Bengston Energy Healing - Heilen aus dem Nichts

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Walter stammte aus Nigeria, wo die Männer eher als Machos gelten, und war normalerweise ein Meister der Untertreibung. Als ich ihm von Ben berichtete, trat er sofort instinktiv einen Schritt zurück, fiel dabei fast über seine Krücken und meinte: „Das ist ja völlig verrückt!“ Ich wusste mittlerweile, dass Argumentieren keinen Sinn hatte, also sagte ich nur: „Na gut, wie du willst.“ Walter arbeitete gerade an seinem dritten Doktortitel und ich fand, dass das mindestens ebenso verrückt war. Ich wünschte ihm noch viel Spaß mit seinen Schmerzen und wollte gerade gehen, als er mir eilig hinterhergehumpelt kam: „Warte mal! Kann dein Freund mir wirklich helfen?“ – „Was hast du schon zu verlieren?“



Ich rief also Ben an. Da er gerade mitten in einem Healing war, lud er uns ein, gleich vorbeizukommen. Je mehr ich Walter auf der Fahrt über Ben erzählte, umso stiller wurde er. Ben behandelte gerade einen Klienten, der an Krebs erkrankt und erstmalig zu ihm gekommen war. Eine weitere Frau wartete auf ihre dritte Sitzung wegen rheumatischer Arthritis – eine für Ben stets problematische Erkrankung. Als Ben mit dem Krebserkrankten fertig war, forderte er Walter auf, sich auf den Stuhl zu setzen. Dieser protestierte zunächst, dass er ja noch gar nicht an der Reihe sei, setzte sich dann aber brav hin.



Ben ging wie immer vor, bis seine Hände an einer Stelle etwa acht Zentimeter über Walters Knie anhielten. Während alle anderen im Raum Anwesenden sich unterhielten, beschäftigte er sich rund zwanzig Minuten lang mit Walter, um ihn dann zu fragen, wie sein Bein sich anfühle. Walter schaute ihn unbewegt an und sagte: „Kein Kommentar.“



Ben, der sich davon nicht weiter beeindrucken ließ, bat ihn, zu warten, bis er der Frau mit der Arthritis geholfen habe. Ich beobachtete, wie Walter das Bein vorsichtig aufsetzte und dann langsam zu seinem Stuhl zurückging. Er vermied jeden Augenkontakt mit mir, während er sein Bein massierte und es immer wieder hob und senkte. Nach etwa fünf Minuten sagte Ben zu ihm, dass er sein Bein noch einmal „bearbeiten“ werde, falls die Schmerzen noch vorhanden seien. „Ich weiß nie voher, wie lange ein Healing dauern wird.“ Von Walter kam erneut nur ein knappes „Kein Kommentar“. – „Wir sind hier nicht auf einer Pressekonferenz“, sagte ich verärgert. „Wie fühlt sich dein Bein denn nun an?“



Beinahe unglücklich sah Walter zunächst zu mir und dann zu Ben herüber. Dann blickte er wieder mich an. „Ich versuche die ganze Zeit zu verstehen, was passiert ist. Etwa fünf Minuten, nachdem Ben seine Hand auf mein Bein gelegt hatte, waren die Schmerzen verschwunden.“ Und dann fügte er verlegen hinzu: „Ich habe versucht, sie wieder zurückzuholen.“



Ben, der immer noch die Arthritispatientin behandelte, nickte nur. Mir hingegen platzte fast der Kragen und ich sagte ihm, dass ein wenig Dankbarkeit ja wohl das Mindeste wäre. Während Ben mich mit einer Handbewegung aufforderte, mich zu beruhigen, ging Walter ganz normal und ohne Krücken durch den Raum. „Natürlich bin ich dankbar, aber ich bin auch verwirrt. Ich bin in einer Stammesgesellschaft aufgewachsen, die an Magie und Medizinmänner glaubt, und habe mich von diesen Dingen freigemacht“, versuchte Walter zu erklären.



„Walter sieht sich als Intellektuellen“, meinte Ben vertraulich zu mir. „Er ist zu einem Jünger des rationalen Denkens geworden. Ich stelle für ihn so etwas dar wie seine Stammesvergangenheit, die ihn einholt.“



Auf der Fahrt nach Hause sagte Walter kein einziges Wort. Jedes Mal, wenn ich versuchte, ein Gespräch anzufangen, nickte er nur. Als ich ihn zu Hause absetzte, gab er mir höflich die Hand. „Vielen Dank. Ich weiß deine Hilfe zu schätzen.“ – Wir lernten nie wieder zusammen. Wenn wir uns zufällig trafen, war er freundlich, aber bei Fragen nach seinem Bein wurde sein Gesicht ausdruckslos: der „Walter-Effekt“!



Als ich später mit Ben über Walters Fall sprach, erklärte er: „Wenn du verstehst, welches Problem Walter mit dem Heilen durch Handauflegen hat, wirst du auch verstehen, warum Wissenschaftler und Mediziner sich niemals dafür erwärmen werden.“ Natürlich glaubte ich ihm nicht. Warum sollten Fachleute, denen doch sicherlich daran gelegen war, das Leid ihrer Patienten zu lindern, eine Methode verwerfen, die derart wirkungsvoll, kostensparend und frei von Nebenwirkungen war?



Hier wartete eine weitere Lektion auf mich und unglücklicherweise sollte ich bald reichlich Gelegenheit haben, sie zu lernen. Bei einem Fall nach dem anderen konnte ich beobachten, wie Ärzte Bens Healings, deren Wirksamkeit sie an ihren eigenen Röntgenbildern, Computertomografien oder Blutuntersuchungen ablesen konnten, als Spontanremissionen abtaten. Keiner hatte Interesse daran, mehr darüber zu erfahren. Keiner wollte herausfinden, ob da mehr am Werk war als der reine Zufall. Und keiner zeigte Interesse am Gesamtbild der Erfahrungen, die wir täglich sammelten. Zwar ist es richtig, dass Krebs sich spontan zurückbilden kann, aber ein Arzt kann schon froh sein, wenn er in seiner Laufbahn

einen

 solchen Fall zu Gesicht bekommt, während wir Dutzende hintereinander erlebten. Wenn Ben nur

eine

 bestimmte Krebsart hätte heilen können, dann hätten wir zumindest berechnen können, wie die Chancen für eine Remission standen, aber er heilte sie

alle

. Sein spektakulärer Erfolg war der beste Beweis

gegen

 ihn.



Nehmen wir beispielsweise Nancys Fall. Bei ihr war eine Operation angesetzt, bei der ein brandiger Fuß entfernt werden sollte. Zwei Tage nach Bens Healing war der Wundbrand verschwunden. Ihr Arzt war regelrecht erschüttert. Bei Wundbrand gibt es keine Remission, und als Nancy fragte, ob er den Mann kennenlernen wolle, der sie geheilt habe, lehnte er ab: „Wenn ich solche ‚Heilungen‘ akzeptiere, dann kann ich meine medizinische Ausbildung an den Nagel hängen. Was ich hier gesehen habe, ist schlichtweg unmöglich.“ Im Gegensatz zu den meisten Ärzten war er allerdings großmütig genug, um hinzuzufügen: „Ich möchte Ihren Heiler zwar nicht kennenlernen, aber ganz unter uns würde ich Ihnen raten, weiterhin lieber ihn zu konsultieren als mich.“



Bei wenigstens einem Fall erwies sich die Aussage eines Arztes, dass Bens Heilungen „zu schön“ seien, „um wahr zu sein“ als tragisch: Lillian war eine OP-Schwester, die ich über eine ihrer Kolleginnen kannte. Wenngleich die Arbeit, die sie verrichtete, viele Menschen hart und zynisch werden ließ, war Lillian eine außergewöhnlich freundliche, stille und mitfühlende Person. Ihr lag etwas an den Patienten.



Drei Jahre zuvor waren präkanzeröse Läsionen aus Lillians Brust entfernt worden. Die Operation verlief ohne Komplikationen. Bei einer Nachuntersuchung zeigte sich allerdings, dass der Krebs mittlerweile ihren gesamten Körper mit aller Gewalt heimgesucht hatte. Er war praktisch überall. Das Atmen fiel ihr schwer, sie war appetitlos und ermüdete schnell. Man gab ihr bestenfalls noch ein paar Monate. Auf Bitte eines Freundes stellte ich Ben und Lillian einander vor. Wenngleich dieser Freund Ben gegenüber misstrauisch war, der ja keinerlei Ausbildungen auf diesem Gebiet vorweisen konnte, war er ängstlich um Lillian besorgt, die erst 22 Jahre alt war.



Ben sagte alle seine anderen Termine ab, damit er sich einen Tag lang ganz auf Lillian konzentrieren konnte. „Mein Krebs hat sich auf alle lebenswichtigen Organe ausgebreitet“, erklärte sie ihm ruhig und nüchtern. „In zwei Tagen habe ich einen Termin bei einem Onkologen, aber sowohl mein Chirurg als auch mein Internist haben mir bereits gesagt, dass nicht viel Grund zur Hoffnung besteht.“



Ben nickte nur. „Ich werde sehen, was sich machen lässt.“ Er arbeitete mit Lillian zwei Stunden lang. Danach schien ihr das Atmen leichter zu fallen. Als sie ging, hörte ich, wie sie zu ihrem Mann sagte, dass sie Hunger habe.



Als Lillian am nächsten Tag wiederkam, war die Veränderung deutlich zu erkennen. Anstatt zu schnaufen, kam sie leichten Schrittes auf uns zu. Nachdem Ben weitere zwei Stunden mit ihr gearbeitet hatte, lachte sie, machte Witze und alberte mit uns herum.



Am dritten Tag kam sie ganz aufgeregt zu uns. „Mein Mann und ich waren gestern Abend Bowling spielen“, erzählte sie. „Ich fühle mich wie neu geboren!“ Nachdem Ben mit Lillian eine weitere Stunde lang gearbeitet hatte, ging sie zu ihrem Arzttermin. Ben war mit sich zufrieden. „Ich habe noch nie jemanden so intensiv betreut“, gestand er mir. „Da hat sich was getan bei Lillian. Ich kann es spüren.“



Und so war es auch. Ich war immer noch bei Ben, als Lillian einige Stunden später anrief. Während ich im Wohnzimmer wartete, zog er sich mit dem Telefon zurück, um allein mit ihr zu reden. Es wurde ein langes Telefongespräch, und als er ins Wohnzimmer zurückkam, ließ er sich auf den Stuhl neben mir plumpsen. Er sah völlig fertig aus. „Sie können keinen Krebs mehr finden“, sagte er. Ich stieß einen Jubelschrei aus, aber Ben reagierte nicht. Ich fragte ihn, was denn los sei.



Laut Lillian hatte der Radiologe, als er sie mit Röntgenstrahlen und Computertomografie untersuchte, keine Tumore mehr entdecken können. Er versuchte es mit einem anderen Gerät und erzielte das gleiche Ergebnis. Auch eine Blutuntersuchung bestätigte, dass sie krebsfrei war. In ihrer Aufregung erzählte Lillian ihm von Bens Arbeit. Der Arzt tat diese als wertlos ab und bestand dann darauf, die medizinische Behandlung ihrer Krankheit wie geplant fortzusetzen.



„Welche Krankheit?“, fragte ich verdutzt. „Die, die sie vorher hatte und von der die Ärzte annehmen, dass sie sie immer noch haben muss. Sie glauben ihren Tests nicht! Oder vielleicht wollen sie die Behandlung präventiv einsetzen, weil das in solchen Fällen von Krebs eine Art Vorschrift ist, an die ein Mediziner sich halten muss.“



„Und was sagt Lillian dazu?“ – „Sie sagt, dass sie mir dankbar sei, aber beschlossen habe, die Behandlung durchzuziehen, um auf Nummer sicher zu gehen. Ich konnte es ihr nicht ausreden.“ – „Was kann denn schlimmstenfalls passieren?“ – „Das Zeug ist tödlich!“, sagte Ben aufgebracht. Lillian erhielt Bestrahlungen mit hoher Dosis, kombiniert mit einer massiven Chemotherapie. Da sie laut ursprünglicher Diagnose als nahezu hoffnungsloser Fall galt, hielten die Ärzte es für gerechtfertigt, ihr diese „minimale Chance“ zu geben.

 



Lillian absolvierte die gesamte Behandlung wie eine pflichtgetreue Krankenschwester und akzeptierte alles, was die Ärzte verordneten. Ihre Haare fielen aus und sie nahm das kränkliche, aufgedunsene Aussehen einer Chemotherapiepatientin an. Obwohl Ben sie im Krankenhaus besuchte und versuchte, die Nachwirkungen der Behandlung auszugleichen, war der angerichtete Schaden schlichtweg zu groß. Dann stellte sich heraus, dass Lillians Lunge eine zu hohe Dosis Strahlung abbekommen hatte. Ein Lungenflügel hörte auf zu arbeiten und wurde operativ entfernt. Wenige Stunden nach der Operation starb sie an Herzversagen. Lillians Lunge wurde nach ihrem Tod routinemäßig untersucht und wir erfuhren über Umwege, dass kein Krebs gefunden worden war …



Von all unseren Fällen berührte Lillians Geschichte Ben und mich am meisten. Zwar ärgerte Ben sich stets, wenn seine Klienten die medizinische Erklärung einer Spontanremission akzeptierten, aber bis dahin hatte noch keine Ablehnung vonseiten der medizinischen Zunft derart verheerende Folgen gehabt. Lillians Tod brachte ihn so sehr auf, dass er sich womöglich ganz zur Ruhe gesetzt hätte, wenn er sich nicht für die anderen Menschen verantwortlich gefühlt hätte, die auf die Fortsetzung seiner Arbeit warteten. So entschied er sich für eine drastische Änderung seiner Vorgehensweise.







5. Wie ich zum Zauberlehrling wurde





Die heutige Wissenschaft ist in Paradigmen gefangen. Allerorten trifft man auf Ansichten, die falsch sind, und wenn man versucht, etwas in einer Zeitschrift zu veröffentlichen, rennt man gegen ein Paradigma an und die Herausgeber lehnen den Artikel ab

.



SIR FRED HOYLE (ASTRONOM)



Seit dem Zeitpunkt unserer ersten Begegnung hatte ich Ben als eher verschrobenen Menschen mit einer pessimistischen Lebenseinstellung kennengelernt. Seine Arbeit als Heiler und das damit verbundene Auf und Ab, die Triumphe und die Tragödien, verschärften dies nur noch. Da er innere und äußere Welt nicht immer klar auseinanderhalten konnte, war es ihm auch manchmal nicht möglich, zwischen dem zu unterscheiden, was eine Person sagte, und dem, was sie dachte. So gab er manchmal verwirrende Kommentare zu Dingen ab, die niemand laut geäußert hatte.



Eines unserer bizarrsten Streitgespräche – bei dem wir uns am Ende beinahe anschrien – entwickelte sich daraus, dass Ben mir vor Zeugen vorwarf, ich habe ihn unterbrochen. Dabei saß ich nur schweigend da und sah ihm beim Arbeiten zu. Wenn wir uns in unterschiedlichen Räumen befanden, fiel es ihm sogar noch schwerer, zwischen gesprochenem Wort und unausgesprochenen Gedanken zu unterscheiden.



Ben sagte manchmal im Scherz, er stamme gar nicht von diesem Planeten, sondern aus dem Alpha-Centauri-Sternensystem (das sich bei Science-Fiction-Fans äußerster Beliebtheit erfreut), und dass ich sein „astraler Zwilling“ sei. Wie bei den meisten guten Witzen steckte auch in diesem ein Körnchen Wahrheit, denn er fühlte sich sichtlich fremd in einer Welt, die er nicht verstand. Die meisten von uns verfügen über starke Filter, von denen einige angeboren und andere erworben sind. Diese Filter sorgen dafür, dass wir 99,99 Prozent von allem, was sich um uns herum abspielt, gar nicht erst bewusst wahrnehmen. Bens Filter jedoch versagten mehr und mehr ihren Dienst. Er wurde von Eindrücken überflutet, die er nicht immer einsortieren konnte. Es war eine sehr schwierige Situation für ihn und er sprach mehr als einmal von Selbstmord.



In dem Versuch, den Heiler zu heilen, ging ich mit Ben zu einer Psychiaterin, die eine Praxis in Manhattan hatte. Nachdem sie sich zunächst mit ihm alleine unterhalten hatte, lud sie Ben ein, an einer Gruppentherapie teilzunehmen. Da ich nicht zugegen war, kann ich den Rest der Geschichte, die mir durchaus plausibel erscheint, nur mit seinen Worten wiedergeben:



Die Patienten der Psychiaterin saßen im Kreis und sprachen über ihre Probleme, wie dies viele von ihnen bereits seit Jahren taten. Als Ben sich nicht am Gespräch beteiligte, forderte die Psychiaterin ihn auf, auch einen Beitrag zu leisten. Was dann passierte, lässt sich nur mit dem Entkorken einer Flasche vergleichen, in der ein Flaschengeist sitzt. Ben schritt den Kreis ab und teilte allen Patienten in schillernden Einzelheiten mit, was die Ursache ihrer Probleme war: „Sie haben an dem und dem Tag ein Trauma erlitten und Sie haben es in einem Brief beschrieben, der in ihrer linken Schrankschublade hinter den Socken liegt …“ Ein alter Mann war so bewegt, dass er in Tränen ausbrach.



Die Gruppe wandte sich Ben zu und die Psychiaterin spürte offenbar, dass ihr die Felle davonschwammen. Ich nehme an, dass sie sich immer noch im Schockzustand befand, als sie ihm beim Hinausgehen mitteilte: „Aufgrund ihrer Symptome halte ich sie für einen leichten Fall von paranoider Schizophrenie. Das Problem ist Folgendes: Wenn Sie meinen, Dinge zu hören und zu sehen, dann trifft dies augenscheinlich zu, und das Gleiche gilt für Ihr Gefühl, dass andere Sie nicht mögen.“ Wie um ihre letzte Aussage zu beweisen, brach sie Bens Therapie von jetzt auf gleich ab. Für Ben war das Ganze nur ein weiteres Beispiel dafür, dass ich ihn zu „Experten“ schleppte, die keine waren.








Zwar war meine Beziehung zu Ben eine Konstante in meinem Leben, doch veränderte dieses sich ansonsten in nahezu allen Bereichen. Im April 1973 heiratete ich und im Dezember des gleichen Jahres machte ich meinen Magister. Ich gab dann verschiedene Kurse in Soziologie an der

City University of New York

 und dem

Elizabeth Seton College

 in Westchester County, ebenfalls im Großraum New York gelegen. Im März 1975 starb mein Vater plötzlich im Alter von 57 Jahren – was ich unheimlicherweise einige Jahre früher vorhergesehen hatte:



Mit neunzehn erwachte ich eines Tages aus einem lebhaften Traum, in dem mein Vater einen massiven Herzanfall erlitten hatte. Als meine Mutter mich am Morgen anrief, um mir die schlechte Botschaft zu überbringen, die ich bereits kannte, hörte ich mich selbst sagen, dass diesmal alles gut gehen, er jedoch einige Jahre später einen zweiten, diesmal tödlichen Anfall erleiden werde. Diese Information kam auf genau dem gleichen Wege zu mir, wie Ben es immer beschrieb. Der zweite Anfall ereignete sich im Jahr 1975. Da mein Vater nach seinem ersten Herzanfall weder etwas gegen sein Übergewicht tat, noch das Rauchen und Trinken aufgab, könnte man seinen Tod natürlich als vorhersehbar bezeichnen. Dennoch war es einer von mehreren Todesfällen, von denen ich als Jugendlicher vorab geträumt hatte. Diese Träume, die sich in ihrer Dramatik und Lebendigkeit klar von anderen unterschieden, beunruhigten mich jedes Mal, weil ich nicht wusste, was ich mit ihnen anfangen sollte. Jemand, den ich nur beiläufig kannte oder eine Weile nicht getroffen hatte, kam mir plötzlich in den Sinn und ich konnte den Gedanken an diese Person nicht mehr loswerden. Als Nächstes träumte ich dann von einem Unfall, der der Person zustieß und bei dem sie am Ende ums Leben kam …



Ich erinnere mich an Charlie, einen Jungen aus der Nachbarschaft, der mit sechzehn bei einem Autounfall starb. Wenngleich bei dem Unfall noch zwei weitere Personen ums Leben kamen, war sein Bild das einzige, das mir im Kopf herumging. Ich träumte auch, wie ein weiterer Charlie, der Bruder meines besten Freundes aus Kindertagen, an einer Überdosis starb – was genau so eintrat, wahrscheinlich, weil es sich um illegale Medikamente handelte und er die richtige Dosierung nicht kannte. Natürlich könnte man rückblickend sagen, dass er eine gefährdete Person war und man dieses Ende hätte vorhersehen können. Auch gab es natürlich Todesfälle, die ich

nicht

 vorhergesehen hatte, sodass man meine Fähigkeit nicht als sehr ausgeprägt bezeichnen konnte. Wenn man Literatur über außersinnliche Wahrnehmungen liest, wird man feststellen, dass prophetische Träume keine Seltenheit sind. Ich habe keine Ahnung, ob meine Erfahrungen ungewöhnlich waren oder ich einfach nur keine kulturelle Voreingenommenheit in Bezug auf übersinnliche Begebenheiten hatte.



Meine beunruhigenden Träume als Jugendlicher machten mich neugierig, sodass ich – zunächst eher planlos – mit dem Lesen von Büchern über paranormale Phänomene begann. In dem Buch

Search for the Truth

1

 beschreibt die Autorin Ruth Montgomery, wie ihr durch automatisches Schreiben Botschaften aus der geistigen Welt übermittelt wurden. Das klang spannend, aber als ich mich mit dem Stift in der Hand hinsetzte und meinen Geist öffnete, um Botschaften aus dem Jenseits zu empfangen, passierte rein gar nichts. Genauso erging es mir mit einem Ouija-Brett – lag mein Finger auf der Planchette, bewegte sie sich garantiert kein Stück. Soweit es mich betraf, hatte die „Jury“, die meine übersinnlichen Fähigkeiten bewerten sollte, noch kein abschließendes Urteil gefällt.



Dennoch begann ich etwa ein Jahr, nachdem Ben seine Praxis als Heiler eröffnet hatte, an seiner Seite zu arbeiten – wie ich es auch beim Putzen getan hatte. Er behauptete, dass die Healings dann schneller vonstattengingen und dass der Unterschied nicht nur quantitativer, sondern auch qualitativer Art sei. Außerdem verkündete er, dass ich auch ohne ihn heilen könne, wenn ich es wolle: „Du hast so viel Zeit mit mir verbracht, dass einiges auf dich abgefärbt hat“, sagte er. „Ganz unabhängig davon glaube ich, dass du es sowieso könntest. Ich spüre das. Ich nutze

deine

 Energie beim Healing auf die gleiche Weise, wie ich meine eigene nutze.“



Obwohl die Arbeit mit Ben Spaß machte, scheute ich zunächst davor zurück, die gesamte Verantwortung zu übernehmen. Wie ein Schüler, der bei Picasso gelernt hatte, war ich nur widerstrebend dazu bereit, meine eigene Staffelei aufzustellen und mit dem Malen von Strichmännchen zu beginnen. Am Ende startete ich dann aber doch erste Soloversuche – nichts Großes zunächst, lediglich das Beheben oder Lindern von Schmerzen – bei denen ich durchaus erfolgreich war. Ich stellte auch fest, dass meine Wahrnehmungen als Heiler mit denen von Ben übereinstimmten. Auch ich verspürte einen Anstieg der Energie und eine zunehmende Wärme in meinen Händen. Und ich nahm ebenfalls heiße Stellen wahr – manchmal in der betroffenen Körperregion, manchmal an anderen Stellen des Körpers. Vorher hatte ich irrtümlich angenommen, dass Ben die heißen Stellen

erzeugte

, die dann anschließend auch jeder andere spüren konnte.



Neben meinen praktischen Versuchen studierte ich nebenbei Bücher über Energieheilung. Dabei fand ich heraus, dass die meisten Kulturen (mit Ausnahme der unsrigen) ein

ganzheitliches

 medizinisches Modell bevorzugen. Sowohl fernöstliche Heiler als auch die Schamanen oder Medizinmänner von Eingeborenenstämmen sehen in einer Krankheit immer schon ein Ungleichgewicht zwischen der Seele, dem Geist und dem Körper eines Menschen oder in dem Verhältnis des Menschen zu seiner Umgebung.








Dr. William „Bill“ Bengston heute








Bennett „Ben“ Mayrick Mitte der 1970-Jahre



Bei der chinesischen Akupunktur werden Nadeln in bestimmte Punkte am Körper gesetzt, damit das

Chi

 wieder frei fließen kann, wobei

Chi

 als universelle, unsichtbare Energie definiert wird, die den Schlüssel zu aller Heilung darstellt: körperlicher, geistiger und seelischer. Das indische Yoga ist ein System aus Körper- und Atemübungen, das die

Chakren

 oder Energiezentren aktivieren soll, damit

Kundalini

 oder

Prana

 freigesetzt wird. Auch diese werden als universelle Energie oder Lebenskraft beschrieben, von der man glaubt, dass sie das körperliche und geistige Wohlbefinden erhöhe und zu spiritueller Erleuchtung führe. Auch schamanische Rituale wie Tanzen, Trommeln, Gesänge und Schwitzhütten setzen Energien frei, die das Immunsystem aktivieren und die Welt des Geistes öffnen.

 



Selbst die westliche Medizin hat ihre Wurzeln im ganzheitlichen Ansatz. Im Wort „heilen“ lässt sich der Bezug zu „heil“ im Sinne von „ganz“ erkennen, ebenso wie die Verbindung zum Wort „heilig“. Leider glauben die heutigen Mediziner eher an Technologie, chirurgische Eingriffe und das Bekämpfen von Viren und spezialisieren sich in einem immer höheren Maße auf bestimmte Fachgebiete. Mit Blick auf die vielen „Wunder“, die dieser Ansatz hervorgebracht hat, erstaunt es vielleicht nicht weiter, dass die etablierte medizinische Zunft dem Heilen durch Handauflegen mit großer Skepsis, wenn nicht gar mit Widerwillen gegenübersteht. Auch die Tatsache, dass immer mehr Patienten auf alternative und komplementäre medizinische Methoden setzen, konnte daran bislang nicht viel ändern.



Während meiner Zusammenarbeit mit Ben, also in den 1970er-Jahren, tat sich in diesen Bereichen noch nicht viel. Allerdings gab es einige kleinere, durchaus interessante Laborversuche zu alternativen Heilungstechniken. Mich faszinierten insbesondere die Ergebnisse von Bernard Grad, einem an der

McGill University

 in Montreal in der Forschung tätigen Onkologen. In den 1960er- und 1970er-Jahren führte er umfangreiche Tests mit Oskar Estebany durch, einem Ungarn aus einfachen Verhältnissen, der in dem Ruf stand, durch Handauflegen heilen zu können.



Estebany hatte seine Gabe bei der ungarischen Kavallerie entdeckt. Kranke Tiere, die von ihm versorgt wurden, erholten sich auf mysteriöse Weise schnell. Estebany nahm keine besonderen Fähigkeiten für sich in Anspruch, ja, er wusste nicht einmal, was der ganze „Aufstand“ überhaupt sollte. Schließlich tat er einfach nur, was ihm im Blut lag. Weder

glaubte

 Estebany an irgendetwas, noch fiel er in einen Trancezustand oder inszenierte sein Talent in irgendeiner auffälligen Weise. Dennoch pochten viele Menschen darauf, dass seine Hände außergewöhnliche Heilungserfolge bewirkten, und nach einigen Jahren willigte er ein, sich wissenschaftlichen Tests zu unterziehen, denn interessanterweise zählte er selbst in Bezug auf seine Gabe zu den größten Skeptikern.



Bei einem Experiment teilte B. Grad einige Mäuse, denen zuvor identische Verletzungen beigebracht worden waren, in zwei Gruppen auf: die eine wurde behandelt, die andere diente als Kontrollgruppe. Estebany hielt den Käfig der ersten Gruppe zweimal täglich für jeweils fünfzehn Minuten in seinen Händen und diese Mäuse heilten wesentlich schneller als jene der unbehandelten Kontrollgruppe.

2



Bei einem weiteren Versuch teilte B. Grad Mäuse, bei denen man künstlich einen Kropf hervorgerufen hatte, in drei Gruppen auf. Estebany sollte den ersten Käfig zweimal täglich fünfzehn Minuten in den Händen halten, und zwar an fünf Tagen die Woche und über einen Zeitraum von 40 Tagen. Der zweite Käfig erhielt eine Wärmezufuhr, die der Wärme einer Berührung entsprach, während die Mäuse im dritten Käfig keinerlei Behandlung erfuhren. Zwar bildete sich bei allen Mäusen ein Kropf, bei den von Estebany gehaltenen geschah dies jedoch signifikant langsamer.



Um herauszufinden, ob Estebanys Hände eine Kraft ausstrahlten, die sich auf Material übertragen ließ, setzte Bernard Grad einige Mäuse Stofffetzen aus Baumwolle und Wolle aus, die Estebany in Händen gehalten hatte. Eine Kontrollgruppe erhielt ebenfalls Stofffetzen, die jedoch „unbehandelt“ waren. Wiederum bildete sich bei den Mäusen, die mit den „behandelten“ Stoffen in Berührung kamen, der Kropf wesentlich langsamer als bei denen der Kontrollgruppe, was die Vermutung nahe legte, dass Estebanys Hände Energie übertragen hatten.

3



Bei einer weiteren Versuchsreihe forderte die Biochemikerin Dr. Justa Smith vom

Rosary Hill College

 in Buffalo Estebany auf, ein Reagenzglas zu halten, in dem sich eine Lösung des Verdauungsenzyms Trypsin befand. Sie wollte feststellen, ob Estebany heilte, indem er die katalysierende Aktivität dieser natürlich vorkommenden Proteine beschleunigte. Je länger Estebany das Reagenzglas hielt, umso schneller katalysierte das Enzym Trypsin, wohingegen Smith feststellen musste, dass sich bei anderen Enzymen die Reaktion verlangsamte. Durch die Wiederholung des Versuchs mit anderen Geistheilern wurde das Ergebnis bestätigt – bei einigen Enzymen trat stets eine Beschleunigung ein, bei anderen stets eine Verlangsamung. Diese verwirrende Feststellung ergab zunächst keinen Sinn, bis Smith schließlich auf den gemeinsamen Faktor stieß: Die Richtung der Enzymaktivität diente immer der h

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