Za darmo

Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Siebenter Band: enthaltend Kapitel 13 und 14.

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Die große Mehrheit des Klerus leistet die Eide

Es wurde bald klar, daß die Gründe für die Eidesleistung, unterstützt durch einige der stärksten Motive, welche auf den menschlichen Geist influiren können, überwogen hatten. Mehr als neunundzwanzig Dreißigstel des Standes fügten sich dem Gesetz. Die Mehrzahl der Geistlichen der Hauptstadt, welche damals eine besondere Klasse bildeten und die sich vor den Landgeistlichen ebensowohl durch freisinnige Ansichten wie durch Beredtsamkeit und Gelehrsamkeit auszeichneten, erklärten ihren Anschluß an die Regierung zuerst und mit allen Zeichen aufrichtiger Ergebenheit. Achtzig von ihnen begaben sich zusammen nach Westminster Hall und wurden daselbst vereidigt. Die Ceremonie nahm soviel Zeit weg, daß an diesem Tage beim Kanzleigericht und der Kings Bench wenig mehr vorgenommen wurde.201 Im allgemeinen aber fügten sich die Geistlichen langsam und mit Unmuth. Allerdings opferten viele wissentlich ihre Grundsätze dem Eigennutze auf. Ihr Gewissen sagte ihnen, daß sie eine Sünde begingen. Aber sie besaßen nicht Characterstärke genug, um das Pfarrhaus, den Garten, das Landgütchen aufzugeben und in die Welt hinaus zu gehen, ohne zu wissen, wo sie eine Mahlzeit oder ein Obdach für sich und ihre Kleinen finden würden. Viele schwuren mit Zweifeln und bangen Vorahnungen.202 Einige erklärten im Augenblicke der Eidabnahme, es sei nicht ihre Absicht zu versprechen, daß sie sich Jakob nicht unterwerfen würden, wenn er je in die Lage kommen sollte, den Unterthaneneid von ihnen zu verlangen.203 Einige Geistliche im Norden waren am 1. August in Gesellschaft zur Eidesleistung aufgebrochen, als sie unterwegs die Nachricht von der Schlacht traf, welche vier Tage vorher in der Schlucht von Killiecrankie geschlagen worden war. Sie kehrten sofort um und verließen ihre Wohnungen zu dem nämlichen Zwecke nicht eher wieder als bis es klar war, daß Dundee’s Sieg keine Veränderung in dem Stande der öffentlichen Angelegenheiten herbeigeführt hatte.204 Selbst von Denen, welche fest überzeugt waren, daß der bestehenden Regierung Gehorsam gebühre, küßten nur sehr Wenige das Evangelium mit der Innigkeit, mit der sie früher Karl und Jakob Treue gelobt hatten. Doch die Sache war geschehen. Zehntausend Geistliche hatten feierlich den Himmel zum Zeugen ihres Versprechens angerufen, daß sie treue Unterthanen Wilhelm’s sein wollten, und wenn auch dieses Versprechen ihn keineswegs zu der Erwartung berechtigte, daß sie ihn kräftig unterstützen würden, so hatte es ihnen doch einen großen Theil ihrer Macht, ihm zu schaden, entzogen. Wollten sie die öffentliche Achtung nicht verlieren, von der ihr Einfluß abhing, so durften sie den Thron Dessen, dem sie im Angesicht Gottes als ihrem Könige zu gehorchen gelobt hatten, nicht anders als indirect und mit ängstlicher Vorsicht angreifen. Einige von ihnen lasen allerdings die Gebete für das neue Herrscherpaar in einem eigenthümlichen Tone vor, der nicht mißverstanden werden konnte.205 Andere ließen sich sogar noch ärgere Unanständigkeiten zu Schulden kommen. So leerte ein Elender unmittelbar nachdem er im feierlichsten Gottesdienste für Wilhelm und Marien gebetet, ein Glas auf ihr Verderben. Ein Andrer verzehrte an einem durch ihre Autorität angeordneten Fasttage nach dem Gottesdienste eine Taubenpastete und sprach beim Zerschneiden derselben den Wunsch aus, daß es das Herz des Usurpators sein möchte. Doch so freche Gottlosigkeit kam nur selten vor und schadete eher der Kirche als der Regierung.206

Die Eidverweigerer

Die Anzahl der Geistlichen und Universitätsmitglieder, welche in die gesetzlichen Strafen verfielen, belief sich auf ungefähr vierhundert. In erster Reihe stand der Primas mit sechs seiner Suffragane: Turner von Ely, Lloyd von Norwich, Frampton von Gloucester, Lake von Chichester, White von Peterborough und Ken von Bath und Wells. Thomas von Worcester würde der siebente gewesen sein, aber er starb drei Wochen vor dem Tage der Suspension. Auf dem Sterbebette beschwor er seinen Klerus, der Sache des erblichen Rechts treu zu bleiben, und erklärte, daß diejenigen Geistlichen, welche zu beweisen versuchten, daß die Eide ohne Abweichung von den loyalen Doctrinen der englischen Kirche geleistet werden könnten, ihm jesuitischer zu raisonniren schienen als die Jesuiten selbst.207

Ken

Ken, der in intellectueller wie in moralischer Hinsicht unter den nichtschwörenden Prälaten am höchsten stand, war lange unschlüssig. Es gab wenige Geistliche, die sich der neuen Regierung unbedenklicher hätten unterwerfen können als er. Denn zu den Zeiten, als Nichtwiderstand und passiver Gehorsam die Lieblingsthemata seiner Amtsbrüder waren, hatte er auf der Kanzel fast niemals auf die Politik angespielt. Er gab zu, daß die Argumente zu Gunsten des Schwörens sehr gewichtig seien, ja er ging sogar so weit, daß er sagte, seine Bedenken würden vollständig schwinden, wenn er überzeugt werden könne, daß Jakob sich zur Abtretung Irland’s an den König von Frankreich verbindlich gemacht habe. Es ist daher augenscheinlich, daß der Unterschied zwischen Ken und den Whigs kein prinzipieller war. Er war, wie sie, der Ansicht, daß schlechte Verwaltung, wenn sie bis zu einem gewissen Punkte getrieben würde, eine Uebertragung der Lehnspflichtigkeit rechtfertige, und zweifelte nur, ob Jakob’s schlechte Regierung diesen Punkt erreicht habe. Der gute Bischof begann sogar wirklich einen Hirtenbrief vorzubereiten, in welchem er seine Gründe für die Eidesleistung entwickelte. Noch ehe er aber damit zu Ende war, erhielt er eine Mittheilung, die ihn überzeugte, daß Irland nicht an Frankreich verkauft sei; eine Menge Zweifel stiegen nun wieder in ihm auf, er warf den unvollendeten Brief ins Feuer und bat seine minder skrupulösen Freunde, daß sie nicht weiter in ihn dringen möchten. Er sei gewiß, sagte er, daß sie aus aufrichtiger Ueberzeugung gehandelt hätten, es freue ihn, daß sie mit reinem Gewissen einen Schritt thun könnten, vor dem er zurückbebe, er fühle das ganze Gewicht ihrer Gründe, er sei fast überzeugt und er wolle nichts weiter hören, um nicht noch völlig überzeugt zu werden, denn wenn er sich fügte und seine Besorgnisse kehrten dann zurück, so würde er der unglücklichste Mensch von der Welt sein. Nicht für Schätze, nicht für einen Palast, nicht für einen Peerstitel möchte er sich der geringsten Gefahr aussetzen, jemals die Qualen der Reue zu empfinden. Es ist ein interessantes Factum, daß der einzige von den sieben Prälaten, dessen Name einen gewichtigen Klang hat, nahe daran war zu schwören und nach seinem eignen Eingeständniß nicht durch die Kraft von Vernunftgründen, sondern durch eine krankhafte Skrupulosität davon abgehalten wurde, die er Anderen nicht nachzuahmen rieth.208

 

Unter den Priestern, welche die Eide verweigerten, befanden sich einige, die sich in der gelehrten Welt als Philologen, Chronologen, Canonisten und Alterthumsforscher, sowie eine sehr kleine Anzahl, die sich durch Geist und Beredtsamkeit auszeichneten; aber es kann kaum Einer angeführt werden, der im Stande gewesen wäre, eine wichtige Frage der Moral oder Politik zu erörtern, kaum Einer, dessen Schriften nicht entweder eine große Schwäche oder eine große Flüchtigkeit des Geistes verriethen. Diejenigen, welche auf das Urtheil eines Whig über diesen Punkt nichts geben, werden der Ansicht, welche viele Jahre nach der Revolution ein Philosoph aussprach, auf den die Tories mit Recht stolz sind, hoffentlich einiges Gewicht zugestehen. Johnson erklärte, nachdem er die berühmten Geistlichen, die es für eine Sünde gehalten, Wilhelm III. und Georg I. Treue zu schwören, der Reihe nach aufgezählt, daß unter diesen ganzen Eidverweigerern nur ein einziger gewesen sei, der ein logisches Raisonnement habe anstellen können.209

Leslie

Der Eidverweigerer, zu dessen Gunsten Johnson diese Ausnahme machte, war Karl Leslie. Leslie war vor der Revolution Kanzler der Diöcese Connor in Irland gewesen. Er war in der Opposition gegen Tyrannei vorangegangen, hatte sich als Friedensrichter für Monoghan geweigert, einen Papisten als Sheriff dieser Grafschaft anzuerkennen, und hatte den Muth gehabt, einige Offiziere der irischen Armee wegen Maraudirens einsperren zu lassen, das Prinzip des Nichtwiderstandes aber, wie es die anglikanischen Theologen in den Tagen des Ryehousecomplots gelehrt, stand unerschütterlich fest in seinem Geiste. Als der Zustand von Ulster sich so gestaltete, daß ein Protestant, welcher dort blieb, es kaum vermeiden konnte, entweder ein Rebell oder ein Märtyrer zu werden, flüchtete Leslie nach London. Seine Talente und seine Connectionen waren von der Art, daß er leicht eine hohe Anstellung in der englischen Kirche hätte erlangen können. Aber er nahm seinen Platz in der vordersten Reihe der jakobitischen Partei und behauptete denselben durch alle Gefahren und Wechselfälle von dreiunddreißig unruhigen Jahren. Obgleich beständig mit Deisten, Juden, Socinianern, Presbyterianern, Papisten und Quäkern in theologische Streitigkeiten verwickelt, fand er doch noch Zeit und Muße, einer der productivsten politischen Schriftsteller seines Jahrhunderts zu werden. Von allen nichtschwörenden Geistlichen war er am besten befähigt, Verfassungsfragen zu besprechen, denn er hatte vor seiner Ordination lange im Temple gewohnt und die englische Geschichte und Rechtswissenschaft studirt, während die meisten anderen Häupter des Schismas über den Acten von Chalcedon gebrütet, oder in dem Targum des Onkelos nach Weisheit gesucht hatten.210

Sherlock

Im Jahre 1689 jedoch war Leslie fast noch unbekannt in England. Unter den Geistlichen, welche am 1. August des genannten Jahres suspendirt wurden, stand Doctor Wilhelm Sherlock in der Achtung des Volks ohne Widerrede am höchsten. Kein einfacher Priester der englischen Kirche hat vielleicht je eine größere Autorität über seine Glaubensbrüder besessen als Sherlock sie zur Zeit der Revolution besaß. Er nahm als Gelehrter, als Prediger, als theologischer oder als politischer Schriftsteller zwar nicht den ersten Rang unter seinen Zeitgenossen ein, aber in allen diesen vier Eigenschaften hatte er sich ausgezeichnet. Die Klarheit und Lebendigkeit seines Styls sind von Prior und Addison gerühmt worden, und die Leichtigkeit mit der er schrieb, sowie sein Fleiß werden durch die Menge und durch die Jahrzahlen seiner Werke genugsam bewiesen. Es gab zwar unter dem Klerus Männer von glänzenderem Genie und von umfassenderer wissenschaftlicher Bildung, aber während einer langen Zeit gab es keinen, der den Priesterstand vollkommener repräsentirte, keinen, der ohne jeden Anflug von Latitudinarismus, Puritanismus oder Papismus die Ansicht der anglikanischen Priesterschaft über alle Gegenstände erschöpfender aussprach. In den Tagen der Ausschließungsbill, als die Macht der Dissenters im Parlament und im Lande sehr groß war, hatte er nachdrücklich gegen die Sünde des Nonconformirens geschrieben. Als das Ryehousecomplot entdeckt war, hatte er die Lehre vom Nichtwiderstande mit Wort und Schrift eifrig vertheidigt. Seine der Sache des Episkopats und der Monarchie geleisteten Dienste wurden so hoch geschätzt, daß er zum Vorsteher des Temple ernannt wurde. Auch wurde ihm von Karl eine Pension ausgesetzt, die ihm aber Jakob bald wieder entzog, denn obgleich Sherlock sich verpflichtet glaubte, der Civilgewalt passiven Gehorsam zu leisten, so glaubte er sich doch nicht minder verpflichtet religiöse Irrthümer zu bekämpfen und war der schärfste und rührigste unter dem Heere von Polemikern, welche am Tage der Gefahr den protestantischen Glauben mannhaft vertheidigten. In wenig mehr als zwei Jahren veröffentlichte er sechzehn Schriften gegen die hohen Prätensionen Roms, darunter einige umfangreiche Werke. Nicht zufrieden mit den Siegen, die er über so schwache Gegner, wie die Bewohner von Clerkenwell und des Savoy errang, hatte er den Muth, sich mit keinem geringeren Kämpen als Bossuet zu messen, aus welchem Kampfe er nicht mit Unehre hervorging. Trotzdem blieb Sherlock nach wie vor bei dem Satze stehen, daß keine Tyrannei Christen berechtigen könne, sich der königlichen Autorität zu widersetzen. Als die Convention im Begriff war zusammenzutreten, empfahl er in einer Schrift, welche als das Manifest eines großen Theils der Geistlichkeit betrachtet wurde, auf das Eindringlichste, daß Jakob eingeladen werden solle, unter Bedingungen, welche die Gesetze und die Religion der Nation sichern würden, zurückzukehren.211 Der Beschluß, welcher Wilhelm und Marien auf den Thron setzte, erfüllte Sherlock mit Kummer und Unwillen. Er soll ausgerufen haben daß, wenn die Convention zu einer Revolution entschlossen sei, der Klerus vierzigtausend Freunde der Kirche finden würde, um eine Restauration herbeizuführen.212 Gegen die neuen Eide sprach er offen und energisch seine Meinung aus. Er erklärte, er begreife nicht, wie ein rechtschaffener Mann daran zweifeln könne, daß der Apostel Paulus mit den bestehenden Obrigkeiten die rechtmäßigen Obrigkeiten gemeint habe und keine anderen. Kein Name wurde 1689 von den Jakobiten mit solchem Stolz und solcher Liebe genannt wie der Name Sherlock’s. Noch vor dem Schlusse des Jahres 1690 aber erweckte dieser Name ganz andere Empfindungen.

Hickes

Einige andere Eidverweigerer müssen noch besonders erwähnt werden. Einer der Bedeutendsten unter ihnen war Georg Hickes, Dechant von Worcester. Von allen Engländern seiner Zeit war er in den alten teutonischen Sprachen am gründlichsten bewandert, und seine Kenntniß der ersten christlichen Literatur war eine umfassende. Hinsichtlich seiner Befähigung zur politischen Discussion genüge es zu sagen, daß sein Lieblingsargument zu Gunsten des passiven Gehorsams der Geschichte der Thebanischen Legion entlehnt war. Er war der jüngere Bruder des unglücklichen Johann Hickes, der im Speicher der Alice Lisle verborgen gefunden worden war. Jakob hatte, trotz aller Fürsprache, sowohl Johann Hickes als Alice Lisle hinrichten lassen. Leute, welche die Stärke der Grundsätze des Dechanten nicht kannten, dachten er könne deshalb möglicherweise einigen Groll hegen, denn er war eben nicht von sanftem und vergebendem Character, und konnte sich einer unbedeutenden Kränkung viele Jahre lang mit bitteren Gefühlen erinnern. Aber er war fest in seinem religiösen und politischen Glauben, er bedachte, daß die Dulder Dissenters waren, und er unterwarf sich dem Willen des Gesalbten des Herrn nicht nur mit Geduld, sondern mit Freudigkeit. Er wurde sogar von dem Augenblicke an wo sein Bruder aufgehängt und die Wohlthäterin seines Bruders enthauptet worden war, ein treuerer Unterthan als je. Während fast alle anderen Geistlichen, durch die Indulgenzerklärung und durch die Proceduren der Hohen Commission erschreckt, zu glauben begannen, daß sie die Lehre vom Nichtwiderstande ein wenig zu weit getrieben hätten, schrieb er eine Vertheidigung seines Lieblingsprinzips und bemühte sich die bei Hounslow lagernden Truppen zu überzeugen, daß, wenn es Jakob gefallen sollte, sie alle zu massakriren, wie Maximian die Thebanische Legion massakrirt hatte, weil sie sich geweigert, Abgötterei zu treiben, es ihre Pflicht sein würde, die Waffen auf einen Haufen zu werfen und geduldig die Märtyrerkrone zu empfangen. Um Hickes Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, muß man sagen, daß sein ganzes Verhalten nach der Revolution bewies, daß seine Servilität weder aus Furcht, noch aus Habsucht, sondern lediglich aus Bigotterie entsprang.213

 

Collier

Jeremias Collier, der seiner Stelle als Prediger des Archivs entsetzt worden, stand auf einer viel höheren Stufe. Er hat ein wohlbegründetes Recht auf dankbare und achtungsvolle Erwähnung, denn seiner Beredtsamkeit und seinem Muthe ist die Reinigung unsrer leichteren Literatur von der unsauberen Färbung, die sie während der antipuritanischen Reaction angenommen hatte, hauptsächlich zuzuschreiben. Er war im vollen Umfange des Worts ein guter Mensch. Aber er war auch ein Mann von eminenten Talenten, ein großer Meister des Sarkasmus und ein ausgezeichneter Rhetoriker.214 Desgleichen war seine Belesenheit, wenn auch unverarbeitet, von großem Umfange. Sein Geist aber war beschränkt; seine Logik, selbst wenn er so glücklich war, eine gute Sache zu vertheidigen, höchst nichtssagend und unbündig und sein Verstand war nicht durch persönlichen, aber durch Berufsstolz fast verwirrt. In seinen Augen war ein Priester das höchste menschliche Wesen nächst einem Bischofe. Der beste und vornehmste Laie war dem geringsten Geistlichen Ehrerbietung und Unterwürfigkeit schuldig. Mochte ein Mitglied des geheiligten Standes sich noch so lächerlich machen, so war es gottlos über ihn zu lachen. Collier war in diesem Punkte so ungemein empfindlich, daß er es für eine Profanation hielt, selbst über die Diener einer falschen Religion sich aufzuhalten. Er stellte es als Regel hin, daß auch Muftis und Auguren stets mit Achtung genannt werden müßten. Er tadelte Dryden, weil er über die Hierophanten des Apis gespöttelt. Er lobte Racine, weil er dem Character eines Priesters des Baal Würde verliehen. Er lobte Corneille, weil er den gelehrten und ehrwürdigen Gottesgelehrten Tiresias in seinem Oedipus nicht auf die Bühne gebracht. Er gab zwar zu, daß die Weglassung den dramatischen Effect des Stückes beeinträchtigte, aber das heilige Amt war viel zu feierlich, als daß man eitles Spiel damit treiben durfte. Ja, er hielt es sogar, so unglaublich dies scheinen mag, für unpassend, wenn ein Laie über presbyterianische Prediger spöttelte. Allerdings war sein Jakobitismus nicht viel mehr als eine von den Formen, in denen sich sein Eifer für die Würde seines Standes äußerte. Er verabscheute die Revolution weniger als einen Aufstand von Unterthanen gegen ihren König, denn als einen Aufstand der Laienschaft gegen den Priesterstand. Die seit dreißig Jahren von der Kanzel gepredigten Doctrinen, waren von der Convention mit Verachtung behandelt worden. Eine neue Regierung war im Widerspruch mit den Wünschen der geistlichen Peers im Hause der Lords und der Priesterschaft des ganzen Landes eingesetzt worden. Eine weltliche Versammlung hatte sich angemaßt, ein Gesetz zu erlassen, das Erzbischöfen und Bischöfen, Rectoren und Vikaren bei Strafe der Amtsentsetzung vorschrieb das abzuschwören, was sie Zeit ihres ganzen Lebens gelehrt hatten. Was auch kleinmüthigere Geister thun mochten, Collier war entschlossen, sich von den siegreichen Feinden seines Standes nicht im Triumphe fortführen zu lassen. Bis zum letzten Augenblicke wollte er mit der gebieterischen Haltung eines vom Himmel Gesandten den Fürsten und Mächtigen der Erde Trotz bieten.

Dodwell

In Bezug auf geistige Begabung war Collier der Hervorragendste unter den Eidverweigerern. Hinsichtlich der Gelehrsamkeit muß die erste Stelle Heinrich Dodwell zuerkannt werden, der wegen des unverzeihlichen Verbrechens, in Mayo ein kleines Gut zu besitzen, von dem papistischen Parlament zu Dublin verurtheilt worden war. Er war Camdenianischer Professor der alten Geschichte an der Universität Oxford und hatte durch chronologische und geographische Forschungen schon eine bedeutende Celebrität erlangt; obgleich er aber nie dazu bewogen werden konnte, sich ordiniren zu lassen, war doch die Theologie sein Lieblingsstudium. Er war unbestreitbar ein frommer und redlicher Mann. Er hatte zahllose Werke in verschiedenen Sprachen gelesen und dadurch einen größeren Schatz von Gelehrsamkeit gesammelt, als seine schwachen Geisteskräfte festzuhalten vermochten. Der schwache geistige Funke, den er besaß, wurde durch das Material, das ihn nähren sollte, erstickt. Einige seiner Werke scheinen in einem Irrenhause geschrieben zu sein und ziehen ihn, obgleich von Beweisen seiner ungeheuren Belesenheit strotzend, auf das Niveau eines Jakob Naylor und Ludwig Muggleton herab. Er begann eine Dissertation, welche beweisen sollte, daß das Völkerrecht eine göttliche Offenbarung sei, welche der in der Arche geretteten Familie gemacht wurde. Er veröffentlichte eine Abhandlung, in der er behauptete, daß eine Ehe zwischen einem Mitgliede der englischen Kirche und einem Dissenter ungültig und daß das Ehepaar in den Augen des Himmels des Ehebruchs schuldig sei. Er vertheidigte den Gebrauch der Instrumentalmusik beim öffentlichen Gottesdienste aus dem Grunde, weil die Töne der Orgel die Macht hätten, den Einfluß der Teufel auf das Rückenmark der Menschen zu paralysiren. In seiner Abhandlung über diesen Gegenstand bemerkte er, man habe gewichtige Autoritäten für die Ansicht, daß das Rückenmark, wenn es zersetzt würde, eine Schlange werde. Ob diese Ansicht richtig war oder nicht, hielt er für unnöthig zu entscheiden. Vielleicht, sagte er, hätten die ausgezeichneten Männer, in deren Werken sie sich finde, nur die große Wahrheit figürlich aussprechen wollen, daß die alte Schlange hauptsächlich durch das Rückenmark auf uns einwirke.215 Dodwell’s Betrachtungen über den Zustand der Menschen nach dem Tode sind womöglich noch wunderlicher. Er sagt uns, daß unsere Seelen von Natur sterblich sind. Vernichtung ist das Loos des größeren Theiles der Menschen, der Heiden, der Muhamedaner, der ungetauften Kinder. Die Gabe der Unsterblichkeit wird in dem Sakrament der Taufe mitgetheilt; zur Wirksamkeit des Sakraments aber ist es durchaus nöthig, daß ein durch einen Bischof ordinirter Priester die Taufhandlung verrichtet und die Einsetzungsworte spricht. Im natürlichen Laufe der Dinge würden demnach alle Presbyterianer, Independenten, Baptisten und Quäker aufhören zu existiren, wie die niederen Thiere. Dodwell war jedoch ein viel zu guter Hochkirchlicher, als daß er die Dissenters so leichten Kaufs hätte davonkommen lassen sollen. Er sagt ihnen, daß Gott, da sie Gelegenheit gehabt haben, das Evangelium predigen zu hören, und die bischöfliche Taufe hätten empfangen können, wenn sie nicht so verderbt wären, ihnen durch einen außerordentlichen Machtspruch die Unsterblichkeit verleihen wird, damit sie bis in alle Ewigkeit gequält werden können.216

Niemand verabscheute den zunehmenden Latitudinarismus mehr als Dodwell. Gleichwohl hatte Niemand mehr Ursache, sich darüber zu freuen, denn in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts würde ein Denker, der zu behaupten gewagt hätte, die menschliche Seele sei von Natur sterblich und höre in den meisten Fällen zugleich mit dem Körper auf zu existiren, in Smithfield lebendig verbrannt worden sein. Noch zu einer Zeit, der sich Dodwell wohl erinnern konnte, würden Ketzer wie er sich glücklich geschätzt haben, wenn sie, mit zerfleischtem Rücken, abgeschnittenen Ohren und aufgeschlitzter Nase, die Zunge mit einem glühenden Eisen durchbohrt und die Augen mit Steinen ausgeschlagen, mit dem Leben davon gekommen wären. In den Augen der Eidverweigerer aber war der Urheber dieser Theorie noch immer der große Mr. Dodwell, und Einige, die es für strafbare Nachsicht hielten, eine presbyterianische Versammlung zu dulden, hielten es zu gleicher Zeit für eine grobe Illiberalität, einen gelehrten und frommen Jakobiten zu tadeln, weil er eine vom religiösen Gesichtspunkte so höchst unwichtige Lehre wie die von der Unsterblichkeit der Seele, in Abrede stelle.217

201London Gazette, June 30. 1689. Narcissus Luttrell’s Diary. „Die ausgezeichnetsten Männer,“ sagt Luttrell.
202Siehe in Kettlewell’s Leben, III. 72., den Widerruf, den er für einen Geistlichen aufgesetzt hatte, welcher die Eide geleistet hatte und es nachher bereuete.
203Siehe den Bericht über Dr. Dove’s Verhalten in Clarendon’s Diary, und den Bericht über Dr. Marsh’s Verhalten in Kettlewell’s Leben.
204The Anatomy of a Jacobite Tory, 1690.
205Dialogue between a Whig and a Tory.
206Narcissus Luttrell’s Diary, Nov. 1691, Feb. 1692.
207Life of Kettlewell III. 4.
208Siehe Turner’s Brief an Sancroft vom Himmelfahrtstage 1689. Das Original befindet sich unter den Tannerschen Manuscripten in der Bodlejanischen Bibliothek. Der Brief ist jedoch nebst vielen andrem interessanten Material in dem unlängst erschienenen Life of Ken, by a Layman, abgedruckt. Siehe auch The Life of Kettlewell, III. 95. und Ken’s Brief an Burnet vom 5. October 1689 in Hawkin’s Life of Ken. „Ich bin überzeugt,“ schrieb Lady Russel an Dr. Fitzwilliam, „daß der Bischof von Bath und Wells Andere dazu aufmunterte, sich zu fügen; während er selbst es nicht über sich gewinnen konnte, freute er sich, wenn Andere es thaten.“ Ken erklärte, daß er Niemandem gerathen, die Eide zu leisten, und Diejenigen, welche seinen Rath erbaten, auf ihre eigenen Studien und Gebete verwiesen habe. Man wird finden, daß Lady Russell’s Behauptung und Ken’s Verwahrung ziemlich auf Eins hinaus laufen, wenn man diejenigen Rücksichten nimmt, welche selbst bei Beurtheilung der Aussagen der wahrheitliebendsten Zeugen auf Stellung und Gesinnung genommen werden müssen. Nachdem Ken sich endlich entschlossen hatte, auf Seite der Eidverweigerer zu treten, versuchte er es natürlich, seine Consequenz in so weit zu rechtfertigen, als er dies ehrenhafterweise konnte, und Lady Russel, welche ihren Freund zur Leistung der Eide bewegen wollte, legte natürlich auf seine Geneigtheit, sich zu fügen, soviel Gewicht als sie dies ehrenhafterweise thun durfte. Sie ging indeß zu weit, indem sie das Wort „aufmunterte“ (excited) brauchte. Auf der andren Seite ist es klar, daß Ken, indem er Diejenigen, die ihn um Rath fragten, auf ihre eigenen Studien und Gebete verwies, ihnen zu verstehen geben wollte, daß seiner Ansicht nach die Eidesleistung Denen gestattet sei, die sie nach reiflicher Erwägung als statthaft erkannten. Hatten ihn die Leute gefragt, ob es ihnen gestattet sei, einen Meineid zu schwören oder Ehebruch zu begehen, so würde er ihnen gewiß nicht geantwortet haben, daß sie die Sache reiflich erwägen und die göttliche Entscheidung erflehen, sondern daß sie bei Gefahr ihres Seelenheils davon abstehen sollten.
209Siehe das Gespräch vom 9. Juni 1784 in Boswell’s Life of Johnson, und die Anmerkung. Boswell ist mit seiner gewohnten Verkehrtheit Überzeugt, daß Johnson nicht daran gedacht haben könne, „daß die wegen ihres hochherzigen Widerstandes gegen Willkürgewalt mit Recht so hoch gefeierten sieben Bischöfe, dennoch Eidverweigerer waren.“ Nur fünf von den Sieben waren Eidverweigerer, und jeder Andre als Boswell würde gewußt haben, daß man sich der Willkürgewalt widersetzen und dabei doch kein guter Logiker sein kann. Der Widerstand, den Sancroft und die anderen nichtschwörenden Bischöfe der Willkürgewalt entgegensetzten, während sie nach wie vor an der Lehre vom Nichtwiderstande festhielten, ist gerade der entscheidendste Beweis, daß sie unfähig waren, zu raisonniren. Man darf nicht vergessen, daß sie bereit waren, die ganze königliche Macht Jakob zu entziehen und auf Wilhelm mit dem Titel eines Regenten zu übertragen. Ihr Skrupel hatte nur das Wort König zum Gegenstande. Ich bin erstaunt, daß Johnson Wilhelm Law für keinen Logiker erklärte. Law verfiel allerdings in große Irrthümer, aber es waren Irrthümer, gegen welche die Logik keinen Schutz gewährt. In rein dialektischer Gewandtheit übertrafen ihn sehr Wenige. Daß er mehr als einmal über Hoadley den Sieg davon trug, wird kein aufrichtiger Whig leugnen. Doch Law gehört nicht der Generation an, mit der ich es jetzt zu thun habe.
210Ware’s History of the Writers of Ireland, fortgesetzt von Harris.
211Letter to a member of the Convention 1689.
212Johnson’s Notes on the Phoenix Edition of Burnet’s Pastoral Letter, 1692.
213Das beste Urtheil über Hickes’ Character kann man sich aus seinen zahlreichen polemischen Schriften bilden, besonders aus seinem Jovian, geschrieben 1684, seinem Thebaean Legion no Fable, geschrieben 1687, aber erst 1714 erschienen, und seinen Abhandlungen über Dr. Burnet und Dr. Tillotson, 1695. Sein literarischer Ruhm gründet sich auf Werke ganz andrer Art.
214Collier’s Abhandlungen über die Bühne sind im Ganzen genommen seine besten Geistesproducte. Doch auch in seinen politischen Flugschriften findet sich viel Treffendes. Seine „Persuasive to Consideration, tendered to the Royalists, particularly those of the Church of England“ scheint mir eines der besten Erzeugnisse der jakobitischen Presse.
215Siehe Brokesby’s Life of Dodwell. Ich muß bemerken, daß ich die Abhandlung gegen gemischte Ehen nur aus Brokesby’s ausführlichem Extract kenne. Diese Abhandlung ist sehr selten. Sie wurde ursprünglich als Vorrede zu einer von Leslie gehaltenen Predigt gedruckt. Als Leslie seine Werke sammelte, ließ er die Abhandlung weg, wahrscheinlich weil er sich derselben schämte. Die Abhandlung über die Statthaftigkeit der Instrumentalmusik habe ich gelesen, und sie ist unglaublich absurd.
216Dodwell sagt uns, daß der Titel des Werkes, in welchem er zuerst diese Theorie aufstellte, mit großer Sorgfalt und Präcision abgefaßt worden sei. Ich will daher die Titelseite hier anführen: „An Epistolary Discourse proving from Scripture and the First Fathers, that the Soul is naturally Mortal, but Immortalized actually by the Pleasure of God to Punishment or to Reward, by its Union with the Divine Baptismal Spirit wherein is proved that none have the Power of giving this Divine Immortalizing Spirit since the Apostles but only the Bishops. By H. Dodwell.“ Dr. Clarke sagt in einem Briefe an Dodwell (1706) daß dieser Epistolary Discourse ein Buch sei, „das alle guten Menschen betrübe und alle profanen Menschen erfreue.“
217Siehe Leslie’s Rehearsals, No. 286, 287.