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Die Rückkehr der Monarchie

Ein Großteil der traditionellen europäischen Prophezeiungen sagt für die Zeit nach den großen Katastrophen eine Rückkehr der Monarchie in Europa voraus.

Das sagen zwar nicht alle Prophezeiungen, aber die Mehrzahl der bedeutenden Quellen, wie Nostradamus (gest. 1566, Frankreich), das Lied der Linde (1920, Deutschland), Alois Irlmaier (1950, Deutschland), die Botschaft von La Salette (1846, Frankreich) und ein ganzer Batzen anderer Prophezeiungen. Die entsprechenden Voraussagen stammen aus vielen Gegenden Europas, sind mitunter jahrhundertealt und stammen oft von jenen Quellen, die als besonders glaubwürdig gelten. Etwas verallgemeinernd lässt sich sagen, dass in Europa „gefühlt“ jede zweite Prophezeiung eine Rückkehr der Monarchie voraussagt.

Hört nun der moderne, ach so aufgeklärte und nüchterne Europäer das erste Mal von den Prophezeiungen über die Rückkehr der Monarchie, reagiert er mitunter so, als würde seine Intelligenz beleidigt. Ja, der Vernunftmensch empfindet Prophezeiungen dieser Art geradezu als Beweis dafür, dass hellseherische Prophetie entweder Unfug oder Betrug ist. Echte Hellseherei als mögliche Erklärung wird kategorisch ausgeschlossen.

Nun gut. Immerhin haben Skeptiker recht, wenn sie behaupten, es sei eine uralte Hoffnung der Menschen, in einer Zeit größter Not komme von irgendwoher ein gottgesandter König, der die Dinge zum Besseren wendet. Dieses Motiv des Retter-Königs findet sich tatsächlich in verschiedenen alten europäischen Sagen, z. B. in der britischen König-Artus-Sage und in deutschen Sagen, denen nach in einer Höhle im Untersberg bei Salzburg Kaiser Karl der Große73 mit einer Heerschar Getreuer seit über 1000 Jahren schläft und darauf wartet, in der Endzeit aus dem Berge hervorzustürmen und den Sieg für die Guten zu erstreiten.


Abb.10: Kaiser Karl der Große reitet mit seinen Getreuen aus der Höhle im Untersberg.

Historischer Druck (Ausschnitt), Salzburg Museum

Eine andere bekannte deutsche Sage hat das gleiche Motiv eines Retter-Monarchen, allerdings mit dem Kaiser Barbarossa im Kyffhäuser, dem Mittelgebirge südöstlich des Harzes. Das Motiv eines quasi gottgesandten Königs oder Kaisers ist in Europa also tatsächlich vorhanden. Trotzdem wäre es voreilig und ignorant, sämtliche angeblich oder tatsächlich hellseherischen Prophezeiungen ohne Einzelfallprüfung als Betrug und bloße Neuauflagen alter europäischer Sagen abzuqualifizieren.

Das Scheitern der Demokratie als Schlüssel zur Monarchie

Die Prophezeiung von der Rückkehr der Monarchie kommt einem im Jahre 2018 natürlich auch deshalb so vollkommen absurd vor, weil man sich einfach nicht vorstellen kann und will, dass unser gegenwärtiges demokratisches Gesellschaftssystem irgendwann komplett an die Wand fährt. Genau das aber wäre die Grundvoraussetzung für die Rückkehr der Monarchie: das krachende Scheitern der Demokratie mitsamt der daran hängenden Eliten in Politik, Wirtschaft, Massenmedien und Kultur.

Das Scheitern des Gesellschaftssystems wäre aber gerade aus deutscher Perspektive Grundsätzlich natürlich nichts Neues: Im Laufe des 20. Jahrhunderts hatten es in Deutschland drei ganz unterschiedliche Herrschaftssysteme geschafft, das brave deutsche Volk davon zu überzeugen, ihr Herrschaftssystem werde ewig bestehen: die Monarchisten, die Nationalsozialisten und die DDR-Sozialisten. Noch kurz vor dem Ersten Weltkrieg sprach Kaiser Wilhelm II. von „herrlichen Zeiten“, die seine deutschen Untertanen erwartet. Adolf Hitler träumte von seiner Welthauptstadt „Germania“ und einem „Tausendjährigen Reich“. Und für Erich Honecker ging es immer nur „vorwärts“ und keine Macht der Welt konnte den „Sozialismus in seinem Lauf“ aufhalten.

Doch es kam anders. Für alle drei: für Kaiser, Führer und Staatsratsvorsitzenden. Der Erste versauerte in Holland im Exil und hackte Holz. Der Zweite jagte sich eine Kugel durch den Kopf während Putz von der Bunkerdecke rieselte. Der Dritte konnte mit Ach und Krach vor seiner Inhaftierung nach Chile ausbüxen. Dort musste er dann die letzten Lebensmonate künstlich ernährt werden. Ein ruhmvolles Ende sieht anders aus.

Wir demokratischen Bürger Deutschlands leben im Jahre 2018 ganz entspannt im Hier & Jetzt auf der stolzen Höhe unserer Zeit und in der mehr oder weniger festen Überzeugung, in einem Staat zu leben, der die Quintessenz der historischen Entwicklung ist. Unser Motto lautet: Besser geht’s nicht!

Wer sich etwas mehr für Politik interessiert, dem wird jedoch in den letzten Jahren aufgefallen sein, dass in Deutschland grundlegendste Entscheidungen eben nicht demokratisch gefällt wurden (und werden), der Bürger wurde eben nicht gefragt. Das gilt für

 die Abschaffung der D-Mark

 den Afghanistaneinsatz der Bundeswehr

 die gigantischen finanziellen Verpflichtungen, die Deutschland im Rahmen der Euro-Rettung eingegangen ist

 die Aufnahme von weit über einer Million Flüchtlinge und die ganze langfristige Zuwanderungspolitik

 die negative Haltung von Politik und Massenmedien gegenüber Russland, die streckenweise an eine regelrechte Kriegshetze erinnert

Entweder wird dem Volk eine echte Mitbestimmung verwehrt (wie im Falle einer Volksbefragung bei der Euro-Einführung), oder aber wichtige Themen werden unter den Teppich gekehrt und aus Wahlkampfdebatten herausgehalten (z. B. die Flüchtlingsproblematik im 2017er Bundestagswahlkampf), oder große Probleme tauchen innerhalb der Legislaturperiode angeblich völlig überraschend auf, es muss schnell entschieden werden und es bleibt leider keine Zeit, um das Volk zu fragen. Angesichts solcher Vorgänge muss man sich fragen: Leben wir Deutschen wirklich in einer Demokratie? Oder wird dieses Land in Wahrheit von einer Elite regiert, die ihre eigenen Interessen und Ziele verfolgt und die Demokratie nur noch inszeniert und vorgaukelt?

Letztendlich lebt unsere Demokratie natürlich vom Glauben an die demokratischen Politiker. Es ist nicht wirklich das System, es sind die Menschen. Erweisen sich nur vereinzelte Politiker als unfähig, wählt man einfach neue. Demokratie geht davon aus, dass sich irgendwo ein Besserer findet.

Gefährlich wird es für die Demokratie dann, wenn das Volk nicht mehr glaubt, dass sich die politische Klasse erneuern kann; wenn das Volk die Hoffnung auf neue und bessere Politiker aufgibt. Und noch bedeutend kritischer würde es, wenn das Volk nicht nur die Unfähigkeit der Politik beklagt, die Probleme zu lösen, sondern auch noch beginnt, die Politiker als Hauptursache der ganzen Misere anzusehen. Sollte ein Krisenszenario eintreten, in dem die Glaubwürdigkeit der gesamten politischen Klasse Deutschlands kollabiert: die Glaubwürdigkeit der gewählten Politiker nicht nur in Berlin, sondern auch in Kiel, Hamburg, Hannover, Hildesheim, Hameln – bis hinunter zum kleinen Dorfbürgermeister, zuzüglich des Außendienstpersonals in den Massenmedien –, dann ist in diesem Land die Demokratie am Ende.

Der Auslöser für ein solches Szenario könnte wie schon erwähnt ein Crash der Euro-Währung sein, an dessen Ende das deutsche Volk alles verlieren könnte, was es nicht mit Händen anfassen kann, an dessen Ende nur noch Hardware bleibt, kein Papiergeld, keine Verbriefungen, nichts außer Anfassbarem.

Macht man sich im Internet zur Euro-Crash-Thematik schlau, so merkt man mit der Zeit, dass praktisch sämtliche Wirtschaftsexperten, die nicht am finanziellen Tropf der Politik, der Massenmedien, des Bildungssystems und der Finanzindustrie hängen und etwas mutiger sind, einen Weltfinanzkollaps oder Euro-Kollaps (was auf dasselbe hinausliefe) voraussagen, der bestenfalls – Vorsicht, jetzt wird es zynisch, und das sagen auch nicht alle – von einem dritten Weltkrieg verhindert werden könnte.

Ein zweites für die Glaubwürdigkeit der aktuellen politischen Klasse Deutschlands absolut vernichtendes Szenario wäre ein Krieg mit Russland auf deutschem Boden infolge einer völlig verfehlten Russlandpolitik; einer Politik im Rahmen der NATO, die in Russland ein so großes Bedrohungsempfinden auslöst, dass im Kreml aggressive und risikobereite Militärs die Macht an sich reißen und präventiv zuschlagen. Motto: „Wladimir Putin geht Ihnen höllisch auf die Nerven? Ach ja? Na prima. Dann warten Sie mal auf dessen Nachfolger!“

Alles, was es zum Untergang unserer Demokratie bräuchte, wären eine oder zwei, von den demokratischen Politikern selbst fabrizierte Großkatastrophen (Crash, Unruhen, Krieg), an denen möglichst viele europäische Politiker möglichst lange mit herumgebastelt haben. Auf gut Deutsch gesagt müsste es eine Riesen-Mega-Sauerei geben. Und „alle“ müssten mit drinhängen. Alle. So jedenfalls der Eindruck im Volk.

Wer sich also über Prophezeiungen zukünftiger Monarchien in Europa amüsiert oder aufregt, sollte sich erst einmal die Demokratie vor seiner eigenen Haustüre im ganz realen Hier & Jetzt ansehen. Genau das aber wollen die meisten sogenannten demokratischen Bürger in Deutschland derzeit nicht.

Monarchie als Störfaktor im One-World-Projekt

Neben den so weit beschriebenen psychologischen Verständnisbarrieren – einerseits unserem gewohnheitsmäßig naiven Glauben an die Demokratie und andererseits unser Widerwille, uns genauer anzusehen, was da in Wahrheit in unserer Demokratie vor sich geht – gibt es noch eine dritte, diesmal weltanschaulich-ideologische Verständnisbarriere im Hinblick auf die Prophezeiung der kommenden Monarchie:

 

Viele Menschen glauben heute, das Heil der Welt könne nur noch von einer übernationalen Instanz kommen, beispielsweise den Vereinten Nationen, schließlich – so die Argumentation oder besser gesagt das neue Glaubensbekenntnis – sind die großen drängenden Probleme der Welt global: der Klimawandel74, die Überbevölkerung, Massenvernichtungswaffen, Terrorismus, Umweltverschmutzung, Artensterben usw.

Man kann es nennen, wie man will, am Ende kommt bei solchen Überlegungen immer irgendeine Art von Weltregierung heraus. Eine solche Weltregierung jedoch könnte es nicht akzeptieren, würden hier und dort noch unabhängige Staaten, insbesondere unabhängige Königreiche existieren, die noch ihren eigenen Willen haben; schließlich ist ein echter König in seinen Entscheidungen sehr viel freier als ein demokratisches System. Ein König ist nicht abhängig von einem Parteiapparat, nicht abhängig von Leuten, die den Wahlkampf finanzieren, oder von einer wohlwollenden Presse. Nein. Ein echter König macht sein Ding.

Bei der Monarchie geht es von der Grundidee her nicht um Schlösser, Kronen und Hermelinmäntel, sondern um die größtmögliche Unabhängigkeit und Freiheit des Herrschers bei gleichzeitig größtmöglicher Legitimation, nämlich der (angeblich) von Gott übertragenen Herrschaft; ein Konzept von Legitimation, das nicht nur für Europa typisch war, denn auch in Asien (oder Ägypten) gab und gibt es die Vorstellung, dass der Herrscher über eine göttliche Legitimation verfügt.

Die Wiedereinführung der Monarchie in Europa ist eine Idee, die dem aktuellen ideologisch-weltanschaulichen Trend Richtung Weltregierung, Neue Weltordnung, New World Order (NWO) und One World komplett und kategorisch widerspricht.

Bei diesem Konflikt zwischen Monarchie und One World geht es im Kern um einen Konflikt zwischen individueller Freiheit (verkörpert durch den freien Monarchen) und einem globalen gleichmacherischen Kollektivismus, der weltweit (!) allen Menschen vorschreibt, wie sie zu leben haben, und der sich in einer Weltregierung mit unumschränkter globaler Macht ausdrückt.

Während eine Vielzahl kleiner Staaten, egal ob Monarchien, Demokratien oder sonst etwas, eine Vielzahl individueller geistiger, politischer und kultureller Entwicklungen ermöglicht, ist die Vielfalt in der bisherigen Form in einem Weltstaat nicht mehr aufrechtzuerhalten. Denn der Weltstaat würde alles kontrollieren, unterdrücken und bekämpfen, was seine Einheit bedroht. Der Weltstaat könnte nur so viel Vielfalt erlauben, wie ihm nicht gefährlich werden kann. Nur wo läge da die Grenze? Und wer würde diese Grenze ziehen und überwachen?

Da der Weltstaat zudem nicht auf natürlichem Wege entstanden, sondern auf dem Rücken irgendeiner Heils- oder Weltrettungsideologie errichtet worden wäre, müsste nicht nur der organisatorische Rahmen des Weltstaates (Behörden, Polizei, Militär) geschützt werden, sondern auch die Ideologie, auf der er fußt, mit der Folge, dass es zu weitreichenden Eingriffen in das Geistesleben, die Gedanken- und Gefühlswelt der Menschen kommen muss (!); genau so, wie man es schon in zurückliegenden totalitären Staaten wie Nazi-Deutschland, der UdSSR usw. erlebt hat und wie es George Orwell in seinem Buch ›1984‹ beschreibt. Die Weltregierung könnte und würde keine Debatte und Abstimmung über Sinn und Fortbestand ihrer Existenz erlauben!

Zu einer entsprechenden Weltstaatsideologie und einem ausgefeilten Indoktrinierungssystem würde es unter anderem gehören – auch hier sei an Nationalsozialismus und Kommunismus erinnert –, dass man die Kinder möglichst frühzeitig der geistigen und emotionalen Obhut ihrer Eltern entreißt; eine Aufgabe, die heutzutage unter anderem in zunehmendem Maße von den elektronischen Medien übernommen werden könnte.

Kurzum: Der Weltstaat muss von seiner inneren Natur her ein totalitärer Staat sein! Wenn das große Versprechen der One World und New World Order das Neue ist, so muss sie alles Alte bekämpfen: alle tradierten Kulturen und traditionelle Identitäten. Weltweit!

Der Konflikt zwischen Monarchie und Weltstaat ist folglich kein auf Europa beschränktes Phänomen, sondern ein globales: Eine erstarkende global vernetzte Macht wendet sich gegen die althergebrachten eher lokalen Mächte. Und so überrascht es nicht, dass auch in älteren asiatischen Prophezeiungen eine Kraft vorausgesagt wird, die der Monarchie feindlich gesonnen ist.

Die Abschaffung der Monarchie in Asien

Sehen wir uns dazu eine buddhistische Prophezeiung an, die sogenannten ›16 Vorhersagen des Buddha‹, eine u. a. in Thailand ziemlich bekannte Prophezeiung, die dort auch im Umfeld buddhistischer Klöster kursiert:75

In ferner Zukunft werden die Leute mit der Monarchie nicht mehr zufrieden sein. Sie werden sich gegen die Monarchie wenden und für Demokratie76stimmen. […] Wenn irgendein König widersteht, werden sie in diesem Land die Monarchie ausradieren [Die übrig gebliebenen Monarchien sind dann nur noch pro forma Monarchien.°]. 77

So wie in Europa war auch in Asien die Monarchie jahrhunderte-, ja jahrtausendelang die vorherrschende Staatsform. Die Prophezeiung geht weiter:

In ferner Zukunft werden die Leute vorzugsweise frisch Ausgebildete zur Führung von Ländern, Unternehmen oder Gesellschaften einsetzen, welche über keine Erfahrung, keine Fähigkeiten, kein Allgemeinwissen und keine Umsicht verfügen, welche auch die sozialen Sitten und Gebräuche nicht verstehen. Sie werden ihnen erlauben, die Geschäfte des Landes zu führen, was eine schwierige Aufgabe ist. […] 78

Welchen Sinn könnte es haben, junge, unerfahrene oder schlichtweg unfähige Menschen mit verantwortungsvollen Posten zu betrauen? Das wäre doch völlig idiotisch. Es sei denn, dass jene Macht, die die Monarchie abschaffen will, die jungen, unerfahrenen Führungskräfte bevorzugt, weil sich diese wesentlich besser manipulieren und steuern lassen und beim politisch unreifen Wahlvolk jüngere und schönere Menschen besser ankommen als die übliche Riege alter Männer.

In ferner Zukunft werden Dummköpfe sich als Wissende und Vertrauenswürdige ausgeben. […] In ferner Zukunft werden unmoralische Menschen Titel erhalten, in hohen Stellungen arbeiten und sich auf die Macht des [faktisch entmachteten°] Königs abstützen. […] In ferner Zukunft werden die Menschen unendlich gierig sein, sie können nicht genug Besitz anhäufen [Stichwort: Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer.°]. Ehrliche Arbeit wird nicht gefragt sein. […] In ferner Zukunft werden in der Gesellschaft schlechte Menschen gelobt und bewundert werden. Sie werden Ansehen und Macht haben, sie werden populär und geehrt sein. 79

Der in Europa beklagte moralische und kulturelle Niedergang ist also ein globales Phänomen! Daraus lässt sich schlussfolgern, dass es eine globale Macht gibt, die sowohl in Europa als auch in Asien, und damit weltweit – offenbar einer verdeckten Strategie nach – die Monarchen abschaffen oder substanziell entmachten will.

Das klingt natürlich nach Verschwörungstheorie. Allerdings ist die Verfolgung politischer Ziele im Geheimen mit versteckten Methoden ein unglaublich alter Hut: Schon der berühmte und noch heute in Militärakademien gelehrte chinesische Stratege Sun Tsu, gestorben vor rund 2500 Jahren, schrieb:

Wahre Vortrefflichkeit ist es, insgeheim zu planen, sich heimlich zu bewegen, dem Feind einen Strich durch die Rechnung zu machen und seine Pläne zu vereiteln. 80

Das höchste Ziel bei allen taktischen Entschei­dungen [und natürlich auch bei allen strategischen Entscheidungen°] muss sein, sie geheim zu halten; halte dei­ne Entscheidungen geheim, und du bist sicher vor den Augen der geschicktesten Spione und vor den Ränken der klügsten Köpfe. 81

Weiter empfiehlt Sun Tsu, nur die Intelligentesten für den Spionagejob zu engagieren und die Spione großzügig zu bezahlen. Wie man sieht: Geheimhaltung hat für Sun Tsu oberste Priorität. Und sogleich stellt sich die Frage, wie weit man es mit Geheimhaltung und verdeckten Aktionen (u. a. Verschwörungen) treiben kann? Gibt es irgendwo eine Grenze, die auf natürliche Art den Umfang und das Ausmaß einer Verschwörung begrenzt? Oder kann man mit verdeckten Methoden diese Grenze bis ins Unendliche ausdehnen?

Zauberwort Verschwörungstheorie

Da „Verschwörungstheorie“ eines der großen Zauberwörter zu Beginn des dritten Jahrtausends ist, aber auch ein Schlüsselbegriff zum Verständnis dieses Buches, will ich kurz auf das Wirkungsprinzip des Wortes Verschwörungstheorie im wahrnehmungspsychologischen Kontext eingehen. Dazu folgende Erläuterung:

Wenn wir geboren werden, ist unsere Welt soziologisch betrachtet denkbar einfach und überschaubar: Da sind zunächst nur wir selbst und unsere Mutter. Dann kommen in der Regel noch ein Vater und Geschwister hinzu, nach und nach Verwandte und Spielkameraden. Mit sechs Jahren kommen wir dann in die Schule. Unser Horizont erweitert sich Schritt für Schritt.

Beginnen wir nach der Schule mit der Berufsausbildung, erfolgt ein grundlegender Einschnitt, denn jetzt müssen wir uns spezialisieren. Wir entdecken eine spezielle (Berufs-)Welt, wissen aber auch, dass es neben dieser noch andere (Berufs-)Welten gibt. Im Prinzip und grob vereinfacht gesehen machen wir im kindlich-jugendlichen Umfeld alle gemeinsame Erfahrungen, und unterschiedliche, aber noch ähnliche Erfahrungen in der Berufswelt.

Über das Private und Berufliche hinaus gibt es dann natürlich noch weitere Erfahrungswelten, von denen wir eigentlich nichts mehr wissen und nur noch etwas ahnen können. Diese Grenzzone zwischen einerseits Erfahrung und Wissen und andererseits Ahnung und Nichtwissen ist das bevorzugte Betätigungsfeld für Wissenschaft, Kunst, Abenteurertum und Spiritualität. Der menschliche Forscherdrang konzentriert sich auf genau diese Grenzzone. Und es liegt in der Natur der Sache, dass man in dieser Zone nicht alles weiß und dass man spekuliert und Theorien entwickelt über das, was sich hinter dem Vorhang des bisherigen Wissens verbirgt.

Der Begriff Verschwörungstheoretiker in der heute üblichen Verwendung im öffentlichen Raum entspringt nun einer Geisteshaltung, die genau diese urmenschliche Lust an der Grauzone zwischen Wissen und Nichtwissen vergiften und abwürgen will. Mit dem Schlagwort Verschwörungstheorie wird das Hinter-den-Vorhang-schauen-Wollen in Misskredit gebracht und gesellschaftlich geächtet! Der unbescholtene Bürger macht sich verdächtig, wenn er nicht gleich vom Vordergründigen, Offensichtlichen, Naheliegenden und Augenscheinlichen überzeugt und befriedigt ist. Um es auf den Punkt zu bringen: Der Verschwörungstheoretiker-Vorwurf ist die verbale Speerspitze eines Kampfes gegen die Wahrheitssuche. Diese Geisteshaltung des Nicht-mehr-dahinter-schauen-Wollens ist zutiefst kultur- und wissenschaftsfeindlich und gegen die menschliche Natur per se gerichtet!

Natürlich gibt es unter Verschwörungstheoretikern auch Spinner und Verwirrte. Aber strategisch betrachtet dienen diese Wirrköpfe nur als Vorwand zur Diskriminierung sämtlicher Verschwörungstheoretiker. Die Weltgeschichte jedenfalls ist voll von Verschwörungen. Das bekannteste unstrittige Beispiel ist die Ermordung Julius Caesars am 15. März 44 n. Chr. im römischen Senat.

Natürlich bestreiten diejenigen, die Verschwörungen organisieren und mit verdeckten Methoden arbeiten, dass sie Verschwörer sind; alles andere wäre ja auch ziemlich bescheuert, auch schon aus rein juristischen Erwägungen.

Blauäugigen Gut- und Besserbürgern wird dann gerne auch erklärt, Verschwörungen könnten niemals globale Ausmaße annehmen, da es ab einem bestimmten Punkt viel zu viele Mitwisser gibt. Tatsächlich nähme bei einer globalen Verschwörung die Anzahl der Mitwisser zu. Das leuchtet ein. Soweit so gut. Aber Mitwisser lassen sich auch leicht disziplinieren, indem man ein paar von ihnen zur Abschreckung ganz einfach abmurkst. Und wenn ein, zwei Morde nicht reichen, dann sind es eben ein paar Dutzend! Eine entsprechend umfangreiche Mordserie gab es z. B. in Belgien in den 1990er Jahren beim bekannten Kinderschänderskandal um den Haupttäter Marc Dutroux, wo laut der ZDF-Reportage ›Die Spur der Kinderschänder – Dutroux und die toten Zeugen‹ (2001) im Laufe der Ermittlungsarbeiten noch vor Prozessbeginn 27 Zeugen – in Worten siebenundzwanzig Zeugen – starben. Süffisant und wie als Vorauskommando einer allgemeinen Volksverdummung heißt es zu dieser himmelschreienden Mordserie auf Wikipedia (Stand Juli 2017):

 

Es ist nicht auszuschließen, dass die Zeugen umgebracht wurden, um sie zum Schweigen zu bringen.

So, so ... Frage am Rande: Wie viele Mitwisser kann man eigentlich einschüchtern, wenn man 27 Menschen umbringt und diese Morde allgemein bekannt werden, also abschreckend wirken? Ich würde auf ein paar Tausend tippen. Und Sie …?

Wir merken uns: Eine anständige Verschwörung braucht nur eine prall gefüllte Kriegskasse, mit der man die ganzen Killer anheuern kann. Natürlich muss man auch wissen, wie man an wirklich gute Killer herankommt; Killer eben, die keine Spuren hinterlassen oder falsche Spuren legen, auf die Polizei, Ermittler und Qualitätsmedien hereinfallen.

Die Mordserie im Fall Marc Dutroux ist kein Geheimnis und hinlänglich dokumentiert. Auch der Dümmste kann sich denken, dass man Zeugen durch Morddrohungen und Mord effizient einschüchtern kann. All das ist zudem aus der Geschichte der italienischen Mafia bekannt und sollte eigentlich jeder wissen. Nichtsdestotrotz findet sich immer wieder ein bemitleidenswerter Schlaumeier, der ganz begeistert ist von der Idee, eine Verschwörung könne eine bestimmte Dimension nie überschreiten und somit niemals global werden. Schlaf, Kindchen, schlaf ...