Love Petit Fours

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»Wen willst du verzaubern", fragte er geradeheraus.

»Was meinst du?«

»Adele, meine Sehkraft ist ausgezeichnet. Also, was willst du damit bezwecken?«

Er kam näher und Adele ging ein paar Schritte zurück. Sein Blick veränderte sich wieder, wurde durchdringend und die Punkte in seinen Augen tanzten wild.

»Julien, es tut mir leid, ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe. Ich denke, ich wollte einfach mal gut aussehen, verstehst du?«

Sie versuchte zu entwischen, doch Julien hielt sie am Arm fest und dann landete sie an seiner Brust. Er strich langsam über ihre Wange hinab zum Kinn und hob es an.

»Adele, du machst deine Arbeit bei mir ausgezeichnet, aber lügen kannst du eindeutig nicht. Du wirst mir jetzt sagen, warum du dieses überaus reizende Kleid angezogen hast.«

Er hielt sie weiter fest.

»Ich wollte mich einmal für das Abendessen hübsch anziehen.«

Er zog sie näher an sich.

»Für das Abendessen?«

»Julien, ich habe …«

»Was hast du?«

»Gut, ich sage es dir. Ich habe mich in dich verliebt. Ja, ich weiß, das ist dumm von mir.«

»Weshalb ist das dumm? Ich finde diese Tatsache sehr reizvoll.«

Julien, bitte. Ich bin zu weit gegangen, denn mir wird gerade klar, dass ich nicht nur eine erotische Nacht mit dir verbringen möchte. Außerdem will ich unsere Arbeit nicht frühzeitig beenden müssen.«

»Du gibst dich also nur für mehrere Nächte in Liebe hin?«

»Machst du dich über mich lustig?«

»Nein Adele, das würde ich mir nicht erlauben. Liest du mein Manuskript nicht genau? »Die Liebe ist immer existierend, in meinen Romanen und in der Wirklichkeit. Ich wusste es schon eher als du, denn ich wollte dich von Anfang an und ich will dich immer in meiner Nähe haben, nicht nur eine Nacht.«

Er strich langsam ihren Hals entlang, hinab zu …

Zeit und Raum verschwanden, lösten sich auf und er hinterließ zuckersüße Spuren auf ihrer Haut. Adele lächelte. Ja, er war leidenschaftlich, gefühlvoll und es war überirdisch magisch mit ihm …

Sylvie C. Ange

Frei wie der Wind

Short Vintage Romance

Wovor hast du Angst?

Glaubst du mir nicht, dass ich dich schon immer geliebt habe?

Catherine betrachtete ihr Gesicht im Spiegel. Es zeigten sich die ersten kleinen Lachfältchen um die Augen, aber sonst war die porzellanfarbene Haut ebenmäßig, die ungewöhnlichen azurblauen Augen leuchteten und passten hervorragend zu dem halblangen hellen Haar. Sie strich die Taille entlang und glättete die hochgeschlossene weiße Spitzenbluse. Sie atmete tief durch.

Was sollte sie bloß tun?

Es waren viele Jahre seit der letzten Begegnung vergangen Sollte sie überhaupt hingehen? Sie könnte krank werden, einen unerklärlichen Migräneanfall haben, einen dringenden Termin haben … Unsinn.

Louise würde ihr nie verzeihen, wenn sie nicht zu ihrem vierzigsten Geburtstag kommen würde. Catherine hob die Schultern und seufzte hörbar auf.

Louise war ihre beste Freundin, mit ihr hatte sie viel erlebt, viel gemeinsam und jetzt waren sie plötzlich beide vierzig. Sie hatten sich lange nicht gesehen, aber sie schrieben sich regelmäßig E-Mails.

Sie musste hingehen, dies stand fest.

Vielleicht war er gar nicht da.

Natürlich wird er da sein, er war Louises Bruder, also nur keine Illusionen, Catherine. Du wirst ihm, um einige Jahre älter, gegenübertreten müssen. Ihre Gedanken spielten verrückt.

Sie drehte sich noch mal zum Spiegel. Sah doch alles passabel aus, und außerdem war es egal was er denken würde.

»Es ist dir nicht egal, Catherine«, sagte sie sarkastisch und streckte ihrem Spiegelbild die Zunge entgegen.

o

»Catherine, meine Güte, ich hätte dich fast nicht erkannt.«

Louise stand auf der Terrasse ihres Hauses und winkte ihr zu.

»Ja so ist das, wenn man sich ein paar Jährchen nicht sieht«, antwortete Catherine und umarmte Louise.

»Du siehst beneidenswert gut aus, Catherine. Wie machst du das nur, dass du so schlank bleibst? Du hast die Figur eines Mannequins.«

»Louise, du übertreibst wieder, ich glaube fast du willst ein besonderes Geburtstagsgeschenk von mir.«

»Und du hast noch immer kein Selbstbewusstsein, meine liebe Freundin, warum glaubst du mir mein Kompliment nicht? Es ist wirklich ehrlich gemeint.«

Catherine umarmte ihre Freundin wieder.

»Okay, wenn du es sagst, werde ich dir glauben.«

o

Catherine schüttelte unzählige Hände. Louises Bekannte, Freunde und Verwandte waren zahlreich erschienen.

»Wo hast du nur gesteckt, Catherine?«, fragte Louises Mutter.

»Ich bin so mit meiner Arbeit beschäftigt, ich komme kaum zum Atmen.«

»Louise hat mir erzählt, dass du den Redakteurjob übernommen hast.«

Während Catherine den Erzählungen von Louises Mutter lauschte, fühlte sie sich immer behaglicher, denn aus welchen Gründen immer, war Mathis nicht anwesend. Vielleicht war er wieder in fernen Landen unterwegs, so wie früher. Diesmal wahrscheinlich mit seiner Frau. Nun erübrigte sich alles und sie brauchte sich keine weitere Ausrede mehr einfallen lassen, warum sie damals seiner Einladung zur Hochzeit nicht gefolgt war.

»Nun habe ich genug geplaudert, entschuldige mich, aber ich habe Camille ankommen sehen.« Louises Mutter zwinkerte ihr vergnügt zu.

»Natürlich, wir sehen uns später.« Catherine sah auf die bunte Gesellschaft, die gute Laune versprühte. Langsam schlenderte sie auf die Terrasse. Louise hatte ein hervorragendes Händchen für den Garten. Überall blühten verschiedenste Blumen, eine kleine Brücke führte über einen Gartenteich, in dem sich exquisite Kois befanden, die Louise selbst aus Japan geholt hatte – da gab es Drachen ähnlich aussehende, goldfarbene, dreifarbige Seltenheiten – stolz hatte ihr Louise einige Zuchtformen erklärt, die so exotisch anmutende Namen wie »Utsurimono Utsuri« hatten.

Ein Teil des Gartens war ganz im japanischen Stil angelegt, ein Teil gehörte selbst angebauten Kräutern und Gemüse und ein Teil lag in geordneter Wildheit in dem die Kinder toben und gegebenenfalls Freunde einladen durften. Catherine beneidete Louise um diese Idylle, um ihre Familie, um ihren liebenswürdigen Mann mit dem klangvollen Namen Laurent und um die zwei Jungen.

Sie selbst hatte die Karriere gewählt und … sie hatte damals nein gesagt, als Mathis sie gefragt hatte, ob sie mit ihm, frei wie der Wind, über den Ozean segeln wolle.

Sie war verlobt gewesen, hatte eigentlich vor gehabt eine Familie zu gründen – und außerdem – wie hätte es wohl ausgesehen, wenn eine Dreißigjährige mit einem Dreiundzwanzigjährigen den Erball umsegelte.

Du mit deiner Moral, und was hat dir die Entscheidung gebracht: Arthur hatte die Verlobung gelöst. Catherine schalt sich insgeheim und sah versunken auf die beleuchteten Laternen, die den Garten in behagliche Atmosphäre tauchte.

Wie oft hatte sie bereut, Mathis’ Angebot abgelehnt zu haben. Als sie damals die Ansichtkarte erhielt, die er ihr geschickt hatte, war sie in Tränen ausgebrochen und dann wurde ihr bewusst, dass sie für ihn doch mehr Gefühle hegte, als sie gedacht und zugegeben hatte.

Nach einem Jahr war Mathis zurückgekehrt, und es kam die Einladung zu seiner Hochzeit. Catherine war erneut in Tränen ausgebrochen. Sie vergönnte und wünschte ihm sein Glück, trotzdem war sie nicht fähig gewesen zur Hochzeitsfeier zu kommen. Sie wollte ihn einfach nicht mehr sehen, um sich selbst vor Wehmut zu schützen. Dass er enttäuscht sein würde, hatte sie gewusst, denn Mathis hatte sie freundschaftlich sehr ins Herz geschlossen.

Manchmal hatte Louise sie seltsam angesehen, vermutlich hatte sie viel früher bemerkt was sie für Mathis wirklich empfand, aber ihre Freundin verlor nie ein Wort darüber.

Genau ein halbes Jahr später, verließ Arthur sie, ohne viele Worte.

Ein Laternenlicht verlöschte und Catherine lächelte. Sie hatte gewusst, dass sie wieder in der Vergangenheit schwelgen würde, wenn sie zu Louise kam. Zum Glück war Mathis nicht da, sie hätte seinen Anblick nur mit großer Mühe überstanden.

»Cat?«

Catherine erstarrte und hielt unbewusst den Atem an. Schon lange hatte sie niemand »Cat« genannt.

Nein, nein … das durfte nicht sein, gerade war sie erleichtert gewesen … froh darüber, dass er nicht da war … und nun … nun hörte sie seine einschmeichelnde Stimme.

Sie wagte sich nicht umzudrehen.

Wie würde er aussehen? Warum konnte man sich in manchen Situationen nicht auflösen, verschwinden, sich wegbeamen?

»Cat?«

Mit einem Schwung drehte sich Catherine um.

Sie hatte es geahnt. Da war er wieder, dieser Blick, der ihr in die Glieder fuhr und es fertig brachte, dass sie weiche Knie bekam.

»Mathis, wie schön dich zu sehen. Bist du gerade angekommen?« Nervös streifte Catherine eine vorwitzige Haarsträhne aus der Stirn.

»Ja. Ich bin eben eingetroffen, etwas verspätet, aber doch. Du siehst …«

Ach herrje, jetzt kam Mathis’ berühmte Direktheit, Catherine hielt erneut die Luft an.

»… toll aus, hast dich zwar etwas verändert, aber zu deinem Vorteil.« Er grinste sie augenzwinkernd an.

»Seit wann teilst du Komplimente aus?« Catherine lachte.

»Manchmal muss man das tun, vor allem bei besonderen Menschen.«

Sie versuchte seinem Blick nicht auszuweichen. »Du siehst auch gut aus. Was machst du so? Wo ist deine Frau?« Was für eine Konversationseinleitung. Gleich nach seiner Frau zu fragen war wirklich nicht nötig gewesen, dachte Catherine ärgerlich.

 

»Cecile hat sich in einen anderen Mann verliebt, seither lebe ich ein zufriedenes Singelleben.«

»Das tut mir leid, aber du hast sicher eine Menge Bekannte, nicht wahr.«

Mathis lachte.

»Natürlich, aber nichts Dauerhaftes. Was ist mit dir, hast du Arthur geheiratet?«

»Nein. Er hat mich ein halbes Jahr nach deiner Hochzeit verlassen.« Sie biss sich fasst auf die Zunge. Jetzt hatte sie selbst das Thema angeschnitten.

Mathis’ Blick ruhte auf ihr und dann kam die erwartete Frage.

»Übrigens Hochzeit, weshalb bist du damals nicht gekommen. Ich war sehr enttäuscht, Cat.«

»Ich … ich hatte so viele Termine, es ging einfach nicht.«

»Du konntest einen Termin nicht verschieben? Was war das für ein äußerst wichtiger Termin?«

Catherine strich ihren Rock glatt. »Ich weiß es nicht mehr, jedenfalls … es war einfach nicht möglich gewesen.«

»So ganz werde ich das Gefühl nicht los, dass du ein wenig mogelst, Cat, aber okay, belassen wir es dabei.«

Catherine war über ihre Gefühle, die in ihrem Inneren tobten, in Aufruhr.

»Mathis, Mathis …« Louise eilte echauffiert heran.

»Ach hier versteckst du dich, natürlich mit Catherine. Hätte ich mir denken können.«

Catherine sah in Louises lächelndes Gesicht. Louise sah von Mathis zu ihr und bekam wieder diesen rätselhaften Blick. Sie wusste es schon immer. Catherine wich dem Blick ihrer Freundin aus.

»Mathis, Cecile ist gekommen und hat mir zum Geburtstag gratuliert.«

»Das ist ja ein Ding, woher weiß sie von der Party?«

»Das ist ein ganz verworrene Geschichte: Laurent hat ein paar Fliegen mit einer Klappe schlagen wollen und drei seiner neuen Geschäftspartner mit deren Frauen zur Party eingeladen und Cecile ist nun die Frau des einen Partners.«

Mathis prustete vor Lachen.

»Also, wenn man so etwas planen wollte, gelingt einem dies nie. Ich werde sie anstandshalber begrüßen, begleitest du mich, Cat?«

»Ja, wenn du das willst.«

»Und ob ich das will.«

o

Als sie gemeinsam zurück zu den Gästen gingen, nahm Mathis Catherines Arm und legte ihn unter seinen.

»Hallo Cecile, welche Überraschung dich hier zu sehen.«

»Mathis, ich dachte du wärst auf Reisen«, stotterte Cecile.

»Wie du siehst, bin ich das noch nicht. Darf ich dir meine Freundin Cat vorstellen.«

Die beiden Frauen reichten sich die Hände.

»Mein Mann muss auch hier irgendwo sein«, sagte Cecile schnell, verschwand und kam mit einem gut aussehenden Mann im Schlepptau wieder.

Catherine glaubte ihren Augen nicht zu trauen.

»Das ist mein Mann Arthur Morel.«

o

Mathis war mit Catherine wieder auf die Terrasse gegangen und konnte sich vor Lachen nicht mehr halten.

»Ich glaube das einfach nicht, dein Ex-Arthur, hat meine Ex-Cecile geheiratet. Das ist doch kein Zufall mehr, das ist ein Wink des Schicksals.«

Catherine lachte verhaltener.

»Also ich muss das Ganze erst irgendwie einordnen. Wieso ein Wink des Schicksals?«

Mathis stand mit dem Rücken zu ihr über die Terrassenbrüstung gelehnt. Er hatte zu lachen aufgehört. Eine Weile war es still, dann wandte er sich um, kam langsam näher und legte seine Hände auf Catherines Schultern.

»Cat … warum bist du damals nicht zu meiner Hochzeit gekommen?«

Catherine konnte die feine Vibration in seiner Stimme hören.

»Mathis, es ist eine Menge Zeit vergangen, das ist doch jetzt nicht mehr wichtig.«

»Sag es mir«, verlangte er bestimmt, während Catherine sich ihm zu entwinden versuchte, aber er hielt sie fest.

»Wir haben uns heute erst seit … vielleicht drei, vier Stunden unterhalten und …«

»Sag es mir«, drängte er.

»Bitte Mathis, ich kann nicht, ich würde mich nur lächerlich machen und das möchte ich nicht.«

»Cat, bitte, ich muss es wissen. Jetzt.«

»Gut, damit du etwas zum Lachen hast. Ich wollte es nie zugeben, aber …«

»Was?«

»Ich hatte nicht, wie du, nur freundschaftliche Gefühle für dich. Ich hatte mich in dich verliebt. Über dein Glück freute ich mich natürlich, gleichzeitig war ich unendlich traurig. So nun ist es heraus. Bitte sag Louise nichts, sie würde wieder ihren sonderbaren Blick bekommen.«

Weiter kam sie nicht, denn Mathis beugte sich über sie und küsste sie mit einer Leidenschaft, die Catherine überwältigte.

Ungläubig starrte sie ihn an.

»Das wollte ich schon immer tun, aber du hast nie zu erkennen gegeben, was du für mich fühltest, dabei wollte ich dich, Cat. Es ist alles Bestimmung, ich fühle es.«

»Ich weiß nicht was ich nun sagen soll.«

»Cat, du hast damals abgelehnt, als ich dich bat mit mir um die Welt zu segeln – jetzt frage ich dich wieder: Willst du mit mir für ein Jahr nach Neuseeland kommen? In zwei Monaten reise ich ab.«

»Du willst, dass ich mit dir nach Neuseeland komme? Wie soll ich das anstellen? Ich kann doch hier nicht einfach verschwinden, meine Arbeit … und außerdem möchte ich nicht nur eine Episode für dich sein.«

Mathis sah ihr fest in die Augen.

»Cat, wovor hast du Angst? Glaubst du mir nicht, dass ich dich schon immer geliebt habe?«

Catherine sah den sehnsüchtigen Blick in seinen Augen.

»Ich habe mir so gewünscht, dass du mich liebst.«

»Dann gib uns eine Chance, Cat … wir beide … erinnerst du dich: Frei wie der Wind … Cat, komm mit mir.«

»Frei wie der Wind«, murmelte Catherine leise. »Ich weiß nicht … ich weiß nicht was ich denken soll, ich bin von Gefühlen und Worten so irritiert und aufgewühlt.«

»Okay, ich bitte dich, dass wir uns zurückziehen und alles besprechen? Ich will dir jede Frage beantworten, die du mir stellst.«

Er zog sie langsam an sich und es war, als blicke er ihr tief in ihr Innerstes. Dann konnte Catherine in seinen Augen lesen.

Sie verstanden sich ohne Worte und wenn sie dies konnten, dann war alles richtig. Sie nickte, denn diesmal musste sie die Chance nutzen.

Sie wollte alles auskosten, tatsächlich erleben, wovon sie schon so lange geträumt hatte.

Sylvie C. Ange

Weg in die Vergangenheit

Short Vintage Romance

Ich weiß es und Sie wissen es auch …

Aurelie blieb am Straßenrand stehen und stieg aus dem Auto. Sie hatte keine Ahmung wo sie sich befand.

Das fast rote Licht der untergehenden Sonne ließ die Landschaft noch einmal aufleuchten. Die Straße schien unendlich und kein Mensch war weit und breit zu sehen. Sie stieg wieder ein und tippte die Daten erneut in das Navigationsgerät.

»Mach endlich etwas, du grandiose Erfindung der Technik.«

»Fahren Sie sieben Kilometer geradeaus.«

»Sieben Kilometer? Na gut, wenn du meinst.«

Aurelie lachte insgeheim. Gut, dass niemand hören konnte, dass sie mit dem Navigationsgerät sprach.

Die Fahrt war genauso mysteriös, wie der Brief, von dem sie dachte, dass sie ihn nie erhalten würde, aber ihre Recherchen waren unerwartet erfolgreich.

»Biegen Sie links ab und fahren sie drei Kilometer zum Ziel.«

Aurelie blieb stehen und sah skeptisch der linken Abfahrt entgegen.

»Das ist doch nicht wahr, oder? Hier soll ich abbiegen? Direkt in die Wildnis?«

»Biegen Sie links ab und fahren Sie drei Kilometer zum Ziel.«

»Schon gut, ich habe es gehört. Wenn ich im Straßengraben lande, dann wirst du deaktiviert.«

Die steinige Landstraße wurde immer unebener, das Dickicht schien immer dichter zu werden und als die Sonne unterging, erkannte Aurelie nichts, außer ein paar Meter Weg, welcher vom Scheinwerferlicht beleuchtet wurde.

»Verflixt«, murmelte sie, doch dann lichtete sich das Dickicht und eine große Landvilla, aus deren Fenster spärliches Licht fiel, tauchte auf.

Aurelie parkte vor dem Gebäude und stieg aus.

»Bon jour. Aurelie Rosier?«

Die ältere Frau, die vor der Tür stand, schien sie erwartet zu haben.

»Bon jour, Madame. Ja, ich bin Aurelie Rosier. Tut mir leid, dass ich nicht zum vereinbarten Zeitpunkt hier sein konnte.«

Die Frau lachte.

»Wir sind hier sehr weit draußen, so mancher Besucher hat sich schon verfahren. Ich bin Odile Blanc, die Haushälterin. Kommen Sie bitte ins Haus.«

Aurelie nahm ihre Reisetasche aus dem Auto, folgte Madame Blanc und fand sich in einem großen Raum wieder. Die Nachtbeleuchtung ließ alles in einem gedämpften Licht erscheinen, aber Aurelie konnte die weißen Landhausmöbel und die wundervolle Keramik mit getrockneten Lavendel- und Rosensträußen trotzdem eingehend bewundern. Es duftete nach würzigen Kräutern und alles wirkte gastfreundlich.

Aurelie legte ihren rosa Sonnenhut auf einen weißen Metalltisch und band das rosa Band an ihrem langen blonden Zopf fester. Sie merkte, dass Madame Blanc sie mit großen Augen ansah.

»Ist etwas nicht in Ordnung? Soll ich meinen Sonnenhut wo anders hinlegen?«

Madame Blanc schüttelte den Kopf.

»Nein, nein lassen Sie nur. Ich glaube, alles ist in Ordnung.«

»Wie meinen …«

Aurelie konnte ihre Frage nicht zu Ende sprechen.

»Ist sie endlich hier, Odile?«

Jemand kam näher und blieb vor Madame Blanc stehen.

Aurelie war gleichzeitig fasziniert und erschrocken.

»Ja, das ist Aurelie Rosier, Monsieur.«

Der große dunkelhaarige Mann musterte Aurelie, hob kurz seine Augenbrauen und sah sie mit sonderbarem Blick an, dann wandte er sich wieder an Odile Blanc.

»Morgen um zehn Uhr. Pünktlich. Bonne nuit, Odile.«

Er drehte sich wieder zu Aurelie.

»Bonne nuit, Mademoiselle«, sagte er mit dunkler Stimme, sah sie erneut sekundenlang mit finsterem Blick an und ging davon.«

»Ich bin wohl nicht sehr willkommen.«

Odile legte ihre Hand auf Aurelies Arm, lächelte und führte sie weiter.

»Lassen Sie sich nicht einschüchtern. Monsieur Durand ist sehr charmant … wenn er will.«

»Wer ist er«, entfuhr es Aurelie und ärgerte sich gleichzeitig über ihre Neugier.«

»Das ist Monsieur Olivier Durand. Er ist Madame de Rocieres Rechtsanwalt und wird morgen mit Ihnen sprechen.«

Aurelie versuchte ihre Enttäuschung zu verbergen, hatte sie doch gehofft, dass Madame de Rociere sie empfangen würde.

»Wohnt Madames Rechtsanwalt hier?«

Odile lachte.

»Ja, denn er gehört zur Familie.«

Odile Blanc sah sie kurz an und sprach dann in vertraulicher Art weiter.

»Madame hat vor vielen Jahren den kleinen Sohn ihrer innigen Freundin bei ihr aufgenommen und ihn wie ihren eigenen Sohn aufgezogen.«

»Ich verstehe. Und jetzt komme ich und …«

Aurelie fühlte sich plötzlich gar nicht mehr so wohl.

Odile Blanc öffnete eine Tür und Aurelie war begeistert von dem, das sie sah. Ihr Missbehagen, das gerade aufkommen wollte, verschwand wieder. Das Zimmer war ebenso in weißem Landhausstil eingerichtet. Es duftete nach Lavendel und die unzähligen liebevoll gestalteten Dekorationen rundeten die Einrichtung ab. Aurelie nahm einen kleinen weißen Keramikengel von einer Anrichte.

Odile lächelte. »Bonne nuit, Mademoiselle. Ich hole Sie morgen um 9:30 ab.«

Odile drehte sich an der Tür noch einmal um. »Nennen Sie mich Odile.«

»Danke, Odile.«

o

Aurelie war versucht davonzulaufen. Olivier Durand hatte vor sich Schriftstücke liegen, las darin und hatte noch kein einziges Mal aufgeblickt. Er hatte nur gegrüßt, als Odile sie vor ein paar Minuten hergebracht hatte. Ließ er sie absichtlich warten? Wollte er ihr zeigen wie unerwünscht sie war?

Sie hatte monatelang recherchiert. War die Mühe umsonst gewesen? Vielleicht hätte sie die Vergangenheit ruhen lassen sollen?

Während die Gedanken sie überfielen, musste sie sich beherrschen, Olivier Durand nicht allzu auffallend zu mustern, doch es gelang ihr einfach nicht sich von dem männlich geschnittenen Gesichtszügen abzuwenden. Sein schwarzes Haar schimmerte im Sonnenlicht, das durch das große Fenster fiel und Aurelie fiel der dunkle Zauberer eines Märchens ein.

 

Sie schwelgte wie ein Teenager in Fantasien, doch sie war nicht zum fantasieren hier.

Sie seufzte hörbar. Wo war nur Madame de Rociere?

»Sind Sie nervös?« Oliviers Stimme klang amüsiert.

Aurelie spürte, dass ihre Wangen zu glühen begannen.

»Nein. Ich dachte nur …« Was war nur los mit ihr? Weshalb verwirrte sie dieser Mann so?

Olivier konnte scheinbar Gedanken lesen.

»Madame de Rociere kann den vereinbarten Termin nicht einhalten, denn sie ist noch einige Tage in Avignon. Solange müssen Sie mit mir sprechen.«

Warum nur war sie so aufgewühlt? Fasse dich, Aurelie.

»Also gut.« Oliviers Stimme klang wieder so unnahbar, wie bei der ersten Begegnung. Er legte die Schriftstücke beiseite und nahm das oberste Blatt in die Hand.

»Nach ihrem Brief zu schließen, meinen Sie, dass Madame Fabienne de Rociere ihre Großmutter ist? Wie sind Sie zu dieser Vermutung gekommen?«

Aurelie schluckte. Sie kam sich plötzlich wie ein Eindringling vor. Dass ihre Nachforschungen Konsequenzen haben könnten, daran hatte sie nicht gedacht.

»Bevor meine Mutter starb, hatte sie mir gesagt, dass der richtige Name meines Vaters auf dem Foto steht, das sie aufbewahrt und immer bei sich getragen hatte. Ich wollte nun mehr über meinen Vater, dessen Name Vincent de Rociere war, erfahren und meine Recherchen führten mich hier her.«

»Eine sehr vage Ausführung. Ein Name auf einem Foto ist kein Beweis. Trotzdem sind wir sehr neugierig auf Sie und haben Sie deshalb eingeladen, um Licht in die Sache zu bringen. Hatte ihre Mutter noch einen anderen Beweis?«

Olivier lehnte sich zurück und verschränkte die Arme.

Aurelie fühlte sich immer unbehaglicher.

»Mehr kann ich Ihnen nicht bieten. Wenn ich bessere Beweise hätte, dann hätte ich Sie Ihnen gegeben.«

Aurelie rutschte an den Stuhlrand.

»Zeigen Sie mir das Foto.«

Olivier schien jede ihrer Regungen zu verfolgen. So hatte sie sich das alles nicht vorgestellt. Sie versuchte ihre Gedanken zu ordnen, holte das Foto aus ihrer Mappe und reichte es Olivier. Als sich ihre Finger berührten war es so, als ob sie elektrischer Strom durchfuhr und zum ersten Mal sah sie Olivier lachen. Er hatte ein faszinierendes Lachen, das sie unter anderen Umständen angesteckt hätte.

»Sie sind wohl sehr geladen.« Er betrachtete das Foto, drehte es um, las und gab es ihr wieder.

»Wenn Sie die Rückseite oben genau betrachten, können Sie eine Zahl sehen. Vincent de Rociere war Künstler und das ist eines der Autogrammfotos. Diese Fotos gibt es überall.«

Aurelie rutschte noch weiter an den Rand des Stuhls und richtete sich gerade auf. Sie hörte nicht mehr was ihr Gegenüber weiter sprach. Ihr wurde nur bewusst, dass sie wie eine Lügnerin wirkte. Ohne klar zu denken, stand sie auf und flüchtete in ihr Zimmer, nahm die Reisetasche und begann zu packen. Dann hielt sie inne und schloss kurz die Augen. Was machte sie nur? Sie benahm sich reichlich albern.

Es klopfte an der Tür. Bevor Aurelie etwas sagen konnte, wurde sie bereits geöffnet und Olivier Durand stand vor ihr.

»Sind Sie eigentlich erwachsen? Finden Sie nicht, dass Sie sich infantil verhalten?«

Sie wusste selbst nicht weshalb sie wie ein trotziges Kind reagierte. »Sie haben mir zwischen den Zeilen mitgeteilt, dass die Fotos in viele Hände gelangten, vermutlich auch in die Hände meiner Mutter, die sich daraufhin eine Lügengeschichte ausdachte. Ich habe daher beschlossen, wieder abzureisen.«

Oliviers Miene war undurchdringlich, als er langsam näher kam. »Meinten Sie tatsächlich, dass Ihnen niemand zu Ihrer Behauptung Fragen stellen wird? Sie müssen zugeben, dass Sie sich wohl Illusionen hingegeben haben.«

Aurelie hielt dem Blick stand.

»Das ist jetzt egal, denn ich reise wieder ab.«

Olivier kam so nah, dass kaum noch Abstand zwischen ihnen blieb. Er hob die Hand und strich über ihr Kinn. Aurelie wollte sich bewegen, aber sie starrte nur, wie paralysiert in seine dunklen Augen.

Er stand still, blickte sie für unendlich lange Sekunden nur an.

»Sie werden nicht abreisen. Ich weiß es und Sie wissen es auch.«

Ohne weitere Worte, verließ er den Raum.

Aurelie sank auf das Bett und umklammerte ihre Reisetasche. Weshalb machte sie ihren, gerade eben gefassten Entschluss abzureisen nicht wahr?

o

Aurelie wollte an die Bürotür klopfen.

»Bon jour, Aurelie. Wollen Sie zu Monsieur Olivier?«

Madame Blanc stand mit einem Tablett, worauf eine duftende Feigentarte lag, vor ihr.

»Bon jour. Ist er hier?«

Odile schüttelte den Kopf.

»Monsieur Olivier reitet noch vor dem Frühstück aus. Nehmen sie inzwischen ein Stück Feigentarte. Er wird bald zurück sein.«

»Ich bin zurück«, hörte sie seine Stimme.

Aurelie stellte fest, dass Olivier ihr auch in Reitkleidung sehr gefiel.

»Bon jour, Aurelie«, sagte er, als er die Bürotür öffnete und sie hinein bat.

»Kommt Madame Rociere heute?«, fragte sie gleich darauf los.

»Möglicherweise.«

Er setzte sich und schaltete den Computer ein.

»Heute ist der letzte Tag, Monsieur, und ich muss wieder zurück nach Hause. Nachdem Sie gestern bei unserem Spaziergang gar keine Fragen mehr stellten, dachte ich, dass Madame heute kommt.«

»Ich hatte den Eindruck, der Spaziergang durch unsere Felder hat Ihnen gefallen?«

Aurelie musste zugeben, dass sie den Spaziergang mit ihm genossen und ihn immer wieder heimlich beobachtet hatte.

»Er hat mir gefallen, dennoch muss ich nach Hause.«

Sie biss in die Feigentarte und ein kleines Feigenstück fiel auf ihre Bluse. Sie blickte an sich hinunter und als sie wieder hoch sah, stand Olivier vor ihr. Grinsend nahm er ihr das Stück Feigentarte aus der Hand, legte es beiseite und nahm das Feigenstückchen, das nun unaufhörlich tiefer rutschte, vorsichtig weg.

Obwohl seine Finger kaum den Stoff der Bluse berührt hatten, fühlte Aurelie, als ob sie es getan hätten.

»Was ist los, Aurelie?«

Seine Stimme klang sanft und geheimnisvoll gleichzeitig.

Aurelie merkte, dass sie völlig verunsichert war. »Ich weiß eigentlich nicht wie ich weiter darlegen soll, das Madame Rociere meine Großmutter ist. Wie ich schon sagte, habe ich keine Beweise mehr. Inzwischen habe ich auch Zweifel bekommen. Ich denke, es war nicht richtig hierher zu kommen.«

Aurelie stand mit dem Rücken zur Bürotür und plötzlich spürte sie, dass dort jemand stehen musste.

»Es war gut, dass du hierher gekommen bist, Aurelie.«

Die Stimme, die sie hörte, kam ihr bekannt vor, aber das konnte doch nicht möglich sein. Sie drehte sich um und sah auf die wunderschöne weißhaarige Dame. Die Frau schien ihr vertraut, und als sie näher kam, wusste sie weshalb. Sie hatte die gleiche Haltung, dieselbe strahlende Augenfarbe wie sie selbst, auch die kleine Nase stimmte überein und selbst die Vorliebe für Sonnenhüte war zu sehen, denn die ältere Dame hielt fast denselben Hut in der Hand, wie jenen, den sie selbst besaß. Olivier nahm galant die Hand der Frau.

»Das ist Madame Fabienne de Rociere.«

»Ich bin deine Großmutter, Aurelie.«

Aurelie stand wie angewurzelt.

»Ich habe von diesem Moment immer geträumt und nun … nun weiß ich nicht, was ich tun soll.«

Ihre Großmutter kam näher und umarmte sie herzlich.

»Zunächst begrüßt man sich, nicht wahr?«

Sie löste sich wieder und betrachtete sie lächelnd.

»Ich bin von meinen Recherchen schon gestern zurückgekehrt und war überrascht als ich dich sah. Verzeih meine Geheimniskrämerei, aber Olivier bat mich, mich noch bis heute im Hintergrund zu halten.

Sie lächelte vielsagend.

»Ich muss zugeben, dass ich ungläubig war, als ich deinen Brief las.« Ihre Großmutter strich über ihr Haar, und musterte sie für einen Moment genau. »Doch es gibt keinen Zweifel, denn es ist nicht zu übersehen, dass du meine Enkelin bist. Du hast meine und die deines Vaters Augenfarbe, die Nase und selbst der Name … er mochte Rosen.«

Inzwischen war auch Odile dazugekommen.

»Du hattest recht, Odile«, sagte Fabienne de Rociere.

Odile nickte ihr mit einem wissenden Lächeln zu.

o

Aurelie verbrachte eine wunderbare Zeit mit ihrer Großmutter, die ihr unzähligen Fotos von ihrem Vater zeigte, der viel zu früh sein Leben verlor.

Dann war es unwiderruflich an der Zeit zurückzufahren.

Aurelie wischte ärgerlich die vorwitzigen Tränen von ihren Wangen, während sie packte. Endlich hatte sich ihr Wunsch erfüllt, nur die Begegnung mit Olivier war nicht eingeplant gewesen. Sie wusste, dass sie auch seinetwegen nicht gehen wollte.

Plötzlich klopfte es und Olivier kam herein.

»Willst du tatsächlich abreisen?«