Arthritis heilen

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Risikofaktoren für Arthrose

Rechnet man alle Risikofaktoren zusammen, so haben stark übergewichtige Frauen über 45 mit vorherigen Gelenkverletzungen das höchste Arthroserisiko. Die Hauptrisikofaktoren sind also Alter, starkes Übergewicht (insbesondere viel Bauchfett) und Verletzungen. Hierin besteht ein Unterschied zu entzündlich bedingten Arthritiden wie der rheumatoiden Arthritis, die auf Autoimmunprozessen, einer Fehlsteuerung des Immunsystems und der Darmgesundheit beruhen. Doch wie die entzündlich bedingte Arthritis wird auch Arthrose offenbar durch Umwelteinflüsse ausgelöst, unter die auch die Lebensweise fällt. Je nach genetischer Anfälligkeit steht hier die Ernährung im Vordergrund. Aus Zwillingsstudien entnehmen wir, dass die Ursache zu 50 bis 65 Prozent genetisch bedingt ist. Dies gilt vermehrt für Arthrose in den Händen und Hüftgelenken, weniger für die Kniearthrose. Am einfachsten können Sie Ihr Risiko einschätzen, indem Sie die Faktoren betrachten, auf die Sie keinen Einfluss haben, und die, die Sie beeinflussen können.

Zu den unabwendbaren Risikofaktoren gehören: Alter (mit zunehmendem Alter steigt das Risiko, und zwar für alle Gelenke), weibliches Geschlecht (bei Frauen verläuft die Arthrose schwerer), genetische Veranlagung, ethnische Herkunft und frühere Gelenkverletzungen. Es bestehen zwar zeitliche Parallelen zur weiblichen Menopause, doch Studien haben keine konkreten Verbindungen zu den Hormonen Östrogen oder Progesteron ergeben. Der Einfluss der Ethnie ist unklar, weil die Studien hier widersprüchliche Ergebnisse nennen.

Eine Gelenkverletzung gehört zu den größten Risikofaktoren für eine Kniearthrose und eine Schädigung oder einen Riss des Meniskus. Der Meniskus ist eine halbmondförmige Knorpelplatte, die das obere Ende des Schienbeinknochens (Tibia) bedeckt und schützt. Die regelmäßige Beanspruchung eines Gelenks erhöht das Risiko zwar nicht so sehr wie eine Verletzung, spielt jedoch ebenfalls eine Rolle. Zum Beispiel entwickeln Landwirte häufig Arthritis in den Hüften, wohingegen Männer mittleren Alters, die beruflich viel tragen, knien oder hocken müssen, ein doppelt so hohes Risiko für eine Kniearthrose haben wie der Durchschnittsmensch. Übergewicht lässt das Risiko weiter ansteigen. Untersuchungen an Sportlern sind widersprüchlich. Das höchste Risiko geht jedoch offenbar von einer Verletzung aus, weniger vom repetitiven Einsatz des Gelenks zum Beispiel beim Laufen oder Fußballspielen. Abschließend lassen einige Studien darauf schließen, dass Fehlstellungen der Knie sowie unterschiedliche Beinlängen mit einem erhöhten Arthroserisiko einhergehen können.

Die gute Nachricht ist, dass man auf viele andere Faktoren Einfluss hat. So können Sie den Knorpel und anderes Gelenkgewebe entlasten, indem Sie die umliegenden Muskeln trainieren. Eine Rolle spielen auch die allgemeine körperliche Aktivität, der Beruf, die Wahrscheinlichkeit, sich eine Gelenkverletzung zuzuziehen, und primäre Risikofaktoren wie starkes Übergewicht, Diabetes und eine Ernährung ohne ausreichende Zufuhr entzündungshemmender, antioxidativer Lebensmittel.6 Umgekehrt lässt Gewichtsabbau das Risiko für eine Kniearthrose zurückgehen. Einige Studien an übergewichtigen, älteren Arthrosepatienten ergaben, dass eine Gewichtsabnahme in Kombination mit Körpertraining die Schmerzen zurückgehen lässt und die Gelenkfunktion verbessert. Anderen Studien zufolge ging ein hoher BMI im Alter von 18 Jahren langfristig mit einem höheren Risiko für einen vollständigen Hüftgelenksersatz (Hüft-TEP) einher.

Das Risiko für eine symptomatische Arthrose unterscheidet sich ein wenig von den Befunden auf dem Röntgenbild. Frauen entwickeln eher Symptome als Männer, Afroamerikaner eher als Menschen europäischer Herkunft. Zu den kontrollierbaren Risiken zählen: harte körperliche Arbeit, insbesondere in Verbindung mit Knien, gebeugten Knien und langem Stehen sowie Knieverletzungen und Traumata. Anhand des Röntgenbilds lässt sich auch abschätzen, ob jemand Symptome hat oder nicht. Je höher die Zahl auf der Skala von 0 bis 4 und je enger der Gelenkspalt, desto eher kommt es zu Symptomen und desto schwerer fallen diese voraussichtlich aus. Trotz chronischer Schmerzen sind diese bei 49 Prozent der Betroffenen nicht konstant, sondern kommen und gehen.7

Lebensweise

Fortgeschrittenes Alter und eine intensive Beanspruchung oder eine Verletzung des Gelenks können bei entsprechender Veranlagung eine Arthrose begünstigen. Irgendwann aber kommt der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt und eine bisher nur röntgenologische nachweisbare Arthrose symptomatisch werden lässt. Meine Mutter hatte ihr Knie vor ihrer Chinareise nie röntgen lassen. Dennoch habe ich keinen Zweifel daran, dass die Gelenkveränderungen schon lange vor den ersten Schmerzen sichtbar gewesen wären. Wie also kam es zu den Symptomen? Zwei Jahre vor dem Einsetzen ihrer Schmerzen war mein Vater, mit dem sie 56 Jahre verheiratet gewesen war, unerwartet einem schweren Schlaganfall erlegen. Dieses massive Trauma traf meine Mutter bis ins Mark.

Die Trauer und der emotionale Aufruhr gingen nicht spurlos an ihr vorbei. Hier paarten sich Stress und Schlafstörungen mit einer erheblichen Umstellung ihrer Lebensweise in den folgenden zwei Jahren. Anfangs saß sie viel herum und war leicht depressiv. Sie konnte sich nicht mehr zu ihren geliebten, langen Spaziergängen mit dem Hund aufraffen, und sie spielte nicht mehr Golf. Mein Vater hatte nie getrunken und sich gern zu Hause bekochen lassen. Nach seinem Tod hatte meine Mutter keine Lust, nur für sich selbst zu kochen. Statt wie früher Salate, Obst und magere Proteine zuzubereiten, griff sie häufiger zu Fertiggerichten, die rasch zubereitet waren. So musste sie auch seltener zum Einkaufen. Sie aß kein Gemüse mehr, weil ihr die Zubereitung zu lästig war, und ernährte sich in erster Linie von glutenfreiem Toast und Mandelmus. An beidem ist im Grunde nichts auszusetzen, aber es ist nicht gesund, nur davon zu leben. Süßspeisen hatte es früher nur gelegentlich gegeben, doch nun gehörten sie jeden Abend dazu, wenn meine Mutter im Golfklub speiste.

Im zweiten Jahr schloss sich meine Mutter einer Gruppe umtriebiger, freundlicher Witwen an ihrem Seniorenwohnsitz an. Fast jeden Abend gingen sie gemeinsam essen, was meist mit Alkohol verbunden war (zu viele Cocktails), aber auch mit Brot, Dessert und sehr wenig gesundem Gemüse. Meine Mutter spielte zwar wieder Golf, machte aber sonst keinen Sport. Das fällt für mich unter das „Rentnersyndrom“, das ich bei vielen Patienten sehe. Sobald sie nicht mehr berufstätig sind, entfällt die übliche Struktur für ihr Ess-, Trink- und Bewegungsverhalten. Plötzlich gehört abends regelmäßig ein Glas Wein oder ein Cocktail dazu, sie futtern ungesunde Kohlenhydrate wie Brot und Salzgebäck (Kohlenhydrate sind nur einer von drei Makronährstoffen, die anderen beiden sind Proteine und Fette), dazu gibt es grundsätzlich zuckerreiche Süßspeisen, und sie bewegen sich immer weniger. Der Alkohol und die Geselligkeit halfen meiner Mutter zwar offenbar über ihren Verlust hinweg, doch für ihren Körper war die neue Lebensweise weniger gut.

Nachdem sie eineinhalb Jahre so gelebt hatte, ging sie auf jene 19-tägige Wandertour in China. Obwohl sie in den sieben Jahren zuvor viel gewandert war, war diese Reise eine Überforderung. An einem Tag war sie 16 000 Schritte gelaufen (sie benutzte einen Schrittzähler), bis die Schmerzen im linken Knie sie ihrer Aussage zufolge „zusammenbrechen“ ließen. Im Zusammenspiel mit den Entzündungen, die bereits in ihrem Körper schwelten, war die Überlastung des Knies der Tropfen, der nun das Fass zum Überlaufen brachte. Das Knie meiner Mutter schrie sozusagen so laut, dass sie am Flughafen Hongkong einen Rollstuhl benötigte. „Es war mir so peinlich“, gestand sie. „Es war furchtbar.“

Als sie mich auf der Rückreise aus China besuchte, humpelte sie ins Zimmer. Ich sah auf den ersten Blick, dass das Weiße in beiden Augen knallrot glänzte. Gesicht und Augen wirkten verquollen und aufgedunsen. Neben der Schwellung im Knie waren das klare Hinweise auf die Entzündungen in ihrem Körper. Ich setzte meine Mutter auf die zweiwöchige Einstiegsdiät für den Darm, die Ihnen hier vorstellen werde, und arrangierte einen Termin mit unserer Ernährungsberaterin im Blum Center for Health. So konnte sie lernen, wie sie ihre Ernährung nach der Rückkehr nach Florida fortführen musste. Ich riet ihr, mindestens sechs Wochen ganz auf Alkohol zu verzichten, und gab ihr die Ergänzungsmittel gegen Arthritis mit wie Fischöl und Kurkumin, die Sie in Kapitel 10, „Das Drei-Stufen-Konzept zur Arthritisbehandlung nach Blum“, kennenlernen werden. Als meine Mutter in der folgenden Woche nach Hause fuhr, konnte sie bereits besser laufen und hatte kaum noch Schmerzen.

Da sie keine Verdauungssymptome aufwies, empfahl ich ihr nicht den Übergang zu Schritt 2, der zweimonatigen Intensivkur für den Darm, sondern wollte lieber beobachten, wie es ihr mit der Arthritisdiät und den Ergänzungsmitteln erging. Ihre Symptome besserten sich immer weiter, bis die Schmerzen nach etwa zwei Monaten verschwunden waren. Daraufhin begann sie mit Schritt drei, der sechsmonatigen Stabilisierungsphase einschließlich dem Ernährungsplan. Zusätzlich befolgte sie ein Bewegungsprogramm ihres Sportmediziners. Wenn es nach einem Monat nicht besser geworden wäre, hätte ich auch ihren Darm behandelt. Diese Geschichte unterstreicht, dass Arthrose erheblich von der Lebensweise beeinflusst wird, ob Fehlernährung, Stress oder Bewegungsmangel. An diesen Punkten setzt Ihr Behandlungsplan ein. Wenn Sie jedoch Verdauungsprobleme haben oder die Gelenkschmerzen mit der Einstiegsdiät und den Ergänzungsmitteln nicht spürbar besser werden, müssen Sie auch den Darm behandeln. Inzwischen hat meine Mutter gelegentliche Rückfälle, die jedoch immer ernährungs- oder stressbedingt sind. Zugleich hat sie ein stabiles Fundament entwickelt, zu dem sie zurückkehren kann, um wieder schmerzfrei zu leben. Die Geschichte meiner Mutter zeigt deutlich, dass ihre entzündungsfördernde Ernährung im Zusammenspiel mit Bewegungsmangel zu den Arthroseschmerzen im Knie beitrug.

 

Inwiefern Bewegung, Ernährung und Übergewicht in Bezug auf das Arthroserisiko und den Ort der Arthrose zusammenwirken, wurde inzwischen näher erforscht. Italienische Forscher der Universität Catania haben fünf Risikokategorien für Arthrose geschaffen. Das geringste Risiko haben Menschen, die sich nährstoff- und vitaminreich ernähren, wenig tierische Fette und wenig stark verarbeitete Lebensmittel zu sich nehmen sowie körperlich mäßig aktiv sind. Bewegung führt zu einer besseren Bildung der Gelenkschmiere, welche den Knorpelabrieb mindert und die Gelenke gesund erhält. Allerdings tragen Sportler, bei denen oft Schultern, Arme, Hüftgelenke und Knie von Arthrose betroffen sind, ein höheres Risiko, weil die intensivere Beanspruchung, deren Bewegungen mitunter den Spielraum des Körpers überschreiten, die Gelenke belastet und direkte Stöße erhöht. Eine sitzende Lebensweise hingegen erhöht wegen schwächerer Muskeln und schlechter Haltung das Arthroserisiko der Wirbelsäule und der Schultern. In diesen Bereich fallen auch Menschen, die ständig mit Computer und Smartphone zu tun haben. Bei ihnen steigt das Arthroserisiko der Hände und Handgelenke. Bei Menschen, deren Ernährung zu wenige lebenswichtige Nährstoffe enthält, besteht für alle Gelenke ein erhöhtes Arthroserisiko. Das höchste Risiko haben adipöse Menschen, bei denen aufgrund von Übergewicht und Körperfettmenge besonders die Wirbelsäule, die Hüften, die Knie und die Fußgelenke betroffen sind. Arthrose gilt zunehmend als systemische Erkrankung, weil sie durch Stoffwechselprobleme wie Adipositas, entzündetes Fettgewebe und systemische Entzündungen beeinflusst wird. Machen Sie sich in diesem Zusammenhang bewusst, dass bei Arthrose nur 5,1 Prozent der Fälle verletzungsbedingt sind. Bei 24,6 Prozent hingegen liegen Übergewicht oder Adipositas vor.8

Altern

Um besser zu begreifen, was genau bei Arthrose in den Gelenken abläuft, werden an der University of North Carolina in Chapel Hill die Zusammenhänge zwischen dem Altern und Arthrose untersucht. Hierfür hat das Team den Begriff „Inflammaging“ geprägt, der ausdrücken soll, dass Entzündungsreaktionen Alterungsprozesse begünstigen. Mit zunehmendem Alter kommt es körperweit und lokal zu unterschwelligen Entzündungsprozessen. Teilweise werden diese durch die alterstypische Zunahme des Bauchfetts (Eingeweidefett) und einen Rückgang der Muskelmasse ausgelöst. Dafür muss man nicht einmal stark übergewichtig sein. Beim Älterwerden geht die Muskelmasse von Natur aus zurück, und der Fettanteil steigt. Doch Muskelabbau ist ein weiterer Baustein in der Verbindung zu Adipositas. Bauchfett fördert die Entzündungsbereitschaft stärker als das Fett in unseren Armen und Beinen und spielt bei der Entstehung chronischer Erkrankungen eine besondere Rolle. Solche metabolisch bedingten Entzündungen heißen Metaentzündung und gehen mit einem Anstieg freier Fettsäuren (Lipide), Hyperglykämie (hoher Blutzuckerspiegel) und oxidativem Stress einher. Alle zusammen fördern die Zerstörung des Gelenkgewebes und seiner Umgebung.

Oxidativer Stress nimmt mit dem Alter von Natur aus zu und kann die Gelenke negativ beeinflussen, indem er die Mitochondrien schädigt, die kleinen „Kraftwerke“ in jeder Zelle, welche die nötige Energie erzeugen, um die Zelle am Leben zu erhalten. Alternde Mitochondrien können weniger gut mit freien Radikalen fertig werden. Wenn die antioxidierende Kapazität der Zelle überstiegen ist, können die Knorpelzellen (Chondrozyten) Schaden nehmen, und dies wiederum kann zu Arthrose beitragen.

Worin unterscheidet sich die normale Gelenkalterung von Arthrose? Beim normalen Alterungsprozess bleibt der Gelenkknorpel intakt. Er wird nur dünner, und die Dichte der gesunden Knorpelzellen nimmt im ganzen Gelenk gleichmäßig ab. Es gibt keine Hinweise auf Entzündungsprozesse, keine Verdickung der Schleimhäute im Gelenk und keine Knochenverdickungen um die Gelenke herum. Bei Arthrose hingegen gibt es herdförmige Unregelmäßigkeiten in der Knorpeloberfläche. Die Knorpelzellen ballen sich in der Nähe der Gewebeschäden, worauf die Gelenkinnenhaut (Synovialis) sich verdickt.9

Starkes Übergewicht

Man geht davon aus, dass bei stark übergewichtigen Menschen oder zu viel Eingeweidefett der oxidative Stress im ganzen Körper ansteigt, meist ein hoher Blutzucker vorliegt und der Fettstoffwechsel gestört ist. All dies erzeugt anomale Werte bei bestimmten entzündungsfördernden Substanzen, den Adipokinen, die von den Fettzellen freigesetzt werden. Adipositas ist somit nicht nur ein Risikofaktor für rheumatoide Arthritis, sondern vermutlich auch ein wichtiger Arthrosefaktor. Um diesen Zusammenhang zu verstehen, sollten wir uns mit oxidativem Stress beschäftigen. Wenn die Chondrozyten fortwährend freien Radikalen ausgesetzt sind, erzeugen sie sogenannte reaktive Sauerstoffspezies (ROS, von engl. reactive oxygen species). Diese Substanzen schädigen unmittelbar das Kollagen – die strukturell wichtigste Proteinkomponente im Gelenkknorpel – und verändern die Gelenkflüssigkeit, die dadurch „verwässert“ wird und weniger schützt. Studien zufolge gingen niedrige Vitamin-C-Spiegel mit einem höheren Risiko für Kniearthrose einher, während umgekehrt eine Erhöhung der Vitamin-C-Zufuhr die röntgenologisch sichtbare Schädigung bei Kniearthrose und die Schmerzen stagnieren lassen kann. Vitamin K ist ein Nährstoff, der die Mineralisierung von Knochen und Knorpel reguliert. Ein niedriger Vitamin-K-Spiegel war mit verstärktem Auftreten von Knochenproliferationen durch Knorpelabbau in Knien und Händen sowie mit einer Verengung des Gelenkspalts in der Hand verbunden.

Menschen mit starkem Übergewicht und Diabetes haben vielfach einen zu hohen Blutzucker (Hyperglykämie), der wiederum mit einem Risiko für ständig fortschreitende Arthrose verbunden ist. Glukose kann sich im Gewebe ablagern und dieses unmittelbar schädigen sowie eine Entzündungsreaktion provozieren. Wenn das Kollagen im Knorpel „verzuckert“, weil Glukose sich darauf ablagert, funktionieren die Knorpelzellen weniger gut. Die Alterung schreitet schneller voran, und die Zellen gehen in einen Ruhezustand über, man spricht hier von Seneszenz, in dem sie viele Funktionen einstellen. Das ist ungut, wenn man sich gesundes Gewebe wünscht, das sich selbst reparieren kann. Dieser Prozess lässt das Gelenk steifer werden, nimmt ihm seine Kraft und führt langfristig zu Arthrose.

Lassen Sie mich zuletzt auf die Adipokine eingehen, die das metabolische Bindeglied zwischen Adipositas und Arthrose darstellen könnten. Ein solches Adipokin ist beispielsweise Leptin, ein Botenstoff aus den Fettzellen, der in jüngerer Zeit wegen seines Einflusses auf die Appetitregulierung und die Fähigkeit zum Fettabbau bekannter wurde. Leptin ist zugleich ein Schlüsselhormon für Gelenkschäden und die Entwicklung von Arthrose, und es löst die Bildung von Entzündungssubstanzen (Zytokinen) aus, welche die Funktion der Knorpelzellen beeinträchtigen. Menschen mit zu viel Körperfett haben meist auch einen erhöhten Leptinspiegel.10

Untersuchungen zufolge ist Adipositas eine Stoffwechselerkrankung, die jede Körperzelle betrifft. Die Verbindung zu Arthrose ist daher keine große Überraschung. In den letzten Jahren schälten sich mit zunehmender Erforschung der Darmbakterien jede Menge Zusammenhänge zwischen Adipositas und der Darmflora heraus. Daher erscheint es nur logisch, dass der Gesundheitszustand des Darms auch die Entwicklung und das Fortschreiten von Arthrose beeinflusst.

Es gibt zwar keine definitive Ursache-Wirkung-Kausalkette wie bei rheumatischen Gelenkerkrankungen, doch Studien deuten darauf hin, dass der Darm an den stoffwechselbedingten Entzündungsprozessen bei manchen Arthrosefällen beteiligt ist.11 Dieses Thema wird in Teil 2, „Heilung für den Darm, Heilung für die Gelenke“, näher beleuchtet. Dass starkes Übergewicht und Diabetes das Risiko für Arthrose in den Händen und Knien erhöht, zeigt deutlich, dass diese Erkrankung nicht nur durch das zusätzliche Gewicht auf den Gelenken entsteht. Programme zur Gewichtsreduktion sollten bei Arthrosepatienten daher nicht nur auf das Gesamtgewicht, sondern speziell auf das Körperfett abzielen, das wahrscheinlich das größere Problem darstellt. Um das Arthroserisiko gering zu halten, die Gelenkfunktion zu verbessern und Schmerzen zu lindern, brauchen wir Nährstoffe und Vitamine zur Reduzierung von oxidativem Stress und einen Lebensstil, der Blutzucker und Körperfett in Grenzen hält. Zwei Studien kamen sogar zu dem Ergebnis, dass Knieschmerzen durch Arthrose sich besserten, wenn die Betroffenen durch passende Ernährung und Bewegung Gewicht abbauten.12 Die Arthritiskur kann Ihnen dazu verhelfen, weil sie all diese Punkte anspricht. Mehr dazu erfahren Sie gleich im Abschnitt zur Behandlung.

Konventionelle Behandlung

Arthrosepatienten werden normalerweise vom Orthopäden behandelt, wohingegen Patienten mit entzündlich bedingter Arthritis zum Rheumatologen gehen. Orthopäden sind allerdings auch chirurgisch ausgebildet und greifen bei Schmerzen gerne zur Corticosteroidspritze, verordnen Physiotherapie und Schmerzmittel oder empfehlen als Ultima Ratio eine Operation. Meiner Erfahrung nach sind Corticosteroidinjektionen zwar möglicherweise eine gute kurzfristige Lösung, doch langfristig schädigen sie das Gelenk und taugen nicht als Dauerlösung oder zur häufigen Wiederholung, wenn der Schmerz zurückkehrt – was meistens geschieht.

Arthrose wird zumeist über frei verkäufliche Arzneimittel behandelt, die das Fortschreiten der Erkrankung nicht aufhalten und deren Nebenwirkungen eine Dauerbehandlung erschweren. (Darauf bin ich schon in Kapitel 2 bei der Spondyloarthritis näher eingegangen.) Paracetamol und andere beliebte Analgetika (worunter nicht-steroidale Entzündungshemmer und Opioide fallen) erhöhen das Risiko für Herzinfarkt und innere Blutungen. Außerdem können sie die Leber schädigen. Die Behandlung von Arthrosesymptomen mit nicht-steroidalen Entzündungshemmern wie Celecoxib, Diclofenac, Ibuprofen, Naproxen und Acetylsalicylsäure kann langfristig mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden sein, darunter Magen-Darm-Blutungen, Nierenschäden und das erstmalige Auftreten oder die Verschlimmerung von Bronchialasthma und kardiovaskulären Komplikationen. Nach der Diagnose und den Behandlungsoptionen seitens des Orthopäden werden daher zunächst weitere Therapiemöglichkeiten geklärt.

Arthrose ist auch eine Domäne der Fachärzte für Physikalische und Rehabilitative Medizin. Maßgeschneiderte Bewegungstherapie und Veränderungen der Lebensweise können nämlich viel bewirken. Solche Ärzte kennen sich auch mit aktuellen Behandlungsverfahren wie der Stammzell- oder Plasmatherapie aus, bei denen Stammzellen (aus denen sich diverse andere Zellen entwickeln können) oder mit Blutplättchen angereichertes Plasma (PRP) zum Einsatz kommen. (Das Plasma ist der farblose, flüssige Blutanteil, und die Blutplättchen sind an der Blutgerinnung beteiligt.) Stammzellen oder PRP werden aus dem eigenen Blut oder Gewebe gewonnen und dann in die Gelenke gespritzt. Diese Behandlungen regen Selbstreparaturprozesse an, damit der geschädigte Knochen oder Knorpel abheilen kann. Wenn sie anschlagen, geht es den Betroffenen wirklich besser. Leider helfen diese Therapien nicht immer und können sehr kostspielig sein. Als Hauptbehandlungsansatz sind sie für die Mehrheit der Arthrosepatienten somit keine realistische Option.

Welche konventionellen Therapien stehen der Allgemeinheit also zur Verfügung? Eine medizinische Studie der Universität Leiden in den Niederlanden untersuchte, welche nichtchirurgischen Verfahren man Patienten vor einem Hüft- oder Kniegelenkersatz empfahl. Für die Berechnung des Body-Mass-Index (BMI) wird das Gewicht eines Menschen in Kilogramm durch die Körpergröße im Quadrat geteilt (kg/m2). Nur elf Prozent der übergewichtigen Studienteilnehmer (BMI von 25 bis unter 30) und 30 Prozent der adipösen Patienten (BMI ab 30 aufwärts) sagten, sie hätten eine Ernährungsberatung bekommen. Lediglich 28 Prozent aller orthopädischen Fachärzte sagten, sie würden ihren übergewichtigen Patienten Ernährungsprogramme verschreiben. Die häufigsten angebotenen nichtchirurgischen Verfahren waren eine Aufklärung über Arthrose (80 Prozent), nicht-steroidale Entzündungshemmer (80 Prozent), Physiotherapie (73 Prozent) und Paracetamol (72 Prozent). Die Autoren dieser Studie kamen zu dem Ergebnis, dass diese Therapien, insbesondere die Ernährungsberatung, häufiger genutzt werden sollten und den Operationsbedarf reduzieren oder hinauszögern könnten.13

 

Physiotherapie ist ein klassisches Element der Arthrosebehandlung. Sie wird vornehmlich von Orthopäden und Hausärzten verordnet, um den Muskelaufbau zu unterstützen und so die Gelenke zu stabilisieren. Auf diese Weise sollen die Schmerzen zurückgehen und die Funktion verbessert werden. Neben regelmäßigen Anwendungen beim Therapeuten erlernt man hierbei auch Übungen, die täglich in Eigenverantwortung durchgeführt werden sollen. Doch wie meine Mutter Barbara machen die meisten Betroffenen ihre Übungen nicht regelmäßig (oder gar nicht). Über die Jahre konnten viele Studien belegen, dass Bewegungs- und Aufklärungsprogramme tatsächlich Schmerzen, Gelenkfunktion, Eigenständigkeit und das häusliche Üben verbessern konnten. In Südafrika müssen Geringverdiener häufig lange auf einen Termin für den Einbau einer Hüftgelenks- oder Knieprothese warten. Forscher der Universität Kapstadt suchten nach einer Strategie, um diesen schmerzgeplagten Patienten zu helfen, wenn schlechte Aussichten auf chirurgische Hilfe bestanden. Die Teilnehmer der Studie erhielten ein sechswöchiges Bewegungs- und Aufklärungsprogramm. Letzteres umfasste Informationen über neurowissenschaftliche Erkenntnisse zum Schmerz, eigene Bewältigungsstrategien, Umgang mit Stress, Hinweise zu Ernährung und der Bedeutung des Körpergewichts sowie einen aktiven Bewegungsbaustein. 53 Prozent der Teilnehmer berichteten, dass die Intervention ihre Schmerzen verbessert hätte – und zwar auf Dauer. Im Vergleich zu den Ergebnissen früherer Studien, die nur den Faktor Bewegung untersucht hatten, fanden die Forscher in ihrer Gruppe eine höhere Besserungsquote. Entscheidend hierfür war der Baustein der Aufklärung.14 Dennoch konnten Bewegung oder Aufklärung allein 47 Prozent der Studienteilnehmer leider nicht helfen. Ich gehe davon aus, dass ein Intensivprogramm mit entzündungshemmender Ernährung und Ergänzungsmitteln – wie ich es in diesem Buch anbiete –, diese Zahlen verbessert hätte. In meinen Augen ist es an der Zeit, jede Arthrosetherapie um eine Ernährungskomponente zu ergänzen.

Ehe wir in Kapitel 7 auf die Ernährung zu sprechen kommen, möchte ich die beliebten Ergänzungsmittel Glukosamin und Chondroitin erwähnen, die seit Jahren zur Linderung von Gelenkschmerzen bei Arthrose eingesetzt werden. Angeblich unterstützen sie Reparaturprozesse im Gelenk. Auch ich verordne meinen Patienten diese Nahrungsergänzungsmittel, musste jedoch feststellen, dass sie nur manchen Menschen helfen. Dass diese Substanzen Schmerzen lindern oder das Fortschreiten der Erkrankung aufhalten, ist nicht belegt. Eine neuere Studie der rheumatologischen Abteilung des Universitätskrankenhauses Fundación Jiménez Díaz in Madrid kam zu dem Ergebnis, dass sich die Schmerzen von Patienten mit Kniearthrose bei sechsmonatiger Einnahme einer Kombination dieser beiden Wirkstoffe nicht besserten. Insofern sage ich: Wenn Sie mit einem Glukosamin-Chondroitin-Präparat gute Erfahrungen gemacht haben, nehmen Sie es ruhig weiter. Es schadet nicht. Statistisch gesehen hilft es den meisten Patienten jedoch nicht.

Erwähnen möchte ich an dieser Stelle auch das nichtdenaturierte Typ- II-Kollagen (UC-II). Gelenkgewebe wie Knorpel und Knochen bestehen aus dem Protein Kollagen. Die Zerstörung dieses Kollagens geht bei Arthrose und rheumatoider Arthritis mit einem Fortschreiten der Schädigung einher. „Nichtdenaturiert“ bedeutet hier, dass das Protein noch intakt ist und nicht durch Hitzeeinwirkung zerstört wurde. Einige Studien konnten zeigen, dass die tägliche Einnahme eines Präparats mit zehn Milligramm UC-II-Kollagen (aus dem Knorpel von Hühnern oder anderen Tieren) Entzündungen und Schmerzen bei Arthrose und womöglich sogar die Autoimmunreaktion des Körpers auf seinen eigenen Knorpel reduzieren kann. Ich setze diese Substanz neuerdings in meiner Praxis ein und möchte, dass Sie davon erfahren, auch wenn ich noch nicht sicher bin, wie wirksam sie ist.15 Dennoch denke ich, dass wir uns in erster Linie auf die treibenden Kräfte für Gelenkschäden, nämlich Entzündungen und oxidativen Stress, konzentrieren sollten. Auf Antioxidanzien und Omega-3-Fettsäuren, die nicht zur konventionellen Therapie gehören, wird in Teil 4, „Das Drei-Stufen-Konzept zur Arthritisbehandlung nach Blum“, näher eingegangen.

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