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Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Dritter Teil

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Vielleicht daß ihr Vertrauen oder ihre Geduld eher erschöpft worden wäre, wenn er es nicht verstanden hätte, zum Teil auf gefälschte Empfehlungen hin, mit den hervorragendsten Häuptern anderer geheimer Gesellschaften sich in Verbindung zu setzen, was ihm dann in seiner nächsten Umgebung immer aufs neue einen Nimbus lieh. Aus dieser Ordens-Geheim-Korrespondenz, die er nach den verschiedensten Seiten hin führte, ist ein Briefwechsel zwischen ihm und dem Professor der Theologie Dr.

Stark

 in Königsberg, später General-Superintendent in einem der thüringischen Staaten, aufbewahrt worden, der merkwürdige Einblicke gönnt.



Dr. Stark, ein Theologe von gründlichster Bildung, eröffnete die Korrespondenz und schrieb unterm 30. Juni 1773 aus Königsberg: „Mein sehr werther Freund und Bruder. Nach dem Wenigen, was mir von Ihnen bekannt geworden ist, müßte mich mein Geist sehr trügen, und die Siegel, die unser Orden seinen Geweihten aufgedrückt hat, verwischt sein: oder ich muß in Ihnen einen Mann finden, der

Eines Ursprungs mit mir

 ist und mit mir zu

Einem Zwecke

 geht.

Und deren sind nicht viele unter den Maurern.

 Trüge ich mich, so falle Nacht und Finsterniß auf das, was ich sagen werde. Sind Sie es aber, so grüße ich Sie in der heiligen Zahl von Drei, Sieben und Zehn und durch die sieben Geister Gottes.



Sind Sie tiefer als ich ins

Heiligthum

 geführet, so nehmen Sie mich als einen lehrbegierigen Schüler an… Sonst lassen Sie uns Beide auf dem vor der Welt und so viel Tausend Maurern

verdeckten

 Wege gehen. Die wahre Weisheit liebt das Verborgene. Nur in der Dunkelheit ist das unzerstörliche Licht. Ich kenne, mein Bruder,

Florenz

… Sie können zu mir reden… An einem grünen Flecken im rothen Lack des Wappens können Sie es erkennen, daß mein Brief nicht geöffnet gewesen.



Aber lassen Sie mich noch eine Bitte thun:

Zerstören Sie noch nicht eine Art von Maurerei in Deutschland, unter deren Maske Brüder verborgen liegen

, die diesen Brüdern selbst unbekannt sind, die Sie aber gewiß schätzen und lieben würden, wenn Sie sie näher kennen sollten. Unsere Macht und Gewalt ist lieblich, ein Feuer, das nähret und nicht zerstöret.



Ihr aufrichtiger Freund und Bruder



der ‚Verfasser der Apologie‘ (Stark).“



Hierauf antwortete Schrepfer, der, bei aller Begabung, den Cafetier doch nie verleugnen konnte, unterm 29. Juli folgenden Bombast: „Mein werther Freund und Bruder. Dero an mich abgelassenes Schreiben habe richtig zu erhalten die Ehre gehabt. Der große Baumeister der Gottheit der Allmacht gehe vor uns über mit seiner Gnade! So thue ich denn als Schotte der Erkenntniß und Gewalt aus Schottland in den

Thurm

 den ersten Schritt, denselben die Wahrheit zu melden. Zerbrechen Sie Ihr † aus Florenz, lernen Sie dafür erkennen 5. 7., daß ich wirklich bin S. W. O. V.



Ist Wismar nicht sträflich, daß sie auf mein wiederholtes freundschaftliches Betragen nicht mehr Aufmerksamkeit bezeiget?



Was ich vor jetzt schreibe, schreibe ich auf Ihre Pflicht. Ziehen Sie Ihre Schuhe aus, denn der Ort der wahren ME ist heilig für den Busch. Fünf starben, der sechste ging in Feuer über, stehet die Säule so (unleserliches Wort) im Morgen, die 7 Siegel thun sich auf, und erkennen die Wahrheit der Gottheit. Verflucht sei, der den Namen seines Gottes mißbraucht! Der Herr ist heilig und gerecht. Mein Bruder, wenn Sie wirklich der sind, der die 11 in der Wahrheit kennet, da doch durch 12 gerichtet wird, warum kennen Sie nicht S. W.? War England nicht gerecht, ließ es Ihnen nicht Ihre Freiheit; warum suchten Sie aber von dem einen Wege in den andern zu fallen? Sind nicht Warnungen genug an die strikte Observanz ergangen? Wenn ich meine Brüder bei der Vernunft überführe und selbigen die Unsterblichkeit der Seele beweise, so folge ich den wahren Pflichten B. I. I. Soll Gewalt dem Schwachen weichen, wenn der Schwache nur Bosheit in seiner Seele besitzt, wurde das Schwert nicht eingesteckt, da es schon gesiegt hatte?



Glauben Sie, mein Bruder, wenn ich gleich nach Dresden gegangen, so wäre jetzo Alles ruhig und zufrieden; aber Leipzig, da wo nur Tugend und Wissenschaften blühen sollen, ist eine in Schleier gehüllte Buhlerin. Kennen Sie wirklich die Off. I.?



Ich kenne Purpur ganz roth, das innerste der

Sonne gelb

,

blau

,

heilig

 und

gerecht

, unter dem

Namen des Lammes

. I. V. N. D. I. K.



Um mich noch mehr zu erklären, erwarte Dero Antwort, und empfehle Sie dem Schutz des Unerschaffenen.



N. S. Mein Bruder. Sie haben es mit E – land und Sch – land richtig getroffen; nur den Sitz des Thurmes haben Sie mir nicht gemeldet. Erhalte ich einen Brief von Ihrer Hand und Namen, so thue mir der Herr dies und das, so ich ihn nicht unter meiner eigenen Hand beantworten will.



Nehmen Sie den Spiegel und sehen nach dem Licht. Wenn der Blitz fähret, so blendet er, aber dem Weisen ist er klar wie tausend Jahr.



Joh. Geo. Sch – r,



S. d. E. u. G.“



(Schotte der Erkenntniß und Gewalt.)



Daß ein Mann wie Stark durch solchen mit Effronterie vorgetragenen Gallimathias geblendet werden konnte, ist nicht anzunehmen, auch kam die Korrespondenz über diesen einmaligen Briefaustausch nicht hinaus. Aber Schrepfer hatte doch das eine Gute davon, daß er auf das Handschreiben eines, in besonderem Ordens-Ansehen stehenden, die höchsten Ordens-Ehren in sich vereinigenden Mannes hinweisen konnte. Und das genügte ihm. Er suchte neue Mittel nach, „um den Schatz zu heben,“ und Leipzig, das er so undankbar als „Buhlerin“ bezeichnete, gewährte sie immer aufs neue.



Endlich indes, so scheint es, war die Geduld erschöpft, die „Erscheinungen“ kamen, während der

Schatz

 beharrlich ausblieb und Schrepfer empfand zuletzt, daß seine Situation unhaltbar geworden sei. Aber wenigstens mit einem Knalleffekt wollte er scheiden.



An einem der letzten Meßtage, am 7. Oktober 1774, lud er Bischofswerder und Hopfgarten, nebst noch zwei anderen, zum Abendessen ein. Als sie beisammen waren, sagte er: „Diese Nacht legen wir uns nicht zu Bett, denn morgen mit dem Frühesten, noch vor Sonnenaufgang, sollen Sie ein ganz neues Schauspiel zu sehen bekommen. Bis jetzt hab ich Ihnen Verstorbene gezeigt, die ins Leben zurückgerufen wurden; morgen aber sollen Sie einen Lebenden sehen, den Sie für tot halten werden.“ Nach diesen Worten legte er sich aufs Sofa und schlief fest. Als der Tag anbrach, stand er auf mit den Worten: „Nun, meine Herren, ist es Zeit, daß wir gehen“ und alle begaben sich nach dem Rosenthal. Schrepfer, der auf dem Wege die vollkommenste Gemütsruhe zeigte, wies seinen Begleitern, als sie an einer bestimmten Stelle angelangt waren, ihre Plätze an, indem er zu ihnen sagte: „Rühren Sie sich nicht von der Stelle, bis ich Sie rufen werde; ich gehe jetzt in dieses Gebüsch, wo Sie bald eine

wunderbare Erscheinung

 sehen sollen“. Er entfernte sich und bald darauf fiel ein Schuß; im Dickicht fanden die Herren ihren Propheten tot. Er hatte sich mit einem Taschenpistol erschossen.



So viel über Schrepfer, in dem sich die Lug- und Trug-Geheimbündelei, die ideenlose und karikierte Entartung des Ordenswesens verkörperte. Wir haben in den kurzen Lebensabriß, den wir von ihm gegeben, den Briefwechsel zwischen ihm und Dr. Stark mit besonderem Vorbedacht eingeschoben, um einen Gegensatz und dadurch zugleich einen Übergang zu schaffen zu jenen

ernsteren

 Bestrebungen, die, wie befangen auch in Menschlichkeiten, doch ein

Prinzip

 vertraten und zugleich jene Sache

selbst

 waren, von der Schrepfer nur die Karikatur bildete.



Von diesen

ernsteren

 Bestrebungen in dem folgenden Kapitel.



2.

Illuminaten und Rosenkreuzer



Ei, Possen, das ist nur zum Lachen;

Sei nur nicht ein so strenger Mann!

Sie muß als Arzt ein

Hokuspokus

 machen.



„Faust“

Der Hang nach

Macht

, der im absoluten Staate (außer im Dienste desselben) keine Befriedigung fand, schuf, so sagten wir, die Geheimbündelei überhaupt; der Hang nach

Freiheit

, der im absoluten Staate begreiflicherweise nicht besser fuhr, als jener, schuf eine besondere Abzweigung, eine ideale Blüte der Geheimbündelei: den

Illuminaten-Orden

. Dieser Orden, auf seinen gedanklichen Kern angesehen, war kaum etwas anderes als ein modifizierter, vielleicht ein potenzierter Freimaurer-Orden, hätte also allen Anspruch darauf gehabt,

neben

 diesem zu leben und zu wirken, auch wurde in der Tat um 1780 eine Vereinigung beider erstrebt; die besonderen Umstände aber, unter denen der neue Orden ins Leben trat, seine Rührigkeit, seine Aggression, seine Übergriffe führten rasch zu seinem Untergange, nachdem er etwa ein Jahrzehnt lang eine hervorragende

politische

 Rolle gespielt und sich als ein Repräsentant jener Freiheitsströmung gezeigt hatte, die damals durch Europa ging.



Der Stifter des Ordens war Adam Weishaupt, der, 1748 zu Ingolstadt geboren, an der Universität seiner Vaterstadt studiert und 1775 ebendaselbst die Professur des Natur- und kanonischen Rechts erhalten hatte. Schon als Student – es lag eben in der Zeit – hatte ihn die Stiftung eines Ordens beschäftigt; jetzt, gereifter, entwarf er die Statuten für den Orden der „Perfektibilisten“, die dann später den mehr bezeichnenden und besser sprechbaren Namen der

Illuminaten

 annahmen. Die Gründung des Ordens erfolgte 1776. Weishaupt selbst bezeichnete als Aufgabe desselben: „Selbstdenkende Menschen aus allen Weltteilen, von allen Ständen und aus allen Religionen durch ein gegebenes höheres Interesse in ein einziges Band dauerhaft zu vereinigen und sie dahin zu leiten, aus wahrer Überzeugung und von selbst zu tun, was kein öffentlicher Zwang, seit Welt und Menschen sind, je bewirken konnte.“ In einem Briefe gab er sich noch deutlicher und zuversichtlicher: „Der Endzweck des Ordens ist, daß es

Licht

 werde und wir sind die

Streiter gegen die Finsterniß

. In fünf Jahren sollen Sie erstaunen, was wir gethan haben. Merken Sie sich’s, der Endzweck des Ordens ist

frei

 zu sein. Wenn sich Alles so fortentwickelt, wie seit einiger Zeit, so gehört in Kurzem unser Vaterland

uns

. Habe ich einmal den Grund des Baues festgestellt, so mag geschehen was wolle. Man wird dann, auch wenn man wollte, nicht mehr im Stande sein, die Sache zu Grunde zu richten.“

 



Die ersten Erfolge des Ordens entsprachen dieser Zuversicht; viele vornehme, gelehrte und rechtschaffene Männer traten ihm bei, darunter

Knigge

 (1780), der alsbald eine besonders umsichtige und energische Tätigkeit zu entfalten begann. Aber diese Blüte, so rasch sie gezeitigt war, so rasch ging sie vorüber. Knigge und Weishaupt, von verschiedenen Ansichten geleitet, entzweiten sich; der erstere trat zurück, mit ihm eine Anzahl Mitglieder, und so in sich geschädigt und zerfallen, erlag der Orden dem Sturme, der jetzt von

außen

 her ihn traf. Alles Illuminatentum wurde in Bayern, das den Hauptsitz bildete, verboten und Weishaupt 1785 seines Amtes entsetzt. Er fand bei dem Herzoge Ernst von Gotha Aufnahme; aber der Orden selbst erlag der staatlichen Obergewalt, die ihn, mit Prozessen und Strafverfügungen energisch vorgehend, wie einen Brand austrat.



So viel über die Illuminaten. Ein kurzes Leben. Sehr wahrscheinlich, daß dieser Orden, wie so viele andere Verbindungen jener Zeit, ohne Sang und Klang und ohne ein Blatt in der Geschichte vom Schauplatz abgetreten wäre, wenn er nicht während der kurzen Dauer seiner Existenz eine

Gegenströmung

 hervorgerufen hätte, die, berühmter werdend als der Illuminatenorden selbst, diesem alsbald einen Reflex der eigenen Berühmtheit lieh. Mit anderen Worten, das

Illuminatentum

 wäre vielleicht vergessen, wenn nicht der geheimbündlerische Drang sofort einen feindlichen Bruder geboren hätte. Dies waren die

Rosenkreuzer

, ein alter Name, aber eine neue Sache.



Wir beginnen mit einem historischen Rückblick.



Die Rosenkreuzer waren eine alte alchymistische Verbrüderung, die weit in die Geschichte zurückgeht. Ihr Stifter war Frater Rosenkreuz, ein Deutscher, wie sein Name bezeugt. Daß ein solcher Mönch wirklich gelebt und mit seinen Adepten die Goldmachekunst getrieben habe, scheint unzweifelhaft; über diese einfache Tatsache hinaus aber hüllt sich alles in Nebel und die Geschichte vom Tode und von der Wiederauffindung des alten Rosenkreuz gibt sich nicht einmal die Mühe, ihren Fabel-Charakter zu verbergen. Diese Geschichte lautet wie folgt:



„Frater

Rosenkreuz

, nachdem er seiner Reisen durch Arabien und Afrika und seines vieljährigen Verkehrs mit den ‚afrikanischen Weltweisen‘ müde geworden war, begab sich nach

England

 und wohnte nicht weit von London, woselbst er eine unterirdische Höhle errichtete und ein Buch schrieb, worauf er G. L. statt des Titels setzte. Sein Vetter Benedikt Rosenkreuz war gemeiniglich um ihn. Diesem befahl er, bei Ablegung eines großen Schwurs, daß er nach seinem Tode sogleich das Gewölbe zuschließen und eine bestimmte große Tafel davor setzen sollte, worauf die Namen seiner Schüler standen; den Zugang selbst sollte er mit Erde verschütten. Alles dies geschah mit der größten Genauigkeit, so daß man von Rosenkreuz nichts weiter hörte. Über dieser Höhle stand aber ein sehr alter

Akazienbaum

, unter dessen Schatten Rosenkreuz öfters seinen Gedanken nachgehangen. Nach einhundertundzwanzig Jahren fiel einem Bauern ein, diesen Baum umzuhauen und seine Wurzeln auszugraben. Er kam an Steinplatten, nahm eine nach der andern fort und ehe er sichs versah, fiel er in eine Höhle fünfzehn Fuß tief in die Erde hinein. Kaum hatte er sich von seinem Fall und Schrecken erholt, so wurde er gewahr, daß diese unterirdische Gruft

erleuchtet

 war, und ein alter, ehrwürdiger Mann vor einem Tische saß und in einem Buche las. Als er (der Bauer) sich nun einen Schritt näherte, erhob sich der Alte, der einen Stab in Händen hielt. Bei dem zweiten Schritt hob er seinen Stab in die Höhe, bei dem dritten schlug er so gewaltig auf die Lampe, daß solche zerbrach und erlosch. Der Bauer stürzte vor Schreck nieder; so fand man ihn und hörte seinen Bericht. Zugleich fand man eine Leiche, die ein Buch in Händen hielt. Dies letztere war das Buch

Rosenkreuzers

, das alle Weisheit, die Ausbeute seines Lebens, seiner Studien umfaßte.“



So die Erzählung von Frater Rosenkreuz und seinem

Weisheits

-Buch. Dies Weisheits-Buch, auf das es ankam, gaben nun die modernen Rosenkreuzer, die wir gleich näher charakterisieren werden, als ihren Besitz aus; es sei ihnen auf rätselhafte Weise zu Händen gekommen und um den Verdacht oder den Vorwurf der Modernität von sich abzustreifen, nannten sie sich, eben auf die vorgeblich

alte

 Weisheit gestützt, die Rosenkreuzer alten Stils. Ihr Spruch war: Lux in Cruce et Crux in Luce. Die Welt erkannte sehr bald, und sie

sollte

 es auch erkennen, daß die sich

so nennenden

 Rosenkreuzer mit den

wirklichen

 Rosenkreuzern alten Stils nicht das Geringste gemein hatten und mit Fug und Recht durfte Dr.

Semler

, der „Vater des Rationalismus“, von Halle aus schreiben: „Seit einiger Zeit haben wir von einer jetzt fortdauernden Rosenkreuzerei so manche wichtige Nachrichten, Nachrichten, aus denen wir erkennen können, daß eine große Partei mit gewiß weit aussehenden Absichten, die Magie und Alchemie nur als Maske benutzt. Ein „Hirtenbrief“ dieser Rosenkreuzer, der mir vorliegt, ist ein auffallender Beweis von der dreisten und entschlossenen Denkungsart dieser geheimen Partei, welche ganz merklich es auf eine

öffentliche Revolution

 im Sinne des Rückschrittes absieht… Die Historie kann es am gewissesten dartun, daß diese

jüngeren

 Rosenkreuzer ganz andere Leute sind als die

alten, die kein papistisches Mitglied unter sich duldeten

.“



Im wesentlichen hatte es der alte Rationalist hier richtig getroffen. Ob Papismus und Jesuitismus dahinter steckten, war damals fraglich und ist fraglich geblieben, aber um

Reaktion

, um einen Kampf gegen die Neologen und Ideologen, gegen die Aufklärer und Freimaurer, gegen die Demokraten und Illuminaten handelte es sich allerdings, die

alten

 Elemente in Staat und Kirche, ganz wie in unsern Tagen, nahmen einen organisierten Kampf gegen den Liberalismus in allen seinen Gestalten und Verzweigungen auf. Nur die Organisation war verschieden, heute

öffentlich

 in Kammer, Lehrstuhl, Presse, damals geheim in Orden und Brüderschaften. Jede Zeit hat ihre Kampfesformen; der Kampf bleibt derselbe.



Wie recht der alte Semler hatte, darüber gaben die trotz aller Vorsicht und Geheimtuerei nach und nach in die Öffentlichkeit dringenden Schriften des modernen Rosenkreuzertums die beste Auskunft. Umkehr, Absolutismus, Orthodoxie – das war ihr Inhalt. Wir geben einige Belegstellen zunächst aus der „Original-Instruktion für die Oberen der unteren Klassen.“



pag. 27:



Der hohe Orden, der

die Sache Christi mit Macht und Eifer betreibt

, weil sie seine eigene ist, hat die Größe des Menschengeschlechtes sehr am Herzen.



pag. 30:



Der Zirkel-Direktor soll den Brüdern tiefe Ehrfurcht gegen den Befehl Gottes einprägen, daß wir hier glauben und dort erst schauen. Er soll ihnen auch die gewisse und freudige Hoffnung machen, daß, bei zunehmendem Wachsthum im Orden, ihr Glaube viele starke Stützen erhalten und sie manches, ihnen jetzt noch Unbegreifliche in den Geheimnissen unserer allerheiligsten Religion mit mathematischer Gewißheit einsehen werden.



pag. 88:



Der Orden kettet den Himmel an die Erde und öffnet den versperrten Weg zum Paradiese wiederum. Seine höchsten Vorsteher sind, im allergenauesten Verstande, Freunde Gottes,

wahre Jünger Christi

, weit über den Rest der Sterblichen erhaben, Meister über die ganze Natur, die mit der einen Hand auf das

siegreiche Kreuz der Versöhnung gelehnt

, mit der andern die lange Ordenskette festhalten.



So weit die Auszüge aus der „

Instruktion

“.



Energischer noch traten die Grundgedanken des Ordens, die man vielleicht am besten mit „Umkehr zu Strenggläubigkeit und Mystizismus“ bezeichnen kann, in einem 1782 zu Berlin erschienenen Buche hervor, das den Titel führte: „Die Pflichten der Gold- und Rosenkreuzer alten Systems; von

Chrysophiron

.“ Dies Buch wurde bloß für die Junioren des Ordens gedruckt und sehr geheim gehalten. Ein Exemplar besaß der russische Major Kutusow, der, wie man glaubt, eben dieser Verbindung halber, mehrere Jahre in Berlin lebte und daselbst starb. Dies Exemplar wurde bei der stattfindenden Auktion öffentlich versteigert, und kam dadurch in fremde Hände. In der Vorrede zu diesem Buche fanden sich folgende Stellen:



pag. XIII:



Gottes Barmherzigkeit über Deutschland hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu, und seine Treue ist groß. Der ewige Erbarmer hat sich durch das Gebet unserer gütigen Oberen endlich erweichen lassen.

Was unsere Väter von sich stießen

, das ist nach hundert Jahren ihren glücklichen Kindern, ist

Uns

, zu Theil geworden.



pag. XXXIX:



Gott hat sie, hat mich, hat alle Mitglieder unsres hohen Ordens vor Millionen Menschen werthgeachtet, an dem paradiesischen Segen Antheil zu nehmen, den er nach seiner grundlosen Barmherzigkeit bei dem Falle Adams nicht aus der Welt hinausnahm, sondern ihn nur verbarg, damit diejenigen unter den Menschen, welche in allen Jahrhunderten der Welt es werth würden, diesen Segen finden und genießen könnten.



pag. XL:



Nur der ist dieses Segens im Orden werth, der

Jesum Christum

, den Schlangentreter, recht kennt, sein tinkturalisches Versöhnungsblut ganz auffasset und durch seinen starken Glauben mit ihm innigst vereinigt ist. Nur solchen

gab er Macht

, nur diesen dreimal glücklichen Ordensbrüdern gab er Macht, Gottes Kinder zu heißen, die an seinen Namen glauben. Joh. 1, 12.



Und an eben dieser Stelle (pag. XL.):



Ich habe Ihnen hiermit genug gesagt, und schließe mit den Worten Pauli 1. Korinther 16, V. 22. Wer unsern Herrn

Jesum Christum

 nicht lieb hat, der sei verpflucht oder Anathema maharam Motha. Das heißt: durch den großen Bann der göttlichen Strafgerechtigkeit ausgesetzt. Amen! Amen! Amen!



Diese Schriften riefen im gegnerischen Lager, also unter Freimaurern und Nationalisten, einen Zorn hervor, den wir in unsern Tagen, wo dergleichen in offener Befehdung der Gegensätze jeden Tag gedruckt wird, einfach nicht zu fassen vermögen, wenn wir nicht gegenwärtig haben, wer jene Schriften schrieb, wer Chrysophiron war und welche staatliche Gewalt schützend hinter

diesem

 Orden der Gold- und Rosenkreuzer stand. Dies alles waren nicht Blasen, die ein beliebiger Sektengeist warf, sondern diese Anschauungen herrschten an oberster Stelle, drohten in Edikten und Gesetzen bestimmend, maßgebend für Millionen Andersdenkender zu werden und traten schließlich

wirklich

 als Landesgesetze in Kraft. Hinter dieser Rosenkreuzerei standen auf länger denn zehn Jahre hin die Machthaber Preußens: der König, Wöllner, Bischofswerder. Chrysophiron war Pseudonym für Wöllner.



Dies wird genügen, die oben erwähnte bittre Feindschaft zu erklären, die durch die liberale Welt ging. In Frankreich der Sieg des Voltairianismus bis in seine letzten Konsequenzen und – in Preußen, an dessen Spitze beinah fünfzig Jahre lang der Philosoph von Sanssouci gestanden und der Aufklärung eine Stätte bereitet hatte, in

diesem

 Preußen: Umkehr, Gewissensdruck, Rosenkreuzerei. So lange hinter dieser letztern die staatliche Macht stand, solange sie mit dieser identisch war, war ein Kampf dagegen unmöglich, aber kaum daß der Sarg Friedrich Wilhelms II. in die Gruft des Domes niedergelassen war, so brach es hervor. An der Spitze der alte Nicolai. In der Vorrede zum sechsundfünfzigsten Bande der „Neuen Allgemeinen deutschen Bibliothek“ führte er nunmehr über die Rosenkreuzer, die jetzt freilich ein toter Percy waren, folgende Sprache:



„Sehr bald nach dem Tode Friedrichs des Großen fanden bei seinem Nachfolger Männer Gehör, welche zu mehreren nachtheiligen Maßregeln Anlaß gaben. Dieselben waren großentheils durch eine

geheime Macht

, durch den

Gold- und Rosenkreuzer-Orden

 und durch den Einfluß der ‚

unbekannten Väter

‘ geleitet, welche diesen Orden ungefähr seit 1778, noch zu Lebzeiten des großen Königs, unglaublich weit in Deutschland auszubreiten wußten. Wo die ‚unbekannten Väter‘ sich aufhielten, wußten die Ordensgenossen nicht; aber wenn dunkle Winke hin und wieder gegeben wurden, so ward allemal auf

katholische

 Orte gedeutet. Alle diese

Innern Orden

 verlangten blindes Vertrauen auf die unbekannten Oberen; … der tollen

Geisterseherei

 wurde nach und nach Thür und Thor geöffnet, damit der freie Gebrauch der Vernunft gehemmt und nach und nach der Herrschsucht der Hierarchie und ihrer

eigenen

 Herrschsucht ein ausgedehnterer Wirkungskreis bereitet würde.

 



Es ist auch selbst dem allgemeinen Publikum nicht ganz unbekannt geblieben, welche wichtige Folgen von 1786 bis 1797 in den preußischen Staaten durch die Anhänglichkeit an die Rosenkreuzer bewirkt worden sind. Wenngleich dieselben keineswegs all ihre schädlichen Pläne haben durchsetzen können, so kann doch derjenige, der einigermaßen die Umstände kennt, kaum zweifeln, daß die

Rosenkreuzerei

 auf die in die Augen fallende Veränderung der Verfügungen in Absicht auf die Religionen (das Wöllnersche Religions-Edikt ist gemeint) einen wichtigen Einfluß gehabt habe. Dank sei es den menschenfreundlichen Privatgesinnungen König Friedrich Wilhelms II., daß die Absicht der Obskuranten, alle Aufklärung auszurotten, nicht bis zur Absetzung der Aufklärer von ihren Ämtern, bis zur ihrer Einschließung in Gefängnisse oder ihrer Verjagung aus dem Lande fortgesetzt ward. Es gab Leute, denen es an

Willen

 hierzu nicht fehlte und noch weniger an

Drohungen

.“



Zu dieser Sprache, die außerdem noch mit Bezeichnungen wie „bübisch“, „schmutzig“, „betrügerisch“ reichlich verbrämt war, war Nicolai als Parteimann, als ausgesprochener Widerpart, dazu als Mann, der persönliche Kränkungen und Schädigungen erfahren hatte, zu gutem Teile berechtigt, – wir nachträglich haben die Pflicht, unparteiischer auf das Getriebe dieses Ordens und der beiden einflußreichen, den Staat lenkenden Männer zu blicken, die entweder an der Spitze des Ordens standen oder doch seine wichtigsten, ja überhaupt die

einzig wichtigen

 Mitglieder waren. Ohne die Namen Bischofswerder und Wöllner wären die Rosenkreuzer wie so viele andere Orden jener Zeit ohne Sang und Klang vom Schauplatz abgetreten.



Was wollte der Orden? wie entstand er? Er war, seinem Kern und Wesen nach, eine Unausbleiblichkeit, weil ein naturgemäßer Rückschlag. Wir konstatieren einfach eine Tatsache, wenn wir hervorheben, daß man in den letzten Regierungsjahren Friedrichs des Großen in vielen Kreisen anfing, der Aufklärung wenig froh zu werden. Gegensätze, die sich befehden, die beide in der Natur des Menschen ihre Wurzel und ihre Berechtigung finden, pflegen sich unter einander in Herrschaft und Obmacht abzulösen. Dem Puritanismus folgte Libertinage, der starren Orthodoxie Friedrich Wilhelms I. folgte der Voltairianismus der Fridericianischen Zeit, dem Kosmopolitismus folgte eine nationale Bewegung und dem Illuminatentum, das überall ein Licht anzünden wollte, mußte naturgemäß irgend ein Rosenkreuzertum folgen, das davon ausging: alles Tiefe liegt nicht im Licht, sondern im Dunkel. Das Empfinden der Zeiten und der Individuen wird in bezug auf diese Frage immer aus einander gehen und jene Enthusiasten, die überall ein Rätsel, ein Wunder, ein direktes Eingreifen Gottes sehen, wo der Nüchternheitsmensch einfach das Verhältnis von Ursache und Wirkung zu erkennen glaubt, diese phantasiereicheren, unserer besten Überzeugung nach höher angelegten Naturen, dürfen mindestens

eins

 verlangen: Gleichstellung in bürgerlicher Ehre. Es ist nichts damit getan, ihnen einfach den Zettel „Dunkelmänner“ aufzukleben und sie damit, zu beliebiger Verhöhnung, auf den Markt zu stellen. Seinem Kern und Wesen nach war das moderne Rosenkreuzertum nichts als eine Vereinigung von Männern, die, ob katholisierend oder nicht, an den dreieinigen Gott glaubten und diesen Glauben dem Deismus, dem Pantheismus und Atheismus gegenüberstellten.



Wer will in dieser Reaktionsbewegung, die den Glaubensinhalt vergangener Jahrhunderte

zurück

verlangt, ein- für allemal einen geistigen Rückschritt, eine Einbuße an ideellen Gütern erkennen? Wer hat den Mut, die Glaubenskraft des Menschen unter die Verstandeskraft zu stellen? Glaube und wissenschaftliche Erkenntnis schließen einander nicht aus, und mit höchster Geisteskraft ist höchste Glaubenskraft durch ganze Epochen hin vereinigt gewesen. Das Rosenkreuzertum hat dadurch keine Sünde auf sich geladen, daß es das Gegenteil von

dem

 wollte, was der alte Nicolai wollte.

37

37


  Wie wenig der alte Nicolai mit all seinen Meriten imstande war, einer Erscheinung wie der des Rosenkreuzer-Ordens gerecht zu werden, geht aus seinen eigenen Aufzeichnungen am besten hervor. Er sah in

allem

, was damals in Dichtung und Philosophie den Vorhang von einer neuen Welt hinwegzuziehen gedachte, nur Eitelkeit, Anmaßung, Phantasterei und Geisterschwindel, und stand gegen die ganze junge Literatur, wenigstens soweit sie romantisch war, ebenso feindselig, wie gegen Wöllner und die Rosenkreuzerei. „Die Herren

Fichte

,

Schelling

,

Hegel

,

Schlegel

,

Tieck

“ so schreibt er „und wie die sich wichtig dünkenden Männer und Männchen weiter heißen, preisen sich zwar fleißig einer den andern und sprechen von allen Philosophen und Dichtern, welche nicht zu ihrer geheiligten Kirche gehören, so wie auch von der

gesunden Vernunft

 und Aufklärung aufs verächtlichste. Aber auch das Verachten will nicht gelingen … Sie versichern daher die Entdeckung gemacht zu haben, daß Fichte und Schelling, ob sie gleich, leider! schon anfangen von einander zu differieren (wie uns Hr.

Hegel

, ein neulichst berühmt werden-wollender Philosoph, in einer besondern Schrift des breiteren auseinandersetzt), dennoch die einzigen Philosophen sind, denen, auch wenn sie nicht übereinstimmen, allein das wahre Wissen vom

Subjekt-Objekte

 gebührt. Ferner noch haben diese Herren durch ihre intellektuelle Anschauung deutlich erkannt, daß Wieland und Klopstock

keine

 Dichter sind, hingegen

Friedrich Schlegel

 und

Ludwig Tieck

 Dichter vom größten Genie!“ – So eifert Nicolai über viele Seiten hin. An einer andern Stelle zieht er direkt Parallelen zwischen den Rosenkreuzern einerseits und Fichte-Schelling andererseits und findet, daß die Philosopheme beider sich als „gleich ungereimt“ erweisen. All das ging ihm eben über Kraft und Verständnis.





Wenn wir dennoch das Auftreten des Rosenkreuzertums zu beklagen und sein Erlöschen nach kurzer Allmacht als ein Glück für das Land zu bezeichnen haben, so liegt das in Nebendingen, in begleitenden Zufälligkeiten, die, teils irrtümlicherweise, von den Feinden aber in wohlüberlegter Absicht in den Vordergrund gestellt worden sind, um das moralische Ansehen des Gegners zu diskreditieren. Wir meinen hier die

Geistererscheinungen

, den ganzen Apparat, der von den Rosenkreuzern in Bewegung gesetzt wurde, um einen trägen Glauben künstlich zu beleben.



Wegzuleugnen sind diese trüben Dinge nicht, wiewohl sie höchst wahrscheinlich eine viel geringere Rolle gespielt haben, als man gewöhnlich annimmt. Gleichviel: man

hat

 zu diesen Hilfsmitteln gegriffen und wir perhorreszieren es, daß es geschehen. Es war unwürdig, bei dem betrügerischen Schrepfer so zu sagen auf Borg zu gehen, seine im Dienst der Lüge klug verwandten Künste in den Dienst einer Sache zu stellen, die, für unsere Überzeugung wenigstens, ganz unbestritten einen idealen Kern hatte. Es war ein Unrecht. Aber betonen wir dies Unrecht nicht stärker als nötig. Beurteilen wir die Dinge aus der Zeit heraus. Auch das

sittliche

 Empfinden stellt sich in verschiedenen Jahrhunderten verschieden. Eine Politik, wie sie der große Kurfürst, ein frommer, strenggläubiger Mann, gegen Polen und Schweden übte, würde heute verabscheut werden; damals nahm niemand Anstoß daran; man bewunderte nur den klugen, patriotischen Fürsten; – und zu allen Zeiten sind Wunder gemacht worden, nicht bloß von Betrügern, sondern auch von Priestern, die an einen ewigen, allmächtigen und

wundertätigen

 Gott in aller Aufrichtigkeit glaubten. Wie wir schon an früherer Stelle sagten: das kleine Mit-Eingreifen, das

Mit-Spielen

 ist kein Beweis für ein frivoles Sich drüber stellen über die transzendentale Welt.



Der

Hokuspokus

 bleibt ein Fleck an jener interessanten geheimen Vergesellschaftung, die durch eine seltsame Verkettung von Umständen in die Lage kam, Preußen auf zwölf Jahre hin zu regieren, aber ein bi