Za darmo

Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Achter Band: enthaltend Kapitel 15 und 16.

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Gefahr einer Invasion und Insurrection. Tourville’s Flotte im Kanal

Solcher Enthüllungen wie er sie zu geben vermochte, bedurfte man allerdings in diesem Augenblicke sehr dringend, denn man erwartete stündlich eine Invasion und einen Aufstand.148 Wilhelm war kaum von London abgereist, als eine große französische Flotte unter den Befehlen des Grafen von Tourville den Hafen von Brest verließ und in den britischen Kanal einlief. Tourville war der beste Marinecommandeur, den sein Vaterland damals besaß. Er hatte alle Zweige seines Berufs studirt. Man sagte von ihm, daß er befähigt sei, jeden Posten an Bord auszufüllen, vom Schiffszimmermann bis hinauf zum Admiral, sowie auch daß er mit dem unerschrockenen Muthe eines Seemannes die Liebenswürdigkeit und Artigkeit eines vollendeten Cavaliers verbinde.149 Er segelte jetzt nach der englischen Küste und kam derselben so nahe, daß seine Schiffe auf den Wällen von Plymouth deutlich gesehen werden konnten. Von Plymouth steuerte er langsam die Küste von Devonshire und Dorsetshire entlang, und man hatte starken Grund zu der Befürchtung, daß seine Bewegungen mit den englischen Mißvergnügten verabredet waren.150

Die Königin und ihr Cabinetsrath beeilten sich Maßregeln zur Vertheidigung des Landes gegen fremde wie einheimische Feinde zu treffen. Torrington übernahm das Kommando der in den Dünen liegenden Flotte und segelte nach St. Helen, wo er sich mit einem holländischen Geschwader unter Evertsen’s Commando vereinigte. Es hatte den Anschein als würden die Klippen der Insel Wight Zeugen eines der größten Seetreffen werden, von denen uns die Geschichte erzählt. Hundertfunfzig Linienschiffe konnten auf dem Wachtthurme von St. Catharine gezählt werden. Oestlich von der westlichen Küstenwand von Black Gang Chine und im Angesicht der reich bewaldeten Felsen von St. Lawrence und Ventnor war die vereinigte Seemacht England’s und Holland’s aufgestellt. Westlich bis zu dem weißen Vorgebirge, wo die Wogen zwischen den Nadeln brausen, lag die französische Flotte.

Verhaftung verdächtiger Personen

Es war am 26. Juni, noch nicht vierzehn Tage nachdem Wilhelm nach Irland abgesegelt war, als die feindlichen Flotten diese Stellungen einnahmen. Wenige Stunden vorher war in Whitehall eine wichtige und angstvolle Sitzung des Geheimen Raths gehalten worden. Die mit Frankreich verbündeten Mißvergnügten waren wachsam und voll der besten Hoffnung. Marie hatte auf ihrer Spazierfahrt bemerkt, daß es in Hydepark von ihnen wimmelte. Der ganze Staatsrath war der Meinung, daß es nothwendig sei, einige Personen, von deren Schuld die Regierung Beweise habe, zu verhaften. Als Clarendon genannt wurde, sprach sein Freund und Verwandter, Sir Heinrich Capel, einige Worte zu seinen Gunsten. Die anderen Räthe stutzten, blieben aber still, denn es war keine angenehme Aufgabe, einen Verwandten der Königin in ihrer Anwesenheit anzuklagen. Marie hatte bisher in den Sitzungen des Geheimen Raths kaum ein Mal den Mund geöffnet; jetzt aber, wo sie klare Beweise von der Verrätherei ihres Oheims von seiner eignen Hand besaß und wußte, daß nur die Achtung vor ihrer Person ihre Rathgeber abhielt, etwas zu beantragen, was das öffentliche Wohl erheischte, brach sie ihr Stillschweigen. „Sir Henry,” sagte sie, „ich weiß, und jeder der hier anwesenden weiß so gut wie ich, daß zuviel gegen Mylord Clarendon vorliegt, als daß man ihn frei ausgehen lassen könnte.” Der Verhaftsbefehl wurde aufgesetzt und Capel unterzeichnete ihn wie alle Uebrigen. „Ich bin besorgter um Lord Clarendon,” schrieb Marie an ihren Gemahl, „als man vielleicht glaubt.” Noch denselben Abend wurden Clarendon und mehrere andere angesehene Jakobiten im Tower einquartiert.151

Torrington erhält Befehl, Tourville eine Schlacht zu liefern

Als der Geheimerath seine Sitzung aufgehoben, hatte die Königin mit dem Neunerrath eine Frage von größter Wichtigkeit zu erwägen. Welche Befehle sollten Torrington übersandt werden? Das Wohl des Staats konnte von seinem Urtheil und von seiner Geistesgegenwart abhängen, und einige von Mariens Rathgebern fürchteten, daß er der Situation nicht gewachsen sei. Ihre Besorgniß nahm zu, als die Nachricht kam, daß er die Küste der Insel Wight den Franzosen preisgegeben habe und sich vor ihnen in der Richtung der Meerenge von Dover zurückziehe. Der scharfsichtige Caermarthen und der unternehmende Monmouth tadelten übereinstimmend diese Vorsichtstaktik. Torrington hatte zwar nicht so viele Schiffe als Tourville, aber Caermarthen war der Ansicht, daß es in einem solchen Augenblicke rathsam sei selbst gegen eine Uebermacht zu kämpfen, und Monmouth war während seines ganzen Lebens dafür, zu jeder Zeit und gegen jede Uebermacht zu kämpfen. Russell, der unbestreitbar einer der besten Seeleute seines Jahrhunderts war, meinte, die Ungleichheit der Zahlen sei nicht so groß, um einem Offizier, der englische und holländische Marinesoldaten befehligte, Besorgniß einzuflößen. Er schlug deshalb vor, dem Admiral einen Verweis zukommen zu lassen, der in so nachdrücklichen Worten abgefaßt war, daß die Königin sich nicht entschließen konnte, ihn zu unterschreiben. Die Ausdrücke wurden zwar bedeutend gemildert, in der Hauptsache aber wurde Russell’s Rath befolgt. Torrington erhielt bestimmten Befehl, sich nicht weiter zurückzuziehen und unverweilt eine Schlacht zu liefern. Devonshire war damit noch nicht zufriedengestellt. „Es ist meine Pflicht, Madame,” sagte er, „Ihrer Majestät unverhohlen zu sagen, wie ich über eine Angelegenheit von solcher Wichtigkeit denke, und ich denke, daß Mylord Torrington nicht der Mann ist, in dessen Hände man das Geschick dreier Königreiche legen kann.” Devonshire hatte Recht; aber seine Collegen waren einstimmig der Meinung, daß es sehr gefährlich sein würde, einen Befehlshaber Angesichts des Feindes und am Vorabend einer allgemeinen Schlacht abzusetzen, und man kann schwerlich sagen, daß sie Unrecht hatten. „Sie müssen ihn entweder lassen wo er ist,” sagte Russell, „oder ihn als Gefangenen zurückholen lassen.” Es wurden mehrere Auswege angedeutet. Caermarthen schlug vor, Russell zur Unterstützung Torrington’s abzusenden. Monmouth bat dringend um die Erlaubniß, zur Flotte abgehen zu dürfen, gleichviel in welcher Eigenschaft, als Kapitain oder als Freiwilliger. „Lassen Sie mich nur erst an Bord sein,” sagte er, „und ich setze meinen Kopf zum Pfande, daß es zur Schlacht kommt.” Nach langem Hin- und Herreden und Zaudern wurde beschlossen, daß Russell und Monmouth nach der Küste abgehen sollten.152 Sie reisten ab, aber es war zu spät. Die Depesche welche Torrington befahl zu kämpfen, war ihnen vorausgeeilt. Er erhielt dieselbe, als er sich auf der Höhe von Beachy Head befand. Nachdem er sie gelesen, war er in großer Verlegenheit. Lieferte er keine Schlacht, so machte er sich eines directen Ungehorsams schuldig. Lieferte er eine Schlacht, so lief er seiner Ansicht nach große Gefahr, geschlagen zu werden. Er vermuthete wahrscheinlich, – denn er war argwöhnischen und neidischen Characters, – daß die Instructionen, die ihn in ein so peinliches Dilemma brachten, von Feinden und Nebenbuhlern in der Absicht entworfen waren, seinem Glücke und seinem Rufe zu schaden. Besonders erbitterte ihn der Gedanke, daß er sich von Russell hofmeistern lassen sollte, der ihm im Range nachstand, gleichwohl aber als Mitglied des Neunerraths eine Oberaufsicht über alle Zweige des öffentlichen Dienstes ausübte. Es scheint kein Grund vorhanden, Torrington des Mangels an gutem Willen zu beschuldigen, und noch weniger kann man annehmen, daß es einem Offizier, der sein ganzes Leben unter Gefahren hingebracht und der sich stets tapfer benommen, an dem persönlichen Muthe gefehlt haben sollte, den Hunderte von Matrosen auf jedem von ihm befehligten Schiffe besaßen. Aber es giebt einen höheren Muth, der Torrington gänzlich abging. Er scheute jede Verantwortlichkeit, die Verantwortlichkeit des Kämpfens wie die Verantwortlichkeit des Nichtkämpfens, und es gelang ihm, einen Mittelweg zu finden, der alle Nachtheile, denen er ausweichen wollte, in sich vereinigte. Er wollte dem Buchstaben seiner Instructionen nachkommen, wollte aber nicht Alles aufs Spiel setzen. Einige von seinen Schiffen sollten mit dem Feinde scharmützeln, die Hauptmacht seiner Flotte aber sollte nicht gefährdet werden. Es lag auf der Hand, daß die Schiffe, welche mit den Franzosen anbanden, in eine höchst gefährliche Situation kommen mußten und große Verluste zu erwarten hatten, und man hat nur zu guten Grund zu glauben, daß Torrington schändlich genug war, seine Anordnungen so zu treffen, daß Gefahr und Verlust fast ausschließlich auf die Holländer fielen. Er konnte sie nicht leiden und sie waren in England so unpopulär, daß die Vernichtung ihres ganzen Geschwaders sehr wahrscheinlich geringeres Murren erregt haben würde als die Wegnahme einer von unseren eigenen Fregatten.

 

Schlacht bei Beachy Head

Es war am 29. Juni, als der Admiral den Befehl zum Losschlagen erhielt. Am folgenden Tage, um vier Uhr Morgens rückte er gegen die französische Flotte vor und formirte seine Schiffe in Schlachtordnung. Er hatte keine sechzig Linienschiffe, während die Franzosen deren mindestens achtzig hatten, aber seine Schiffe waren stärker bemannt als die des Feindes. Er placirte die Holländer ins Vordertreffen und gab ihnen das Zeichen zur Eröffnung des Feuers. Diesem Befehl wurde prompt Folge geleistet und Evertsen und seine Landsleute kämpften mit einem Muthe, dem sowohl ihre englischen Verbündeten wie ihre französischen Feinde trotz nationaler Vorurtheile volle Gerechtigkeit widerfahren ließen. In keiner der Schlachten Van Tromp’s oder De Ruyter’s war die Ehre der batavischen Flagge glänzender behauptet worden. Mehrere Stunden lang hielt das Vordertreffen den ungleichen Kampf mit sehr geringer Unterstützung von Seiten irgend eines andren Theiles der Flotte aus, bis endlich der holländische Admiral sich zurück zog, dem Feinde einen zerschossenen und entmasteten Rumpf überlassend. Sein Nächster im Commando und mehrere hohe Offiziere waren gefallen. Nach diesem unglücklichen und schimpflichen Gefecht war es unmöglich, die See gegen die Franzosen zu behaupten. Die holländischen Schiffe, welche aus dem Treffen zurückkehrten, waren in einem kläglichen Zustande. Torrington ließ einige derselben zerstören, nahm die übrigen ins Schlepptau und floh dann die Küste von Kent entlang, um in der Themse eine Zuflucht zu suchen. Sobald er im Flusse war, ließ er alle Bojen entfernen und machte dadurch die Schifffahrt so gefährlich, daß die Verfolger es nicht wagen durften ihm nachzukommen.153

Viele und insbesondere die französischen Minister, waren jedoch der Meinung, daß die alliirte Flotte hätte vernichtet werden können, wenn Tourville unternehmender gewesen wäre. Er scheint in einem Punkte nur zu große Aehnlichkeit mit seinem besiegten Gegner gehabt zu haben. Obwohl persönlich tapfer, war er doch ein ängstlicher Commandeur. Sein Leben setzte er mit sorgloser Heiterkeit aufs Spiel, aber man sagte er sei krankhaft ängstlich und kindisch vorsichtig, wenn sein Ruf als Seemann gefährdet sei. Diese Vorwürfe verdrossen ihn so sehr, daß er zum Unglück für sein Vaterland bald bis zur Verwegenheit kühn wurde.154

Aufregung in London

London hat kaum jemals einen so traurigen Tag erlebt als den, an welchem die Nachricht von der Schlacht bei Beachy Head eintraf. Die Schande war unerträglich und die Gefahr drohend. Wie, wenn der siegreiche Feind das that was De Ruyter gethan hatte? Wie, wenn die Seemagazine von Chatham wieder zerstört wurden? Wie, wenn der Tower selbst bombardirt werden sollte? Wie, wenn der große Wald von Masten und Raaen unterhalb der Londonbrücke in Flammen aufging?

Schlacht bei Fleurus

Und dies war noch nicht Alles. Auch aus den Niederlanden waren so eben schlimme Nachrichten eingelaufen. Die verbündeten Truppen unter Waldeck hatten in der Nähe von Fleurus die Franzosen unter den Befehlen des Herzogs von Luxemburg angegriffen. Man hatte lange und heftig um die Palme des Siegs gestritten; doch endlich hatte die Geschicklichkeit des französischen Generals und die ungestüme Tapferkeit der französischen Cavallerie die Oberhand behalten.155 So war zu gleicher Zeit die Armee Ludwig’s in Flandern siegreich und seine Flotte im unbestrittenen Besitz des Kanals. Der Marschall Humieres lag mit einer ansehnlichen Streitmacht nicht weit von der Meerenge von Dover. Es war ausgesprengt worden, daß er im Begriff stehe, sich mit Luxemburg zu verbinden. Die Mittheilungen aber, welche die englische Regierung von geschickten Militärs in den Niederlanden und von Spionen unter den Jakobiten erhielt und die einem so großen Meister in der Kriegskunst wie Marlborough ernster Beachtung werth schienen, lauteten dahin, daß die Armee Humieres’ unverzüglich nach Dünkirchen marschiren und dort von der Flotte Tourville’s an Bord genommen werden würde.156 Zwischen der Küste von Artois und der Nore durfte kein einzelnes Schiff, das das rothe Kreuz des Heiligen Georg in seiner Flagge führte, sich zu zeigen wagen. Die Einschiffung konnte binnen wenigen Stunden bewerkstelligt sein und ein paar weitere Stunden genügten zur Ueberfahrt. So konnte London jeden Augenblick durch die Nachricht erschreckt werden, daß dreißigtausend französische Veteranen in Kent gelandet seien und daß die Jakobiten der Hälfte der Grafschaften des Königreichs unter den Waffen ständen. Sämmtliche reguläre Truppen, welche zur Vertheidigung der Insel ausgebracht werden konnten, beliefen sich auf nicht mehr als zehntausend Mann. Es darf bezweifelt werden, ob unser Vaterland jemals eine beunruhigendere Krisis durchgemacht hat als die der ersten Juliwoche des Jahres 1690.

Geist der Nation

Doch das Uebel brachte sein Heilmittel selbst mit sich. Der kannte England schlecht, der da glaubte, daß es zu gleicher Zeit von einem Aufstande und von einer Invasion bedroht sein könnte, denn die Gefahr einer Invasion war eigentlich die beste Sicherheit gegen die Gefahr eines Aufstandes. Die Sache Jakob’s war die Sache Frankreich’s und obgleich in den Augen flüchtiger Beobachter die französische Allianz seine Hauptstütze zu sein schien, so war sie doch in Wirklichkeit gerade das Hinderniß, das seine Restauration unmöglich machte. In dem Patriotismus, dem nur zu oft unfreundlichen und ungeselligen Patriotismus unserer Vorfahren lag zu gleicher Zeit das Geheimniß von Wilhelm’s Schwäche und von seiner Stärke. Sie waren eifersüchtig auf seine Liebe zu Holland, aber sie sympathisirten aufrichtig mit seinem Hasse gegen Ludwig. Ihrem starken Nationalgefühle müssen fast alle die kleinen Widerwärtigkeiten zugeschrieben werden, welche den Thron des Befreiers von seinem Regierungsantritte bis zu seinem Tode zu einem so unbehaglichen Sitze machten. Dem nämlichen Gefühle aber ist es auch zuzuschreiben, daß sein Thron, obgleich fortwährend bedroht und oft erschüttert, doch niemals umgestürzt wurde. Denn so sehr auch sein Volk seine fremden Günstlinge haßte, seine fremden Feinde haßte es noch mehr. Die Holländer waren Protestanten, die Franzosen waren Papisten; die Holländer wurden als selbstsüchtige, habgierige, übermüthige Alliirte betrachtet, die Franzosen waren Todfeinde. Das Schlimmste was von den Holländern zu befürchten stand, war, daß sie einen zu großen Antheil an dem Patronat der Krone erlangen, daß sie einen zu großen Theil der Kriegslasten auf uns wälzen, daß sie auf unsere Kosten commercielle Vortheile erlangen konnten. Die Franzosen aber konnten uns besiegen; die Franzosen konnten uns zu Sklaven machen; die Franzosen konnten Drangsale über uns bringen gleich denen, welche die schönen Gefilde und Städte der Pfalz in eine Wüste verwandelt hatten. Es konnte den Hopfenpflanzungen von Kent ergehen wie es den Weinbergen am Neckar ergangen war. Die High Street von Oxford und der Domplatz von Salisbury konnten mit Trümmern bedeckt werden wie die, welche die Stätten bedeckten, wo einst die Paläste und Kirchen Heidelberg’s und Mannheim’s gestanden hatten. Das von dem alten Kirchthurm beschattete Pfarrhaus, die zwischen Bienenkörben und blühenden Apfelbäumen hervorblickende Pächterwohnung, das von hohen Ulmen umgebene gutsherrliche Schloß konnten einer Soldateska preisgegeben werden, die von Mitleid gegen gebrechliche Greise, gegen zarte Frauen und gegen Säuglinge nichts wußte. Die Worte: „Die Franzosen kommen!” unterdrückten sofort alles Murren über Abgaben und Mißbräuche, über Wilhelm’s unfreundliches Wesen und Portland’s einträgliche Stellen, und erweckten einen eben so hohen und unbesiegbaren Muth, wie er hundert Jahre früher die Reihen beseelte, welche Elisabeth bei Tilbury musterte. Wäre die Armee Humieres’ gelandet, so würde ihr sicherlich fast jedes männliche Individuum, das fähig war, die Waffen zu tragen, entgegengetreten sein. Nicht nur die Gewehre und Piken, sondern auch die Sensen und Heugabeln würden noch nicht hingereicht haben für die Hunderttausende, die sich, jeden Glaubens- und Parteiunterschied vergessend, wie ein Mann erhoben haben würden, um den englischen Boden zu vertheidigen.

Die unmittelbare Folge der Niederlagen im Kanal und in Flandern war daher, daß sich die große Masse des Volks für einen Augenblick fest zusammenschaarte. Die nationale Abneigung gegen die Holländer schien suspendirt zu sein. Ihr tapferes Benehmen bei Beachy Head fand lauten Beifall und Torrington’s Unthätigkeit wurde laut getadelt. London ging mit dem Beispiele der Einigkeit und Kraftäußerung voran, die durch die letzte Wahl hervorgerufene Gereiztheit legte sich plötzlich, alle Parteiunterschiede schwanden. Der Lordmayor wurde zur Königin beschieden. Sie ersuchte ihn so bald als möglich zu ermitteln, was die Hauptstadt thun würde, wenn der Feind es wagen sollte, eine Landung zu unternehmen. Er rief die Vertreter der Stadtviertel zusammen, besprach sich mit ihnen und kehrte nach Whitehall zurück, um zu berichten, daß sie sich einmüthig verpflichtet hätten, mit Gut und Blut der Regierung beizustehen, daß hunderttausend Pfund bereit lägen, um in die Schatzkammer eingezahlt zu werden, daß zehntausend wohlbewaffnete und ausgerüstete Londoner bereit seien, jeden Augenblick zu marschiren und daß ein Verstärkungsheer von sechs Infanterieregimentern, einem starken Reiterregiment und tausend Dragonern augenblicklich ausgehoben werden würde, ohne daß es der Krone einen Farthing kosten sollte. Von Ihrer Majestät verlange die Stadt nichts weiter, als daß sie geruhen möge, diese Truppen unter die Befehle von Offizieren zu stellen, auf die sie sich verlassen könne. Der nämliche Geist zeigte sich in allen anderen Theilen des Landes. Obgleich in den südlichen Grafschaften die Ernte bevorstand, eilten die Landleute mit ungewöhnlicher Freudigkeit zu den Sammelplätzen der Miliz. Die jakobitischen Landgentlemen, welche seit mehreren Monaten Vorbereitungen zu der allgemeinen Erhebung trafen, welche stattfinden sollte, sobald Wilhelm abgereist und Beistand aus Frankreich angelangt sein würde, verbrannten jetzt, da Wilhelm gegangen war und eine französische Invasion stündlich erwartet wurde, ihre von Jakob unterzeichneten Offizierspatente und versteckten ihre Waffen in verborgenen Wandschränken oder in Heuschobern. Die Jakobiten in den Städten wurden insultirt wo sie sich blicken ließen und mußten sich vor dem erbitterten Pöbel in ihre Häuser einschließen.157

 

Verhalten Shrewsbury’s

Nichts ist für Diejenigen, welche gern die Falten des menschlichen Herzens studiren, interessanter als die Wirkung, welche die öffentliche Gefahr auf Shrewsbury hervorbrachte. Einen Augenblick war er wieder der Shrewsbury von 1688. Sein Character war, obwohl beklagenswerth unbeständig, doch nicht unedel, und der Gedanke, daß er durch entschlossenes Vorangehen in der Vertheidigung seines Vaterlandes in so gefahrvoller Krisis seinen großen Fehler wieder gut machen und sich wieder Achtung erwerben könne, verlieh seinem Körper und seinem Geiste neue Energie. Er hatte sich nach Epsom zurückgezogen, in der Hoffnung daß Ruhe und reine Luft einen heilsamen Einfluß auf seine erschütterte Gesundheit und auf seinen geschwächten Geist ausüben werde. Aber wenige Stunden nach dem Eintreffen der Nachricht von der Schlacht bei Beachy Head war er in Whitehall und bot der Königin seine Börse und seinen Degen an. Man hatte die Idee gehabt, die Flotte unter den Oberbefehl eines vornehmen Edelmanns zu stellen, dem zwei erfahrene Seeoffiziere als Rathgeber beigegeben werden sollten. Shrewsbury bat darum, daß er ernannt werden möchte, wenn ein solches Arrangement zu Stande käme. Das Interesse und die Ehre jedes Bewohners des Königreichs, sagte er, sei dabei betheiligt, den Feind nicht siegreich im Kanale umherfahren zu lassen, und er werde freudig sein Leben wagen, um den verlornen Ruhm der englischen Flagge wiederherzustellen.158

Sein Anerbieten wurde nicht angenommen. Ueberhaupt wurde der Plan, das Commando der Seemacht zwischen einem vornehmen Manne, der die Striche des Compasses nicht kannte, und zwei wettergebräunten alten Seeleuten, die vom Kajütenjungen bis zum Admiralsrange emporgestiegen waren, wohlweislich bei Seite gelegt. Dagegen wurden energische Anstrengungen gemacht, um die verbündeten Geschwader zum Dienste auszurüsten, und nichts unterlassen, was den natürlichen Groll der Holländer besänftigen konnte. Die Königin schickte ein Mitglied des Geheimen Raths mit einer speciellen Mission an die Generalstaaten ab. Er war der Ueberbringer eines Schreibens, in welchem sie den Muth von Evertsen’s tapferem Geschwader lobte. Sie versicherte ihnen, daß ihre Schiffe auf den englischen Werften ausgebessert und daß die verwundeten Holländer eben so sorgsam verpflegt werden sollten wie verwundete Engländer. Es wurde angekündigt, daß eine strenge Untersuchung der Ursachen der letzten Niederlage eingeleitet werden solle, und Torrington, der sich in der That damals nicht öffentlich hätte zeigen dürfen, wenn er sich nicht der Gefahr aussetzen wollte, in Stücken zerrissen zu werden, wurde in den Tower geschickt.159

Während der ersten drei Tage nach dem Eintreffen der Unglücksbotschaften von Beachy Head hatte London ein unheimliches und aufgeregtes Aussehen. Am vierten Tage aber war Alles verändert. Die Glocken läuteten, Flaggen wurden aufgezogen, in die Fenster wurden Lichter zu einer Illumination bereit gestellt, und die Leute in den Straßen schüttelten einander freudig die Hände. Es war an diesem Morgen ein Courier mit wichtigen Nachrichten aus Irland angekommen.

148Narcissus Luttrell’s Diary.
149Memoiren Saint-Simons.
150London Gazette, 26. Juni 1690; Baden an Van Citters, 24. Juni (4. Juli).
151Marie an Wilhelm, 26. Juni 1690; Clarendon’s Diary von demselben Datum; Narcissus Luttrell’s Diary.
152Marie an Wilhelm, 28. Juni und 2. Juli 1690.
153Bericht der Commission der Admiralität an die Königin, datirt aus Sheerneß vom 18. Juli 1690; Aussagen der Kapitains Cornwall, Jones, Martin und Hubbard, und des Viceadmirals Delaval; Burnet II. 52, und Sprecher Onslow’s Note; Mémoires du Maréchal de Tourville; Memoirs of Transactions at Sea by Josiah Burchett Esq., Secretary to the Admiralty, 1703; London Gazette, July 3.; Historical and Political Mercury for July 1690; Marie an Wilhelm vom 2. Juli; Torrington an Caermarthen, 1. Juli. Den Bericht über die Schlacht in der Pariser Gazette vom 15. Juli 1690 kann man nicht ohne Beschämung lesen: „On a sceu que les Hollandois s’estoient très bien battus et qu’ils s’estoient comportez en cette occasion en braves gens, mais que les Anglois n’en avoient pas agi de même.” In der französischen offiziellen Darstellung der Schlacht auf der Höhe von Cap Bevézier – eine sonderbare Corruption von Pevensey – lauten einige Stellen in dem nämlichen Sinne: „Les Hollandois combattirent avec beaucoup de courage et de fermeté; mais ils ne furent pas bien secondez par les Anglois.” – „Les Anglois se distinguèrent des vaisseaux de Hollande par le peu de valeur qu’ils montrèrent dans le combat.”
154Life of James, II. 409; Burnet, II. 5.
155London Gazette, June 30. 1690; Historical and Political Mercury for July 1690.
156Nottingham an Wilhelm vom 15. Juli 1690.
157Burnet II. 53. 54.; Narcissus Luttrell’s Diary, July 7., 11., 1690; London Gazette, July 14. 1690.
158Marie an Wilhelm, 3., 10. Juli 1690; Shrewsbury an Caermarthen, 15. Juli.
159Marie an die Generalstaaten, 12. Juli; Burchett’s Memoirs; An important Account of some remarkable Passages in the Life of Arthur, Earl of Torrington, 1691.