Geschichten von Jar

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„Diese kleine Person hat eine wunderbare Gabe. Sie hat uns viel Schmerz genommen und viel Wärme gegeben. Ich habe Dinge gesehen, die ich nie für möglich gehalten habe. Ihr seid einer der Wanderer, habe ich Recht?

Kel-Nor nickte.

„Nun, wir wurden von Malos jahrelang geimpft, Euch zu hassen. Ständig waren wir seinen Reden und seinen Gedanken gegen Euch ausgeliefert. Wir hatten kaum noch einen eigenen Willen, so sehr schlug sein Hass auf Euch in uns nieder. Doch dieses Mädchen hat uns mit einem Schlag davon befreit. Ich weiß, wer Ihr seid. Ich habe Euch sehr oft in seinen Gedanken gesehen. Euch und noch einen der Großen. Doch er scheint nicht mehr unter uns zu weilen, denn er bedeutete Malos keine Gefahr.

Aber Ihr und Euer Freund, der Wrange dort drüben, bestimmten seinen Hass.

Dieses Mädchen, das hat Malos bislang noch nicht gesehen. Ich weiß, dass wir in Euren Augen Monster sein müssen. Glaubt mir, wir fühlen uns auch als solche. Ich weiß nicht einmal mehr selbst, was ich an mir noch mein eigen nennen darf? Wir waren auf der Flucht vor Malos, denn es muss irgendetwas passiert sein, was seine Aufmerksamkeit abgelenkt hatte. So sehr, dass vierzig von uns fliehen konnten. Nun sind wir nur noch knapp dreißig.

Egal, wo wir auch hinkamen, schlug uns Hass und Angst entgegen. Ich kann es auch kaum jemanden verdenken. Dieses kleine Mädchen hat als einzige gesehen, was wir wirklich sind. Wesen mit Wissen und mit Gefühlen. Wir mögen zwar das Produkt eines kranken Geistes sein, aber ich weiß noch ganz genau, was ich vorher einmal war. Sie hat uns gezeigt, dass wir auch die Chance haben wieder etwas Ähnliches zu bekommen. Ihr braucht uns nicht mehr zu fürchten, denn wir werden nie wieder für Malos in den Krieg ziehen. Wir würden uns Euch gerne anschließen, aber ich glaube kaum, dass außer Euch uns jemand so akzeptieren würde, wie wir sind.

Die letzten Worte klangen traurig und hoffnungslos und das Wesen machte schon Anstalten sich weg zu drehen und zu gehen.

„Wie heißt Ihr? Wie ist Euer Name?

Das Wesen drehte sich ruckartig um und schaute Kel-Nor mit großen Augen an.

„Bol. Mein Name ist Bol Deral. Ich war einst ein Schmied in Cedger bis wir zum großen Krieg herangezogen wurden.

Kel-Nor nickte. Während des Gesprächs waren auch Whin und Krung hinzugekommen. Kel-Nor legte die erschöpfte Katja in Whins Arme und hielt Bol seine ausgestreckte Hand hin.

„Kel-Nor ist mein Name und meine Begleiter sind Whin von den Wanderern und Krung von den Wrangen, wie Du ja schon bemerkt hast. Das Mädchen, welches uns begleitet, ist Katja Valis con Jar. Die Schwester der Prinzessin Johanna Valise con Jar. Ich denke, Ihr habt sie in ihren Bildern gesehen. Sie ist weder eine Wanderin noch ist sie aus dem Reich. Sie kommt von einem anderen Planeten und sie wird es sein, die den Frieden nach Jar zurückbringt.

Inzwischen waren auch die anderen Gestalten vom Hang heruntergekommen und standen um sie herum. Kel-Nor, Krung und Whin schüttelten jedem die Hand. Katja lag mittlerweile wieder in Kel-Nors Armen und schief tief und fest vor Erschöpfung. Er ging mir ihr zu einem großen Baum und legte sie dort sanft auf eine Decke. Er betrachtete sie und legte ihr eine andere Decke über den Körper. Katja kuschelte sich sofort darin ein, während sie schlief. Heral stand vorsichtig neben ihr, als müsse er sie beschützen. Kel-Nor strich dem Pferd über den Kopf und Heral schnaubte leise und rieb seine Nüstern an seinem Arm.

Kel-Nor ging wieder zu den anderen.

Sie waren mittlerweile in vorsichtige Gespräche vertieft. Doch, als Kel-Nor bei ihnen war, schauten ihn alle fragend an.

„Nun, sie ist sehr mächtig, mächtiger als alle anderen. Doch diese Leistung hat sie weit überfordert. Sie benötigt Zeit, um sich wieder zu erholen. Ich möchte Euch bitten das Lager mit uns zu teilen.

Bol schaute Kel erstaunt an.

„Ihr wollt Euer Lager mit uns teilen? So, wie wir aussehen?

Auch die anderen Gestalten blickten erstaunt.

„Nun, mein lieber Bol, es gibt viele Wesen auf Jar. Welche, die noch schrecklicher anzusehen sind als Ihr. Und doch wohnt eine unglaubliche Sanftheit in ihnen. Andererseits gibt es Wesen, die wunderschön anzusehen sind und doch sind sie absolut tödlich. Euer Wesen ist zwar nicht das friedlichste, aber wer kann es Euch verdenken, wenn man Eure Geschichte kennt? Wir wollen hier rasten.

Ich bitte Euch uns anzuschließen. Zwar haben wir nicht genügend zu essen für alle, aber der Wald gibt genug her, um uns alle satt zu bekommen.

Kel-Nor wusste, dass sie heute nicht mehr weiter konnten. Zwar würde Heral bei jedem Schritt aufpassen, dass Katja nicht aus dem Sattel fiel oder Kel würde sie bei sich mitnehmen. Aber ihm war auch klar, dass es mehr Sinn hätte, Katja ihre Ruhe zu gönnen. Als er sich umsah konnte jeder erkennen, wie viel Energie sie verbraucht hat, um dieses zu bewerkstelligen. Jede Energie, die verbraucht wurde, fehlte anderswo.

Bei seiner Begutachtung der Umgebung registrierte Kel-Nor viel verdorrte Erde und Pflanzen. Es würde lange brauchen, um diesen Schaden zu beheben. Genau das war auch der Grund, warum Kel-Nor und auch die Wrangen den Einsatz dieser Macht nur auf das Nötigste beschränken.

Wenn es dann doch unumgänglich war, so wie hier, dann hinterließ diese Kraft eben einen solchen Schaden. Hier hatte sie ganz besonders gewütet.

In einem Umkreis von 100 Metern stand kein lebender Baum mehr. Das Gras sah aus wie nach einer großen Dürreperiode. Kel hoffte nur, dass Katja nicht zusammenbrach, wenn sie es sah. Doch eines war sicher, sie musste es sehen, damit ihr klar wird, was passiert, wenn sie ihre Energie ohne Überlegung nutzt.

Das Lager war schnell errichtet und alle ließen sich bald nieder. Katja schlief die ganze Nacht und als sie irgendwann unruhig wurde, nahm Kel-Nor sie in den Arm und sofort kuschelte sie sich eng an ihn an. Ihr Schlaf wurde wieder ruhiger und es schien so, als würde sie auch weiter schlafen. Also gönnte sich auch Kel-Nor etwas Ruhe und schlief bald ein.

Er wurde geweckt von dem Duft gebratenen Fleisches. Bol und seine Männer waren alle schon wach und hatten ein Feuer entzündet, worauf sie etwas brieten. Es war ein großes Halous, etwa einem Reh auf der Erde ähnlich. Auch Katja wurde wach und rieb sich den Schlaf aus ihren Augen. Sie spürte einen riesigen Hunger und wollte schon freudig aufspringen, als das Geschehene und die Erinnerungen vom Vortag wieder zu ihr durchdrangen.

Sie sah sich um und bemerkte die verdorrte und tote Landschaft. Sie spürte, wie ihr die Tränen in die Augen schossen und sie fing leise an zu weinen. Kel-Nor war sofort bei ihr, um sie in den Arm zu nehmen. Ihm war klar, dass es einfach zu viel für ein elfjähriges Mädchen war, aber sie war hier nicht mehr auf der Erde in der Obhut ihrer Mutter. Sie war eines der mächtigsten Wesen auf Jar. Denn sie war imstande alles Leben zu vernichten und dabei war sie immer noch ein Kind.

Kel-Nor fühlte sich schrecklich, weil er sie zwang sich diesen Anblick einzuprägen, aber nur so konnte sie es selber abschätzen, ihre Kraft so zu gebrauchen ohne jemanden zu schaden.

Er hoffte auf ihre Stärke und darauf, dass sie es einzuschätzen wusste. Sie riefen ihre Reittiere zu sich, denn sie wollten heute noch eine längere Strecke hinter sich bringen. Eigentlich wollten sie die Nacht in Gildnis verbringen, aber da sie schon zu viel Zeit verloren hatten, ließen sie die Stadt neben sich liegen und ritten weiter in Richtung Kreuzdorf. Doch bevor sie sich von Bol und seinen Gefährten trennten, gab Kel-Nor ihnen noch ein Schreiben mit Katjas Siegel, das ihnen freies Geleit durch Jar zusicherte. Zwar sollten sie Ansiedlungen meiden, aber wenn sie sich in der Nähe des Grauwaldes niederließen, dürfte es kaum jemanden geben, der sie als Störung empfinden konnte.

Als die Wanderer sechs Tage später Kreuzdorf erreichten merkten alle vier, dass es doch schön wäre, einmal wieder in einem Bett zu schlafen. Gerade Katja spürte wie sie sich nach einem Raum sehnte, in dem sie sich einfach nur niederlassen konnte. Zwar sagte sie es den anderen nicht, aber Kel-Nor konnte an ihrem Gesicht erkennen, wie sie schon sehnsüchtig auf das Dorf blickte.

Die Dämmerung war schon weit fortgeschritten, als sie durch das Tor in Kreuzdorf ritten. Kaum jemand beachtete sie, so dass sie ohne große Verzögerung vor dem Gasthaus ankamen. Dort sorgten ihre Reittiere und besonders Heral für ein wenig Aufregung, aber, als sie die Tiere in den Stall gebracht hatten und sie gut versorgt wussten, war diese Aufregung auch schon wieder vorbei.

Was in Kreuzdorf auffiel war die erhöhte Präsens von Truppen. Die Nähe zur Tellerplatte war ja nicht zu übersehen und so war es auch nur logisch, dass es in und um Kreuzdorf viele Lager mit königlichen Truppen gab. Niemand schien sich für die Wanderer zu interessieren. Und so saßen sie friedlich am Tisch, um zu essen, als ein Offizier vor ihnen stehen blieb. Er schaute auf Katja und dann salutierte er vor ihr. Genau das war es, was sie eigentlich vermeiden wollten.

In der Gaststube drehten sich plötzlich alle zu Katja um. Diese saß da und wusste gar nicht, wie ihr geschah. Auf einmal waren sie von vielen Menschen umringt und der Offizier versuchte das Chaos etwas zu lichten. Er rief nach seinen Soldaten und diese bildeten einen Ring um Katja. Innerhalb kürzester Zeit wusste das ganze Dorf, dass die Prinzessin im Gasthof eingekehrt ist. Auf der Straße herrschte ein Treiben, wie es selbst am Markttag nicht schlimmer sein konnte. Jeder wollte einen Blick auf die Prinzessin werfen und Katja wusste, dass ihr auch nichts anderes übrig blieb, als sich der Aufgabe zu stellen.

 

Nachdem die Soldaten die Menschen aus dem Gasthof gedrängt hatten, verlangte Katja von ihnen, dass die Bewohner wieder zu ihr gelassen wurden. Im Gasthof hielt sie für die Menschen aus Kreuzdorf eine Audienz ab und sprach mit ihnen. Fast zwei Stunden lang saß sie in der Mitte des Raumes und hörte sich die Sorgen und Nöte der Menschen an. Doch viele standen einfach nur so herum. Sie wollten einfach nur einen Blick auf sie werfen. Sie waren so weit von der Hauptstadt entfernt, dass es nur sehr selten vorkam eine leibliche Prinzessin hier zu sehen.

Nach zwei Stunden drängte Kel-Nor die Soldaten das Gasthaus räumen zu lassen, da er sah, dass Katja ihre Augen kaum noch offen halten konnte. Der Soldat, der sich als ein Hauptmann der königlichen Garde vorgestellt hatte, ließ um den Gasthof einen Ring von Wachen aufstellen, um so die Sicherheit der Prinzessin zu gewährleisten.

Kel-Nor geleitete Katja in das Zimmer, das während ihrer Audienz für sie vorbereitet wurde. Es mangelte ihr an nichts. Auf dem Tisch standen frisches Obst und Braten, so dass sie sich jederzeit bedienen konnte, wenn sie Hunger bekam. Auch standen mehrere Krüge mit Trinken auf dem Tisch, doch Katja hatte weder Durst noch Hunger. Sie merkte, wie eine bleierne Müdigkeit durch ihren Körper zog. Sie wollte nur noch schlafen. Sie schaute zu Kel-Nor, der ihrem Bett gegenüber am Tisch saß und sie betrachtete.

„Kleines, du warst gerade eben eine wahre Prinzessin. Du hast deine erste offizielle Aufgabe mit Bravour hinter dich gebracht. Was mir nur Sorgen macht ist die Tatsache, dass wir dadurch wahrscheinlich einige Tage Zeit verlieren. Denn du wirst Morgen noch weitere Aufgaben erfüllen müssen. Doch das war leider zu erwarten. Aber nun schlafe dich erst einmal so richtig aus, Schatz, denn du hast es dir verdient.

Kel deckte Katja fürsorglich zu und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Das nahm Katja nur noch im Halbschlaf wahr. Als Kel-Nor den Raum verließ, schlief sie schon tief und fest.

Vor der Tür hielten zwei Soldaten Wache, die sofort stramm standen, als Kel das Zimmer verließ. Er musste lächeln. Wie lange hatte das Volk auf ihre Königin gewartet? Und nun haben sie auch noch eine Königinmutter sowie eine Prinzessin bekommen. Man konnte den Stolz in den Augen der beiden sehen, hier stehen zu dürfen. Er wies sie an, wenn irgendetwas mit der Prinzessin wäre, das sie ihn sofort zu benachrichtigen haben.

Unten im Speisesaal saßen noch Whin und Krung. Die beiden Männer entspannten sich merklich, als Kel ihnen erzählte, dass Katja schliefe und zwei Wachen vor ihrer Tür standen.

Der Hauptmann der Wache trat zu ihnen an den Tisch. Hinter ihm waren sieben weitere Soldaten. Kel-Nor wusste nur zu gut, was sie wollten. Er hatte es befürchtet, aber er konnte sie ja auch gut verstehen. Die Prinzessin war direkt unter ihnen und so wollten sie alle gerne sehen. Kel war klar, dass sie auch nicht Drumherum kommen würden. Also sagte er dem Hauptmann, dass Katja morgen in ihre Lager käme, um die Truppen abzunehmen. Sie würde sich bestimmt auch die Zeit nehmen, um mit den Soldaten zu reden und zu speisen. Als Kel das freudige Glitzern in den Augen der Soldaten sah, wusste er, dass Katja endgültig auf Jar angekommen ist.

Als Katja am nächsten Morgen wach wurde, brauchte sie erst einmal Zeit, um sich zu orientieren. Mit einem Schlag wurde ihr bewusst, wo sie war. Auch, was auf sie wartete. Seltsamerweise freute sie sich auf diese Abwechslung und sie rief nach der Wache vor der Tür. Der Gasthof wurde mittlerweile geräumt, da er zur vollen Verfügung der Prinzessin stand. Als Katja sich gewaschen und angezogen hatte, begab sie sich auf den Weg nach unten. Dort wartete bereits Kel-Nor auf sie und er führte sie in den Speisesaal. Sie nahmen Platz und der Wirt überschlug sich fast, um sie zu bedienen. Als sie mit dem Essen fertig waren, bedankte Katja sich bei dem Wirt und seinen Personal herzlich.

Die Angestellten standen in der Gaststube in einer Reihe und Katja ging an ihnen vorbei und drückte jedem die Hand. Die Männer verbeugten sich tief vor ihr und die Frauen machten einen Knicks. Katja wirkte, als hätte sie nie etwas anderes gemacht. Die drei schauten sich das Ganze lächelnd von hinten an und Kel-Nor war unheimlich stolz auf diese Kleine, die so souverän und überlegt auftrat. Als sie fertig war, wandte sich Katja dem Hauptmann zu, der in der Tür stand.

„Hauptmann Souver, ich werde Sie nun zu den Truppen begleiten. Zu Mittag würde ich gerne mit den Soldaten im Lager speisen. Ich erbitte keine Sonderbehandlung für mich. Ich werde das gleiche essen wie die Truppen auch.

Mit diesen Worten entließ sie das Personal der Gaststube und den Hauptmann, der sich salutierend verabschiedete.

Danach wandte sich Katja wieder den Dreien zu. Sie ging direkt auf Kel-Nor zu, der sie in den Arm nahm.

„Kleines, du bist ein echtes Wunder. Du hast dieses Dorf und auch die Truppen deiner Schwester im Sturm erobert. Nun sollten wir alle aufbrechen und deinen Tagesablauf hinter uns bringen. Wenn dir alles zu viel wird, dann hören wir sofort auf.

Er schaute Katja ernst an, doch diese lächelte nur entwaffnend.

„Geht in Ordnung, Großer. Aber vorher möchte ich, dass ihr mich begleitet. Mir ist klar, dass ihr hier nicht sehr gerne gesehen werdet, aber ihr seid Johannas mächtigste Verbündete und daher sollte auch jeder sehen, dass das Königshaus hinter euch steht.

Katja trat ins Freie und die drei schauten sich nur schulterzuckend an. Es war Whin, der als erster etwas sagte.

„Ich denke, dass wir wohl keine andere Wahl haben, oder?

Sie mussten grinsen und gingen nun auch zur Tür. Ihnen war klar, dass im Dorf große Aufregung herrschte, weil die Prinzessin zu Besuch ist, aber das, was sie erwartete, schlug ihnen doch unerwartet entgegen. Der Hauptmann hatte fünfzehn Soldaten zum Schutze der Prinzessin im Ort gelassen und die standen nun in einer Reihe vor Katja.

Das war auch nötig, um das zu ordnen, was in Kreuzdorf noch lange erzählt werden würde.

Der Marktplatz war voller Menschen. Alle wollten einen Blick auf die Prinzessin werfen. Vielleicht sogar berühren oder mit ihr reden. Doch hoffen tat es eigentlich keiner. Gestern Abend hatten ja fast nur die Mitglieder des Rates von Kreuzdorf und einige Ausgewählte des Ortes die Gelegenheit eine Audienz bei ihr zu bekommen. Die Soldaten bildeten eine Abwehrreihe vor Katja, doch diese befahl ihnen zur Seite zu treten. Durch die entstandene Lücke trat Katja auf die Menschen zu, die sofort vor ihr knieten.

Katja durchschritt die Menge und schüttelte viele Hände, sprach hier und dort ein paar Worte mit den Menschen. In der Zwischenzeit hatten die drei Wanderer die Pferde gesattelt und aus dem Stall geführt. Als Katja sich zum Gehen bereit machte, traten die drei Vertreter der Kreuzdorfer Bürgerschaft zu ihr. Katja drehte sich zu ihnen und sie gingen vor ihr in die Knie.

„Prinzessin. Unser Dorf fühlt sich durch Eure Anwesenheit über alles geehrt. Eure Anwesenheit verleiht unserem Dorfe einen ganz besonderen Glanz. Daher bitten wir Euch unser Siegel als Ehrenbürgerin anzunehmen.

Da wir Kreuzdorfer immer am Rande des Krieges gelebt haben und die Geschichte des Reiches und auch der Wanderer sehr gut kennen, würden wir uns geehrt fühlen, wenn auch Eure Begleiter diese Ehrung annehmen würden.

Zwar sind die Wanderer und die Wrangen in vielen Teilen des Reiches nicht sehr gerne gesehen, doch wir wissen gerade um Kel-Nors, Whins und Krungs Taten. Sie werden hier verehrt für das, was sie für das Reich und auch schon für Kreuzdorf getan haben.

Katja zog ihre Augenbrauen hoch und schaute sich nach den Dreien um. Diese standen bei den Pferden wie erstarrt. Auch ihnen war klar, dass in Kreuzdorf manches anders gesehen wurde als im Rest des Reiches. Auch war ihnen bewusst, dass sie die Geschichte hier wesentlich deutlicher sahen. Was Kel-Nor und Whin aber nicht wussten war, dass sie hier sogar als Freunde angesehen wurden. Sie blickten zu Katja, die nun lächelnd vor den Vertretern der Bürgerschaft stand.

„Mein lieber Amtmann Hader, ich werde mit Freuden das Siegel des Dorfes und damit die Ehrenbürgerschaft Kreuzdorfs annehmen. Für meine Begleiter kann ich nicht sprechen, doch ich denke ihnen ist mehr gedankt, wenn Ihr weiterhin so positiv über sie denkt, wie bisher. Ich glaube, dass Ihr alleine durch Euer Angebot sie noch mehr an Euch gebunden habt, als es bisher schon der Fall war.

Katja blickte zu ihren Begleitern hinüber, die ihr still zunickten. Amtmann Hader und die beiden Vertreter der Bürgerschaft erhoben sich und überreichten Katja das Siegel von Kreuzdorf, die es sich über ihren Finger strich. Als sie ihre Hand mit dem Siegel daran hob, brandete lauter Beifall und Jubel auf. Sie ließen Katja und ihre drei Begleiter hoch leben. Der Jubel des Volkes begleitete sie, als sie aus dem Dorf ritten. Katja ritt zwischen Whin und Krung. Vor ihnen ritten die fünfzehn Soldaten in Zweierreihen. Ganz zum Schluss ritt Kel-Nor. Es schien, als würde er auf etwas warten. Doch Katja war noch zu benommen, um es mit zu bekommen. Sie unterhielt sich angeregt mit Whin und Krung. Sie schienen sich sehr zu amüsieren.

Als sie bereits eine ganze Strecke weit vom Dorf entfernt waren, hörten sie auf einmal Lärm hinter sich. Die Drei drehten sich um und ihnen offenbarte sich das kalte Grauen.

Sieben hochgewachsene Laporer fielen über Kel-Nor her. Sie hatten ihn von Fenta gerissen. Kel rollte sich über den Boden ab. Fenta stürzte ebenfalls und man sah, wie ihn das Blut aus dem Hals schoss.

Ein Schwerthieb hatte ihn dort gefährlich getroffen. Katja starrte wie gelähmt auf diese Szene und sie fühlte eine Kälte in sich aufsteigen, wie sie noch nie Kälte gespürt hatte. Whin und Krung wollten ihre Schwerter ziehen, um in den Kampf einzugreifen. Doch Kel-Nor schrie ihnen zu, dass sie Katja ins Lager bringen sollten. Sie rissen Heral herum und wollten los, aber Katja schrie nur, dass sie Kel-Nor helfen wollte. Krung belehrte sie eines besseren und versuchte sie damit zu beruhigen, dass Kel-Nor sich schon selbst helfen könne. Wie abgesprochen hörte sie die erstickten Schreie der Laporer. Sie sah nur noch, dass Kel-Nor zwei von ihnen mit dem Schwert den Kopf abschlug.

Mehr konnte sie nicht sehen, da sie schon einen schnellen Galopp aufgenommen hatten. Die Soldaten hatten während des Reitens einen Kreis um Katja und den anderen beiden gemacht, um sie so zu schützen. Doch all das bekam Katja nicht mit, ihre Augen hatten sich mit Tränen gefüllt und sie wusste, dass sie nun mitten im Krieg angekommen waren.

Ein komisches Gefühl durchströmte sie. Sie wusste sofort dass es Hass war. Tiefer Hass. Und, sie bekam Angst vor sich selbst. Dieses Gefühl tat gar nicht gut. Es benebelte nur ihre Gedanken. Auch Whin und Krung sahen, was mit ihr los war. Als sie das Lager erreichten, zogen sie Katja von Heral und Whin nahm sofort ihren Kopf zwischen seine Hände und zwang sie ihn anzuschauen.

„Katja, du musst dieses Gefühl unterdrücken. Lasse dich nicht von ihm überrennen. Lasse nicht zu, dass der Hass dich leitet. Selbst wenn du damit kurzfristig etwas lostreten wirst, ist der Schaden danach viel schlimmer. Du brauchst keine Angst um Kel-Nor zu haben, denn er weiß genau, worauf er sich eingelassen hat. Er hat schon gegen größere und mächtigere Feinde gekämpft als diese Laporer. Er würde nicht wollen, dass du unüberlegt handelst. Hast du mich verstanden?

Er schaute tief in Katjas tränenden Augen und sie nickte stumm. Whin nahm sie fest in den Arm und sie drückte sich an ihn. Er spürte ihr heftiges Zittern. Der Hauptmann war in der Zwischenzeit zu ihnen herangetreten. Krung wandte sich an ihn und sprach:

„Hauptmann, schickt eine Patrouille aus, um nach Kel-Nor zu suchen. Prägt ihr aber ein, sich auf keine Kämpfe mit den Laporern einzulassen. Sie hätten keine Chance den Kampf zu überleben. Ich denke zwar nicht, dass noch in der Nähe sind, aber sie sollen vorsichtig sein und die Augen offen halten. Nehmt bitte ein Pferd für ihn mit, denn es sah so aus, als wäre seines im Kampf gestorben.

 

Krung vermied das harte Wort getötet, da er nicht wusste, wie Katja darauf reagieren würde. Sieben Reiter verließen das Lager. Es dauerte bis zum späten Abend, als sie wieder durch das Tor ritten. Katja wollte schon jubeln, als sie Fenta sah, aber Kel-Nor konnte sie nirgendwo entdecken. Sie lief auf die Patrouille zu und Fenta begrüßte sie mit einem leichten Kopfnicken. Katjas Augen füllten sich erneut mit Tränen und sie fühlte eine Eiseskälte durch ihren Körper strömen.

Auch Krung und Whin waren nun neben sie getreten und beide sahen fordernd auf den Führer der Reiter. Doch der schüttelte nur mit dem Kopf und zog etwas hinter sich hervor. Katja schrie auf. Es war Kel-Nors Schwert. Niemals hätte er sich freiwillig davon getrennt. Der Soldat übergab Krung das Schwert, der das viele Blut darauf betrachtete.

„Es ist nur das Blut von Laporern, keines von einem Menschen. Und ansonsten habt ihr nichts gefunden? Es müssten mindestens zwei Tote dort herum gelegen haben?

Doch der Reiter schüttelte nur wieder den Kopf.

„Nein, mein Herr. Wir haben niemanden gefunden, weder im Tode noch am Leben. Lediglich das wiehernde und vor Angst zitternde Pferd fanden wir vor. Zuerst wollte es auf uns losgehen, aber dann schien es, als ob es erkennen würde, dass wir Freunde sind. Es lagen auch keine toten Laporer dort. Anscheinend haben sie die Leichen mitgenommen.

Es muss ein heftiger Kampf gewesen sein, denn der Boden sah sehr verwüstet aus. Überall waren verbrannte Stellen auf dem Boden und an den Bäumen. Sie werden ihn wohl lebend gefangen haben.

Nach diesen Erklärungen stieg der Reiter vom Pferd und führte es zum Gatter. Whin hatte sich in der Zeit um Fenta gekümmert. Wie er sah, hatte er nur eine nicht sehr tiefe Schnittwunde am Hals. Er forderte Krung auf sich das einmal genauer anzusehen. Krung kam mit Katja herüber.

Fenta schnaubte freudig, als Katja ihm ihre Hand an die Nüstern hielt. Sie schaute dem Pferd in die Augen und entdeckte blanke Angst darin. Doch je mehr sie Fentas Nüstern rieb, umso ruhiger wurde dieser. Auch verschwand die Angst in seinen Augen. Katja legte ihm ihre Hand auf die Wunde. Ein Schimmern um schmiegte sowohl ihre Hand als auch die Wunde am Hals des Pferdes. Als sie nach einer Weile ihre Hand zurückzog, war von der Wunde nichts mehr zu sehen. Fenta hatte sich sichtlich beruhigt. Als Katja sich nach Whin und Krung umdrehte, waren ihre Augen vom Weinen rot.

„Was ist mit Kel? Warum hat ihn die Patrouille nicht gefunden? Wir sollten selber losreiten und ihn suchen.

Ohne auch nur eine Antwort abzuwarten, ging Katja zum abgezäunten Gelände, wo die Pferde untergebracht waren. Auch ihre Reitgefährten standen dort. Sie hatten einen eigenen Bereich, wo sie abseits der gewöhnlichen Pferde grasten. Whin ging zu Katja und nahm sie bei der Hand, so dass sie stehen bleiben musste.

„Katja, ich weiß, dass du jetzt am liebsten die ganze Welt umkrempeln möchtest. Ich kann deine Wut und Trauer verstehen. Auch ich würde am liebsten mit dem Schwert in der Hand losziehen, aber genau das ist es, was Kel-Nor nicht will.

Gerade jetzt müssen wir überlegter als vorher handeln. Wir sind nun endgültig im Krieg angekommen. Kel wusste genauso wie Krung und ich worauf wir uns einlassen. Wir kannten die Gefahren, die auf uns warten würden.

Du hast zwar enorme Kräfte, Katja, aber die nützen dir bei Laporern gar nichts, denn sie sind absolut resistent gegen Angriffe mit der Energie. Was mich nur wundert ist die Tatsache, dass sie in einer so großen Gruppe auftraten. Meistens kämpfen und jagen sie nur alleine oder in Zweiergruppen. Irgendetwas scheint sie vereint zu haben. Leider weiß ich zu wenig über sie, um das deuten zu können. Kel, der kannte sie gut. Eigentlich war er ihnen immer freundlich gesonnen. Er hat sogar eine längere Zeit mit einigen von ihnen gelebt. Krung, kannst du das deuten?

Doch dieser schüttelte nur den Kopf.

„Nein. Auch mir sind sie fremd. Im Gegensatz zu Kel hatte ich nie das Bedürfnis mich näher mit ihnen zu befassen.

Krung drehte sich zu Katja.

„Prinzessin, du bist nun nicht mehr das kleine Mädchen. Du wirst jetzt Entscheidungen treffen müssen, die mehr von dir abverlangen könnten, als du wahrscheinlich in der Lage bist zu geben. Whin und ich werden dich weiterhin begleiten, wo immer dein Weg dich auch hinführt. Aber jetzt sind wir nur noch zu dritt und du wirst deinen eigenen Teil auf diesem Weg haben. Niemand wird es dir verdenken, wenn du es nicht möchtest und umkehren willst.

Er schaute Katja direkt in die Augen, doch diese wich seinem Blick nicht aus. Nein, sie erwiderte Krungs Blick sogar. Es waren nicht mehr die Augen einer erst elfjährigen. Nein, das waren die Augen eines Menschen, der viel gesehen hat. Jemand, der einen festen Willen sein Eigen nennt.

„Krung, wir werden weiter machen. Nein, Kel hätte es bestimmt nicht gewollt, dass wir nun aufgeben. Er gibt sicherlich auch nicht auf. Da er nicht gefunden wurde, nehme ich an, dass er lebend verschleppt wurde. Auch wenn er mit der Energie nichts gegen diese Laporer unternehmen kann, denke ich, dass er auch so genug Wissen hat, um sich aus fast jeder Lage zu befreien. Nein, wir werden sofort weiter reiten.

Katjas Stimme klang wie gehärteter Stahl. Die Soldaten, die um sie herumstanden, sahen sie mit großen Augen an. Sie sahen kein kleines Mädchen, nein, sie sahen eine Frau, eine Prinzessin, die genau wusste, was sie wollt. Katja sprach zum Hauptmann.

„Verzeiht, Hauptmann, aber ich werde Eure Truppen wohl nicht abnehmen können. Zu wichtig ist es, dass wir die Reise unverzüglich fortsetzen. Wir bitten Euch sogar noch um etwas Proviant für unsere Reise.

Hauptmann Souver nickte und rief seinen Soldaten Anweisungen zu, um alles für die Abreise der Prinzessin vorzubereiten.

„Prinzessin, ich bedaure Euren Verlust über alles und meine Männer und ich sind nicht enttäuscht, wenn Ihr die Truppe nicht inspiziert. Wir hier draußen kennen die Wanderer und auch Kel-Nor wesentlich besser als die anderen Menschen in Jar. Daher wissen wir, was für ein Verlust es ist. Auch wir trauern um ihn, denn er ist der wohl mächtigste Krieger auf Jar. Ich hoffe auf Eure Worte, dass er nur verschleppt wurde. Da auch wir nicht viel über Laporer wissen, kann ich auch kein Wort des Trosts sprechen.

Wir werden jetzt auf jeden Fall noch wachsamer sein als vorher. In einem hat Euer Freund Recht, solch eine große Gruppe dieser Wesen hat noch niemand vorher gesehen. Ich hoffe nicht, dass dieser verfluchte Malos dahintersteckt. Aber selbst die Laporer hassen ihn. Noch mehr als wir wahrscheinlich. Prinzessin, ich möchte Euch bitten einen Trupp Männer mit Euch ziehen zu lassen. Mir wäre wohler ums Herz.

Er schaute Katja bittend an und diese erwiderte seine Bitte mit einem Lächeln.

„Hauptmann Souver, ich danke Euch für Eure Anteilnahme und auch für das Angebot, aber ich denke nicht, dass Eure Männer in der Lage sind mit uns mitzuhalten. Ich befürchte, dass Ihr hier noch bald jeden einzelnen Eurer Männer brauchen werdet. Ich bitte Euch aber, eine Myrrhe nach Jarson zu senden, damit meine Schwester alle Informationen über das Geschehene bekommt.

Der Hauptmann nickte und verneigte sich vor Katja.

Als sie sich umdrehte, sah Katja, dass Whin und Krung mit ihren Reitgefährten zum Aufbruch bereit waren. Voller Trauer verließen sie das Lager der Truppen und schwenkten auf den Weg in Richtung Berger.

1 11. Der Verrat des Hauses Gildnis

Ricardas Krönung war für das Volk von Jar eine wunderbare Gelegenheit ihre Häuser, Dörfer und Städte zu schmücken. Die Krönung fand nicht auf dem Schloss statt, sondern sollte in Jarson auf dem großen Platz vollzogen werden. Die Tage vor der Krönung waren voller Hoffnung, aber auch voller Hetze. Willehad bestand darauf, dass die Königinmutter nach der alten Zeremonie gekrönt werden solle. Das hätte den Vorteil gehabt, dass die Krönung im Schloss vollzogen werden konnte. Einar hatte dem natürlich zugestimmt.

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