Sea and Fall

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>> Du bleibst so lange hier bis Dr. Welsh grünes Licht gibt. Versprich es mir!<<

>> Ich werde erst einmal hier bleiben, aber zu Hause würde ich auch nichts anderes machen, als mich auszuruhen.<<

>> Nein. Nicht erst einmal. Du bleibst hier! Er muss sein OK geben. Du redest ihm da nicht hinein.<<

>> Bei allem Respekt Mr Thatcher, aber das ist mein Leben, mein Körper. Ich kann selbst entscheiden, was ich mache.<<

Die Luft um uns herum schien vollkommen elektrisiert zu sein und ich konnte nicht erklären, warum ich mich so gegen ihn auflehnte. Eigentlich wollte ich das gar nicht. Ich würde auf jeden Fall hier bleiben, aber das wollte ich entscheiden und nicht er.

>> Warum möchtest du unbedingt hier raus, Sarah? Erklär es mir.<<

Wieder sprach er mich mit meinem Vornamen an, aber diesmal sanfter, fast verzweifelt. Auch sein Blick war freundlicher geworden, weshalb ich im übertragenden Sinn einen Schritt auf ihn zuging und ihm mein Herz ausschütte.

>> Ich hasse Krankenhäuser, ich weiß, dass dieses Zimmer nicht danach aussieht, aber allein der Gedanke in einem zu sein, erzeugt in mir Übelkeit und Panikattacken. Wenn ich auf den Flur gehen würde oder auf die unteren Etagen, die richtig nach Krankenhaus aussehen und riechen, würde es noch schlimmer werden. Solange ich Besuch habe, hält es sich in Grenzen, aber wenn ich allein hier bin und Zeit habe darüber nachzudenken und ich habe hier eine Menge Zeit, halte ich es kaum aus. Ich darf mich ja noch nicht einmal mit Fernsehen oder Lesen ablenken. Ethan, ich muss hier einfach raus.<<

Ich redete ihn bewusst mit seinem Vornamen an, um es ihm gleich zu tun und hoffentlich die Distanz zwischen uns zu überbrücken und an sein Mitgefühl und Verständnis zu appellieren. Es dauerte eine Weile bis er schließlich antwortete.

>> Verstehe. Wäre es also einfacher, wenn du nicht alleine wärst, wenn immer jemand hier wäre?<<

>> Wahrscheinlich<<

>> Gut, dann werde ich morgen von hier aus arbeiten.<<

>> Wie bitte?<<

Das konnte unmöglich sein Ernst sein. Warum war dieser Mann so sehr daran interessiert, dass ich hier bliebe. Ich konnte ihm doch eigentlich vollkommen gleichgültig sein. Schon klar, es knisterte ein wenig zwischen uns, aber bei seinem Aussehen konnte er jede haben. Was also wollte er von mir?

>> Ich arbeite morgen von hier aus. Ich brauche nur meinen Laptop und mein Mobiltelefon. Dann bist du nicht alleine und ich kann sicher sein, dass du hier bleibst.<<

>> Wieso tust du das?<<

>> Das habe ich doch gerade gesagt.<<

Er schien sich zu entspannen, denn endlich ging er einen Schritt auf mich zu und setzte sich auf die Seite meines Bettes.

>> Nein, ich meine du hast sicher einen vollen Terminkalender. Deine Arbeit, deine Freunde und deine Familie. Es gibt sicher tausend wichtigere Dinge, als dafür zu sorgen, dass ich hier bleibe.<<

>> Nicht einen einzigen. Du bist gerade das Wichtigste.<<

Bei diesen Worten lächelte er so selbstsicher, dass es mir die Sprache verschlug.

>> Und meine Arbeit, ja die ist wichtig, da hast du Recht, aber wie gesagt, arbeiten kann ich auch von hier aus.<<

>> Wir kennen uns nicht einmal!<<

>> Dann lernen wir uns kennen. Meinen Namen kennst du ja schon. Was willst du noch wissen, Sarah?<<

Meinen Namen betonte er mit so viel Nachdruck und dabei so sexy, dass mir ein Schauer über den Rücken lief.

>> Ob du geistesgestört bist...<<

Er lachte lauthals auf und schmiss dabei seinen Kopf in den Nacken. Das Lachen klang so ehrlich und aus tiefstem Herzen, dass auch ich grinsen musste.

>> Das könnte man denken, ja, da hast du Recht. Aber keine Angst, bisher ist nichts in dieser Richtung bekannt.<<

>> Vielleicht solltest du dich einfach noch einmal testen lassen, wo wir schon in einem Krankenhaus sind!<<

>> Vielleicht werde ich das tun.<<

Bei diesen Worten beugte er sich ziemlich nah zu mir heran und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. Zum ersten Mal konnte ich ihm ganz tief in die Augen sehen. Sie waren genau wie beim Unfall strahlend grün, allerdings waren dazwischen blaue Sprenkel zu sehen. Sie waren einfach unglaublich, wie ein Ozean in den ich ein- und nie wieder auftauchen wollte.

Wir blickten uns immer tiefer in die Augen, als ob wir in dem jeweils anderen etwas lesen wollten, während wir uns immer näher kamen und sich beinahe unsere Lippen berührten.

Doch dann sprang er abrupt auf und fuhr sich mit der rechten Hand durch seine dunklen Haare. Irritiert sah ich ihn an und bemerkte den Wechsel, vom ruhigen, ausgeglichenen und selbstsicheren Mann zum Gegenteil. Was war passiert? Hatte ich was falsche gemacht?

>> Dann hole ich mal meine Sachen und lasse hier ein zusätzliches Bett für heute Nacht reinstellen.<<

Der Zauber war verflogen und ich schüttelte mich kurz innerlich, um den Schauer, der gerade noch über meinen Rücken gelaufen war, wieder loszuwerden.

>> Wie, auch heute Nacht?<<

>> Natürlich. Weiß ich, ob du heute Nacht nicht einen Fluchtversuch unternimmst, während die Nachtschwester einen Rundgang macht?<<

Mürrisch warf ich die Decke zurück und versuchte mich zu erheben. Immerhin hatte mir Dr. Welsh erlaubt auf Toilette zu gehen.

>> Was machst du?<<

>> Keine Angst ich haue nicht ab, ich will nur kurz ins Bad, dass hat Dr. Welsh erlaubt, falls du dich erinnerst.<<

Doch während ich mich aufrichtete und auf die Bettseite setzte, merkte ich, wie mein Kreislauf zusammenbrach. Ich hatte vergessen, dass ich seit mindestens zwei Tagen nur gelegen hatte.

>> Sarah!<<

Im nächsten Moment hielt Ethan mich auch schon fest und stützte mich auf seiner harten muskulösen Brust ab. An seiner Brust zu lehnen, dabei seinen Duft einzuatmen und die Muskeln zu spüren war himmlisch, sodass ich am liebsten die ganze Nacht in dieser Position verbracht hätte. Zärtlich strich er mir über den Rücken. Eine Geste die so intim war, doch zwischen uns so vertraut erschien, dass ich seine Berührungen einfach nur genoss.

>> Geht es wieder?<<

>> Mhm.<< seufzte ich, vollkommen entspannt, als er meinen Kopf in seine Hände nahm.

>> Soll ich dich ins Bad tragen?<<

>> Es geht schon, danke. Ich hab nur vergessen, dass ich eine Weile nur gelegen habe.<<

>> Ich helfe dir zum Bad zu kommen.<<

>> Hast du hier einen Bademantel gesehen?<<

Ich hatte nur dieses Krankenhaushemdchen an und ich wollte jetzt nicht unbedingt meinen blanken Hintern herzeigen. Schnell ging er zum Bad und half mir ihn anzuziehen.

>> Schüchtern?<< fragte er belustigt.

>> Nein, nur auf Gleichberechtigung bedacht und die ist ja gerade nicht gegeben, wenn du noch vollkommen bekleidet bist.<<

Er grinste und wollte gerade etwas sagen, als er es sich doch noch anders überlegte und lieber schwieg.

Wie ein Gentleman half er mir zur Toilette. Er musste mich ein wenig stützen, da mein Fuß doch ziemlich weh tat. Im Bad ließ er mich dann allein und kam erst wieder zu mir, als ich die Tür zum Zimmer öffnete. Auf halber Strecke machte ich jedoch eine falsche Bewegung, weswegen mein Fuß höllisch schmerzte und ich laut fluchte. Ohne Vorwarnung packte mich Ethan und trug mich die letzten Meter zum Bett, als ob ich leicht wie eine Feder wäre. Er musste wirklich gut trainieren.

Als ich endlich wieder im Bett lag, war ich froh, dass er mir geholfen hatte. Ich war noch ziemlich wackelig auf den Beinen und so ausgepowert, dass ich mich erst einmal wieder ausruhen musste.

>> Brauchst du noch etwas? Sonst ruf ich schnell meinem Fahrer an, damit er mir ein paar Sachen bringt.<<

Ich war zu müde zum Reden und schüttelte daher nur den Kopf. Dann war ich auch schon eingeschlafen.

Ich schlief tatsächlich bis zum nächsten Morgen durch und Ethan hatte seine Drohung wahr gemacht und bei mir übernachtet. Das Bett von ihm stand schräg gegenüber von meinem und war schon wieder ordentlich gemacht worden, während er am Tisch saß und allem Anschein nach arbeitete. Ich beobachtete ihn eine Weile, da ich eh noch keine Kraft hatte es mit ihm aufzunehmen.

Seine Augenbrauen waren zusammengezogen und seine Stirn war gekräuselt. Vermutlich ärgerte er sich gerade über irgendetwas. Er hatte sich umgezogen. Der Nadelstreifenanzug von gestern musste einem klassischen schwarzen Anzug weichen. Wieder ein Dreiteiler, wobei er das Jackett nicht trug. Seine Haare waren ordentlich nach hinten frisiert und hinter die Ohren geklemmt. Ich hätte ihn zu gerne verschlafen in seinem Bett gesehen, wie er aussah, wenn er mal nicht perfekt zurecht gemacht war, aber wahrscheinlich war er dafür zu eitel und würde das nie zulassen.

Er strahlte eine vollkommene Ruhe aus, doch ich wusste, dass er im Inneren alles andere als ruhig war. Davon hatte ich gestern eine Kostprobe bekommen, als ich mich ihm wiedersetzt hatte. Die Kraft mit der er sich beherrschen musste, nicht auszurasten, wie angespannt er gewesen war, seine geballten Fäuste. Ja, er hatte auch eine dunkle Seite, die ich besser meiden sollte.

>> Willst du mich weiterhin mustern, oder sollen wir lieber frühstücken?<<

Wie konnte er das bemerkt haben? Er hatte die ganze Zeit auf seinen Bildschirm gestarrt, selbst als er gerade die Frage gestellt hatte, blieb sein Blick daran haften.

 

>> Ähm, Morgen. Ich hab zwar keinen Hunger, aber du kannst gern etwas essen.<<

>> Du musst etwas essen. Sonst wird dein Kreislauf nie besser.<<

>> Später vielleicht.<<

>> Ich hole jetzt Frühstück und wenn du das siehst, wirst du schon Hunger bekommen.<<

Er wartete noch nicht einmal auf eine Antwort von mir, verließ das Zimmer, um kurz darauf mit einem voll beladenen Tablett wieder aufzutauchen.

>> Am Tisch oder im Bett?<<

>> Am Tisch.<<

Ich zog mir den Bademantel über und stand vorsichtig auf. Mein Kreislauf blieb stabil und ich ging langsam zum Tisch, während Ethan schon alles gedeckt hatte.

>> Na, dass sieht doch heute schon besser aus. Setz dich. Möchtest du Kaffee?<<

>> Gerne. Mit Milch bitte, falls du welche hast.<<

>> Aber, natürlich.<< sagte er wieder voller Selbstsicherheit, dass ich die Augen verdrehen musste.

Das Frühstück duftete herrlich, aber ich hatte immer noch keinen Hunger, geschweige denn Appetit. Um ihn nicht zu verärgern, aß ich jedoch ein trockenes Brötchen und nippte hin und wieder an meinem Kaffee.

>> Du hast wirklich hier geschlafen?<<

>> Ja, aber du bist ja direkt eingeschlafen. Ich hoffe ich habe dich nicht geweckt.<<

Als ich den Kopf schüttelte, fügte er hinzu

>> Gut, ich hab mir auch alle Mühe gegeben leise zu sein.<<

>> Als was arbeitest du eigentlich?<<

>> Dies und das. Grob gesehen, besitze ich etliche Immobilien, hier und im Ausland und investiere in erneuerbare Energien und in Unternehmen, die kurz vor der Insolvenz stehen, um sie dann wieder nach vorn zu bringen. Darin bin ich bescheiden ausgedrückt, recht erfolgreich. Außerdem gehören mir einige Patente.<<

>> Und das kannst du alles von hier aus steuern?<<

>> Fürs erste, ja. Und du?<<

>> Ich arbeite an der Universität.<<

>> Als Sekretärin?<<

Irritiert hob ich eine Augenbraue und sah ihn nachdenklich an. Sah ich wie eine Sekretärin aus? Dieser Beruf war nichts Schlechtes und ich bewunderte die Sekretärinnen, die es schafften ihrem Vorgesetzten jeden Wunsch von den Lippen abzulesen und so schnell zu tippen, wie dieser redete. Aber sah ich aus wie eine Sekretärin? Anscheinend bemerkte er meine nachdenkliche Reaktion, was ihm sichtlich unangenehm war.

>> Also, keine Sekretärin?<< fragte er daher sehr vorsichtig.

>> Nein.<<

>> Soll ich raten?<< fragte er, als ich ihm einer Antwort schuldig blieb, da ich immer noch bei dem Gedanken war, dass ich eine Sekretärin wäre.

>> Ich bin Doktorandin der Mathematik.<<

Seine Augen weiten sich für einen kurzen Augenblick, eine Reaktion die ich so gut wie bei jedem entdeckte, wenn sie es zum ersten Mal hörten. Niemand glaubte, dass eine junge Frau wie ich es war, ja ich dachte ich war noch jung, egal was Lydia gesagt hatte, Mathematik studiert hatte und dann auch noch ihren Doktor darin gemacht hatte.

>> Wow.<<

>> Ich gebe Kurse für Studierende, die Lehrer werden wollen und für welche, die die reine Mathematik interessiert.<<

>> Ich bin echt beeindruckt. Ich mochte Mathematik zwar auch immer sehr gerne, weswegen ich nun auch viel mit Zahlen zu tun habe, aber die „richtige“ Mathematik hat mich immer überfordert. Mit der ganzen Geometrie, Analysis und wie das alles heißt.<<

>> Das ist halt meine Welt.<<

>> So leicht irrt man sich.<<

Es entstand eine kurze Pause in der Ethan elegant und höllisch sexy von seinem Brötchen abbiss, bevor er mich wieder musterte.

>> Kommst du aus Brisbane?<< fragte er mich, als ich gerade an meinem Kaffee nippte und nur mit dem Kopf schüttelte.

>> Woher denn?<<

>> Aus Hamburg in Deutschland.<<

>> Wirklich? Und seit wann lebst du hier?<<

>> Seit fast zwei Jahren.<<

>> Gefällt es dir hier?<<

>> Auf jeden Fall. Ich liebe es und werde hoffentlich für immer hier bleiben.<<

Er grinste und blickte nach draußen, als er seinen Kaffeebecher nahm und einen Schluck trank.

>> Und du kommst aus Australien?<<

>> Hier geboren und auch immer hier geblieben, außer für Urlaube oder Dienstreisen.<<

Während wir weiter aßen, unterhielten wir uns noch eine Weile über Belanglosigkeiten, bis wir schließlich fertig waren.

Ethan räumte den Tisch ab und ich machte mich ein wenig frisch. Während des Tages arbeitete er immer wieder, telefonierte, schrieb Mails und ließ sich ab und an durch mich ablenken.

Er hatte Recht. Ich hatte keine Panikattacken mehr und auch keine Übelkeit, weil ich im Krankenhaus war. Er lenkte mich geschickt davon ab. Zudem lernte ich ihn besser kennen.

Er war 33 Jahre alt und hatte zwei Geschwister. Eine Schwester und einen Bruder, die beide älter waren als er. Seine Eltern waren immer noch glücklich verheiratet und das sogar seit bald 40 Jahren.

Er war sehr sportlich, als Ausgleich zu seinem Beruf, wo er fast den ganzen Tag saß. Entweder ging er ins Fitnessstudio oder ans Meer, was allerdings nicht direkt vor seiner Tür lag, um schwimmen oder noch lieber Kitesurfen zu gehen. Als ich ihn mir dann in Badeshorts vorstellte, wurde mir ganz heiß. Ich konnte wirklich nicht leugnen, dass mich dieser Mann anmachte.

Er las mir sogar ein paar Zeitungsartikel vor, weil ich so tat, als interessierte mich, was in der Welt so vor sich ging und ich selbst ja nicht lesen durfte. Eigentlich wollte ich aber nur seiner Stimme lauschen und schloss dabei die Augen. Nach ein paar Artikeln über die amerikanische Außenpolitik, einen Kriminellen in Brisbane und irgendeinem seltenen Fisch vor der Küste schlief ich jedoch ein.

Gegen vier wachte ich wieder auf, als Jacob zusammen mit Dan ins Zimmer kam und ich die Tür hörte.

>> Hi Süße.<<

>> Hi.<<

Jacob sah irritiert zu dem anderen Bett, das neben mir stand und dann zu Ethan, der am Tisch saß und den Laptop gerade ein Stück zur Seite schob und ihn anschaute.

>> Jacob, Dan, das ist Ethan, der Mann aus dem anderen Wagen.<<

>> Wir kennen uns bereits.<< fiel mir Jacob immer noch irritiert ins Wort, als er sich zu mir wandte und sich auf mein Bett setzte. Dan küsste mich kurz auf die Wange, bevor er auf dem Stuhl neben meinem Bett Platz nahm und mich mitfühlend ansah.

>> Ich wollte gerade zu dir, als Jacob meinte, dass du einen Unfall hattest.<<

>> Es geht mir gut Dan.<<

>> Weiß Alex schon Bescheid?<<

>> Nein und ich wüsste auch nicht was ihn das angeht.<<

>> Ich glaube schon, dass er das gerne wissen würde, immerhin...<<

>> Dan! Du hast ihn gesehen und auch Lydia. Du hast gehört, was sie zu mir gesagt hat, also bitte sag ihm nichts. Ich möchte keinen unnötigen Ärger mit den beiden.<<

Er schüttelte frustriert den Kopf, weshalb ich ihn weiterhin fixierte. Er sollte mir bestätigen, dass er Alex nichts sagen würde. Lydia war einfach zu eifersüchtig, weshalb wir uns eine Zeit lang nicht sehen sollten. Außerdem hatte er mich verletzt, da er mich verraten hatte und das wollte ich nicht jetzt schon mit ihm besprechen.

>> Ist gut.<<

>> Bevor ich es vergesse, ich soll dich von Susan grüßen und dir gute Besserung wünschen.<<

>> Danke.<<

Susan war eine Arbeitskollegin und inzwischen auch gute Freundin von mir, mit der ich oft die Mittagspause verbrachte.

>> Ich gehe mir kurz einen Kaffee holen, dann könnt ihr in Ruhe reden. Soll ich dir was mitbringen?<< mischte Ethan sich ein, als er aufstand und zur Tür ging.

>> Nein, danke.<<

Er nickte und schloss die Tür hinter sich, als Jacob sich auch schon wie ein Panther auf mich stürzte.

>> Übernachtet er etwa hier?<<

>> Ja. Ich wollte mich gestern selbst entlassen, weil ich Krankenhäuser doch so hasse und Panikattacken hatte, aber er bestand darauf, dass ich hier blieb, also leistet er mir Gesellschaft, damit ich abgelenkt bin und nicht daran denke, wo ich hier bin.<<

>> Einfach so?<<

>> Ich weiß auch nicht, wieso er das macht, aber ich finde es nett.<<

>> Also seid ihr ein Paar?<< fragte Dan, als Jacob kurz Luft holte.

>> Nein. Quatsch. Schau ihn dir an. Jemand wie er, kann sich die Frauen aussuchen und hat wahrscheinlich jeden Abend eine andere. Was soll er mit mir wollen?<<

>> Im Ernst Sarah?<< fragte Jacob frostig.

>> Jemand wie er steht bestimmt auf Püppchen. So eine schöne Blondine, die nicht so klein ist wie ich. Immerhin ist er zwei Meter groß und ich nur 1,67. So eine wie Lydia würde er wahrscheinlich nehmen und nicht so eine wie mich.<<

>> Na, dass wollen wir gleich mal sehen.<<

Ich sah Jacob fragend an, weil ich ihm nicht ganz folgen konnte, als Dan mich unterbrach.

>> Lydia sieht langweilig aus. So aalglatt und gewöhnlich. Keine Ahnung was er an ihr findet, aber ich weiß, dass er sie sofort fallen lassen würde, wenn er wüsste, dass du ihm noch eine Chance geben würdest.<<

>> Ich weiß, aber das mit uns ist vorbei und das habe ich ihm am Wochenende auch gesagt. Er soll nach vorne sehen und wenn Lydia die Richtige für ihn ist, dann sollten wir das akzeptieren Dan.<<

Er zuckte mürrisch mit den Schultern, als Ethan wieder hereinkam und sich mit seinem Kaffee hinsetzte. Wir unterhielten uns noch einige Minuten über Belanglosigkeiten, als meine Kopfschmerzen wieder schlimmer wurden und ich neue Tabletten nahm.

>> Dann lassen wir dich jetzt besser wieder allein, dann kannst du dich ausruhen.<<

>> Danke, dass ihr hier wart.<<

>> Gute Besserung Sarah. Ruf an, wenn du etwas brauchst.<<

>> Mache ich und grüß Laura und die Kinder von mir.<<

Dan umarmte mich noch kurz und küsste mich erneut auf die Wange, als er zur Seite trat, damit Jacob sich noch verabschieden konnte.

>> Ruf mich an, wenn du entlassen wirst, dann hole ich dich ab. Ok?<<

>> Das brauchst du nicht Jacob.<<

>> Ich möchte es aber. Ich werde dich abholen, dann fahren wir nach Hause und genießen die Zeit zusammen. Ich habe es schon abgesprochen. Ich kann mir ein paar Tage frei nehmen, dann lassen wir es uns richtig gut gehen.<<

>> Das sollst du aber nicht, deine Arbeit...<<

>> Keine Widerrede Süße. Du bist mein ein und alles. Also ruh dich aus und wir sehen uns spätestens morgen wieder.<<

Er beugte sich vor und strich mir mit seinem Daumen über die Wange, als er mich plötzlich auf den Mund küsste. Zu spät merkte ich, was er damit bezwecken wollte, als ich mich daran erinnerte, was er zum Thema Ethan und mir gesagt hatte. „Das wollen wir doch mal sehen, was er von dir will.“ waren seine Worte gewesen.

Innerlich versank ich im Boden, sodass ich am liebsten mit Dan und ihm mitgegangen wäre, doch ich würde mich Ethan stellen müssen. Wahrscheinlich kümmerte es ihn nicht die Bohne, da er nichts von mir wollte, doch mich störte dieser Auftritt gewaltig.

An der Tür drehte sich Jacob noch einmal um und zwinkerte mir zu, was mich noch wahnsinniger machte.

Ich traute mich nicht zu Ethan zu sehen, doch im Augenwinkel sah ich, dass er mich fixierte, weshalb ich einmal tief durchatmete und meinen Kopf zu ihm herumdrehte.

>> Gibt es in dem Kaffeeautomaten auch Alkohol?<< fragte ich, um die Situation ein wenig aufzulockern und für mich erträglicher zu machen, doch er verzog keine Miene.

>> Ich wusste nicht, dass du vergeben bist.<<

>> Bin ich auch nicht. Jacob ist nur ein guter Freund und mein Mitbewohner.<<

 

>> Küsst du alle Mitbewohner und guten Freunde?<<

>> Nein.<<

>> Aber?<<

Er ließ wirklich nicht locker, was mich noch roter werden ließ, wenn das überhaupt noch möglich war. Beschämt schloss ich die Augen und rieb mir mit den Händen über mein Gesicht.

>> Er war nur ein wenig überrascht, dass du hier übernachtest und den Tag hier verbringst und...<<

>> Und was?<<

>> Ethan können wir das nicht einfach lassen? Er ist nicht mein Freund und fertig.<<

>> Jetzt bin ich aber neugierig.<<

>> Damit wirst du leben müssen.<<

Das tat er allerdings nicht. Stattdessen kam er auf mich zu und setzte sich auf mein Bett. Sein Geruch stieg mir sofort wieder in die Nase und seine Augen waren auf die kurze Distanz so hypnotisierend, dass ich alles um mich herum ausblendete. Mein Bauch kribbelte wild und mein Blut geriet höllisch in Wallung, dass ich mich am liebsten auf ihn gestürzt hätte.

>> Also warum?<<

>> Du wirst nicht aufgeben oder?<<

>> Mhm Mhm. Ich setze mich immer durch.<<

>> Dieses Mal nicht.<<

>> Sicher?<<

Er war nun nur noch wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt, sodass ich immer willenloser wurde und einknickte.

>> Sie meinten, dass du mehr von mir wollen würdest, wenn du das hier machst, was allerdings nicht sein kann. Aber das wollten sie mir nicht glauben.<<

>> Wieso kann das nicht sein?<<

>> Sieh dich an. Du kannst jede haben und wahrscheinlich hast du das auch. Da passe ich nicht rein.<<

>> Warum nicht?<< fragte er heiser und mit gerunzelter Stirn. Es fehlte nicht mehr viel, bis sich unsere Lippen berühren würden, da er immer näher kam, wobei wir uns weiterhin tief in die Augen sahen.

>> Weil ich nichts Besonderes bin. Du bist in einer anderen Liga.<<

>> Glaubst du das wirklich?<<

>> Sagte ich doch gerade.<<

>> Und wenn ich sagen würde, dass du etwas Besonderes bist?<<

>> Dann würde ich dich zum Optiker, zum Psychologen und zum Lebensberater schicken.<<

Er lachte und fiel ein Stück nach vorn, sodass sich unsere Schläfen berührten, als er mir sanft mit seinen Fingern über den Arm strich.

>> Ich glaube da sollte ich dich lieber hinschicken. Ich hätte nicht gedacht, dass eine so wunderschöne Frau, wie du es bist, zu wenig Selbstvertrauen hat.<<

>> Na immerhin hast du es umso mehr.<< neckte ich ihn zurück, während er mit dem Finger über meine Schulter strich und nun meinen Hals hinaufwanderte, bis er zu meinen Lippen gelangt war.

>> Du bist wunderschön Sarah, sinnlich und etwas Besonderes. Ich denke eher, dass du in einer höheren Liga spielst, als ich, falls es so etwas wirklich geben sollte.<<

Ethan blickte gerade auf meine Lippen und neigte sich weiter nach vorn, als unser vermeintlicher Kuss durch Dr. Welsh unterbrochen wurde, der noch einmal hereinschaute. Abrupt zog sich Ethan zurück, während ich immer noch das Prickeln an den Stellen fühlte, wo Ethan mich berührt hatte. Am liebsten hätte ich Dr. Welsh zum Mond geschossen, da ich nichts sehnlicher wollte, als Ethan zu küssen, doch dieser Moment war nun vorbei.

Ich atmete tief durch und konzentrierte mich auf Dr. Welsh, während Ethan sich wieder einmal verzweifelt durch die Haare fuhr und aus dem Fenster sah. Was ging ihm wohl grade durch den Kopf? Zu gern hätte ich seine Gedanken gelesen, da ich aus ihm einfach nicht schlau wurde, doch dann begann Dr. Welsh mich zu untersuchen.

Zu meiner Überraschung sagte er, dass ich am nächsten Morgen nach Hause gehen könne. Trotzdem sollte ich mich noch mindestens eine Woche ausruhen. Ethan fragte etliche Male nach, ob es auch wirklich in Ordnung wäre, dass ich so schnell entlassen würde, ob es nicht besser wäre, noch ein paar Tage hier zu bleiben. Doch Dr. Welsh war auf meiner Seite.

Abends aßen wir Nudeln mit grünem Pesto und unterhielten uns über Reisen, die wir schon unternommen hatten. Mir fiel auf, dass er noch nicht viel von Europa gesehen hatte, aber dafür kannte ich Amerika nicht.

Die Situation vom Nachmittag war zum Glück kein Thema mehr zwischen uns, obwohl ich immer wieder daran denken musste, wie wir uns fast geküsst hatten. Ich wusste nicht, was er wirklich über mich dachte, wahrscheinlich war ich für ihn nur ein Abenteuer, eine von vielen, aber das war etwas, womit ich umgehen konnte.

Das ich auch etwas von ihm wollte, konnte ich nicht leugnen, zu sehr hatte ich auf seine Berührungen reagiert. Meine Haut brannte an den Stellen, wo er mit dem Finger drüber gestrichen hatte, während mein Puls sich so stark beschleunigt hatte, dass ich Angst hatte zu hyperventilieren. Er war nun mal ein Bild von einem Mann und so heiß, dass ich ihm am liebsten die Kleider vom Leib gerissen hätte. Aber die Situation war verflogen und somit brauchte ich mir darüber auch keine Gedanken mehr zu machen.

Nachdem er darauf bestand wieder im Krankenhaus zu schlafen, ging ich gegen elf Uhr abends ins Bett, während er noch ein wenig arbeiten wollte.

Obwohl ich früher eingeschlafen war, war er morgens wieder früher wach und saß wie aus dem Ei gepellt am Tisch.

Wir frühstückten ausgelassen, bis die Schwester kam und mir meinen intravenösen Zugang herauszog. Das Zeichen, dass ich über den Berg war und nun nach Hause gehen konnte. Trotzdem wollte ich vorher noch duschen. Es klappte auch alles recht gut, obwohl ich den Gips hatte, aber der war durch eine Mülltüte geschützt.

Auch das Anziehen bereitete mir keine Probleme, ebenso wenig wie das Haare kämmen, obwohl es schon ein wenig wehtat. Meine Haare reichten schließlich bis zu meinem Hintern, aber so lange ich nur mit der rechten Hand kämmte, funktionierte es. Zum Glück gab es einen Fön, sonst hätte ich bis abends warten können, bis meine Haare trocken gewesen wären.

Ich schaffte es jedoch nicht mir einen Zopf zu machen. Dafür hätte ich beide Hände gebraucht. Als ich es versuchte, fluchte ich laut, da ich mit dem linken Arm eine falsche Bewegung machte und mir ein ziehender Schmerz durch den Knochen fuhr. Es dauerte keine zwei Sekunden, bis sich die Tür öffnete und Ethan zur Stelle war.

>> Was ist passiert?<<

>> Nichts. Ich kann mir nur keinen Zopf machen.<< Ich deutete auf meinen eingegipsten Arm.

Da schaute er zuerst auf meinen Arm und dann auf meine Haare im Spiegel, blieb eine Zeitlang reglos stehen und ging schließlich näher auf mich zu. Kurz vor mir blieb er stehen und strich mir die Haare zurück.

>> Ich wusste gar nicht, dass du so lange und schöne Haare hast.<<

>> Die Schwestern hatten mir ja auch einen Zopf gemacht.<<

Ich schaute zu ihm auf, was ein ganzes Stück war, da er gute 30cm größer war. Unsere Augen trafen sich und sofort war wieder dieses Knistern zwischen uns. Die Farbe seiner Augen hypnotisierte mich, zog mich in ihren Bann, bis ich vollkommen willenlos war. Zusammen mit seinem unfassbar atemberaubenden Duft konnte ich ihm definitiv nicht wiederstehen.

Er griff mir mit der Hand in die Haare und zog meinen Kopf zu sich heran, während er mir in die Augen sah.

>> Ich sollte das eigentlich nicht tun.<< sagte er sanft, während er mit den Fingern der anderen Hand über meine Wange strich. Es fühlte sich so schön und gut an, dass ich meinen Kopf ein wenig hineinlegte.

>> Es wäre besser für dich, aber ich kann nicht anders.<<

Bevor ich überhaupt die Sätze verstand, berührten seine Lippen auch schon meine. Sie fühlten sich so sanft und weich an. Er küsste mich so zärtlich, als ob ich jeden Moment zerbrechen könnte. Das Kratzen seines Ziegenbarts bot dabei einen köstlichen Kontrast, der mir zeigte, wie männlich und rau er doch sein konnte. Als er seine Hand in meinen Rücken legte, um mich noch näher an sich heranzuziehen, berührte auch ich ihn am Rücken. Unsere Zungen fanden sich, als ich den Kuss erwiderte, tanzten und spielten miteinander.

Ganz langsam wurde sein Kuss fordernder, wilder und ich ließ mich mitreißen. Ich wollte ihn, es war mir egal, dass er nicht gut für mich war, dass er Schwierigkeiten bedeutete. In diesem Moment wollte ich einfach begehrt werden und seinen starken muskulösen Körper spüren. Das Knistern was immer wieder zwischen uns gewesen war, während wir im gleichen Raum gewesen waren, die Blicke, die wir uns ab und an zugeworfen hatten und mein geheimes Verlangen nach ihm, wollten Erlösung finden.

Ich ließ meine Hände über seine Brust und seinen Bauch wandern, seitlich vorbei und dann über seinen Rücken hin zu seinem knackigen Hintern gleiten. Ich packte seinen geilen Arsch und zog ihn dichter an mich heran, merkte sofort seine Erektion, die gegen meinen Bauch drückte und wurde noch geiler. Er stöhnte leise auf, als er sich keuchend von meinen Lippen losriss.

>> Verdammt, ich will dich!<< stöhnte er.

>> Dann nimm mich!<<

Er ließ seine Zungenspitze über meine Lippen gleiten und drang dann aggressiv damit in meinen Mund ein, um meine Zunge zu einem neuen aufregenden Tanz mitzureißen. Der Kuss wurde immer heftiger, während er seinen harten Schwanz an mir rieb und schwer zu atmen anfing. Auch ich atmete immer schneller und merkte, wie feucht ich war, wie bereit ich für ihn war. Als ich mit meiner Hand über seine ausgebeulte Hose strich, stöhnte er erneut. Es machte mich verdammt geil, dass er so stark auf mich ansprang. Doch plötzlich löste er sich von mir, sprang regelrecht weg, als ob er gerade aus einem Albtraum aufgewacht wäre.

Er stand nun einen Meter entfernt von mir und mied jeglichen Augenkontakt. Was hatte ich falsch gemacht? Hatte ich irgendwas falsch verstanden? War ich zu weit gegangen? Bevor ich darüber nachdenken oder fragen konnte, öffnete sich die Tür zum Zimmer und eine Schwester kam herein.