Mythos, Pathos und Ethos

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Wie auch immer, ich brachte leider des Öfteren die Namen der Frauen durcheinander, was mir durchaus peinlich war, aber letzten Endes konnte ich auch wirklich nichts dafür, wieso mußten sich die blöden Weiber denn auch so ähnlich sehen? Mit der Zeit lernte ich aus meinen Fehlern und hielt mir deshalb nie mehr als drei Freundinnen auf einmal. Das konnte ich gerade noch so bewerkstelligen, weshalb die Frauen auch nichts voneinander erfuhren. Meine Freunde, die wie ich NSDAP-Mitglieder waren und genauso wie ich auf einen Aufstieg in der Partei hofften, bewunderten mich für meine Redekunst, amüsierten sich aber auch über meine Weibergeschichten und genossen es, mich damit erpressen zu können. Beruflich hatte ich es in jenen Jahren noch nicht sonderlich weit gebracht. Zwar war ich immerhin vom einfachen Fabrikarbeiter zum Blockwart aufgestiegen, aber so richtig Karriere gemacht hatte ich nun wahrlich nicht. Nichtsdestotrotz lobte ich den Führer in den allerhöchsten Tönen, was mir sowohl Anerkennung als auch Verachtung einbrachte. Meine Mutter zum Beispiel wollte deshalb schon längst nichts mehr von mir wissen, ich aber über sie viel mehr, weshalb ich sie von der Gestapo bespitzeln ließ. Irgendwann wurde sie von jener abgeholt und in ein Lager gebracht, aber mein Mitleid hielt sich in Grenzen, denn das hatte sie sich alles selbst zuzuschreiben. Wer nicht mit der Zeit geht, der muß halt mit der Zeit gehen, lautete das Motto jener Jahre und auch die Bücherverbrennungen stießen bei mir und meinesgleichen auf ein freudiges Echo und Hallo, denn auf die Art und Weise war der jüdische Schund wenigstens noch zu was gut, nämlich zu einem schönen, wärmenden Feuerchen, lesen konnte und wollte man den Scheiß eh nicht.

Wie bereits erwähnt, für die Juden wurde es immer unangenehmer, manche von denen waren schlau und reich genug, um ins Exil zu gehen, andere glaubten wiederum, alles wäre halb so schlimm und würde irgendwie vorübergehen. Na ja, wir Deutschen feierten uns und unsere Führung bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin und als es damit begann, mehr Lebensraum zu geben, durch den Anschluß Österreichs, der Annexion von Böhmen und Mähren, sowie die Zerschlagung der Tschechoslowakei, da wußten wir endgültig, daß wir auf das richtige Pferd, also den Führer Adolf Hitler, gesetzt hatten.

Der Antisemitismus als solcher war ja schon lange verbreitet und tief in vielen Völkern verankert, der entstand keineswegs von heute auf morgen. Hitler wußte das, nutzte die Gunst der Stunde und entfachte die lodernde Glut. Daß wir Deutschen uns für die Drecksarbeit einen Ausländer geholt hatten, weil wir uns selbst unsere arisch reinen Finger nicht schmutzig machen hatten wollen, sprach vielleicht nicht gerade für uns, zeugte aber irgendwie dennoch von einer bemerkenswerten Weitsichtigkeit. Auf die Art und Weise konnten wir nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg die ganze Verantwortung und Schuld auf den Österreicher schieben, unsere Hände in Unschuld waschen und danach genauso weitermachen wie vorher. Wir erteilten uns alle gegenseitig die Absolution und damit hatte es sich dann auch schon. Doch bevor es dazu kam, erst einmal auf in den Kampf. Ich für meinen Teil hatte "Mein Kampf" schon vor dem Ausbruch des Krieges mehrere Male gelesen und war begeistert gewesen. Meiner Meinung nach hätte Hitler dafür den Literaturnobelpreis erhalten müssen und wenn dem so gewesen wäre, dann hätte er die Welt womöglich verschont. Na gut, zugegeben, das vielleicht nicht, aber wer sein Werk aufmerksam studiert hatte, der wußte ganz genau was kommen würde. Entweder hatte man den Adolf völlig unterschätzt, nicht ernst genommen, für einen Sprücheklopfer gehalten, oder, noch schlimmer, sein Meisterwerk überhaupt nicht gelesen, obwohl doch in jedem deutschen Haushalt mindestens eins davon zu finden war. Ich für meinen Teil wußte schon längst, daß Führer oder später die Revanche für den verlorenen Ersten Weltkrieg beginnen würde, von daher hielt sich meine Überraschung in den Grenzen von 1913, als es dann wirklich soweit war. Auf an die Front, hipp hipp, hurra!

Um Hitler wirklich zu verstehen, muß man sich vergegenwärtigen, daß der Mann eigentlich ein Künstler und kein Politiker gewesen war. Ihn interessierte nicht die Macht des Möglichen, sondern lediglich die Möglichkeiten der Macht. Er war ein Radikaler in seinem ursprünglichen Sinn, einer, der das Übel, in seinem Fall den jüdischen Bolschewismus, bei den Wurzeln packen und ausreißen wollte. Für Hitler war der Krieg die Fortführung des Friedens mit anderen Mitteln. Ja, es war keine schöne Zeit an der Front und es machte auch keinen Spaß, andere Leute zu erschießen, selbst wenn es sich bei jenen nach unserer Ideologie um Untermenschen handelte. Außerdem verstand ich auch nicht, warum wir uns mit den Russen verbündet hatten, um untereinander Polen aufzuteilen. Irgendwie hatte ich kein gutes Gefühl bei der Sache, schließlich hatte uns "Onkel Adolf", wie wir ihn hinter verschlossenen Türen manchmal liebevoll nannten, jahrelang eingetrichtert gehabt, die Russen wären die leibhaftigen Bösen, die uns vernichten wollten. Na ja, da konnte man schon durcheinander kommen, bei jener sich ständig verändernden Gemengelage. Wir machten das Beste daraus, versuchten zu überleben und ballerten was das Zeug hielt. Unsere ersten Kriegseinsätze waren Kinderspiele, wir wollten Gegner, keine Opfer, aber dafür waren wir einfach zu stark und noch dazu vollgepumpt mit Drogen. Wir überrannten halb Europa im Sauseschritt und waren noch begeisterter von unserem Führer, der es mittlerweile bereits zum GröFaZ gebracht hatte, zum Größten Feldherrn aller Zeiten, als ohnehin. Doch so richtig euphorisiert und erleichtert waren wir erst, als der Überfall auf die Russen begann, denn nun war unsere schöne braune heile Welt endlich wieder in Ordnung und der wahre Feind durfte wieder bekämpft werden.

Doch mit der Zeit schien sich das Kriegsglück zu wenden und auch unser Über-Führer machte nicht mehr immer die allerbeste Figur. Dafür konnte er aber rein gar nichts, denn schuld daran waren zum einen die ausländischen Spione sowie die Exil-Juden, Exil-Sozialdemokraten, Exil-Kommunisten, Exil-Gewerkschafter und wen wir sonst noch so aus unserem schönen Deutschen Reich, das laut Adolf 1000 Jahre dauern sollte, vertrieben hatten. Aber am allerschlimmsten war der Widerstand innerhalb der deutschen Wehrmacht und dafür trugen diese Adeligen die Hauptverantwortung. Jene waren mir schon von Anfang an ein Dorn im Auge gewesen, diese Snobs mit ihrem feinen Getue, ihren Manieren und ihrer Ehre. Solange wir unsere Schlachten gewannen, konnte man ihnen nichts anhaben, doch dann wurden sie immer dreister und ihre Sabotageakte, kombiniert mit dem Widerstand der hiesigen Partisanen in den jeweiligen besetzten Gebieten, sorgten dafür, daß wir immer mehr Probleme bekamen. Der Führer hätte sich von jenen Parasiten schon viel früher trennen müssen, er aber zögerte und zauderte, wie es anscheinend leider des Öfteren bei ihm Usus war und so verübten sie auch noch ein feiges, hinterhältiges Attentat auf den großartigen Mann, den die Vorsehung für uns ausersehen hatte. Wenigstens zog er danach alle nötigen Konsequenzen und machte dem Adel in der Wehrmacht den Garaus. Besser spät als nie, aber in dem Fall hätte sich der Führer schon früher vorsehen müssen, vor solchen Kreaturen, die ihn von Anfang an für einen Emporkömmling gehalten und deshalb immer belächelt hatten. Feige Schweine waren sie allesamt gewesen, nach dem Krieg wurden sie zu Helden erklärt, aber alle, die wie ich, tapfer und ehrlich gegen den Feind gekämpft haben, anstatt mit ihm zu kollaborieren, wissen, was man von solchen Kameradenschweinen zu halten hat.

Krieg geil!, rief niemand von uns, nicht umsonst hatte unser Schlachtruf ja immer Sieg Heil gelautet, doch nachdem wir eine entscheidende Schlacht nach der anderen verloren hatten, wurde auch dem überzeugtesten Nazi unter uns schön langsam klar, was die Stunde, beziehungsweise daß unser letztes Stündlein geschlagen hatte. Deutschland würde untergehn und vermutlich auf absehbare Zeit nicht mehr wiederauferstehn, damit hatte man sich abzufinden und an jenen Gedanken mußten sich auch wir Tausendprozentigen langsam gewöhnen. Vom Endsieg war irgendwann keine Rede mehr, nur noch Endzeitstimmung war zu spüren. Alle versuchten, das Ganze irgendwie zu überstehen und von der guten alten Zeit wollte schon bald niemand mehr etwas wissen.

Wie so viele Andere auch, kam ich ebenfalls in Kriegsgefangenschaft, doch ich blieb ein Ewiggestriger und schleimte mich bei den Besatzungsmächten nicht ein. Das wiederum imponierte jenen nur bedingt, sie hielten mich für einen Unbelehrbaren, weshalb sie mich länger in Kriegsgefangenschaft behielten als meine opportunistischen Kameraden, die unbedingt zu ihren Familien zurückwollten. Ich dagegen hatte im Grunde nichts mehr zu verlieren und genau so benahm ich mich auch. Der Führer war tot, mein Idol hatte sich aus dem Staub gemacht und uns mit den Besatzern allein gelassen. Am schlimmsten waren nicht die Russen, sondern die Neger. Wenn die einen ganz fröhlich und unverschämt angrinsten, dann wurde einem Rassisten wie mir ganz schlecht. Aber die würden ihre Quittung nach ihrer Rückkehr in die Heimat schon noch bekommen, davon war ich felsenfest überzeugt, denn die Amis waren im Grunde genauso rassistisch wie wir Deutschen, von daher würde den Bimbos das Lachen schon noch vergehen. Rassenschande gab es nun natürlich allerorten, die deutschen Frauen gaben sich den Besatzern hin und all die Schauspielerinnen, die früher bei Goebbels auf der Besetzungscouch gelandet waren, um sich in einen tollen Film zu ficken, waren nun auf der Besatzungscouch vertreten, um Uncle Sam und Uncle Joe, wie Stalin in den USA genannt wurde, einen zu blasen.

Das war der Treppenwitz der Geschichte schlechthin: Die Loser wie Rußland und Frankreich durften plötzlich über das deutsche Schicksal mitbestimmen, obwohl sie gegen uns keine Chance gehabt hatten, eine Demütigung sondergleichen. Na ja, irgendwie ging das auch alles vorüber, ich aber brauchte unheimlich lange, um mich in jenem neuen Deutschland wieder zurechtzufinden, in dem plötzlich alles verboten worden war, was bis vor Kurzem noch als das einzig Wahre gegolten hatte. Wenigstens lebte ich im Westen des Landes, so daß ich mit den russischen Soldaten nicht in Kontakt kam, das hätte mich völlig fertiggemacht.

 

1949 gab es dann die ersten Bundestagswahlen und neben mir dürfte es doch so einige Leute gegeben haben, welche die NSDAP auf dem Wahlzettel vermißten. Na ja, also wählte man halt das kleinere Übel, nicht unbedingt die FDP, die damals auf stolze 11,9 Prozent der Stimmen kam. Erster Bundeskanzler der neuen Bundesrepublik Deutschland (BRD, im Osten gründete man die DDR) wurde ein gewisser Elmar Wadenhauer von der Christlich Demokratischen Union (CDU). Der Mann war damals schon sage und schreibe 73 Jahre alt, aber wenn uns jemand prophezeit hätte, daß "der Alte" länger an der Macht sein würde als unser geliebter Führer, dann hätten wir uns tot gelacht und so gar nicht mehr erlebt, daß es dann tatsächlich so kam. In Bayern konnte man die CDU gar nicht wählen, dort gab es die bayerische Variante der Partei, nämlich die Christlich Soziale Union (CSU). Jene war damals noch jung, frisch gegründet und hatte mit der Bayernpartei, welche Bayern vom Bund abspalten wollte, eine beachtliche Konkurrenz neben sich. Ein Mann namens Hans Werner Braus ragte schon recht bald aus der CSU heraus, man merkte ziemlich schnell, daß es der noch weit bringen wollte und vielleicht auch würde. 14 Jahre Wadenhauer, das war die Höchststrafe für einen Altnazi wie mich, auch wenn der ehemalige Kölner Oberbürgermeister wenigstens fast genauso eindringlich vor den "Soffjets" warnte wie sein Amtsvorgänger. Es waren bewegte Jahre, aber wir waren ein geschlagenes Volk, litten Hunger und waren Verlierer, die nichts mehr hatten worauf sie stolz sein konnten. Nur gut, daß sich die USA und die UdSSR nicht verstanden und überhaupt nicht zusammenpaßten, denn so wurden wir für die Amerikaner plötzlich wichtig und sollten zu einem Bollwerk gegen die kommunistische Gefahr aus dem Osten werden. Dazu waren wir gerne bereit, vielleicht hatte unser kleines Leben also doch noch einen höheren Sinn.

Ein Leben ohne die FDP, das kann ich mir momentan noch überhaupt nicht vorstellen. Ist das eigentlich möglich? Wir werden sehen, aber nachdem mich jene Partei fast zwei Drittel meines Leben auf meinem Weg begleitet hat, bin ich doch gespannt, wann die ersten Phantomschmerzen auftreten werden. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich habe die FDP nie gewählt und oft gequält, doch für mich war sie wie ein Arbeitskollege, den man kennt und grüßt, aber nicht sonderlich mag. Wenn der eines Tages weg ist, dann freut man sich zunächst darüber, allerdings findet man es auch etwas komisch, nicht lustig komisch, sondern eher merkwürdig komisch. Ich für meinen Teil blieb auch in den Jahren nach dem Krieg ein überzeugter Nazi und das führte dazu, daß ich mich dadurch in der Gesellschaft immer mehr isolierte. Zwar gab es auch Leute, die mich deswegen mochten und ermunterten so weiterzumachen, doch das taten jene nur heimlich, in der Öffentlichkeit dagegen verurteilten sie das alte Regime, auch wenn sie selbst zu seinen allergrößten Fans gehört hatten.

Das deutsche Volk wurde von den Besatzern systematisch umerzogen und in Bayern wurden aus den Nazis lauter Bazis. Bazis bedeutet nicht etwa bayerische Nazis, sondern eher Gauner, Lumpen, Hallodris, Spitzbuben und Schlitzohren. Jene rafften sich was sie kriegen konnten und zu ihrer bevorzugten Partei im Bayerischen Landtag wurde die CSU, denn die praktizierte so etwas in Gestalt von Hans Werner Braus und etlichen seiner Kollegen ebenfalls ungeniert.

Um an dieser Stelle ein großes Mißverständnis endlich mal auszuräumen: Natürlich rückten die Bayern noch enger zusammen, wenn ein bestimmtes angebliches Polit-Magazin aus Hamburg mal wieder über ihren Hans Werner herzog und ihm alles Mögliche unterstellte, aber wir waren nicht so blöd zu glauben, daß an den Vorwürfen überhaupt nichts dran war. Ganz im Gegenteil, viele von uns waren sogar sehr stolz darauf, daß es der Braus so toll trieb und ihm trotzdem niemand etwas anhängen konnte, das war schon sehr beeindruckend.

Der Bayer an sich ist so etwas wie der Italiener Deutschlands. Vetternwirtschaft, Filz und Amigos waren und sind ihm keineswegs fremd, ganz im Gegenteil, sie gehören zu seinem Leben dazu. Alle Räder möchten geschmiert werden und wer als Unternehmer der CSU oder Braus Geld gegeben hat, der brauchte selbstverständlich weniger oder gar keine Steuern ans Finanzamt zahlen. Sonst hätte man sich die Spende ja sparen können. Braus umgab sich mit Milliardären und ließ sich von denen aushalten, das ist mittlerweile bekannt und auch früher hieß es schon oft auch in Kreisen der CSU, daß es sich bei den Mann um einen eiskalten Geschäftsmann mit Selbstbedienermentalität gehandelt hat. Die Mafiamethoden mit Omerta und der Ausschaltung von Gegnern wurden dort ebenfalls höchst erfolgreich praktiziert Auch die Menschen in Bayern wußten das, fanden es aber überhaupt nicht schlimm, denn das gehörte schließlich dazu.

Nicht umsonst landeten fast immer die Skrupellosen an der Macht, welche sie dann auch ohne Rücksicht auf Verluste für die eigenen Zwecke mißbrauchten. Ein Hauch von Korruption haftete der CSU schon seit jeher an und auch wenn es mir schwerfällt, das zuzugeben, bei der NSDAP war es nicht viel anders.

Verstehen Sie jetzt endlich, warum ausgerechnet diejenigen, welche in der Verwandtenaffäre des Bayerischen Landtags an den Pranger gestellt worden waren, mit die besten Ergebnisse bei der Landtagswahl 2013 erhalten haben? Ganz genau, "a Hund is er scho", murmelte der bayerische Wähler anerkennend und schenkte dem Skrupellosen sogleich sein Vertrauen und damit auch seine Stimme.

Egal, die Bayern hatten sich mit der CSU ihren Ersatz gebastelt und lebten fortan in ihrer blau-weißen Diktatur, in der ab 1962 nur noch eine Partei ganz allein das Sagen hatte, fröhlich vor sich hin. Da kann man sich dann auch durchaus vorstellen, was für ein Schock es 2008 für die CSU war, als sie plötzlich mit einer anderen Partei koalieren mußte, so etwas hatte sie total verlernt und wollte es sich auch nicht wieder beibringen, wozu auch, schließlich gehörte Bayern der eigenen Partei.

Vielleicht mal zwischendurch einige Details aus meinem eigenen Leben. Ich hatte mich nach dem vermasselten Endsieg und nachdem ich dann 1948 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen worden war, in Murnau am Staffelsee niedergelassen. Ein wunderschönes Fleckchen Erde, dort kam ich ein wenig zur Ruhe und hatte etwas Zeit, um dem viel zu schnell zu Ende gegangenen Dritten Reich nachzutrauern. Wie bereits erwähnt isolierte ich mich dadurch, daß ich immerzu von den guten alten Zeiten schwärmte, was mich aber nicht daran hinderte, diverse Frauen kennenzulernen und zu besteigen, die das Anrüchige an mir sehr erregend fanden. Eines Tages hatte ich davon genug und zog mich deshalb noch mehr aus der Gesellschaft zurück. Ich arbeitete als Filmvorführer in einem Kino, was den Vorteil hatte, daß ich nicht mit vielen Leuten reden mußte, doch da mich die pompösen amerikanischen Schinken mit ihrer Selbstherrlichkeit, die mindestens so schlimm wie die in den Filmen von Goebbels war, total nervten, heuerte ich in einem kleinen Kino an, in dem auch andere Filme gezeigt wurden. Jene waren zwar oft langweilig, aber leichter erträglich, nur das pseudointellektuelle Publikum ging mir tierisch auf den Senkel. Ich mußte mich gewaltig zusammenreißen, um den Leuten nicht die Wahrheit ins Gesicht zu schreien, sonst hätte ich bestimmt meinen Job verloren. Meine Freizeit verbrachte ich damit, mir noch mehr Wissen über die gute alte Zeit anzulesen, ich studierte jede Biographie über Hitler, doch auch vor Speer und Stalin machte ich nicht Halt.

Meine Stammtischbrüder mochten mich, denn ich war der Einzige von ihnen, der nicht besoffen sein mußte, um lautstark von Hitler und Konsorten zu schwärmen. Zwar drohte man mir des Öfteren, mich anzuzeigen und vor Gericht zu stellen, doch irgendwie trauten sich die mir feindlich gesinnten Leute das dann doch nicht. Unsere Wirtin fuhr total auf mich ab und wenn ich mal wieder zu total besoffen war, dann nahm sie mich mit zu sich nach Hause und mißbrauchte mich dort. Mich störte das nicht sonderlich, denn ich bekam von alledem ohnehin so gut wie nichts mehr mit, nur meine Saufkumpane beneideten mich deswegen.

Es fiel mir schwer, in jener Bundesrepublik zu leben, welche die Ostgebiete preisgab und sich immer mehr nach links orientierte, aber der Reihe nach:

1957 war Elmar Wadenhauer ganz oben angekommen. 50,2 % der Stimmen hatte er für CDU/CSU eingefahren und damit die absolute Mehrheit der Stimmen und damit auch der Sitze im Bundestag erreicht. Ich und meinesgleichen waren damit zufrieden, denn Wadenhauer hatte nichts gegen Altnazis, er ließ sie teilweise sogar für sich arbeiten und auch sonst stand uns die CDU, insbesondere aber natürlich die CSU, politisch am nächsten. "Keine Experimente", lautete sein beliebtester Wahlslogan damals und mit genau dem hätte es Andrea Gerkel 56 Jahre später auch wieder fast zur absoluten Mehrheit gebracht. Und das mit gerade mal 41,5 Prozent der Wählerstimmen, so etwas ist doch abartig, der Führer würde sich im Grabe umdrehen, denn selbst der brauchte für seine gut 43 Prozent im März 1933 einen Koalitionspartner. Zugegeben, damals gab es leider noch keine Fünf-Prozent-Hürde. Wie auch immer, auf den Kanzler kam und kommt es an, heutzutage auf die Kanzlerin, scheiß Emanzipation, aber wenn man den Führungsstil von Hitler und Wadenhauer vergleicht, dann gab es da keine sonderlich großen Unterschiede. Wadenhauer holte das Saarland ins Reich zurück und rüstete zusammen mit Braus mächtig auf, doch das war nun erlaubt sowie erwünscht, denn plötzlich standen wir Westdeutschen auf der Seite der Guten, zumindest brauchte man uns immer mehr im Kampf gegen die rote Gefahr aus dem Osten. Wadenhauer durfte sich also weitere vier Jahre lang austoben, dieses Mal ohne Rücksicht auf einen Koalitionspartner und alles war gut. Sehr aufschlußreich, daß das alles acht Jahre nach seiner ersten Wahl zum Kanzler geschah, also genauso wie bei der Gerkel, nur daß die einen Koalitionspartner aus dem linken Lager braucht, was ihr und mir überhaupt nicht paßt, na ja, die Zeiten sind eben andere.

Nichtsdestotrotz muß man an dieser Stelle mal entscheidend festhalten, daß man den Wadenhauer mit der Gerkel nun wahrlich nicht vergleichen kann. Der Wadenhauer war stockkonservativ, die Gerkel ist lediglich beliebig, um beliebt zu sein. Das war noch ein Kanzler, also natürlich kein Vergleich zum Führer, aber wenigstens noch ein Sturkopf mit Mumm in den Knochen, nicht so wie diese feige Ostschnepfe, die sofort einknickt, sobald sich der Wind ein wenig dreht, was man ja letztens beim Atomausstieg gesehen hat. 1961 war es mit der absoluten Mehrheit für CDU/CSU leider vorbei und wir hatten in Deutschland wieder den Koalitionseinheitsbrei.

Ja, schön langsam sterben sie alle weg, die ganzen tollen Leute. Letztens hat es den Bertram Bleitz und den Marco Bleich-Planicki erwischt, wieder solche Superhelden, die jetzt Beide ein Staatsbegräbnis bekommen. Bei mir wird kein Vertreter des Staates am Grab stehen, höchstens werden ein paar linke Chaoten vor Freude darauf tanzen. Und als einziger Prominenter wird nicht etwa der Ex-Fußballtorhüter Wim Tiese, sondern nur der Neonazi Marvin Miese meiner Beisetzung beiwohnen, wenn er nicht gerade mal wieder im Knast sitzt. Heß und Speer habe ich im Gefängnis öfter mal besucht, aber die hatten immer Angst davor abgehört zu werden und hielten mich für einen feindlichen Agenten, der gekommen war, um sie auszuhorchen, mit denen war folglich auch kein Rechtsstaat mehr zu machen.

Dabei hatte der Führer doch Recht gehabt mit seiner Prophezeiung, die jüdischen Bolschewisten würden die Weltherrschaft anstreben, wenn man sie nicht stoppen würde. Genau das haben die Sowjets nach 1945 doch die ganze Zeit versucht, bis sie irgendwann nicht mehr konnten. Ach, es ist wirklich zum Heulen, aber immer wenn es mir so richtig schlecht geht, dann denke ich an mein Treffen mit Adolf Hitler zurück. Ja, ich bin ihm tatsächlich höchstpersönlich gegenübergestanden, dem Führer. Allerdings war der Zeitpunkt leider ein wenig unpassend, weshalb ich mein ursprüngliches Ziel dann auch leider nicht erreichte. Es war 1936 bei den Olympischen Spielen in Berlin, ich hatte mich in Richtung Führerloge begeben, um dort um ein Autogramm von meinem großen Idol Adolf Hitler zu bitten. Allerdings gewann genau in dem Moment der Neger Jesse Owens den 100 Meter Lauf, weshalb der Führer stinksauer wurde und an ein Autogramm von ihm nicht mehr zu denken war. Diese blöden Neger, die machten einem doch alles kaputt!

 

Ach ja, später habe ich dann auch noch die Biographien über Hans Werner Braus gelesen, selbst vor seinen Erinnerungen machte ich nicht Halt. Ich war ja fast zwei Jahre älter als der Hans Werner gewesen und dennoch habe ich immer bewundernd zu ihm empor geblickt. Zwar war er kein Nazi und behauptete auch immer, jene verabscheut zu haben, doch das mußten damals alle sagen und außerdem zählten für mich Worte und nicht Taten. So wie er auftrat und sich gegenüber der politischen Konkurrenz aufführte, war er dem Hitler gar nicht so unähnlich und genau aus dem Grund schimpfte die CSU auch immer so über die DDR und die SED, weil sie ihr nur allzu ähnlich gewesen war. Deswegen hassen die Linksradikalen ja auch die Rechtsradikalen, da sie nicht sehen und sich eingestehen wollen, daß es zwischen den beiden extremen Lagern weitaus mehr Gemeinsamkeiten gibt, als den jeweiligen Gruppen lieb sein kann.

Wieder zurück in die deutsche Geschichte: 1961 verloren CDU/CSU die absolute Mehrheit und mußten wieder mal mit der unvermeidlichen FDP regieren, welche so unverschämt war, den Abgang Wadenhauers zu fordern. Welch Frevel und schandhafte Majestätsbeleidigung von diesen gelben Emporkömmlingen! Der Alte war not amused, handelte noch zwei Jahre Kanzlerschaft aus, nach denen er sich mit 87 Jahren dann zurückzuziehen gedachte. 1963 wurde Ludger Gerhard sein Nachfolger, der Vater des deutschen Wirtschaftswunders, wie man ihn nannte. Daß ich nicht lache! Dieses Wirtschaftswunder hatten die Deutschen nicht dem fetten Zigarrenraucher zu verdanken, sondern dem ehemaligen Reichskanzler Adolf Hitler, denn ohne den Zweiten Weltkrieg mit seiner umfassenden Zerstörung der deutschen Städte hätte es überhaupt keinen Wiederaufbau mit daraus resultierendem Wirtschaftsaufschwung gegeben! Das muß doch mal gesagt werden! Wie dem auch sei, 1965 kam es noch mal zu einer schwarz-gelben Liaison, Hans Werner Braus hatten die Liberalen bereits 1962 im Zusammenhang mit der Spiegel-Affäre aus dem Kabinett geekelt, diese Widerlinge und 1966 gab es dann plötzlich die erste Große Koalition zwischen CDU/CSU und SPD, unter Karl Gregor Niesinger, weil es für die CDU mit Gerhard und der FDP nicht mehr ging.

Ich kotzte innerlich voll ab, denn so eine Große Koalition war ja doch wohl das Allerletzte. Die Jungen wurden immer frecher, fragten ihre Eltern ganz dreist nach deren Vergangenheit, nur mir, der ich doch nur zu gerne von den guten alten Zeiten erzählt hätte, wollte mal wieder niemand zuhören. Für kurze Zeit setzte ich all meine politischen Hoffnungen in eine erstarkte NPD, aber die erwies sich letzten Endes dann doch als Dilettantenverein, die NSDAP blieb einfach einmalig.

Überhaupt, all diese Leute, die sich heutzutage als Neonazis bezeichnen lassen, die sind nicht unbedingt meine Welt. Viel zu modern und angepaßt sind mir diese Schnösel, die sich oft betont bürgerlich geben und Kreide gefressen haben. Auf solche Rechte kann ich gerne verzichten.

So, jetzt noch ein paar Worte zu diesem NSU-Prozeß, über den da andauernd berichtet wird. Was für ein gigantischer Aufwand und welch enorme Kosten wegen neun toten Ausländern. Gut, eine deutsche Polizistin war auch noch dabei gewesen, aber was soll das? Es gibt Millionen von denen (Ausländern, nicht Polizisten, obwohl …) bei uns im Land, also müßte man das alles nicht gar so hoch hängen. Nur weil der Verfassungsschutz und die Polizei in die falsche Richtung ermittelt haben, was ja völlig verständlich ist, denn wer von uns wäre denn im Traum darauf gekommen, daß es bei den Rechten doch auch Leute gibt, die nicht nur große Töne spucken, sondern auch handeln? Egal, ich für meinen Teil bin leider zu alt für irgendwelche Aktionen, doch ich vergesse nichts. Am schlimmsten waren für mich diese langhaarigen Weltverbesserer, von denen es gegen Ende der sechziger Jahre immer mehr gab. Für mich waren jene obskuren Gestalten von Anfang an Terroristen und die Geschichte hat eindrucksvoll gezeigt, daß ich mit meiner damaligen Einschätzung von Anfang an richtig gelegen hatte. Alles Bombenleger!

Es war im Jahre 1969, als die FDP die Union verriet und sich den Vaterlandsverrätern Rand, Bar und Dehner anschloß. Daß sie dabei mit 5,8 % schon beinahe unter die Räder der parlamentarischen Demokratie geraten und somit ebenfalls ein Teil der Außerparlamentarischen Opposition (APO) geworden wäre, schien sie dabei nicht im Geringsten zu stören. Man manövrierte "König Silberzunge", wie Bundeskanzler Niesinger seinerzeit oft genannt wurde, geschickt aus und Billy Rand alias Hubert Farm alias Exilant alias Vaterlandsverräter alias norwegischer Soldat übernahm das Kommando. Und wie! Er verkaufte unsere Heimat an den Feind und zwar umsonst, er schenkte einfach alles her, was nicht niet- und nagelfest war, er kroch den Russen in den Arsch und war danach nicht etwa braun, sondern noch roter als je zuvor. Dreckige Schweinebande!

Klar, jetzt kämen wieder die Anderen daher und würden behaupten, der Braus wäre viel schlimmer gewesen und hätte das deutsche Volk sowie insbesondere die Bayern noch viel mehr verarscht. Und wenn schon? Aber der Braus, der war unser Bazi, auf den ließen wir nichts kommen.

Kein Wunder, daß sich die Stasi so über den Rand freute, daß sie ihm auch gleich einen eigenen Spion an die Seite stellte, weshalb der schreckliche Kerl zum Glück 1974 endlich zurücktreten mußte. 1976 trat dann der neue Bundeskanzler Hartmut Schritt gegen den Hartmut der CDU, den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Fohl an. Fohl erreichte sensationelle 48,6 % der Wählerstimmen, aber es reichte wieder nicht für die Union, denn SPD und FDP hatten zusammen etwas mehr. Sauerei!

Ja, das waren noch Zeiten, als es quasi nur drei Parteien gab, die von den Leuten gewählt wurden. 1980 versuchte es dann mein neues Idol Hans Werner Braus, der von den Linken immer wieder mal mit Adolf Hitler verglichen wurde. Das gefiel ihm nicht sonderlich, ich dagegen war begeistert und wählte ihn voller Überzeugung. Braus schaffte mit über 44 Prozent sogar mehr als der gute Adolf, aber neuer Führer, äh Bundeskanzler, wurde er trotzdem nicht und das nur, weil die blöde FDP ihn nicht leiden konnte und deshalb weiterhin in der Koalition mit der SPD blieb, obwohl es ihr dort schon längst nicht mehr gefiel.

Erst 1982 wechselte die FDP wieder zur Union und von da an war Hartmut Fohl bis 1998 deutscher Bundeskanzler.

Ich persönlich fand den Dicken in Ordnung, er war zwar nicht der geborene Führer, aber wenigstens ein Machtmensch und er war länger im Kanzleramt als alle seine Vorgänger, außer vielleicht Bismarck, das weiß ich jetzt nicht so genau. Fohl wurde zwar nie mein Idol, aber er vergrößerte das deutsche Territorium im Jahre 1989/90 gewaltig und verdiente sich so meinen Respekt. Auch unsere neuen, alten Landsleute fand ich anfangs ziemlich brauchbar, vor allem als ostdeutsche Neonazis Anfang der 90er Jahre damit begannen Ausländer zu jagen. Der braune Spuk hatte allerdings leider schon bald ein Ende, aber immerhin sorgte er dafür, daß das Asylrecht gewaltig verschärft wurde.