Sams Traum

Tekst
0
Recenzje
Przeczytaj fragment
Oznacz jako przeczytane
Sams Traum
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

Susanne Sievert

Sams Traum

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Widmung

Sams Traum

Impressum neobooks

Widmung

Für Jason und Dominik.

Weil ihr im Leben alles erreichen könnt.

Sams Traum

Es war einmal ein Junge mit den Namen Sam, der im Leben alles hatte und dennoch nichts in seinen Händen hielt. Er wohnte mit seiner Mutter, seinem Vater und seinen beiden Brüdern in einer einsamen Hütte, in der Nähe eines Waldes.

Sam war kein glücklicher Junge, obwohl es seiner Familie und ihm an nichts mangelte. Seine Familie besaß Hühner, die sie mit Eiern versorgten, zwei Kühe, die nie müde wurden frische Milch zu geben und sogar ein Pferd, das seinen Vater stets sicher ins nächste Dorf und wieder zurück brachte. Im Garten standen prachtvolle Apfel- und Birnenbäume, es gab ein Kräuterbeet und auf dem Ackerland blühte der Weizen. Im Wald sammelten sie Pilze und seine Brüder gingen auf die Jagd, wenn der Vorrat an Fleisch zur Neige ging. Die Familie versorgte sich selbst und alles, was sie nicht selbst herstellen konnten, besorgte ihr Vater mit seinen Söhnen im Dorf. Es war ein befriedigendes Leben, aber nicht für Sam. Was nützte all das Hab und Gut, wenn das Wichtigste fehlte?

Sam graute es vor dem Tag. Allein die Nacht bereitete ihm keine Furcht, denn genau dort verwandelte er sich in einen Helden und war nicht länger der dumme, kleine Sam. Er wünschte, er könnte sich für immer in seinen Träumen verstecken. Aber wie sollte das möglich sein? Seine Familie würde ihn niemals verstehen, zumal sie ihn doch kaum bemerkten.

Die Sonne kitzelte Sams Nase und weckte ihn aus einem wundervollen Traum, in dem er als Pirat über das Meer segelte. Ach, er spürte noch immer den Wind auf seinem Gesicht, schmeckte die salzige Seeluft und was war das? Wackelten seine Beine noch immer von dem rauen Seegang? Schlaftrunken blinzelte er den Schleier fort und setzte sich auf die Kante seines Heubettes. War die Nacht wirklich schon vorbei? Die Betten seiner Brüder waren leer und das Gefühl der Beklemmung gab ihm deutlich zu verstehen, dass er seine Träumereien auf später verschieben musste.

Aus dem Untergeschoss hörte er das Klappern von Geschirr und rieb sich traurig die Augen. Seine Brüder hatten ihn wieder einmal nicht geweckt. Das bedeute, er würde kein Frühstück mehr bekommen. Sein Vater sah es nicht gerne, wenn er verschlief und behandelte ihn für den Rest des Tages wie Luft. Manchmal sah Sam darin keinen Unterschied, denn sein Vater hatte ohnehin wenige Worte für ihn übrig und wenn er zu ihm sprach, dann wuchs das schlechte Gefühl in seinen Magen heran.

Seine Brüder machten sich daraus einen Spaß und es war ihnen ganz egal, ob Sam etwas zu Essen bekam oder nicht. Sie erlaubten sich so manchen schlechten Scherz mit ihm und immer wieder verzieh Sam seinen Brüdern. Es gab Tage, da legten sie ihm einen toten Vogel unter das Kopfkissen, beliebt waren auch Käfer und Spinnen, oder sie gossen in der Nacht Wasser in seinen Schritt und erzählten den Eltern, Sam hätte ins Bett genässt. Sie beschimpften, belächelten und pieksten ihn bei jeder Gelegenheit und einmal, da versteckten sie ein Stinktier unter der Bettdecke. Die Familie machte eine Woche lang einen noch größeren Bogen als sonst um den kleinen Jungen.

Sam blickte aus dem kleinen Fenster hinüber zum Wald. Er hauchte gegen die Scheibe, beobachtete den Kreis, der immer weiter in sich zusammenschrumpfte, und erst als seine Mutter seinen Namen rief, zog er sich schnell an. Zumindest eine Person vermisste ihn offenbar am Frühstückstisch.

Mit hängendem Kopf schritt er die Stufen hinab und wartete auf das Unvermeidliche.

„Oh, Sam“, sagte seine Mutter und gab ihm einen Kuss auf den Scheitel, während sie emsig das Geschirr spülte. Ein kleines Lächeln huschte über seine Lippen, aber es blieb nicht für lange.

„Sam“, hörte er seinen Vater sagen. Er sprach seinen Namen gewohnt hart und mit einem Hauch Bitterkeit aus, dass Sam einen kleinen Stich im Herzen spürte.

Im Hintergrund kicherten seine beiden Brüder über den gelungenen Scherz und flüsterten sich etwas zu.

„Na, du Schlafmütze? Hast du wieder zu lange mit dem Stinktier gekuschelt?“ Es war Tom, der älteste der drei Brüder.

Er war nicht viel größer als Sam, dafür stämmig und so haarig wie ein Bär. Bei Streitigkeiten zog Sam immer den Kürzeren, denn Tom war der stärkste der Brüder und besaß aufgrund der harten Arbeit auf dem Feld einen Berg von Muskeln. Seine Haut war sonnengebräunt und das schwarze Haar fiel in weichen Wellen auf seine Schulter. Stark und schön, das war einfach ungerecht.

Wie Vater, dachte Sam und rümpfte über seinen eigenen Anblick die Nase. Im Gegensatz zu Tom war Sam blass und mager. Er besaß zwar auch Muskeln, aber diese konnte er nur in seinen Träumen sehen.

„Puh“, sagte John und hielt sich übertrieben die Nase zu. „Daher kommt der Gestank. Ich dachte schon, klein Sammy hat gefurzt.“

John schlug dem Ältesten auf die Schulter und lachte so laut, dass auch Mutter sich ein Schmunzeln nicht verkneifen konnte. So war es immer. John brauchte nur sein Lachen hervor zu holen und der Ärger war vergessen. Er war der Mittlere der Bande, drahtig, laut und lebendig, und auch wenn er nicht so stark war wie Tom, so war er definitiv der Schnellste. Sam mochte ihn am liebsten, auch wenn er zusammen mit Tom immerzu Streiche ausheckte. Seine Beleidigungen klangen nur halb so schlimm wenn er lachte, und manchmal stellte Sam sich vor, dass John ihn am wenigsten verachtete.

„Schluss mit dem Unsinn“, herrschte der Vater und Sam zog den Kopf zwischen die Schultern.

Das Knurren seines Magens durchbrach die Stille und mit hochrotem Kopf starrte er zu Boden, um Vaters Blick auszuweichen.

Oh nein, dachte Sam betrübt. Ich kann auch nichts richtig machen. Wie peinlich.

Sam konnte beinah spüren, wie sein Vater den Kopf schüttelte und ihn dabei mit einem strengen Blick bedachte.

„Tom, du gehst heute wieder auf das Feld“, bestimmte Vater und Mutter fügte hinzu: „Bring mir bitte Wasser aus dem Brunnen mit, ja?“

Was mache ich?, fragte sich Sam und kannte die Antwort bereits. Er traute sich nicht, die Frage laut auszusprechen.

„John…“, begann Vater, aber der Mittlere schnitt ihm einfach das Wort ab.

„Ja, ja, ich weiß. Ich kümmere mich um den Hühnerstall. Ein paar Bretter werden den Schaden vom letzten Sturm beheben.“

„Letzte Nacht hat der Fuchs zwei Hühner gerissen“, tadelte Vater und Sam schrumpfte unter seinem strengen Blick zusammen, obwohl ihn der Fingerzeig nicht betraf. „Wir können uns weitere Verluste nicht leisten.“

John störte sich nicht daran und zuckte mit den Schultern.

„Ich sagte, ich kümmere mich“, antwortete er unbedarft und Sam fragte sich, woher er die Leichtigkeit nahm.

„Gut“, mit einem Seufzer klatschte Vater in die Hände und forderte die beiden Jungs auf, sich an die Arbeit zu machen.

Heute werde ich es doch wagen, ermunterte sich Sam und atmete tief ein. Trau dich einfach. Du kannst es.

„Was werde ich heute tun?“, ertönte seine Stimme und klang wie das Piepsen einer Maus.

Er hatte es ganz leise gesagt, aber alle hatten ihn gehört und drehten sich verwundert zu ihm um. Auf einmal fühlte sich Sam auch so klein wie eine Maus.

„Du?“, fragte Tom und glotzte dümmlich.

„Du?“, fragte auch John mit einem gemeinen Grinsen auf dem Gesicht.

„Was du heute tun wirst?“, fragte jetzt auch der Vater und Sam glaubte, mit jedem Schritt, den er auf ihn zutrat, den Boden erbeben zu spüren. „Du? Du wirst uns aus dem Weg gehen und uns die Arbeit verrichten lassen. Wie oft haben wir darüber gesprochen? Du bist zu schwach.“

Bei dem Wort schwach zuckte Sam zusammen und fühlte einen Kloß im Hals. Na gut, er war nicht so stark wie Tom, aber das hieß noch lange nicht, dass er auch nutzlos war und zu Hause hocken musste.

„Und zu klein“, ergänzte Tom, während er sich heimlich auf die Zehenspitzen stellte, denn er wusste, er war nicht viel größer als Sam.

„Du hast vergessen, wie ungeschickt er ist.“ Johns Lachen hatte diesmal nichts Herzliches. Es tat weh und Sam verkniff sich die heißen Tränen, die in seinen Augen brannten.

„Dumm ist er auch“, spottete Tom und fand Gefallen an den Sticheleien.

„Dummer, schwacher, kleiner Sam“, sang John und tanzte Hände klatschend auf einem Bein. Tom stimmte mit ein und zusammen sangen sie ein fürchterliches Lied. Sie wiederholten die Worte, bis sie am Ende nur noch trällerten: „Nutzlos, nutzlos, nutzlos.“

Alles Flehen würde nichts nützen, dass hatte Sam bereits lernen müssen. Seine Brüder würden mit den Sticheleien so schnell nicht aufhören und Vater gebot ihnen selten Einhalt. Es war, als dachte Vater, Sam verdiente diese Beleidigungen. Er wusste nicht warum und ertrug ihre Erniedrigungen so lange er zurückdenken konnte. Wann hatte es angefangen? War Sam schuld daran? Hatte er mal etwas Dummes getan? Warum behandelten sie ihn anders? Er war doch ein ganz normaler Junge, oder etwa nicht?

 

Sam konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten und schluchzte leise in den Ärmel seines Hemds. Am liebsten hätte er sich die Ohren zugehalten, aber einer von beiden, Tom oder John, hätten ihn festgehalten. Sam kannte all ihre Spielchen.

„Hört auf.“ Es war eine weiche, sanfte Stimme, die das Lied der Brüder beendete. Es herrschte Stille und Sam wagte es kaum, aufzublicken.

„Ihr geht jetzt an die Arbeit und zwar sofort.“ Mutter erhob selten die Stimme. Um ehrlich zu sein, hatte Sam seine Mutter noch nie wütend gesehen. Aber dieses eine Mal trieben es die Brüder zu weit und die Wangen ihrer Mutter glühten vor Zorn.

„Ja, Mutter“, antworteten Tom und John aus einem Mund. Sie gingen hinaus und streckten Sam zum Abschied die Zunge entgegen. Tom schüttelte sogar drohend die Faust. Der Albtraum war vorüber. Vorerst und dies dank seiner lieben Mutter.

Vater schenkte ihm keine weitere Aufmerksamkeit, setzte sich seinen alten Hut auf und verschwand wortlos.

Sam fühlte sich schrecklich und das schlechte Gefühl wuchs, als seine Mutter ihm eine Scheibe Maisbrot vorsetzte. Dankend nahm er es entgegen, aber mit jedem Bissen füllte sich sein Mund mehr. Er hatte das Brot nicht verdient. Schließlich war er zu spät aufgestanden und hatte das gemeinsame Frühstück verpasst. Er war zu schwach zum Arbeiten, zu klein, zu ungeschickt, zu dumm. Von Beginn an hörte er nichts anderes, dann musste es stimmen, oder?

„Schmeckt es dir nicht, Sam?“ Mutter setzte sich ihm gegenüber und schenkte ihm ein Lächeln. Sie hatte immer ein Lächeln für ihn übrig, ganz egal wie tollpatschig er sich anstellte.

Sam schüttelte den Kopf und antwortete mit vollem Mund: „Doch, köstlich.“

Ihr Blick änderte sich. Sie war traurig und Sam wusste, dass er wieder etwas falsch gemacht hatte. Man spricht nicht mit vollem Mund! Warum konnte er nicht einmal bei ihr etwas richtig machen?

Er wollte sich entschuldigen, wusste aber nicht, was er noch hätte sagen können. So schaute er seiner Mutter nur ins Gesicht und wunderte sich über die weißen Haare, die unter ihrem Tuch hervor lugten. Seit wann hatte Mutter weiße Haare? Sie waren golden, so wie die Sonne, das wusste er genau! Ihre Haut war blass und um die Augen sah er deutliche Schatten.

Sam schluckten den letzten Brocken hinunter und fragte leise: „Geht es dir gut?“

Die Frage überraschte sie offenbar. Ihre Augen wurden groß und glasig und der traurige Ausdruck wurde schnell durch ein gezwungenes Lächeln ersetzt. Sam kannte seine Mutter zu gut. Sie konnte ihm nichts vorspielen und doch versuchte sie es.

„Ja, natürlich.“ Ihre schmalen Hände glitten über den Holztisch und fegten die letzten Krümel fort. Nervös zupfte sie an ihrem Kopftuch. „Möchtest du spielen gehen? Vielleicht in den Wald? Da bist du doch so gern. Wenn du ein paar Pilze findest, dann bringe sie mir mit. Was meinst du?“

To koniec darmowego fragmentu. Czy chcesz czytać dalej?