Jager-Sünden

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Ortega y Gasset

Die Jagd war – und ist es noch zum Teil – wesentlich für die Entwicklung des Menschen. Mit zu den tiefgründigsten Überlegungen gehört die Zusammenfassung durch Javier Ortega y Gasset. Der 1883 in Madrid geborene Philosoph, von dem u.a. der Klassiker „Der Aufstand der Massen“ stammt, hat seine grundlegenden Gedanken in seinem Werk „über die Jagd“ niedergelegt. Die darin enthaltenen Grundsätze sollen das Gerüst zu meinem Buch „Jager-Sünden“ bilden – dem Gerüst des Wie’s sein soll stelle ich ein Und wie’s manxmal wird gegenüber. Wie jede Parodie sind auch meine Geschichten überzeichnet und die Jager werden sagen: des gibt’s ja garnet.

Vielleicht aber doch – manxmal.

Eine Sünde gibt’s beim Jagern aber sicher – da werden mir vor allem die Ehefrauen der Jäger zustimmen: das Jagern ist eine ausgesprochen familienfeindliche Leidenschaft. Geht’s um die Jagd im Gebirg oder, sagen wir, im obersteirischen Bergland, so nützt der Jager jede freie Minute, die ihm der Beruf lasst, um ins Revier zu fahren, die Hochsitze herzurichten, die Jagerhütte instand zu halten, Äsungswiesen anzulegen und zu pflegen, und letztlich auch um zu pirschen oder am Hochsitz zu hocken. Die Familie ist abgeschrieben.

Geht’s um die Jagd in Feld und Au auf Hasen und Fasan, sagen wir z.B.: in der südlichen, der unteren Steiermark, so wird aus der Jagd oft ein gesellschaftlicher Anlass mit trinkfreudigen Jägerrunden und eine Gesellschaftsjagd jagt die andere. Die Familie bleibt abgeschrieben.

Dieses Abschreiben der Familie ist in jedem Fall eine Jager-Sünde, und es gibt keinen Jager, der sie nicht begangen hätte. Daher beginne ich mein Büchl mit einer persönlichen Beichte, mit der Geschichte vom Stinkerten Jager. Das war mein erstes am Hochsitz geschriebenes Jagergedicht und ich habe es voll schlechten Gewissens meiner lieben Frau zu Weihnachten geschenkt – ohne mich danach zu bessern.

A stinkerta Jaga

Da Sixtl jagert narrisch gern

A Wort, des kennt er net: „Aufhörn“

Den ganzn Tag bleibt er da draussen

Denkt an koa Bier und an koa Jausn

Sei Gschäft, die Kinder san vergessen

Für fuffzehn Stund braucht er koa Essn

Er pürscht durchs Holzt, dastößt sie fast

Haut si’n Kopf an bei an Ast

Verstaucht si’n Fuass, pröllt si die Hand

Und kimmt dann mit sei’m zrissnen Gwand

Am Abend hoam. „Wos is’n kocht?“ –

Is alls, wofür er s’Mäul aufmocht

Sei Weib freut si nach so viel Stund

Dass er heut überhaupt no kummt

Stellt hin die Würschtln, Bier und s’Brot

Der Sixtl frisst si halbert z’Tod

Redt nur – und steckt si d’Wurscht in’s Gfriess

Warum der Hirsch net kumman is

Dann geht er zu sein’ Gwehrschrank hi

Und putzt sei Büchs mit Akribie

Si selber pflegt er net so arg

Drum riacht er a bissl stark

Wia er hiaz in sei Bettstadl steigt

Sie Weiberl krallt dazua, und schweigt

Wetzt no an wengerl hin und her –

Er liegt so starr als wia sei Gwehr

Sei Lederne schmeckst bis zan Bett:

S’tuat, wia wann’s an Hirsch drein hätt!

Ja – seufzt sei Weib – und atmet schwer –

Wann’s wenigstens a BRUNFTHIRSCH

wär!

Dieses kleine Gedicht war ein, natürlich ungenügender, Versuch, die Familie mit meiner Jagdleidenschaft auszusöhnen.

Wie ernst ich diesen Versuch genommen hatte beweist das unten befindliche Bild:

per Hand auf Pergament geschrieben, in ein Spanschachterl eingeklebt und mit hölzernem Jäger und Hund kombiniert als Weihnachtsgeschenk unter den Christbaum gelegt.

Als positives Ergebnis meiner Jagdleidenschaft führe ich an, dass sowohl Ehefrau wie Kinder ferm in der Kunst des Fährtenlesens geworden und vertraut sind mit Wald und Wild unserer steirischen Heimat.

Die Herausgabe dieses Buches ist meiner Frau zu verdanken.


Vom Wesentlichen in der Jagd

Jagen ist nicht aufs Geratewohl Schläge austeilen, um ein Tier zu töten. Das Jagen besteht aus einer Reihe von technischen Vorgängen, mit denen man versucht, die Seltenheit des Wildes auszugleichen. Diese Seltenheit beweist sich am besten, wenn wir den Höhepunkt der Jagd betrachten: den erregenden Augenblick, in dem wir das Wild entdecken: endlich zeigt sich das Wild in der richtigen Entfernung. Einen Augenblick später wird es verschwunden sein, und sehr wahrscheinlich wird sich auch kein anderes mehr zeigen.

Für diese überraschende Entdeckung des Wildes, die sich noch steigert, wenn der Jäger erkennt, dass es sich um ein jagdbares Stück handelt, pirscht der Jäger durch’s Revier oder sitzt seinen Hosenboden am Hochstand durch. Denn der überraschende Anblick des Wildes ist eine der wesentlichen Freuden in der Jagd.

Ein anderer köstlichster Reiz ist die wilde Waldeinsamkeit zu genießen und die Illusion, sich in einer gerne ausgeübten Tätigkeit an Orten zu bewegen, wohin die Zivilisation nicht reicht.

Wie bei allen Freuden und Reizen schadet Übertreibung. Sei es eine Übertreibung in der Intensität, mit der man die Jagd ausübt, eine Übertreibung bei den angewendeten Hilfsmitteln.

Gibt man nicht acht, so reduziert man das Jagen auf die weniger reizvollen Teilfunktionen: das Bergsteigen und das Zielschießen.

Guten Anblick!

In Jägerkulturen wie z.B.: bei den Eskimos trägt man dieser Seltenheit des Wildes Rechnung: nicht der Erleger erhält den größten Anteil an der Beute, sondern derjenige, der das Wild als erster erblickt hat.

Wenn Jäger sich zur Jagd verabschieden grüßen sie nicht mit „schieß gut“ oder „gute Beute“, sondern sie sagen: Guten Anblick! Ein guter Anblick ist oft mehr wert als ein zufälliger guter Schuss. Manche Jäger kommen öfter als andere zu diesem Guten Anblick – sie haben einen besonderen Anlauf.

Und wenn auch die Beute beim Jagen des modernen Menschen nicht das Entscheidende sein soll so ist es doch zermürbend, stundenlang auf dem Hochsitz zu hocken, in Kälte und zum Nichtstun verdammt, und nix rührt sich! Dabei hat der Jäger in sorgfältigen Pirschgängen das Wild gespürt (die Fährten festgestellt) und bestätigt, das heißt nach Art des Fährtenabdrucks erkannt, um welches Wild es sich höchstwahrscheinlich handelt.

Eine große Hilfe beim Aufspüren des Wildes ist der Hund des Jägers. Allerdings nur, wenn er jagdlich abgeführt und damit so ferm ist wie sein Herrl.


D enk wie das Tier

Ein jedes Reh

Wie ich das seh

Das weiss es eh

Und äst den Klee

Seit eh und jeh

Im tiefen Waldesschatten

Der Jager hockt

Das Haar gelockt

Vom Trieb verlockt

Im Sitz verblockt

Und starrt verbockt

Auf Schlag und Fratten

Doch glaube mir

Denk wie ein Tier

Und hock nicht hier

Sondern sitz dort

Doch ist das Tier

Darauf mein Wort

Schon wieder fort


Genaue Jagdregeln

Für jede Wildart sind genaue Jagdzeiten bzw. Schonzeiten gesetzlich vorgeschrieben. Und: der Jäger ist nach dem von der Behörde ausgestellten Abschussplan verpflichtet, eine bestimme Anzahl einer bestimmten Wildart als erlegt vorzuweisen.

Die festgelegten Jagdzeiten bedeuten einen weiteren Schutz für das Wild, weil damit die Seltenheit des Augenblicks, da man das richtige Stück zur rechten Zeit zu Gesicht bekommt, gesteigert wird.

Als zusätzliche Erschwernis für den Jäger gilt das Verbot der Nachtjagd. Die meisten Wildarten dürfen nachts nicht bejagt werden. Einerseits, um dem Wild freies Äsen oder Herumziehen in der Nacht zu ermöglich, andererseits, weil in der Dunkelheit der Nacht das Stück nicht richtig angesprochen werden könnte – auch ein sauberer Schuss ist nicht zu garantieren.

Neigt sich die Schusszeit ihrem Ende zu (die beispielsweise beim Hochwild zum Jahresende ausläuft) ist gleichzeitig der Abschlussplan noch nicht erfüllt und ja, überhaupt! bekommt man seit Wochen kein Stück vor die Büchse, dann mag es passieren, dass manxmal Vorschriften links liegen gelassen werden und – manxmal – eben auch die Weidgerechtigkeit.

M ondliachtjagern

Das Jagern, sag i, manches mal

das wird dir aber schon zur Qual:

Mit deine hundertdreissg Hektar

tuast di beim Hochwildjagern schwar

Wildschaden, freili, kannst scho zahlen

das Wildpret aber magst dir malen!

Beim Tag siagst du nicht einen Schwanz

aber auf d’Nacht fangt an der Tanz

da seind sie da, die Hirsch und Tier

 

und in der Fruah gspürst’s, aber wia!

So huckt er jeden Abend am Sitz

Es kummt eam nix – es is a Witz –

da kanns scho sein, dass es passiert

und dass ein Nachtansitz draus wird

Und heut is Vollmond; klar und hell

leuchtet’s im Wald. Drum krallt er schnell

auf’n Sitz in der Wurzleiten-Rinn –

da steckt das Hochwild allweil drin!

Die Wolken ziagn, es geht der Wind

Was war des hiazt? Nimm’s Glasl gschwind

Und wirkli, da – zwischen die Fratten

da wuseln a paar dunkle Schatten

S’kracht im Gedachs, der Harschschnee

bricht -

Teifi! – dass ma grad hiazt nix siecht!

Da is was draussen auf der Wiesen!

Jetzt wechselt’s wieder in die Riesen –

A Hochwild is – so gross wia des

das is koa Reh! – er wird nervös

Das Glasl is dauernd beschlagen

So kann er’s a net sicher sagen:

San’s drei Stuck – oder san’s gar vier –

Is des a Hirsch – is das a Tier?

Hoffentli is koa Hirsch dabei

Weil: Hirschen hat er gar koan frei!

Er schwitzt und mag nix recht dakennen –

Is endli amal s’Hochwild kemmen

da sollt er do a Stuck dahalten! -

So huckt er in der Nacht, der kalten

im Mondlicht, bei dem silbern Liacht

bei dem ma alls – und do nix siacht:

Drei grosse, und a kloaners Stuck

des wechselt her, die andern zruck

und plötzlich woass er’s ganz gewiss:

Dass das sicher a Kalbl is!

S’steht völli frei und gengn’an Schnee

Viel siacht er net – ober s’geht eh:

„Net gschossen is soviel wia gfailt“

er fahrt ins Schwarze – Teifi halt!

Der Schuss kracht und im hellen Blitzen

siagst, wia die Stückln obiflitzen

Aber oans liegt! – ganz klar zum Kennen

Am liebsten möchte er auffirennen

und schaun. Das war a Schuss,

dass er si selber loben muss.

S’beutelt eam no vom Schussfieber

A haasser Tee wär eam hiaz lieber

Doch hoasst’s wohl no a wengerl passen

De Zeit, de muasst dir oanfach lassen!

Dann aber auffi, wo er siegt

dass’s Stuck im Schnee zsammbrochen liegt

Dann is er dort – da wird’s eam schlecht

Er moant, er täuscht si, siacht net recht -

doch es is wahr: Gott, Du Gerechter:

A Hirsch liegt da, und gar koa schlechter!

Bin i vielleicht ein blöder Tost!

Wenn mi des jetzt mein Jagdschein kost!

A Hirsch – net frei – im Mondliacht gschossen

Wern’s di ins Jagdamt rufen lassen......

Ein so ein Topfen – Kruzitürken! –

War guet, er tat den Hirsch zerwirken

und red net viel – is eh nix g’wen –

weil no derweil hat’s koana g’sehgn

S’passiert nur was, wenn ma viel redt

Drum hoamzua, auszogn, niederglegt

und morgen dann – statt mit’m Gwehr

gschwind mit’m Allrad-Traktor her

So macht er’s. Und glei früha am Morgen

fahrt er den Hirschen zan Versorgen

mit Müh ladt er’n am Hänger nauf

und schmeisst zwa Feichtenbamerl drauf

Dann gschwind ins Tal. Zu all dem Gscher

haut’s hint den Hirsch recht hin und her

und unterm Holz und Fichtentatschen

fangt an, ein Hirschlauf ausser z’latschen

Kaum drunt im Dorf, kummt von der weiten

der Nachbar her, tuet eh gern streiten!

Geht hin zan Hänger und schaugt nauf

siagt unterm Grass den Hochwildlauf:

Ah, Weidmannsheil! – was hamma gschosen?

Sagt er drauf – relativ gelassen:

A Kalb. – A Hirsch war a dabei.

Aber woasst eh: i han koan frei.

Dann macht er, dass er weiterkummt

Der Nachbar aber steht und brummt:

A Kalb?! Wass net,

für’n letzten Bissen

häst net an Bam glei nehmen müssen!


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