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Für Jetzt und Für Immer

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Darmowy audiobook
Czyta Birgit Arnold
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KAPITEL DREIZEHN

Emily wachte an Daniel gekuschelt auf. Die Sonne schien bereits stark und erweckte den Eindruck, als ob es den Sturm in der vergangenen Nacht nie gegeben hätte. Doch Emily wusste, dass er geschehen war und dass der Schaden beachtlich sein würde.

Sie löste sich aus Daniels Klammergriff und zog sich ein leichtes Kleid an, bevor sie nach unten ging, um den Schaden zu begutachten.

Im Wohnzimmer war Mogsy offensichtlich wegen des Sturmes durchgedreht, denn eines der Kissen war zerkaut und der Inhalt lag im gesamten Raum verteilt. Auf dem Teppich konnte man große Flecken erkennen, die durch ihre und Daniels nasse, schmutzige Kleidung verursacht worden waren. Bei dem Gedanken daran und an die Art und Weise, wie die Kleider auf den Boden gelangt waren, lächelte sie in sich hinein.

Wenn ein schmutziger Teppich und ein zerkautes Kissen die einzigen beschädigten Dinge wären, dann wäre ich noch einmal gut davongekommen, dachte sie.

Die größte Überraschung war jedoch, dass Rain, der schwächliche Welpe, die Nacht überlebt hatte, und nun glücklich an seiner Mutter saugte. Das bedeutete, dass sie sich nun um einen Hund und fünf Welpen kümmern musste. Sie hatte keine Ahnung, was sie mit ihnen machen würde, doch sie beschloss, sich später darüber Gedanken zu machen – nachdem sie für Mogsy, die wahrscheinlich hungrig war, ein paar Hühnerreste zubereitet hatte. Und nachdem sie das Haus inspiziert hatte.

Als sie das Haus untersuchte, hörte sie, wie Daniel im oberen Stockwerk aufstand und als sie durch das Esszimmer zum Eingang des Ballsaals ging, bemerkte sie Daniels Schritte hinter sich.

„Ist es schlimm?“, fragte er.

Obwohl er es nie offen gesagt hatte, so wusste Emily doch, dass von allen Zimmern in dem Haus der Ballsaal Daniels Lieblingsraum war. Er war der größte und zauberhafteste unter ihnen und es war derjenige, der die beiden zusammengebracht und das, was zwischen ihnen war, angefacht hatte. Der Gedanke daran, dass mit ihm etwas passiert sein könnte, schmerzte beide sehr.

Emily wagte einen vorsichtigen Blick in den Raum, Daniel war ihr dicht auf den Fersen.

„Es schaut aus, als ob alles in Ordnung wäre“, meinte Emily. Doch dann fiel ihr etwas Glitzerndes auf dem Boden auf, weshalb sie sofort zu der Stelle eilte. Ihre Vermutung bestätigte sich, als sie das Stück aufhob und erkannte, dass es ein Glassplitter war. „Oh nein“, rief sie mit weinerlicher Stimme. „Nicht das Tiffany-Fenster. Bitte nicht das Tiffany-Fenster!“

Zusammen zogen Daniel und sie die Sperrholzplatten weg, die über den antiken Fenstern lagen. Doch dabei fielen immer mehr Scherben herab und zerbrachen auf dem Boden.

„Ich kann es gar nicht glauben“, weinte Emily in dem Bewusstsein, dass es zu teuer wäre, die Fenster zu ersetzten, dass sie in Wirklichkeit unersetzlich waren.

„Ich kenne jemanden, der vielleicht helfen kann“, sagte Daniel in einem Versuch, sie aufzumuntern.

„Für umsonst?“ fragte sie niedergeschlagen und hoffnungslos.

Daniel zuckte mit den Schultern. „Man weiß ja nie. Vielleicht macht er es aus Begeisterung für die die Fenster.“

Emily wusste, dass er versuchte, sie aufzumuntern, doch sie konnte ihre Tränen nicht stoppen. „Es ist sehr viel Arbeit“, widersprach sie.

„Aber die Menschen hier sind gut“, merkte Daniel an. Dann nahm er sie an den Schultern. „Komm mit, wir können im Moment sowieso nichts tun. Lass mich dir etwas zum Frühstück kochen.“

Er führte sie an den Schultern in die Küche, die sich ebenfalls in einem schlimmen Zustand befand. Daniel und Emily hoben die herumliegenden Gegenstände hoch, dann setze Emily eine Kanne Kaffee auf, dankbar, dass die Kanne nicht das gleiche Schicksal ereilt hatte, wie der zerbrochene Toaster.

„Was hältst du von Waffeln?“, wollte Daniel wissen.

„Über Waffeln würde ich mich sehr freuen“, antwortete Emily, als sie sich an den Frühstückstisch setzte. „Aber ich habe kein Waffeleisen.“

„Nun ja, theoretisch hast du eines“, erwiderte Daniel. Als Emily ihre Stirn runzelte, fuhr er mit seiner Erklärung fort. „Serena hatte es beim Flohmarkt reserviert. Sie meinte, dass sie es an einem anderen Tag abholen würde, doch sie kam nie zurück, weshalb ich davon ausgehe, dass sie es doch nicht wollte.“ Er trat näher an sie heran und stellte eine dampfende Tasse schwarzen Kaffee vor Emily ab.

„Danke“, sagte sie lediglich, denn diese intime Vertrautheit, dass David ihr ein Frühstück kochte, ließ ihre schüchterne Seite hervorblitzen

Während sie an ihrem Kaffee nippte und Daniel, der mit einem Pfannenwender bewaffnet war, beim Kochen zusah, fühlte sie sich wie neu geboren. Nicht nur das Haus hatte sich letzte Nacht verändert, sie nämlich auch. Die Erinnerung an ihre Liebesnacht war etwas verschwommen, doch sie konnte sich noch genau an das Gefühl der Ekstase erinnern, das ihren Körper in Flammen gesetzt hatte. Es war schon fast eine Erfahrung nicht von dieser Welt gewesen. Allein schon bei dem Gedanken daran, rutschte sie auf ihrem Stuhl hin und her.

Daniel setzte sich auf den Stuhl ihr gegenüber und trank seinen eigenen Kaffee, während er die Waffeln kochen ließ.

„Ich glaube nicht, dass ich dir schon guten Morgen gesagt habe“, bemerkte er. Er beugte sich über den Tisch und nahm ihr Gesicht in seine Hände. Doch bevor er einen Kuss auf ihre Lippen drücken konnte, zerstörte ein schrilles Piepsen den Moment.

Emily und Daniel sprangen auseinander.

„Was zur Hölle ist das?“, schrie Emily, während sie sich die Ohren zuhielt.

„Es ist der Feuermelder!“, rief Daniel, als er zurück zur Arbeitsfläche sah und bemerkte, dass aus dem Waffeleisen schwarzer Rauch aufstieg.

Emily sprang von ihrem Stuhl auf, als Funken durch die Luft flogen. Daniel reagierte schnell und schnappte sich ein Geschirrtuch, mit dem er die Flammen erstickte.

Rauch breitete sich in der Luft aus, was Daniel und Emily husten ließ.

„Ich schätze, dass Serena das Waffeleisen nicht mehr abholen wird“, meinte Emily.

*

Nach dem Frühstück machten sie sich daran, das Haus zu reparieren. Daniel ging auf den Dachboden, um ihn zu inspizieren.

„Und?“, fragte Emily hoffnungsvoll, als er wieder herunterkam.

„Es scheint alles in Ordnung zu sein“, antwortete Daniel. „Es gibt ein paar Schäden, doch es ist schwer genaue Aussagen zu treffen. Wir werden nicht wissen, wie schlimm es ist, bis es beim nächsten Sturm kaputtgeht. Doch dann würden wir es auf die harte Tour herausfinden.“ Er seufzte. „Solange in nächster Zeit kein weiterer Sturm kommt, sollte aber alles in Ordnung sein.“

„Dann können wir nur hoffen“, entgegnete Emily schwach.

„Was ist los?“, fragte Daniel, der ihre niedergeschlagene Stimmung bemerkte.

„Ich finde das alles nur ein bisschen deprimierend“, erwiderte Emily. „Ich meine, im Haus herumzulaufen, um festzustellen, was kaputt oder beschädigt ist. Warum arbeiten wir nicht lieber auf dem Grundstück. Immerhin scheint die Sonne.“

Es war ein schöner Tag. Der Sturm schien den Frühling weggefegt und den Weg für den Sommer freigemacht haben.

„Ich habe eine Idee“, sagte Daniel. „Habe ich dir schon den Rosengarten gezeigt, den ich angepflanzt habe?“

„Nein“, entgegnete Emily. „Aber ich würde ihn mir gerne anschauen.“

„Dann geht es hier entlang.“

Er nahm ihre Hand und führte sie über die Ländereien, danach über eine einspurige Straße in Richtung des Weges, der am Meer entlangführte. Als sie den steinigen Abhang hinunterliefen, konnte Emily einen Blick auf den Ozean erhaschen. Die Aussicht war atemberaubend.

Vor ihnen lag ein Buschwerk, das nicht den Eindruck vermittelte, als würde sich dahinter etwas Anderes als verwachsenes Gras befinden. Doch Daniel führte sie immer weiter, dann zog er einen großen Ast zur Seite.

„Er liegt ein wenig versteckt von den Blicken. Pass auf, dass du deine Kleider nicht zerreißt.“

Neugierig duckte sich Emily durch die Öffnung, die Daniel für sie geschaffen hatte. Was sie sah, als sie auf der anderen Seite aus dem Buschwerk hinausging, ließ ihren Atem stocken. Überall gab es Rosen, in allen erdenklichen Farben. Rot, Geld, Rosa, Weiß, sogar Schwarz. Wenn sie schon solche Ehrfurcht verspürt hatte, als sie zum ersten Mal in den Ballsaal getreten war und gesehen hatte, wie das Licht durch das Tiffany-Glas fiel, dann war das hier sogar noch besser.

Emily drehte sich im Kreis, sie fühlte sich lebendiger und freier wie seit vielen Jahren.

„Er hat den Sturm überlebt“, bemerkte Daniel, als er nach ihr aus dem Buschwerk herauskam. „Ich hatte schon daran gezweifelt.“

Emily drehte sich um und warf ihre Arme um seinen Nacken, dabei ließ ihr zerzaustes Haar über ihren Rücken fallen. „Es ist unglaublich. Wie konntest du dieses Geheimnis vor mir behalten?“

Daniel hielt sie fest an sich gedrückt und atmete ihren Duft ein, der sich mit dem kräftigen Aroma der Rosen vermischte. „Es ist ja nicht so, dass ich alle Frauen, mit denen ich ausgehe, hierherbringe.“

Emily zog sich ein Stück zurück, damit sie ihm in die Augen schauen konnte. „Das ist es also, was wir tun? Mit einander ausgehen?“

Daniel hob grinsend eine Augenbraue hoch. „Sag du es mir“, antwortete er anzüglich.

 

Emily stellte sich auf ihre Zehenspitzen und drückte einen zärtlichen Kuss auf seine Lippen. „Beantwortet das deine Frage?“, meinte sie verträumt.

Sie löste sich aus seiner Umarmung und begann, sich den Rosengarten genauer anzuschauen. Die Farben waren bezaubernd.

„Wie lange gibt es ihn schon?“, fragte sie bewundernd.

„Nun ja“, antwortete Daniel, der sich an einer kleinen, freien Stelle auf den Boden gesetzt hatte. „Ich pflanzte ihn an, nachdem ich aus Tennessee zurückkam. Gärtnern und Fotografieren. In meiner Jugend war ich nicht sehr männlich“, fügte er mit einem Lachen hinzu.

„Jetzt bist du definitiv ein Mann“, erwiderte Emily grinsend. Sie ging zu der Stelle, an der sich Daniel träge wie eine Katze ausgestreckt hatte, Sonnenlicht und Schatten spielten über sein Gesicht. Sie legte sich neben ihn und kuschelte ihren Kopf an seinen Hals. Sie fühlte sich schläfrig, als ob sie genau hier ein Nickerchen halten könnte. „Wann warst du in Tennessee?“, wollte sie wissen.

„Es war keine schöne Zeit in meinem Leben“, antwortete Daniel, seine Stimme verriet, dass es ihm unangenehm war, darüber zu reden. Daniel war immer sehr in sich geschlossen und erzählte nur wenig von sich selbst. Er war eher jemand, der die Dinge anpackte, ein praktischer Mensch. Sich zu unterhalten, insbesondere über gefühlsbeladene Themen, war nicht seine Stärke. Doch das war eine Eigenschaft, die Emily mit ihm teilte. Sie hatte ebenfalls Probleme, sich selbst auszudrücken. „Ich war jung“, fuhr Daniel fort. „Zwanzig Jahre alt. Ich war dumm.“

„Ist etwas passiert?“, fragte Emily vorsichtig nach, um ihn nicht zu verschrecken. Ihre Hand ruhte auf seiner Brust und strich über den Stoff seines T-Shirts, wobei sie seine darunterliegenden Muskeln fühlen konnte.

Als Daniel wieder sprach, konnte sie ihn durch das Ohr hören, das auf seiner Brust ruhte, seine Stimme sandte Vibrationen durch ihren ganzen Körper.

„Ich tat etwas, auf das ich nicht stolz bin“, meinte er. „Ich hatte einen guten Grund dafür, doch das rechtfertigt es noch lange nicht.“

„Was hast du denn getan?“ fragte Emily. Sie war sich sicher, dass, was auch immer es war, ihre Gefühle für ihn kein Stück mindern würde.

„Ich wurde in Tennessee verhaftet. Weil ich einen Mann angegriffen hatte. Ich hatte eine Freundin, doch sie hatte einen Ehemann.“

„Oh“, sagte Emily, denn ihr wurde so langsam klar, worauf er hinauswollte. „Und ich nehme an, der Mann, den du angegriffen hast, war ihr Ehemann?“

„Ja“, erwiderte Daniel. „Er war gewalttätig. Er hat sie misshandelt, weißt du? Bevor ich sie kennenlernte, hatte sie ihn hinausgeworfen, doch er kam immer wieder zurück. Es war wirklich angsteinflößend, denn die Polizei tat gar nichts.“

„Was hast du getan?“, wollte sie wissen.

„Nun ja, als er das nächste Mal vorbeikam, drohte er, sie umzubringen. Ich erteilte ihm eine Lehre, stellte sicher, dass er nicht wieder an der Tür auftauchen würde. Ich schlug ihn zusammen. Er endete im Krankenhaus.“

Emily zuckte bei dem Gedanken, dass Daniel jemanden so fest schlagen würde, dass dieser im Krankenhaus behandelt werden musste, zusammen. Sie hatte Schwierigkeiten damit, alle die verschiedenen Versionen, die sie von Daniel gesehen hatte, in ihrem Kopf zusammenzuführen: der sensible, fehlverstandene Fotograf, der davongelaufen war; der junge, dumme Schläger; und der Mann, der einen bunten Rosengarten gepflanzt hatte. Doch dann war auch die Person, die sie noch vor wenigen Monaten als Bens Freundin gewesen war, ein komplett anderer Mensch als heute. Trotz des alten Sprichwortes, dass sie Menschen nie veränderten, hatten die Erlebnisse ihrer Vergangenheit ihr das Gegenteil bewiesen: Menschen veränderten sich immer.

„Die Sache ist die“, fuhr Daniel fort, „Dass sie sich danach von mir trennte. Sie meinte, dass ich ihr Angst einjagen würde. Er spielte das Opfer und sie ging direkt zu ihm zurück. Er hatte solch eine Macht über sie, dass er es nach all dem geschafft hatte, sie so zu manipulieren, wie er es wollte. Ich fühlte mich so verraten.“

„Du solltest dich nicht verraten fühlen. Dass sie zu ihm zurückging, hatte mehr mit seiner Kontrolle über sie als mit ihrer Liebe zu dir zu tun. Das sollte ich wissen. Ich –“ Emilys Stimme brach. Sie hatte noch mit niemandem über das gesprochen, was sie Daniel gleich erzählen würde. Nicht einmal mit Amy. „Ich weiß, wie sich das anfühlt“, sagte sie schließlich. „Ich war auch einmal in einer Beziehung, in der ich emotional missbraucht wurde.“

Daniel war überrascht.

„Ich rede nicht gerne darüber“, erzählte Emily weiter. „Ich war auch noch jung, eigentlich noch ein Teenager. Alles war in Ordnung, bis ich aufs College ging. Ich dachte, dass ich ihn lieben würde. Wir waren seit etwas mehr als einem Jahr zusammen, was damals eine große Sache war. Als ich ihm sagte, dass ich auf ein College in einem anderen Bundesstaat gehen wollte, veränderte er sich. Er wurde sehr eifersüchtig und war davon überzeugt, dass ich ihn betrügen würde, sobald ich wegging. Ich trennte mich von ihm, weil er sich so schrecklich verhielt, doch als er damit drohte, sich umzubringen, nahm ich ihn wieder zurück. So fing die Manipulation an. Schließlich blieb ich aus Angst bei ihm.“

„Hat er dich daran gehindert, auf ein College in einem anderen Bundesstaat zu gehen?“

„Ja“, antwortete sie. „Ich gab für ihn all meine Ziele auf, obwohl er mich wie Dreck behandelte. Und weißt du, was an diesen psychologischen Tricks so verrückt ist, bei denen man Situationen in einem anderen Licht sieht, obwohl einem das Herz sagt, dass etwas nicht stimmt, und man sich selber einredet, dass es nur ein Zeichen ist, wie sehr einen der Partner liebt? Alle anderen denken, dass man wahnsinnig ist. Wenn es dann vorbei ist, kommt es einem selbst auch wahnsinnig vor. Aber wenn man dort drinnen steckt, und damit lebt, findet man immer Gründe, um es zu rechtfertigen.“

„Was passierte mit ihm?“

„Nun ja, lustigerweise hat er mich betrogen. Damals war ich am Boden zerstört, doch es dauerte nicht lange, bis ich erkannte, dass er mir damit sogar einen Gefallen getan hatte. Ich wage gar nicht daran zu denken, was mit mir passiert wäre, wenn er mich nicht betrogen hätte. Ich wäre so lange bei ihm geblieben, wie er es gewollt hätte, und den Schaden, den er bereits bei mir angerichtet hatte, hätte sich tiefer verwurzeln können.“

Daraufhin schwiegen beide. Daniel strich durch ihr Haar.

„Willst du mit mir zur felsigen Küste gehen?“, fragte er plötzlich.

„Gerne“, erwiderte Emily, die von seinem Vorschlag zwar ein wenig überrascht und doch begeistert war. „Wie kommen wir dorthin?“

„Wir nehmen das Motorrad.“

„Das Motorrad. Dein Motorrad?“, stammelte Emily.

Sie war noch nie auf einem Motorrad gesessen. Der Gedanke daran ängstige und begeisterte sie gleichermaßen.

Sie verließen den Rosengarten und gingen den Weg entlang zurück zum Kutschenhaus. Daniel holte das Motorrad aus der Garage, einem der Nebengebäude, das glücklicherweise den Sturm überstanden hatte. Während er es für den Ausflug vorbereitete, schaute Emily nach Mogsy und ihren Welpen. Rain war immer noch am Leben. Sie drängte es sanft dazu, von seiner Mutter zu trinken, und streichelte den Kopf der Hündin. Mogsy schaute mit großen, dankbaren Augen zu ihr auf, dann schleckte sie Emilys Hand ab. Es kam ihr fast wie ein Danke vor, dass Emily sie aus dem Sturm gerettet hatte. Gleichzeitig schien sie sich dafür zu entschuldigen, dass sie sie ein paar Mal gezwickt hatte, als Emily ihre neugeborenen Welpen gestohlen hatte. Emily kam es so vor, als würden sie und der Hund sich in diesem Augenblick verstehen, und zum ersten Mal seit ihrer Rettung, konnte sie sich vorstellen, die Hündin in ihrem Leben zu behalten. Vielleicht war die Verantwortung für ein anderes Lebewesen genau das, was in Emily Leben gefehlt hatte.

„Das machst du wunderbar“, sagte sie zu Mogsy. „Ruh dich jetzt ein wenig aus, ich bin später wieder zurück.“

Mogsy machte ein zufriedenes Geräusch, bevor sie ihren Kopf auf ihre Vorderpfoten senkte.

Als Emily leise die Wohnzimmertür schloss, hörte sie das Geräusch eines anspringenden Motors und rannte nach draußen. Dort sah sie Daniel auf dem Motorrad, der sie angrinste. Emily sprang hinter ihm auf und schlang ihre Arme um ihn. Daniel gab Gas und das Motorrad schoss davon.

*

Der Wind strich durch Emilys Haare. Sie fühlte sich frei und lebendig. Der Sonnenschein fühlte sich auf ihrer Haut warm an. Die felsige Küste war wunderschön und gab Sunset Harbor eine neue Perspektive, aus der sie die Stadt noch nie gesehen hatte. Sie liebte es hier oben, die salzige Meeresluft einzuatmen, den Duft der blühenden Bäume zu riechen und in der Ferne das Geräusch der auf die Felsen treffenden Wellen zu hören.

„Das ist unglaublich!“, schrie Emily, der vor lauter Begeisterung schon fast taumelig war.

Daniel fuhr den kompletten Weg am Meer entlang, dann rasten sie so schnell einen Abhang hinunter, dass sich Emily Magen umdrehte.

Dann steuerte er auf den Hafen zu. Sobald das Motorrad stehen blieb, half er ihr herunter.

„Hat es dir Spaß gemacht?“, fragte er und drückte ihre Finger.

„Es war atemberaubend“, antwortete Emily mit einem Grinsen. Dann richtete sie den Blick auf den Hafen um sie herum. „Ich war hier noch nie zuvor“, sagte sie.

„Hier liegt mein Boot“, erklärte Daniel. „Komm mit.“

Sie folgte ihm den Pfad entlang, an Ruderbooten und Schnellbooten vorbei, die dort angebunden warn. Ganz am Ende lag ein kleines, rostiges Boot, dass einsam und ungepflegt aussah.

„Das ist deines?“

Daniel nickte. „Ich weiß, dass es nicht viel hermacht. Aber ich kann mich einfach nicht dazu überwinden, es zu reparieren und auf das Wasser zu lassen.“

„Warum nicht?“

Daniel blieb lange Zeit still. Schließlich sagte er, „Ich weiß es nicht.“ Dann schaute er sie wieder an. „Wir sollten wohl besser nach Hause gehen. Ich könnte die Küche für dich reparieren.“

Emily legte ihre Hand auf seinen Arm, um ihn zu stoppen. „Darf ich dir dabei helfen? Mit dem Boot? Ich könnte einen Teil meiner Ersparnisse dafür verwenden.“

Daniel schaute sie geschockt an, doch man merkte, dass ihn seine Worte berührten.

„Noch nie hat mir jemand angeboten, etwas für mich zu bezahlen“, sagte er.

Der Gedanke stimmte sie traurig.

„Danke“, fügte er hinzu. „Das bedeutet mir viel. Aber ich kann das nicht annehmen.“

„Aber ich will es für ich tun“, widersprach Emily. „Du hast mir so sehr geholfen. Ich meine, du könntest an deinem Boot arbeiten, anstatt mit mir das Haus zu renovieren! Bitte. Lass mich dir helfen. Was brauchst du? Einen neuen Motor? Einen neuen Anstrich? Wir könnten es zu unserem nächsten Projekt machen. Zuerst reparieren wir das Haus, dann das Boot?“

Daniel wandte seinen Blick ab, er konnte nicht in ihre Augen schauen. Emily wusste, dass ihn etwas belastete. Er zucke leicht mit den Schultern und vergrub seine Hände in den Hosentaschen. Dann schaute er zum Motorrad, als ob er ihr stumm mitteilen wollten, dass er bereit dazu war, diesen Ort zu verlassen, dass er genug über das Boot und seinen Zustand, in den er es hatte verfallen lassen, nachgedacht hatte.

Als er schließlich wieder sprach, stieß er die Worte in einem langen, schweren Stoß hervor.

„Ich weiß einfach nicht, ob beides genügen wird, um uns selbst zu reparieren.“