilegierung dieser Diensteanbieter, die nach Ansicht Siebers auch auf der „rechtspolitischen Überlegung“ beruht, dass „eine umfassende Kontrolle des internationalen Datenverkehrs [...] nicht wünschenswert“ ist, da neben öffentlichen Inhalten von Webseiten auch „persönliche Daten (z.B. E-Mail)“ gefiltert bzw. kontrolliert werden müssten, was „nicht nur einen massiven Eingriff in das Fernmeldegeheimnis, sondern auch totale Überwachung von Bürgern und Wirtschaft“ bedeuten würde, die „für einen demokratischen Rechtsstaat jedoch unvorstellbar ist“.327 Diese Unvorstellbarkeit dürfte jedenfalls durch die von dem Whistleblower Edward Snowden aufgedeckte massenhafte Überwachung des internationalen Datenverkehrs durch die National Security Agency (NSA)328 und weitere Geheimdienste,329 insb. auch den Bundesnachrichtendienst (BND)330, überholt sein.

III. Das Proxy-Caching

Das sog. Proxy-Caching ist den Network- und Accessprovidern zuzuordnen, geht jedoch über die bloße Zugangsvermittlung hinaus. Es handelt sich um eine automatische, zeitlich begrenzte Zwischenspeicherung, die nicht auf einen isolierten Übermittlungsvorgang beschränkt ist und allein dem Zweck dient die Übermittlung fremder Informationen an andere Nutzer auf deren Anfrage effizienter zu gestalten. Das Proxy-Caching dient damit einer Effizienzsteigerung bei der Übermittlung von Informationen.331 Zu diesem Zweck werden Informationen auf sog. Proxy-Cache-Servern gespiegelt332, um weitere und schneller zu erreichende Quellen für die Informationen zu schaffen. Eine Haftungsprivilegierung des Diensteanbieters, der Proxy-Cache-Server bereitstellt, sieht § 9 TMG vor.

IV. Hostprovider

Ausgehend von § 10 Satz 1 TMG speichern Hostprovider fremde Informationen für ihre Nutzer. Es handelt sich um Diensteanbieter, die unter anderem Contentprovidern den nötigen Speicherplatz für deren Informationen zur Verfügung stellen.333 Anders als beim sog. Proxy-Caching handelt es sich beim Hosting um „die dauerhafte Speicherung von Informationen durch einen Diensteanbieter“.334

Neben Anbietern, die Speicherplatz für Webseiten und ganze Server vermieten,335 fallen auch sog. Sharehoster und Cloud-Speicherdienste336 unter den Begriff des Hostproviders. Auch Informations- und Kommunikationsplattformen – z.B. Foren, Gästebücher, Wikis, Blogs – werden als Hostprovider qualifiziert,337 wenn sie Speicherplatz für Nutzerinhalte, z.B. Beiträge/Postings und Kommentare, zur Verfügung stellen. Die Online-Auktionsplattform eBay ist ebenfalls als Hostprovider anzusehen, soweit sie mit den Angeboten ihrer Kunden fremde Informationen speichert.338 Gleiches soll für soziale Netzwerke, wie z.B. Facebook, Twitter und YouTube, gelten, sofern sie fremde Informationen speichern und zugänglich machen.339 Letztlich ist jeder Diensteanbieter, der „von einem Dritten eingegebene Informationen in [dessen] Auftrag speichert“ ein Hostprovider.340 Die Qualifizierung als Hostprovider folgt aus der „Herrschaft über den Speicherplatz“ und einer damit verbundenen grundsätzlich unschweren Löschungsmöglichkeit der Nutzerinformationen.341

Hostprovider sind gem. § 10 Satz 1 TMG für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern

 • sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird (§ 10 Satz 1 Nr. 1 TMG), oder

 • sie unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben (§ 10 Satz 1 Nr. 2 TMG).

Die Haftungsprivilegierung findet gem. § 10 Satz 2 TMG keine Anwendung, wenn der Nutzer dem Diensteanbieter untersteht oder von ihm beaufsichtigt wird.

318 BT-Drucks. 14/6098, S. 22. 319 Säcker, MMR-Beilage 9/2001, S. 2. 320 Sobola/Kohl, CR 2005, 443. 321 Vgl. Detlefsen, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit, S. 8, nach deren Ausführungen der Contentprovider derjenige ist, „der eine Webseite erstellt und diese, sein Werk, in das Netz stellt oder stellen lässt“. 322 http://www.spiegel.de. 323 Zur Diensteanbietereigenschaft auch der Nutzer sozialer Netzwerke siehe Kapitel 3 G. II. 1. 324 Zu den Anforderungen an das Vorliegen „eigener“ Informationen und zur Abgrenzung dieser von „fremden“ Informationen, sowie einem Zu-Eigen-Machen von Informationen siehe Kapitel 3 G. III. 2. 325 Sieber, MMR-Beilage 2/1999, S. 12. 326 Vgl. BT-Drucks. 14/6098, S. 24, wonach die „Tätigkeit des Diensteanbieters beim bloßen Durchleiten auf den technischen Vorgang beschränkt ist“. 327 Sieber, MMR-Beilage 2/1999, S. 11. 328 Die National Security Agency (NSA) ist der größte Auslandsgeheimdienst der USA (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/National_Security_Agency und http://www.nsa.gov, jeweils zuletzt abgerufen am 29.12.2020). 329 The Guardian, Edward Snowden: the whistleblower behind the NSA surveillance revelations, abrufbar unter https://www.theguardian.com/world/2013/jun/09/edward-snowden-nsa-whistleblower-surveillance, zuletzt abgerufen am 29.12.2020. 330 Süddeutsche Zeitung, Datenschutzbeauftragte wirft BND systematische Gesetzesverstöße vor, abrufbar unter http://www.sueddeutsche.de/politik/ueberwachung-datenschutzbeauftragtewirft-bnd-systematische-gesetzesverstoesse-vor-1.3145616, zuletzt abgerufen am 29.12.2020. 331 BT-Drucks. 14/6098, S. 24. 332 Hierbei handelt es sich um eine originalgetreue Kopie der Informationen. 333 Detlefsen, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit, S. 8. 334 Brömmekamp, WRP 2011, 306, 311. 335 LG Düsseldorf, CR 2007, 601, 602. 336 Hierbei handelt es sich um Dienste, die Speicherplatz über das Internet anbieten. Die Informationen bzw. Daten werden von dem Nutzer des Dienstes auf Server des Cloud-Speicherdienstes hochgeladen – in die Cloud geladen – und bei Bedarf wieder heruntergeladen. Für das Vorliegen der Voraussetzung des „für einen Nutzer speichern“ des § 10 Satz 1 TMG ist es irrelevant, ob die gespeicherte Information „irgendeinem Dritten zugänglich“ gemacht wird (Spindler, in: Spindler/Schmitz, Telemediengesetz, TMG § 10 Rn. 11). 337 Heckmann, in: Heckmann, jurisPK-Internetrecht, Kap. 1 Rn. 127; Sieber, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Handbuch Multimedia-Recht, Teil 19.1 Rn. 23; Strauß, ZUM 2006, 274, 281. 338 BGH, GRUR 2007, 890, 892. 339 Siehe hierzu Kapitel 3 J. Nach Auffassung des EuGH, ZUM 2012, 307, 309, „steht [...] fest, dass ein Betreiber einer Plattform für ein soziales Netzwerk im Internet – wie Netlog – auf seinen Servern Informationen speichert, die von Nutzern dieser Plattform eingegeben werden und mit ihrem Profil in Zusammenhang stehen, und dass er somit ein Hosting-Anbieter im Sinne von Art. 14 der Richtlinie 2000/31 ist“. In Bezug auf Facebook führt der EuGH, ZUM 2019, 905, 908, aus, „dass Facebook Ireland Hosting-Dienste im Sinne von Art. 14 der Richtlinie 2000/31 anbietet“. Siehe auch Galetzka/Krätschmer, MMR 2016, 518, 521; Roggenkamp/Stadler, in: Heckmann, jurisPK-Internetrecht, Kap. 10 Rn. 288. 340 Frey/Rudolph/Oster, CR Beilage zu Heft 11/2015, S. 5. 341 Sieber, Providerverantwortlichkeit im Internet, S. 40; Sieber/Höfinger, in: Hoeren/Sieber/Holznagel, Handbuch Multimedia-Recht, Teil 18.1 Rn. 79.

B. Historische Entwicklung des Haftungsregimes

Die Haftungsprivilegierungen der vorgenannten Diensteanbieter haben sich seit Ende der 1990er Jahre über verschiedene Gesetzesänderungen und unter Beachtung europäischer Vorgaben entwickelt.

I. Das Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz (IuKDG)

Mit dem Ziel, „im Rahmen der Bundeskompetenzen eine verlässliche Grundlage für die Gestaltung der sich dynamisch entwickelnden Angebote im Bereich der Informations- und Kommunikationsdienste zu bieten und einen Ausgleich zwischen freiem Wettbewerb, berechtigten Nutzerinteressen und öffentlichen Ordnungsinteressen herbeizuführen“342, hat der Gesetzgeber im Jahr 1997 das Gesetz zur Regelung der Rahmenbedingungen für Informations- und Kommunikationsdienste (Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz – IuKDG) beschlossen.

 

Das mit diesem sog. Artikelgesetz neu geschaffene Gesetz über die Nutzung von Telediensten (Teledienstegesetz – TDG; nachfolgend: TDG 1997) regelte in § 5 TDG 1997 die Verantwortlichkeit der Diensteanbieter. Eine identische Regelung fand sich in § 5 des Staatsvertrags über die Mediendienste (Mediendienste Staatsvertrag; MDStV). Letzterer wurde von den Bundesländern in Übereinstimmung mit dem Bund erlassen,343 nachdem es zuvor eine Auseinandersetzung zwischen den Bundesländern und dem Bund bezüglich der Gesetzgebungskompetenz gab.344

Die Haftungsprivilegierungen des TDG 1997 und MDStV sahen unter anderem in ihren § 5 Abs. 2 eine Privilegierung von Hostprovidern vor. Sie regelten, dass Diensteanbieter für fremde Inhalte, die sie zur Nutzung bereithalten, nur dann verantwortlich sind, wenn sie von diesen Inhalten Kenntnis haben und es ihnen technisch möglich und zumutbar ist, deren Nutzung zu verhindern.

Während sich das TDG auf „Teledienste“ bezog, regelte der MDStV „Mediendienste“. Mediendienste waren in § 2 Abs. 2 MDStV legal definiert. Es handelte sich in erster Linie um Dienste mit „besonderer Meinungsrelevanz“.345 Teledienste waren in § 2 Abs. 2 TDG 1997 legal definiert und zeichneten sich durch eine geringe Meinungsrelevanz aus. Insbesondere handelte es sich um Angebote, bei denen nicht die redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit im Vordergrund stand (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 TDG 1997).346

II. Die E-Commerce-Richtlinie (ECRL)

Auf europäischer Ebene fand mit der ECRL eine „Harmonisierung der geltenden innerstaatlichen Regeln für Dienste der Informationsgesellschaft und die Sicherstellung des freien Dienstleistungsverkehrs in diesem Bereich“ statt.347 Die im deutschen Recht in der Folge umgesetzten Regelungen der Richtlinie sind daher richtlinienkonform unter Rückgriff auf die Regelungen und die diesen zugrundeliegenden Erwägungsgründe auszulegen.348 Die „Verantwortlichkeit der Vermittler“, also Diensteanbieter, ist in den Art. 12ff. ECRL geregelt, wobei Art. 14 ECRL das Hosting betrifft. Art. 12 ECRL betrifft das Network- und Access-Providing und Art. 13 ECRL das sog. Caching. Art. 15 Abs. 1 ECRL sieht vor, dass die Mitgliedstaaten den Anbietern von Diensten i.S.d. Art. 12, 13 und 14 ECRL keine allgemeine Verpflichtung auferlegen, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder aktiv nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.

Die Normen sind neben den US-amerikanischen Regelungen des Digital Millennium Copyright Act auch von der deutschen Regelung des § 5 TDG 1997 sowie § 5 MDStV inspiriert349 und regeln ebenso wie diese eine abgestufte Verantwortlichkeit der Diensteanbieter.350 Sie verfolgen „einen horizontalen Ansatz mit dem Ziel, einen Mindestrechtsrahmen auf EU-Ebene für ‚Dienste der Informationsgesellschaft‘ zu schaffen“,351 also eine Vollharmonisierung zu bewirken.352

Bezogen auf das Hosting stellen die Mitgliedstaaten gem. Art. 14 Abs. 1 ECRL sicher, dass bei Vorliegen eines Dienstes der Informationsgesellschaft, der in der Speicherung von durch einen Nutzer eingegebenen Informationen besteht, der Diensteanbieter nicht für die im Auftrag eines Nutzers gespeicherten Informationen verantwortlich ist, sofern

 • der Anbieter keine tatsächliche Kenntnis von der rechtswidrigen Tätigkeit oder Information hat, und, in Bezug auf Schadenersatzansprüche, sich auch keiner Tatsachen oder Umstände bewusst ist, aus denen die rechtswidrige Tätigkeit oder Information offensichtlich wird (Art. 14 Abs. 1 lit. a ECRL), oder

 • der Anbieter, sobald er diese Kenntnis oder dieses Bewusstsein erlangt, unverzüglich tätig wird, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren (Art. 14 Abs. 1 lit. b ECRL).