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Die Höhlenkinder im Steinhaus

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Gärten

Peter wollte die Bewässerungsrinnen zu allen Beeten führen, Eva aber wehrte sich dagegen. Ihre Pfade und der breite Mittelweg sollten trocken bleiben. Sie half ihm, als er in der linken, unteren Ecke des Gartens ein zweites Sammelbecken anlegte, zu dem das Wasser vom oberen Teich in einer stufenförmig angelegten Steinrinne niederrieseln sollte. Daß die Leitung offen mitten durch den Ziegengarten führte, machte das Wasser zum Trinken unbrauchbar. Der Sonne preisgegeben, kam es beim Haus lau und schal an. Das mußte anders werden! Peter überließ die Gartenarbeiten wieder seiner Frau und deckte im Verlauf einer Woche die Wasserrinne mit Glimmerschiefer und Rasenflözen zu. Für die Geißen, die bisher aus der offenen Rinne getrunken hatten, mauerte er in der Nähe der Futterraufe ein Becken aus, das aus einem Spalt der Leitung gespeist wurde. Munter plätschernd rann das Wasser von Stufe zu Stufe und belebte die Stille des Gartens. Sogar nach regenlosen Wochen, als Gras und Kräuter der Halden gelb wurden, stand in Evas Garten das Gemüse üppig. Der Moorbach wurde ja von den Schmelzwassern hochgelegener Firne und Gletscher gespeist, und so tat die Wasserleitung in der Zeit der Dürre ihren Dienst.

An einem sonnigen Mittag stand Peter mit seiner Frau am unteren Teich und bewunderte die schwimmenden, üppigen Blattsterne der Wassernüsse, die Eva dort angesiedelt hatte, und das auf derselben Bodenstufe hüfthoch stehende Schwadengras. Plötzlich drang vom Hausteich her ein heftiges Plätschern herüber und gleichzeitig ein durchdringender Schrei! Peter raste zurück, Eva mit flatternden Haaren ihm nach. Sie fanden Hansl zappelnd im seichten Wasser, Kopf unten, Beine oben. Nach dem ersten Schrecken erschien ihnen der Unfall als großes Glück. Wieder hatten sie den Trost: »Gut, daß es jetzt geschehen ist und nicht ein andermal, es hätte schlimmer ausgehen können.« Nun, da Hansl ins Wasser gefallen war, wurde es höchste Zeit, einen Schutz um die beiden Teiche zu schaffen. Noch in derselben Woche pflanzte Peter ringsherum daumenstarke Weidenruten, deren Seitenzweige er untereinander verband; als Zugang setzte er Gittertüren ein.

Noch war Hansls unfreiwilliges Bad nicht vergessen, als ein anderes Ereignis seine Eltern erschreckte. Eva kniete vor ihrem Maßliebchenbeet und schnitt von den starken Mutterstöcken die zarten Jungstauden aus, die sie mit Blättern der Wegwarte, des Spitzwegerichs und mit Schwadenkorn zu einem Mus kochen wollte, als Hansl, den sie auf dem Mittelweg in die Sonne gesetzt hatte, durch sein lautes »Nini, nini!« ihre Aufmerksamkeit erregte. Den Blicken des Kindes folgend, gewahrte sie mitten unter den blühenden Möhrenstauden eine grüne Eidechse, während von einem Baumstrunk aus eine Sandotter auf das schreckgelähmte Tierchen starrte. Da schleuderte Eva ihr Grabmesser blitzschnell nach dem zusammengerollten Leib der Schlange und heftete ihn am Holze fest; dann hob sie ihr Kind auf, ihr Herz pochte zum Zerspringen. Mein Gott, wenn‘s da oben Schlangen gibt!

Hastig suchte sie Peter in der Höhle auf und berichtete von der neuen Gefahr. Er legte den Hammer weg, nahm Eva das Kind ab und schritt mit ihm nachdenklich dem Heim zu. Den Schlangenleib bedeckte er mit trockenem Fichtenreisig und zündete es an. In der nächsten Woche stöberte er mit Einäugels und Schnapps Hilfe in den hohlen Weiden am Moorbach zwei Igelfamilien auf, die er am Waldrand ansiedelte, wo noch viel angebranntes Holz lag. Nachts aber strolchten sie durch die ganze Sonnleiten. Das war ihr eine große Beruhigung; jetzt konnte Hansl, dem der kleine Hof allmählich zu eng wurde, ungefährdet auch im Garten spielen. Die Igel rotteten die Schlangenbrut aus. Eva nahm ihren Buben auch in den Geißengarten mit und bis zum Moorbach, wo sie noch spätblühende Dotterblumen und Vergißmeinnicht aushob, die sie am Rinnsal in ihrem Garten einpflanzte.

Indes war die Zeit der zweiten Heuernte gekommen. Peter hatte drei Heuhaufen geschichtet, als ein Wetter aufzog. Mitten in der Nacht entlud es sich mit solcher Heftigkeit, daß die Schläfer vom blauen Feuer der Blitze, vom Krachen, Knattern und Grollen naher und ferner Donnerschläge erwachten. Die Welt stand wie in Flammen, die Erde bebte. Hansl schrie, seine Eltern bangten, ob der Blitz ihre Hausfichte und ihr neues Heim verschonen werde. Eva zog den Docht ihrer Ampel vor den Ahnenbildern höher und begann in ihrer Angst laut zu beten. Dies beruhigte alle, und als der Regen auf das Dach trommelte, schliefen sie wieder ein. Am frühen Morgen entdeckte Peter, daß das abströmende Wasser einen Graben unter dem Gartenzaun gerissen hatte; aber dringlicher als die Ausbesserung des Schadens war ihm das Sammeln von Pilzen und Beerenfrüchten. Hansl mußte es sich gefallen lassen, daß er mit Bläff und den jungen Hunden in der Stube eingeschlossen wurde.

Ungesehen zog eine Bache mit sechs Frischlingen durch den Kastanienwald. Im Abflußgraben des unteren Teiches wühlend, entdeckte die Wildsau das Loch unter dem Zaun. Sie zwängte sich durch, und ihre Frischlinge folgten ihr; dann nahmen alle im unteren Teich ein Schlammbad, fraßen von den Wassernüssen die Blattsterne samt den Früchten, zerwühlten die Gemüsebeete und gelangten durch die offene Tür des oberen Zaunes in den Hof. Ein paar verstreute Kastanien vor der Türschwelle des Hauses entlockten der Bache ein behagliches Grunzen. Im Hause schlug Bläff an, die hohen Stimmen der Jungfüchse heulten dazwischen — es war ein ohrenzerreißendes Gezeter.

Vom Lärm gereizt, versuchte die Wildsau, mit ihren Hauern die Tür auszuheben. Da stürzte Peter in langen Sätzen herbei. Der Türrahmen ächzte, die Tür bog sich: die Bache zwängte ihren keilförmigen Kopf zwischen Schwelle und Tür. In die Stube eindringend, traf sie zunächst auf Bläff, die, sinnlos vor Angst, sich mit heiserem Gekläff ihr entgegenstellte. Ein Hauerstoß traf die Hündin, und im nächsten Augenblick starb sie unter den Füßen des gereizten Eindringlings. Da bohrte Peter der Wildsau die blanke Spitze seines Speeres hinter dem Schulterblatt tief in die Brust. Hellrotes Blut spritzte hochauf, und röchelnd blieb das Tier liegen. Nun drängte sich Eva an Peter vorbei in die Stube, riß ihren schreienden Buben vom Boden hoch und barg ihn an ihrer Brust. Peter stand wie angewurzelt vor dem gefällten Wild und starrte auf die tote Hündin. Was wäre aus dem Kinde geworden, wenn der Haushund sich der Bache nicht entgegengestellt hätte? Eva verließ mit Hansl die Stube und stand schluchzend im verwüsteten Garten; sie weinte der guten Bläff nach, und Hansl weinte, weil er die Mutter weinen sah. Als Peter ihr nachkam, küßte sie ihn, dann fragte sie: »Was tun wir mit den Frischlingen?« — »Aufziehen!« sagte er nur. Da führte Eva die zwei Milchziegen in den Geißengarten im Alten Steinschlag, und Peter brachte die Frischlinge einstweilen im Ziegenstall unter. Dann verrammelte er das Loch unter dem Gartenzaun mit Steinen. Beim ersten Fütterungsversuch drängten sich die jungen Schweinchen ängstlich in eine Ecke des Stalles und steckten die Köpfe zusammen. Aber schon am nächsten Morgen nahmen sie die Kastanien vom Boden auf, und bald fraßen sie aus der Hand.

Peter mußte jetzt unter dem Garten, wo der Teich seinen Abfluß hatte, einen »Saugarten« mit einem Unterschlupf anlegen und eine hüfthohe Mauer hochziehen. Ja, er wollte den ganzen Gemüsegarten mit einer solchen Mauer umhegen. Die Herbstfruchternte dehnte sich nun bis zum ersten Schneefall aus, denn die Schweine brauchten auch Winterfutter. Knapp bevor der Winter Ernst machte, war der Saugarten eingehegt. Die rechte obere Ecke der Mauerung war mit angekohlten Baumstämmen, Rasen und Steinen gedeckt, so daß ein dreieckiger Unterschlupf entstand, in den Eva eine dicke Laubschicht streute. Die Schweinchen wurden aus dem Ziegenstall in den geräumigen Saugarten geschafft, in dem die jungen Tiere vergnügt hin und her jagten. Dann aber begannen sie zu wühlen. Kein Wurm, keine Schnecke, keine Käferlarve, keine Kastanie unter dem Laub entging ihren Rüsseln, mit denen sie geräuschvoll alles durchschnupperten.

Nachdem noch Laubstreu und Brennholz eingebracht waren, sahen die Sonnleitnerleute ohne Sorgen dem Winter entgegen. Was sie brauchten, hatten sie beisammen. Der armen Bläff aber, die Eva im Garten begraben hatte, stellte Peter eine Sandsteinplatte aufs Grab. Darauf hatte er den Tod des Hundes eingeritzt zum immerwährenden Gedächtnis.

Der Sonnleitnerhof

Die Sonne näherte sich dem Winterhorn. In der durchwärmten Stube holten Peter und Eva nach, was sie in der schönen Jahreszeit über all dem Bauen und Pflanzen versäumt hatten. Er nahm sich der Felle und Pelze an, sie spann, webte und nähte. Hansl beobachtete die arbeitenden Eltern und begann nachzuahmen, was sie taten. Seine Mutter erklärte ihm, was sie gerade arbeitete, und er sprach ihr meist die letzten Wörter der Sätze nach.

»Hansl, jetzt kochen wir Suppe. Wasser ins Töpferl, dann Schrot« — »dann Schrot«. »Dann tun wir Gundelkraut und Fett hinein« — »Fettinei« ... So ging es den ganzen Tag; der Bub lernte schauen und horchen, die Worte der Mutter deuten und nachsprechen. Wenn die Erwachsenen vom »Hansl« sprachen, wußte er, daß er gemeint war, und sprach dann von sich wie von jemand anderem.

Peter verbrachte manchen Tag in der Bärenhöhle, wo er unbeobachtet allerlei bastelte, womit er Mutter und Kind zur Sonnwendfeier erfreuen wollte. Als erstes schmiedete er einen Feuerbock.

Für Eva, die für das Zuschneiden der Felle nur das Messer hatte, machte er aus der schwächsten seiner Schmiedeklemmen eine Art Schere, indem er die langen Enden messerartig flachschmiedete, härtete und schliff. Dann kam ein eiserner Spanleuchter daran, den Eva hinstellen konnte, wo sie gerade Licht brauchte. Außerdem schnitzte und meißelte er ihr aus einem Ahornklotz eine Schüssel zum Teigkneten. Die Innenseite des plumpen Gefäßes schabte und glättete er mit einem Hartsteinschaber, wie Eva sie seit der Steinzeit zum Putzen der Häute benützte. Für Hansl formte er aus Lehm allerlei Figuren zum Spielen.

 

Am Tage vor Sonnwend schlachtete er eines der wohlgenährten Jungschweine. An Hansls erstem Geburstagsfest stellte Peter in der Wohnküche ein abgesägtes Fichtenbäumchen in einem sandgefüllten Topf auf den Tisch. Eva opferte ihr letztes Wachs und knetete es um gezwirbelte Fäden; die so entstandenen Kerzchen befestigte sie an den Zweigen des Bäumchens. Während sie mit Hansl im Stall war, um vor dem Abendessen die Tiere zu füttern und zu melken, legte Peter um den Fuß des Bäumchens bemooste Steine, baute aus fünf Mergelplatten ein Steinhaus, stellte Hansls Lehmfiguren davor und legte die Schere vor Evas Stuhl auf den Tisch. Dann trug er die Speisen auf und zündete die Lichter des Bäumchens an. Mit drei Schlägen gegen die Bratpfanne rief er Mutter und Sohn herbei. Das war ein Schauen, ein Staunen und Freuen! Bevor Eva noch ihre Geschenke berührte, reichte sie ihrem Mann als Überraschung eine neue Pelzmütze und Fäustlinge. Fischsuppe, Jungschweinbraten, Kastanienkuchen mit Haselnüssen und Apfelschnitten, danach eine Schale Eicheltrank, das war das Festmahl, bei dem die glücklichen Eltern lange saßen, angebettelt von den Hunden, die mitfeiern durften. Als Hansl, müde gespielt, im Bett lag, steckten die Großen einen brennenden Span in den neuen Kienleuchter und blieben noch lange auf.

* * *

Der Winter setzte streng ein. Ein Jungschwein nach dem anderen wurde geschlachtet. Nur zwei, ein Keiler und eine Bache, erlebten den Frühling; sie sollten die Stammeltern einer zahmen Schweineherde werden.

Als es Frühling wurde, wimmelte es von Zicklein, so daß Peter bald anfangen mußte, einige zu schlachten. Vier gute Milchziegen und ein Bock wurden als Stamm der Ziegenherde geschont. Eva erhielt so viel Milch, daß sie an manchem Tag einen Topf voll aufhob, um daraus Suppen und Tunken zu machen. Als die in großen irdenen Töpfen aufgehobene Milch sauer wurde, diente sie allen als erfrischendes Getränk. Bald entdeckte Eva, daß nach dem Abseihen und Ausdrücken des Milchwassers im durchweichten Topf ein dicker, körniger Brei zurückblieb, der, mit Salz und Kümmel gewürzt, gut schmeckte und sattmachte. Bewahrte sie von diesem Brei eine Schale voll Brocken für Peter auf, damit sie ihm etwas mitgeben konnte, wenn er ins Heuen ging, so verwandelte sich das weiße Zeug schon nach drei Tagen in einen würzig duftenden Streichkäse, der, mit Kastanienfladen gegessen, ein gekochtes Essen ersetzte. Trocknete der Käse im Topf ein, so wurde er zwar hart und körnig, blieb aber trotzdem genießbar. Dies brachte Eva auf den Gedanken, für die milcharme Winterzeit einen Vorrat von Trockenkäse zu bereiten. Über eine große Schüssel legte sie Stäbe, darüber einen mit Weißkäse gefüllten Seihersack und darauf einen Holzrost, auf dem schwere Steine lagen. Längst verblaßte Bilder aus der Zeit der Ahnl stiegen herauf. Die Ahnl hatte das abgeflossene Milchwasser Molke genannt und sie nicht nur zu Suppen und Tunken verkocht. War jemand krank an der Lunge oder krank am Herzen, mußte er Molke trinken. Zum Sauerstellen der Milch und für den Käse knetete Eva neue Gefäße, die ihr Mann bei nächster Gelegenheit brennen sollte. Hansl fand die Reste des weichen Tons unwiderstehlich. Unter seinen Händen entstanden zwar nur allerlei Walzen auf kurzen Beinen; für ihn aber waren sie Schweinchen, Zicklein, Hunde und Eichhörnchen.

Seit Eva eine Knetschüssel besaß, machte ihr das Kuchenbacken mehr Freude als je. Gewohnt, nichts Brauchbares verderben zu lassen, rührte sie den Teig mit Molke an. Ihre dünnen, in viel Fett gebackenen, mit frischem Beerenobst belegten Molkenfladen und -kuchen dufteten und schmeckten köstlich.

Im Gemüsegarten zeigten sich alle Pflanzen dankbar dafür, daß sie Licht, Platz und guten Nährboden hatten. Am Zaun entlang gingen Veilchen auf, deren genießbare Blätter breiter, deren dunkle Blüten größer waren als die ihrer Schwestern im Rasen. Die Möhren gediehen. Eine von den Ziegen kahlgefressene Lorbeerstaude, die Eva aus einem windgeschützten Winkel des Alten Steinschlags in ihren Garten herübergerettet hatte, stand im jungen Grün frischer Schößlinge. Heckenrosen und Brombeerstauden übersponnen Zaun und Mauer. Aus den Weidenstäben an den Teichrändern wurden lebende Zäune; üppig trieben sie ihre langen, schlanken, gelben Ruten; Eva brauchte nicht weit zu gehen, als sie für die kommende Herbsternte neue Körbe zu flechten begann.

Noch im selben Sommer baute Peter die Gartenmauer bis zu Schulterhöhe fertig. Und als die Wildschweine sich wieder im Kastanienwald einstellten, nahm er sich vor, auch ihn mit einer Mauer zu umfrieden.

Die Herbsternte verbrachte Hansl in halber Gefangenschaft und bitter wehklagend, denn die hinteren Backenzähne drängten durch das Zahnfleisch. So weh tat es ihm, daß die Schmerzen bewirkten, was alle Freuden nicht vermocht hatten: Hansl fand heraus, daß er es war, dem etwas weh tat, daß er es war, der da wimmerte und weinte, während die Hunde mit eingeklemmten Schwänzen und gesenkten Ohren vor ihm kauerten. Als seine Eltern mit vollen Körben heimkehrten und die Mutter ihren heulenden Sohn mit einer Handvoll Brombeeren zu trösten versuchte, wehrte er den sonst begehrten Leckerbissen ungnädig ab: »I mag net.« Ich mag nicht! hatte er gesagt.

Hansls Rollschlitten

Jahre vergingen. Auf dem Schilfdach des Steinhauses grünten dicke Moospolster. Die Sonnleitnerleute fühlten sich vor Ungemach bewahrt. Daß unter der nie austrocknenden Schilfdecke der Hausschwamm das Dachgebälk zermürbte, ahnten sie nicht. Kaum merklich senkte sich die Stubendecke. Das war schon lange so und mochte noch lange so bleiben.

Die Haustiere gediehen. Wohl waren die Nachkommen der Wildziegen schwächlicher als ihre Vorfahren, die in der Freiheit gelebt hatten, aber ihre Euter gaben mehr Milch. Auch die Nachkommen der Wildschweine waren schwächer, gutmütiger und setzten mehr Fett an. Einzelne Fuchshunde verfärbten sich unvollkommen, sie behielten die graue Färbung ihres Jugendkleides zeitlebens, andere wurden scheckig.

Peter, der sich früher bis an die Grenzen seiner Kraft angestrengt hatte, nahm es jetzt leichter und sorgloser. Die Mauer um den Kastanien- und Nußbestand hatte er angefangen; weil er aber die Bausteine von immer weiterher heranschleppen mußte, verlor er die Lust und hörte mittendrin auf, an der Mauer zu arbeiten. Lieber pflanzte er in Evas Garten Buschbäume von Quitten, Waldäpfeln und Holzbirnen.

Hansl war gewachsen. Er trug ein ärmelloses Leibchen aus zwei Zickelfellen und bockslederne Kniehosen. Mit Mutter und Vater sprach er in ihrer Sprache, als sei es immer so gewesen; sein Kindergeschwätz hatte er vergessen. Aber selbsterfundenes Spielzeug zog er jedem anderen vor und hob es lange auf.

In den Sand, der in großen Haufen zum Decken der Gartenwege bereitlag, grub der Bub Wohnhöhlen für seine Puppen. Das Bächlein aus dem Teich, in dem ab und zu eine kleine Forelle dahinschoß, die sich vom Moorbachfall hierher verirrt hatte, zog ihn unwiderstehlich an. Dicht daneben grub er sich ein Staubecken mit spannhoher Steinwehr, legte Lehmfigürchen, gefangene Rosenkäfer, Bockkäfer und Schnecken auf Rindenstücke und ließ sie treiben.

* * *

Aus Ton Gestalten zu kneten, war Hansls Lieblingsspiel geworden. Sie sahen wunderlich genug aus: Da war ein Mann ohne Rumpf, dessen Beine unmittelbar am Kopfe saßen; dort ein Fuchs mit acht Beinen, von dem Hansl behauptete, daß er laufe. Peter begann, sich mehr mit seinem Sohn zu beschäftigen. Und Hansl staunte, was der Vater alles konnte, der unter dem Gebläse auf einem glühenden Holzkohlenstück Gold schmolz und daraus für Mutter ein Kleinod schmiedete. Noch höher stieg Hansls Bewunderung, als der Vater zu Beginn des Winters aus weichem Schnee einen Schneemann und ein Schneeweib formte. Und am Heiligen Abend fand Hansl einen kleinen Schlitten unter dem Lichterbaum. Er wurde ein kühner Schlittenfahrer. Kreischend sauste er die Hänge hinunter. Als die Bindungen des fleißig benützten Schlittens zerfetzt und dieser unbrauchbar geworden war, bastelte Hansl selber einen kleinen Schlitten. Drauf sitzen konnte er freilich nicht, aber damit spielen.

Schon wurden die Halden wieder grün, aber Hansl schleppte noch immer den Spielzeugschlitten hinter sich her über den holprigen Boden. Eines Tages beobachtete Peter, wie der Bub, der ihm beim Fortschaffen schwerer Steinblöcke zugesehen hatte, daumendicke Holunderstäbchen unter die Kufen seines Schlittens schob und einen beinahe kopfgroßen Stein auflud. Das Mark der Stäbe hatte er früher einmal beim Spiel herausgestoßen, jetzt waren die Stengel hohl. Genau so, wie es der Bub beim Vater gesehen hatte, legte er eine Rolle hinter der anderen unter den Schlitten, nahm das hinten frei gewordene Rollholz auf und legte es wieder vor.

Die Höhlung der Stäbchen reizte den Kleinen. Dort, wo nichts war, mußte wieder etwas hinein! Er steckte eine Weidenrute durch einen der Holzstäbe, faßte diesen an den Rutenenden, drückte ihn auf den Boden und rollte ihn hin und her.

Während Peter dem Spiel des Kindes zusah, kam ihm ein Gedanke, über dessen Selbstverständlichkeit er lächeln mußte. Er nahm Hansls kleinen Schlitten, zog durch beide Rollhölzer Weidenruten, knickte die Enden nach oben um und band sie steil ans Gestänge des Schlittens, so daß die Walzen unter den Kufen befestigt waren, ohne sie zu berühren.

Beim Ziehen des beladenen Fahrzeuges drehten sich die Walzen quietschend um ihre Achse, ohne daß diese sich verschob. Noch am selben Tage begann Peter, einen neuen Schlitten mit starken Kufen zu bauen, der auf zwei darunter angebrachten Rollhölzern laufen sollte. Da es ihm aber zu viel Zeit gekostet hätte, die armlangen, dicken Walzen zu durchbohren, begnügte er sich damit, an den Enden einer Walze fingerdicke Löcher zu bohren; darin ließ er starke Asthaken ein und machte die nach oben gerichteten, längeren Schenkel seitlich an den Schlittenkufen fest. Aber schon nach zwei Tagen war ein Zapfen des Achsenhakens abgedrückt. Ärgerlich wollte Peter wieder zur vollen Achse zurückkehren und begann, einen langen Bohrstab zu schmieden, mit dem er das Rundholz der Länge nach durchbrennen wollte.

Während der langwierigen Arbeit am Bohrer kamen ihm Bedenken, ob der Vorteil, den er auf diese Art gewann, die Mühe lohnte, ob nicht die Reibung der langen Achse in der Walze den Vorteil aufhöbe.

Nachts lag Peter lange wach und suchte in Gedanken nach neuen Wegen. Als er sich am nächsten Morgen wieder an die Arbeit machte, ließ er den Bohrer als Zapfen im Holz und kürzte ihn außen auf Spannlänge. Dann trieb er in das andere Ende des Rundholzes einen zweiten Zapfen und hatte so eine Walze, die sich mit festen Achsenenden in den durchlochten Steilhölzern drehen sollte. Leider war der plumpe Walzenkarren schon unbeladen so schwer, daß Peter darauf verfiel, die eiserne Achse durch Schlittenkufen zu treiben und statt der einen langen Walze zwei kurze Walzen, also zwei Radscheiben, an den Seiten des Schlittens anzustecken. Es gelang, nur mußten die Scheiben durch außen angebrachte Querzapfen gesichert werden, damit sie nicht abglitten.

Seit Peter seine Aufmerksamkeit und Kraft dem werdenden Karren zuwandte, mußte Eva alle Garten- und Hausarbeit allein verrichten. Eines Tages war der Karren fertig; Peter belud ihn mit Bausteinen. An einem Morgen stand Eva nicht auf, das Frühmahl zu bereiten. Sie war ernstlich erkrankt. Ungern unterbrach Peter seine Bauarbeit und tat, was an Hausarbeit und Pflege nötig war. Erst nach der Heuernte war Eva soweit hergestellt, daß er sich wieder seiner Lieblingsbeschäftigung widmen konnte. Da sich die hölzernen Radscheiben stark abnutzten, schmiedete Peter Eisenreifen herum, und als die Kufen, von der durchlaufenden Achse zerrieben, unter der Last brachen, mußte ein neuer Karren gebaut werden, dessen eiserne Achsenlager unter den Kufen angebracht und dick eingefettet wurden. Jetzt erst war das Fahrzeug dauerhaft.

Auch Hansl bekam einen kleinen Karren, den er sogleich mit Gras und Kräutern belud.