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Die Höhlenkinder im Pfahlbau

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Ampel und Wirtel

Eva hatte, wenn sie den Talg der erlegten Rehe ausließ, bisher ein starkes Schilfrohr zum Umrühren verwendet und gemerkt, daß sich der abgekühlte und hartgewordene Fettpfropf wie ein Markstäbchen aus der Höhlung stoßen ließ, während das fettgetränkte Rohr selbst mit leuchtender Flamme brannte. Zwei Erfahrungen, die sie zur Erfindung einer neuen Beleuchtung führten, weit bequemer und besser als die Harzfackeln und mit einem ruhigeren Licht als der schon in der Höhlenzeit verwendete Kienspan! Die ersten Kerzen, nichts anderes als in Wachs getauchte Nesselstengel, brannten aber zu rasch ab. Länger hielten Nesselschnüre, die durch wiederholtes Eintauchen in flüssiges Wachs zu Dochten in dicken Kerzen geworden waren. Eva ging aber bald zum Gießen von Kerzen über, indem sie starke Holunderstengel spaltete, aushöhlte und durch Umschnüren wieder vereinigte. Die Dochtschnur zog sie durch einen Bodenpfropf nach oben, goß die Form mit Wachs oder Talg aus und nahm sie, sobald der Guß erstarrt war, auseinander. Jede dieser fingerdicken Kerzen leuchtete länger als einen Abend.

Mit dem Fett vom Wassergeflügel, das auch in der Kälte nicht fest wurde, füllte Eva eine höchst einfache Ampel; sie war nichts anderes als ein Töpfchen, durch dessen Deckel ein Docht aus Leinfasern ragte. In diesem Docht stieg das Fett empor, angesogen von der Flamme. Auf einem umgestülpten Napf stehend, beleuchteten Ampel oder Kerzen den mit einer Bastmatte gedeckten Tisch und den Webstuhl daneben. Und als die Topfampel eines Tages hinunterfiel und zerbrach, knetete Eva eine andere, bei der sie die Bodenschale mit dem durchlochten Deckel vereinigte. Dieser bekam am Rand einen Dochthals. Das Loch in der Mitte des Deckels zum Nachfüllen formte sie wie einen Trichter: oben weit, unten schmal. Und diese zweite Ampel bekam ein Muster von Tupfen und Zierstrichen, das die strahlende Sonne darstellen sollte. Während die neue Lampe auf dem Herdrand vortrocknete, entstand unter Evas geschickten Fingern eine dritte, die seitlich Ösen bekam; sie sollte, an Schnüren von der Decke herabhängend, die Stube erhellen. Die Erfahrung, daß in Wasser geschüttete Holzaschenlauge fette Hände gut reinigte, besonders wenn man mit Sand nachhalf, führte zur Erfindung der Sandseife. Sie kochte Aschenlauge mit Fett und feinem Sand so lange, bis ein dicker Brei entstanden war. So wurden Seifentopf und Waschschüssel in Evas und Peters Haushalt unentbehrlich.

Die Entdeckung der zähen Brennesselfaser reizte Eva zu Versuchen, ein dichteres, schmiegsameres Gewebe herzustellen, als es die Bast- und Binsenmatten waren.

An ihrem Webstuhl konnte sie die Zinken der Fadenführungs-Kämme nicht näher zusammenrücken; ihr Bohrzeug war zu unhandlich, um sehr kleine Löcher so dicht nebeneinander zu bohren, daß dünne Fäden sich beinahe berührt hätten. Doch sollte ihr der große Webstuhl, dessen Zinken längst verbogen waren und an dem sich nicht mehr gut arbeiten ließ, wenigstens zum Erfinden einer Vorrichtung verhelfen, die das Vor- und Zurückschieben der Längsfäden ohne Kammzinken ermöglichte. Damit Einser- und Zweierfäden sich leicht unterscheiden ließen, bespannte sie den Webrahmen zunächst mit ungefärbten, gut gezwirbelten Nesselfäden. Das waren die Einserfäden. Zwischen je zweien von ihnen spannte sie einen durch Nußschalenabsud braungefärbten Zweierfaden, so daß graue und braune Fäden miteinander abwechselten. Die unteren Enden aller Fäden band sie an einen frei schwebenden Querstab, beschwerte ihn links und rechts durch angehängte faustgroße Steine, so daß alle Fäden die gleiche Spannung bekamen. Nun galt es, abwechselnd die braunen und die grauen Fäden zu heben und zu senken, damit von ihnen die durchgezogenen Querfäden überkreuzt würden. Nachdenklich betrachtete sie einen der abgelegten Zinkenstäbe, die anfangs so gute Dienste getan hatten. Da kam ihr blitzartig der Gedanke: Wie, wenn ein dicker Rundstab an zwei gegenüberliegenden Seiten kammartig eingekerbt würde, eine Kerbe flach, die nächste tief und so fort, soweit es für die Breite des Gewebes nötig war? Auf der anderen Seite des Stabes müßte jeder tiefen Kerbe hüben eine flache Kerbe drüben gegenüberstehen und umgekehrt. Lag dann der Stab so unter beiden Fadenreihen, daß alle grauen Fäden in den flachen Kerben waren und alle braunen in den tiefen, so mußte oberhalb des Kerbstabes die Webnadel den Querfaden so durchführen, daß alle grauen Längsfäden über ihm, alle braunen unter ihm lagen. Wenn dann der Kerbstab gedreht wurde, gerieten die grauen Fäden in die tiefen und die braunen in die flachen Kerben, und der Querfaden konnte unter ihren Kreuzungen in umgekehrter Richtung durchgeführt werden. Freilich war es nötig, von jeder tiefen Kerbe zu jeder flachen rund um den Stab eine Führungsrinne zu machen, damit jeder Faden seine Richtung behielt. Mit einer Hartsteinsäge begann sie, einen dreifingerdicken Prügel einzukerben. Nach zweitägiger Arbeit hatte sie fünf Paar Kerben fertig und mit Rillen verbunden. Als sie den Kerbstab unter die gespannten Längsfäden auf die Ständer des Webstuhls legte, stellte sie befriedigt fest, daß die von den Gewichten gespannten Fäden den Stab fest an die Ständer drückten, so daß er nicht rutschte. An der rauhen Seite der Kerben aber rieben sich die Fäden so stark, daß sich der Stab kaum drehen ließ. Da wärmte sie Wachs über der Herdflamme an und ließ es in die Kerben tropfen. Wieder versuchte sie, den Stab unter den Fäden zu drehen, und siehe da — die grauen glitten richtig aus den tiefen in die flachen, die braunen aus den flachen in die tiefen Kerben. Da jubelte sie auf: »Es geht! Es geht!«

»Was geht?« fragte eine rauhe Stimme von draußen. Im nächsten Augenblick stand Peter in der Stube.

Aufgeregt erklärte Eva ihre Erfindung.

»Das hast du gut ausgetüftelt«, gab er zu, aber schon kam er mit einem Einwand: »Wenn die Kerben so weit voneinander entfernt sind, geht‘s ja, aber eine dichtere Weberei bringst du nicht fertig!«

»Ich hab‘s ja nur probiert. Jetzt wart‘ nur, jetzt mach‘ ich erst die richtige Walze, da werden die Fäden nicht viel weiter voneinander entfernt sein, als jeder Faden dick ist.«

Peter tat einen langen Pfiff. »Meinst? Wie denn? Mit Steinbohrern und Steinsägen geht‘s nicht. Der Kerbstab würde zerbrechen, bevor er fertig war‘! Was bleibt noch vom festen Holz übrig, wenn du ihn von allen Seiten so grob zerkerbst?«

Eva machte ein langes Gesicht.

Da tröstete Peter sie: »Laß mich nur machen. Ich nehme Sägen und Bohrnadeln aus Rotzeug oder Braunzeug. Wirst seh‘n, genau so wie du dir‘s ausdenkt hast, mach‘ ich dir die Kerbwalze.«

»Bald?« fragte Eva.

»Wenn‘s so weiterregnet, wirst du nicht lange warten müssen.« Damit ging er.

Jetzt machte sich Eva daran, einen Vorrat von Webfäden anzufertigen. Die Büschel glänzender Nesselfasern wären zum Weben brauchbar gewesen, leider waren sie zu kurz. Eva versuchte, durch Zwirbeln der Fasern zwischen den Fingern längere Fäden zu bekommen, aber der Faden war ungleichmäßig, und es ging auch zu langsam. Wohl hatte sie der Ahnl oft zugesehen, wie diese mit der linken Hand den Flachs vom Rocken zog und mit der rechten die Spindel tanzen ließ, hatte aber damals zu wenig auf diese Dinge geachtet. So blieb ihr denn nichts anderes übrig, als erst ein Spielzeug nachzumachen, das ihr einst der Ähnl angefertigt hatte, und es damit zu versuchen. Er hatte durch die Mitte eines alten Hirschhornknopfes ein Stäbchen gesteckt und es durch Drehen zwischen Daumen und Zeigefinger zum Kreiseln gebracht.

Sie wählte ein spannenlanges, unterhalb der Mitte verdicktes Holzstäbchen, härtete dessen Spitzen im Feuer und steckte es durch eine plumpe Scheibe aus Speckstein, so groß wie ein Handteller. Und bald gelang es ihr, die Spindel mit dem schweren Wirtel zum Kreiseln zu bringen; aber es wollte ihr nicht gelingen, den Faden so rasch fertig zu zwirbeln, daß die tanzende Spindel ihn aufwickeln konnte. Immer mußte sie die Spitze der Spindel zwischen Daumen und Zeigefinger der rechten Hand drehen, während die linke das Werg vom Rocken zupfte und zwirbelte. Zunehmende Kälte zwang Eva, in der Nähe des Herdes zu arbeiten. Sie befestigte ihren Rockenstab in einem durchbohrten Strunk, so daß er feststand, und nun ging die Arbeit besser von der Hand.

Es kamen stille Wochen behaglicher Arbeit. Evas Fadenvorrat, den sie auf gegabelte Stäbe wickelte, wuchs zusehends, und sie hätte zu gern mit dem Weben angefangen, wenn Peter sein Versprechen gehalten hätte; mahnen wollte sie ihn nicht. Und sooft er sich bei ihr sein Essen holte, tat er sehr eilig, um Evas Fragen zu entgehen. Wieder stieg Zorn in ihr hoch. Sie ahnte ja nicht, daß Peter seit Wochen an der Verbesserung ihrer Erfindung arbeitete. Sie wußte nicht, daß ein mühsam fertiggekerbter Faden-Hebestab zerbrochen war, weil an einer Stelle die Kerben zu tief geraten und im Innern des Stabes zu nahe aneinander gekommen waren. Inzwischen hatte er einen viel dickeren Stab aus hartem Eisbeerholz geglättet und gekerbt. Nun war aber die Spannung der Fäden nicht stark genug, ihn am senkrechten Hinabgleiten zu hindern. Er mußte dem Webgestell durch schräge Stützen eine Neigung nach hinten geben. Daß er die vielen Löcher im oberen Querstab, an dem alle Fäden hängen sollten, nicht bohrte, sondern mit Hilfe glühend gemachter Metallstäbchen ausbrannte, erleichterte zwar die Arbeit, brauchte aber viel Zeit und große Sorgfalt. Noch nie hatte Peter etwas so genau Ausgetüfteltes gemacht wie diese Löcherreihe, die mit den Kerben des Fadenhebestabes und mit der Löcherreihe des unteren Spannstabes haargenau zusammenstimmen mußte. Sein erster Webversuch hatte ihm gezeigt, daß es nicht gut war, die grauen und die braunen Fäden unten alle an ein und demselben Spannstabe zu befestigen. Die Spannung der Fäden in den flachen Kerben war ja größer als die der Fäden in den tiefen. Er mußte jeder Fadenreihe ihren eigenen Spannstab mit je zwei Gewichten geben. Und die Gewichte sollten nicht wieder Steinbrocken sein, die ungleich zogen, sondern vier gleich große, aus Lehm geknetete, durchlochte Kegel. Bis die am Herd vorgetrocknet und durch Beschmauchen im Feuer gehärtet waren, vergingen wieder etliche Tage. Endlich konnte Peter sie an die Spannstäbe hängen. Die gleichmäßige Belastung gab dem Webstuhl Standfestigkeit. Ein heller Wintermorgen — und noch ein Webversuch: »Es geht, es geht!«

 

Peter rieb sich die Hände und freute sich auf Evas Gesicht, wenn sie sehen würde, daß der Webstuhl schöner und besser ausgeführt war, als sie sich ihn gedacht hatte. Er packte das Gerät an den Ständern, trug es in Evas Hütte und stellte es vor sie hin. Seine Augen hingen gespannt an ihrem Mund. Evas Hand war die Spindel entglitten. Ihre Wangen röteten sich. Tief beschämt stand sie da. Wortlos bestaunte sie Peters Werk. Da ging ihm die Geduld aus. Enttäuscht verließ er die Hütte und warf die Tür hinter sich zu. Trockener Lehmbelag bröckelte vom Wandgeflecht. Eva eilte ihm nach und berührte seinen Arm.

»Peter, ich dank‘ dir schön!«

»Ach was, du hast‘s ja ausgetüftelt!«

In seiner Hütte setzte sich Peter auf sein Lager, starrte vor sich hin und knirschte mit den Zähnen.

Plötzlich lachte er, ingrimmig und rauh. Dann stand er mit einem Ruck auf, fuhr mit der Rechten durch die Luft, als wollte er etwas von sich scheuchen. Pfeifend musterte er sein Allerlei. Nur um eine Arbeit zu haben, die ihm über den Ärger hinweghalf, entschloß er sich, Evas Quirlbohrer mit der wackeligen Führung durch einen besseren zu überbieten.

Gebläse-Ofen

Die gefährlichen Wochen der Schneeschmelze und des Föhns, der Lawinenstürze und Steinschläge waren endlich vorbei; der Boden lag schneefrei, das Wasser verlief sich im blumigen Grund, im Moor balzten die Birkhühner. Die Sonne schien länger und lockte zur Arbeit im Freien. Peters Öfen waren vom Schneewasser ziemlich mitgenommen. Der Töpferofen lag in sich zusammengesunken und sein Herdraum mit Kalkbrei gefüllt, das Schmelzwasser hatte den gebrannten Kalk seines Mauerwerks gelöscht. Nur der Schmelzofen stand fast unversehrt da, der Mörtel in seinen Fugen war zu kalkartigem Sandstein erhärtet; dafür waren die Schlacken und Erze stark verwittert; Luft, Wasser, Frost und Sonne hatten sie zermürbt. Der Boden unter ihnen war auffallend dunkel gefärbt. Mit großer Sorgfalt reinigte Peter den Herdraum des Schmelzofens, legte über den im Boden eingelassenen Napf einen Rost aus schmalen, länglichen Steinen, schichtete Schilf, Holz und Holzkohle darauf und schüttete von oben her abwechselnd Schlacken, Erz und Holzkohle durch den Schacht. Leider versäumte er, den Luftdurchlaß für sein Gebläse vor dem Füllen des Schachtes herzustellen; er merkte es zu spät und mußte von außen die Mauer an einer Stelle durchbrechen und den Luftweg einbauen.

Tags darauf war er schon vor Sonnenaufgang mit seinen Blasebälgen unterwegs. Da er erwartete, der Schmelzofen werde sich in ein glutatmendes Ungetüm verwandeln, führte er vom Luftdurchlaß der Ofenmauerung erst einen drei Schritt langen, röhrenartigen Luftweg aus Steinen und Lehm auf, den er möglichst dicht mit feinsandigem Mörtel und mit flachen Steinen deckte. Erst in der Nähe des hohlen Baumes schloß er die beiden zusammenlaufenden Luftausführungsröhren seiner Blasebälge an, indem er ihre Enden fugendicht einmauerte und mit nasser Tonerde deckte. Die Zugriemen band er einstweilen mit ihren oberen Enden an einen überhängenden Ast der Buche.

So ungeduldig er die Wiederaufnahme der Schmelzversuche herbeigesehnt hatte, jetzt, wo alles bereit war, vertrödelte er mehrere Tage, als scheue er sich vor dem Unternehmen, das ihm vorher gefahrlos erschienen war. Er schleppte Mundvorräte und einen Topf Trinkwasser herbei, verstaute alles im Hohlraum der Buche und machte sich in ihrer Krone umständlich eine Art Nest aus Stäben und Fellen, um dort zeitweise ruhen zu können, da er sich während des Schmelzversuches nicht vom Ofen entfernen wollte. Nach einer Nacht im Pfahlbau, während der das weitschallende »Koak!-Krüak!« der Rohrdommeln ihn lange wachgehalten hatte, weckte ihn greller Sonnenschein. Kaum hatte er seinen Brei ausgelöffelt, eilte er zu seinem Werk. Bald kräuselte fahlgelber Rauch aus dem Ofenschacht, und Peter setzte die angefeuchteten Blasebälge in Bewegung. Klopfenden Herzens sah er, wie nach jedem Fauchen der einströmenden Luft eine fast rauchlose, bläuliche Flamme aus dem Schacht hervorstach. Den Balg links und rechts abwechselnd aufziehend und niedertretend, wiegte er sich nach rechts, nach links, und dieses Gleichmaß der Bewegung stimmte ihn so behaglich, daß er zu summen und zu singen begann. Sein Singsang schallte über das Moor und lockte Eva aus ihrem Pfahlbau. Sie ruderte eilig herbei und lief den Hang hinauf, so schnell sie konnte. Als sie vor dem Schmelzofen stand, wurde ihr klar, warum Peter sang: weil ihn seine Arbeit freute!

Aber seine Bewegungen wurden zusehends langsamer, sein eintöniger Gesang leiser, er wurde müde. Als er verstummte und nur noch mühsam trat und zog, nahm Eva ihm die Zugriemen aus den Händen und drängte ihn beiseite. Taumelnd machte er Platz, schleppte aber schon nach kurzer Rast eine Rehhaut voll Holzkohlen über die Leiter zum Schacht und leerte sie hinein, daß die Funken stoben. Dann brachte er noch eine Ladung Schlacken und Erze, streckte sich danach auf dem harten Boden aus und ruhte schweratmend. Eva hielt die Anstrengung nicht lange durch, sie rief nach Ablösung, und so bedienten sie abwechselnd den Ofen, bis der Abend dämmerte. Eva zog sich mit ein paar geräucherten Fischen zu kurzer Rast ins Baumnest zurück. Peter wollte das Gebläse die Nacht hindurch in Gang halten, obwohl er zum Umfallen müde war.

Der Ofen aber machte plötzlich aller weiteren Arbeit ein Ende. Mit einem Knall barst die Mauerung des Luftwegs, die Mauerränder glühten, und der Lehmverputz des Luftrohrs dampfte.

Enttäuscht nahm Peter die verstört herbeigestürzte Eva bei der Hand und ging mit ihr heimwärts. Der Ofen mußte erst ausbrennen und abkühlen, ehe er ausgeräumt werden konnte. Müde bis zur Gedankenlosigkeit, schritten sie wieder einmal einträchtig wie schon lange nicht mehr dahin.

Mißlungener Bronzeguß

Als Peter eine Woche später die Asche aus dem geborstenen Ofen geräumt hatte, entdeckte er auf dem Grund des Herdraumes eine blasige Schlackenschicht, die den Boden des Sammelnapfes überzog und mit der Wandmauerung zusammengebacken war. Beim Zerschlagen stellte sich heraus, daß sie nach unten zu in eine dichte, schwarze, kieselharte Masse mit schaligem Bruch überging, die unter dem Schlagstein zersprang und stellenweise mit kleinen, runden Körnchen eines rötlichen Metalles durchsetzt war. Auf dem Boden des Gefäßes lag eine dünne, ebenso gefärbte Metallplatte; ihre glänzende Oberfläche war narbig, während die Unterseite jeden Fingerabdruck des Tongefäßes genau wiedergab. Mit zitternden Händen hob Peter das endlich gewonnene »Rotzeug« — wie er es nannte — und lief zu Eva, die vor Verwunderung sprachlos war. Die erste Enttäuschung mit dem Ergebnis seiner Mühen erlebte er aber, als der Metallkuchen bald nach der Berührung mit seinen Händen den schönen Glanz verlor und braun wurde — es war doch nur »Braunzeug«. Die zweite Enttäuschung kam, als er sich anschickte, Eva aus einem bohnengroßen Stück eine Nadel zu hämmern. Das Metall erwies sich als brüchig und unverwendbar.

Daheim steckte er das Stück noch einmal ins Feuer und hämmerte es, ehe es wieder hart wurde. Aber nun fehlte ihm ein widerstandsfähiges Gerät, mit dem er das glühend gewordene Klümpchen vom Feuer auf einen Stein hätte heben können. Er nahm zwei Stäbchen und hob damit das heiße Stück vorsichtig aus der Glut. Auf halbem Wege brannte sich eine Metallperle durch das Holz und fiel zischend in ein Gefäß mit Wasser. Peter schleuderte sie heraus. Sie war dunkelblau angelaufen. Aus Sorge, sie werde sich vor seinen Augen wieder in ein sprödes Zeug zurückverwandeln, beeilte er sich, sie mit einem Schlagstein zu schmieden.

Und siehe da — sie streckte sich unter der Wucht des Schlages und ließ sich, in ein gespaltenes Holzstäbchen geklemmt, zu einer fingerlangen Nadel formen!

Als Peter diese wieder erhitzt hatte, um sie gefügig zu machen, gelang es ihm kaum, das Öhr zu bohren; schon als er die Spitze feiner hämmern wollte, war sie härter als zuvor, so daß er durch Schleifen erreichen mußte, was ihm zu schmieden nicht gelang. Wiederholte Versuche zeigten, daß das Braunzeug durch Glühen und plötzliches Abkühlen im Wasser hämmerbar, durch Glühen und langsames Abkühlen hart wurde. Mit dieser Entdeckung begann für Peter eine neue Schaffenszeit. Ihn erfaßte eine fahrige Unruhe, die Eva rätselhaft war. Ungläubig lauschte sie den zuversichtlichen Reden, die er hielt. Nichts schien ihm mehr unmöglich: Keile, Messer, Sägen, Löffel, Pfeilspitzen, Gefäße, alles wollte er aus diesem Braunzeug machen! Evas Wunsch, ihr Gewandnadeln zu schmieden, mit denen sie Fellränder zusammenhalten wollte, erfüllte er gern. Er dachte sich eine federnde Bogennadel aus, deren Spitze sich im umgebogenen stumpfen Ende festlegen ließ.

Dann aber erklärte er vorbeugend, das übrige Metall brauche er selber. Es reichte nicht weit. Wie oft waren ihm Steinkeile zersplittert, wenn er sie ins Holz getrieben hatte, um es auseinanderzudrücken. Jetzt hämmerte er einen breiten Keil zurecht, mit dem er Baumstämme spalten wollte. Der erste Versuch, einen Fichtenstamm der Länge nach zu spalten, fiel kläglich aus: Der tief eingetriebene Keil steckte so fest im Holz, daß Peter ihn nicht mehr herausziehen konnte. Erst als er kleine Vorsetzkeile verschiedener Stärke angefertigt hatte, konnte er den einen mit Hilfe des anderen wieder lockermachen. Aus dem längsten und schmälsten aber schliff er einen Meißel. Er dachte auch an die Herstellung eines geöhrten Beiles. Aber dazu reichte es nicht; auch fehlte es noch an einem Gerät, mit dem er ein gröberes Stück mit einem Öhr hätte schmieden können. Der Holzstab, der zum Niederhalten des Metallklumpens auf dem Amboßstein diente, vermochte kaum, das Hüpfen und Ausweichen zu verhindern, wenn die Rechte mit dem Hammerstein arbeitete.

Darum wurde Peters erste Metallaxt nur ein einfacher Keil, an einem Ende breitschneidig geschliffen, am anderen spitz. Diesen Keil brannte er so in den harten Knorrenkopf eines Wurzelastes ein, daß der Wurzelast als Schaft diente, und verpichte ihn außerdem. Die Axt lag gut in der Hand, griff mit Schwung ins Holz und bot sich förmlich als Wurfgeschoß an.

Nun sollte die Keilaxt eine Sicherung bekommen: an jeder Längsseite einen Lappen, der das Schaftholz zu umklammern hatte. Zunächst schnitzte Peter aus Holz ein Vorbild der Lappenaxt. Dabei kam ihm der Gedanke: Wenn er das Vorbild zur Hälfte in einen flachen, noch weichen Lehmbrocken versenkte, diesen mit einem Randwulst versah und dann einen flachen Lehmdeckel fest darauf drückte, dann mußte sich von oben wie von unten her der Lehm genau an das Vorbild schmiegen. Hob er dann den Deckel ab und nahm das hölzerne Vorbild aus dem Lehmlager, so hatte er die zwei Hälften einer Hülle, die er nur trocken werden lassen mußte, um eine Gußform zu erhalten, die genau die Gestalt des Vorbildes hatte. Und das hineingegossene Braunzeug mußte dann diese Gestalt annehmen. Doch als er den nur oberflächlich hartgewordenen Deckel abnehmen wollte, hing dieser mit dem Lager zusammen und mußte erst mit einem Messer losgelöst werden. Mit ihm wurde das daranklebende Vorbild gehoben und Lehmklümpchen dazu, die vom Lager abgegangen waren. Der Hohlraum, der das fließende Braunzeug aufnehmen sollte, war entstellt, die Ränder der seitlichen Lappen waren abgerissen. Dieser Fehlschlag veranlaßte Peter, beim neuen Vorbild die Lappen zunächst flach abstehen zu lassen. Nach dem Guß konnte er sie ja umschmieden. Wie war es doch? Richtig: durch Erhitzen und rasches Abkühlen wird das Braunzeug biegsam, durch Erhitzen und langsames Abkühlen wird es hart.

Damit der Lehm des Deckels weder am Lager noch am Vorbild klebte, genügte es, kleinkörnigen Sand dazwischen zu streuen. Tage vergingen, bis Peter den hart gewordenen Deckel vom Lager abheben und dann beide Stücke durch Beschmauchen im Feuer härten konnte. Nun machte er sich an die Verbesserung des Schmelzofens. Damit die Heißluft aus dem Ofen nicht mehr abgesaugt, das Luftrohr nicht mehr bersten konnte, blieb nichts anderes übrig, als in eine Ausbuchtung des Windzuführungsganges ein bewegliches Hindernis einzubauen. Erst dachte er an eine lederne Windklappe, die sich beim Einblasen des Windes dem Ofen zu öffnen, beim Aussaugen aber der Heißluft den Weg verlegen sollte. Leder ... nein, Leder schrumpft, sagte er sich und schliff aus Speckstein eine kastaniengroße Kugel, die er in eine Ausbuchtung des Luftgangs einlegte. Beim Ansaugen mußte sie das runde Luftrohr des Gebläses schließen, beim Einblasen in der Richtung zum Ofen hinrollen und den Weg für die Frischluft freigeben. Da aber der weitere Luftweg schlitzförmig hoch und schmaler als die Kugel breit war, konnte sie ihn nicht verlegen, und der eingetriebene Wind mußte an ihr vorbei zur Feuerung strömen. Weil sie zum Hin- und Herrollen nicht einmal fingerlang Spielraum hatte, mußte der Luftweg sich rasch schließen und öffnen.

 

Nach zwei Wochen sorgfältigster Arbeit setzte Peter das Gebläse versuchsweise in Gang, und siehe da — die Erfindung bewährte sich! Nichts, was er je vorher erdacht und geschaffen hatte, schien ihm so bedeutend wie dieser Erfolg scharfen Nachdenkens. Noch hatte er nicht genug Erze beisammen, um sie ausschmelzen zu können. Er verließ einstweilen den Schmelzofen und streifte die Geröllhalden am Fuß der Felswände nach schweren, klingenden Steinen ab, die Erze sein mochten. Die ersten hartklingenden, von blauem Geäder durchzogenen Steine fand er jedoch erst oberhalb der Goldbachquelle im niedergegangenen Urgestein. Langsam rückte der Erzsammler gegen die Südwände vor, legte das Gefundene an bestimmten Stellen ab, damit er nicht alles mitzuschleppen brauchte.

Endlich ging er daran, seinen Schmelzofen mit den verwitterten alten und gefundenen neuen Erzen zu beschicken. Den Sammelnapf, dem er eine Neigung nach vorn gab, mauerte er in den Boden des Ofens ein und versah ihn mit einer tönernen Abflußrinne, an die er das Loch der Gußform anschloß. Die Ansatzstelle der Abflußrinne verschloß er gegen das Sammelgefäß zu mit einem nach außen kegelförmig zugespitzten Lehmpfropf, den er erst dann einwärts stoßen wollte, wenn sich genug Gießmetall angestaut hatte. Als er den über dem Sammelnapf eingebauten Steinrost mit Föhrenreisig und Prügelholz belegt und mit harzgetränktem Nesselwerg angezündet hatte, schüttete er von oben her abwechselnd Holzkohle und Erze ein, immer darauf bedacht, der Windrichtung auszuweichen und nicht allzuviel Rauch und Heißluft ins Gesicht zu bekommen. Dann holte er Eva, die ihm bei der Bedienung der Blasebälge helfen mußte.

Drei Tage und Nächte lang hielten sie das Gebläse fast ununterbrochen in Gang. Der Ofen barst nicht, trotz der gesteigerten Anforderungen. Nach drei mühsamen Tagen floß aus einem Seitenloch der Feuerung Schlacke und verriet, daß das Sammelbecken gefüllt war. Mit klopfendem Herzen stand Peter vor dem Schmelzofen, zögernd näherte er einen langen Stab, in den er einen Stein geklemmt hatte, dem Verschlußpfropfen. Ein mutiger Stoß — und in leuchtendem Strahl schoß das flüssige Metall durch die Rinne. Schon bei der Berührung mit dem unvollkommen getrockneten Ton der Gußrinne zischte es funkenstiebend auf und spritzte empor wie ein Springbrunnen. Gefahr! durchzuckte es den kühnen Metallgießer, ein rascher Sprung zur Seite brachte ihn aus dem Sprühregen der feuerflüssigen Tropfen. Atemlos folgte er mit den Augen dem nachfließenden Metall, das nun wie eine eilige Schlange durch die Rinne glitt und in der Höhlung der Gußform verschwand. Schon wollte Peter jubeln, da sah er es dampfen. Ein Knall folgte, der ihm für einen Augenblick die Besinnung nahm. Unwillkürlich schloß er die Augen und deckte sie mit beiden Händen. Ein brennender Schmerz am rechten Oberarm ließ ihn fliehen. Erst als er weit genug war, drehte er sich um. Die Trümmer der geplatzten Form lagen verstreut umher, und was an flüssigem Metall den feuchten Boden berührte, versprühte. Peter drückte die geballten Fäuste vor den Mund und schluchzte. Neben ihm kauerte Eva auf dem Boden. Sie wollte ihn trösten, doch er stieß sie weg. Da stand sie stumm auf und ging heimwärts.

Als Peter seine Enttäuschung ausgeweint hatte, das verspritzte abgekühlt war, begann er Körner und Körnchen, Klumpen und Klümpchen von der Erde aufzulesen und zu sammeln.