CLIL in der Fächerfusion Englisch und Bildnerisches Gestalten in heterogenen Primarschulklassen

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3.4.2 Lernaufgaben im BG-Unterricht

Ein Blick in die Fachgeschichte verdeutlicht, dass auch der BG-Unterricht auf dem Weg zum kompetenzorientierten Unterricht von verschiedenen Strömungen geprägt war, die abwechselnd einmal mehr die formalen Aspekte dann den kreativen Ausdruck in den Vordergrund des Unterrichts rückten. So standen im 19. Jahrhundert die Nachahmung von Vorlagen und das genaue saubere Arbeiten im Zentrum. Erst in den 1920er wurde das Kind erstmals als eigenständiger, kreativer ‘Künstler’ in den Fokus gerückt. In der Mitte des 20. Jahrhunderts schliesslich stand die «Musische Erziehung» im Zentrum, die die schöpferischen und gefühlsbetonten Fähigkeiten im Zeichenunterricht überbetonte. Als Gegenbewegung dazu entwickelte sich ab den 1960er Jahren wieder eine vermehrt formal-analytische Sicht auf den Zeichnungsunterricht, in dessen Vordergrund das Lehren einer visuellen Grammatik stand und das eigenständige Schaffen in den Hintergrund rückte. Als erneute Reaktion auf diese einseitige Ausrichtung des Unterrichts, wurden in den 1980/90er Jahren schliesslich die Grundbausteine für den modernen BG-Unterricht gelegt. Seither halten sowohl subjektive Ausdrucksweisen als auch handlungsorientierte Bildprozesse sowie theoriegeleitetet Zugänge zu Bildern aller Art Einzug in den Unterricht. (Diethelm & Niederberger 2016, S. 283–87)

Im heutigen kompetenzorientierten BG-Unterricht geschieht der Zugang zu und die Arbeit mit Bildern ebenfalls anhand bedeutsamen Lernaufgaben. Sie ermöglichen eine offene, neugierige und experimentierfreudige Auseinandersetzung mit Bildern. Ausgehend einer anregenden, bildnerischen Aufgabenstellung zielen Lernaufgaben im BG-Unterricht prozess- und produktorientiert auch auf ein Endprodukt, in Form einer eigenständigen Bildlösung, hin (D-EDK 2014 BG, Didaktische Hinweise). Die Lernenden entwickeln dabei einerseits eigene Vorstellungsvermögen sowie Darstellungsfähigkeiten und erweitern zudem ihr Repertoire an bildnerischen Verfahren im Umgang mit Materialien und Werkzeugen. Anderseits lernen sie rezeptiv Bilder wahrzunehmen und über diese zu sprechen. Es braucht für diesen komplexen Kompetenzaufbau deshalb erstens Lernaufgaben, die die Schüler*innen emotional berühren und zweitens solche, die in den unterschiedlichen Phasen des Unterrichts die gewünschten Lernprozesse auslösen (Morawietz & Niederberger 2018, S. 254–55).

Hierfür kommen erneut die verschiedenen Typen von Lernaufgaben gemäss dem LUKAS-Modell zum Einsatz. Dabei nehmen die Konfrontationsaufgaben im Fachbereich BG eine besondere Stellung ein. Sie aktivieren nicht nur kognitiv, sondern auch sinnlich und emotional, weshalb sie innerhalb eines Aufgabensets typischerweise mehrmals vorkommen. In der Erarbeitungsphase werden schliesslich Bilder analysiert, Verfahren besprochen oder mit Materialien experimentiert. An diese Phase schliessen sich oft übergangslos Übungsaufgaben an. Anhand von Vertiefungsaufgaben wenden die Schüler*innen das zuvor Geübte selbstständig an, wobei eigene Lösungen hier zwingend erwünscht sind. Da sich Kompetenzen über einen längeren Zeitraum entwickeln, kann nicht jedes Aufgabenset eine echte Transferleistung ermöglichen. In diesem Sinne kann zum Abschluss eines Aufgabensets wohl eher von einer Syntheseaufgabe gesprochen werden, bei der die Lernenden die zuvor durchlaufenen Lernschritte zu einem Neuen, Ganzen vereinen. (Morawietz & Niederberger 2018, S. 256–57)

3.4.3 Lernaufgaben in der Fächerfusion Englisch und BG

Verschiedene Typen von Lernaufgaben, wie sie im LUKAS-Modell beschrieben werden, bilden somit ein wichtiges Fundament in beiden CLIL-Fächern. Ob diese Lernaufgaben jedoch tatsächlich den antizipierten sachfachlichen und fremdsprachlichen Kompetenzaufbau initiieren, hängt von deren Aufgabenqualität ab. Damit ist nun auf der Mikroebene das Potential gemeint, das der Einzelaufgabe im Lernprozess in Bezug auf ihre Lernwirksamkeit zugeschrieben wird (Luthiger & Wildhirt 2018, S. 38). Was pädagogisch wertvolle und ertragreiche Lernaufgaben auszeichnet, wird seit ein paar Jahren in den Erziehungswissenschaften als auch in verschiedenen Fachdidaktiken intensiv diskutiert und zunehmend erforscht (Reusser 2013, S. 4–5). Die Forschung über solche Aufgabenmerkmale ist inzwischen breit abgestützt. Dennoch besteht eine Gefahr darin, die aus situativen, experimentell angelegten Forschungskontexten gewonnenen Ergebnisse auf hochkomplexe, unterrichtliche Praxissituationen zu übertragen und für allgemeingültig zu erklären. Nichtsdestotrotz helfen solche Erkenntnisse, zumindest als Hypothesen, Merkmale von lernwirksamen Aufgaben zu bestimmen und für die Praxis zu nutzen (Astleitner 2006, S. 25). Grundsätzlich ist man sich einig, dass Lernaufgaben, die sich empirisch als besonders gewinnbringend erwiesen haben, kongruent zu den erforschten Prinzipien von ‘gutem Unterricht’ (z. B. H. Meyer 2014; Helmke 2012) stehen (Astleitner 2006, S. 14). Gleichzeitig sind allgemeindidaktische Aufgabenmerkmale, auch wenn diese hilfreiche Impulse für die fächerübergreifende Theorie- und Methodenentwicklung liefern, oft zu unspezifisch für die fachdidaktische Forschung (Leuders 2014, S. 34–35). Fachdidaktische Ausdifferenzierungen und Ergänzungen sind deshalb nötig, um bedeutsame Aufgabenmerkmale für das fachliche Lernen zu definieren (Luthiger & Wildhirt 2018, S. 70).

Damit CLIL-Unterricht für die Fächerfusion Englisch und BG mit hohem Lernpotential entwickelt werden kann, gilt es theoriebasierte Aufgabenmerkmale zu finden, die ihre Gültigkeit für den spezifischen CLIL-Unterricht ausweisen. Um solche Qualitätsmerkmale ausfindig zu machen, wurde sowohl relevante Literatur über Lernaufgaben aus der allgemeinen Didaktik als auch solche aus den beiden Fachdidaktiken Englisch und BG analysiert. Die breit abgestützte, theoriebasierte Recherche von Merkmalen ‘guter’ Lernaufgaben unter Einbezug von Suchmaschinen, unter Berücksichtigung von häufig zitierten Studien und im Austausch mit Expert*innen, hat zu folgenden Literaturquellen geführt:


Allgemeine Didaktik Fachdidaktik Englisch Fachdidaktik BG
Blömeke et al. (2006) Ellis (2003) D-EDK, Lehrplan BG (2014)
Leisen (2010) Nunan (2004) Diethelm & Niederberger (2016)
Reusser (2014b) Willis & Willis (2007) Schoppe & Rompel (2017)
Maier et al. (2014) Müller-Hartmann & Schocker v. Ditfurt (2011)
Luthiger & Wildhirt (2018) Cameron (2001)

Abbildung 9:

Literaturauswahl von Qualitätskriterien von Lernaufgaben aus den drei Didaktiken

Die Wahl der oben genannten Quellen wird nachfolgend unter Berücksichtigung deren Relevanz für die vorliegende Arbeit kurz begründet. Aus erziehungswissenschaftlicher Sicht wurden die breit akzeptierten und viel zitierten Aufgabenmerkmale von Blömeke et al. (2006) sowie jene von Reusser (2014b) gewählt. Als dritte Quelle aus allgemein-didaktischer Sicht wurde das Analysesystem von Maier et al. (2014) herangezogen, weil es einerseits empirisch breit fundiert ist, anderseits weil die dort vorgeschlagenen Kriterien erlauben, Lernaufgaben aufgrund ihrer kognitiven Anforderung zu analysieren als auch zu modifizieren. Diese Kriterien passen daher sehr gut in den vorliegenden Forschungskontext der heterogenen Lerngruppen (Maier et al. 2014, S. 343). Ferner wurde Leisen (2010) berücksichtigt, weil er sich ebenfalls intensiv mit dem Thema des sprachsensiblen Unterrichts und Lernaufgaben für heterogene Klassen auseinandersetzt. Die Quelle Luthiger und Wildhirt (2018) wurde einerseits aufgrund ihrer Aktualität, anderseits aufgrund deren Kompatibilität mit dem LUKAS-Modell beigezogen.

Wie weiter oben beschreiben, hat in der Fremdsprachendidaktik die Aufgabenorientierung eine lange Tradition. Eine Auswahl wichtiger Grundlagenliteratur zu task-based learning (TBL) wurde deshalb für den Fachbereich Englisch berücksichtigt. Dazu gehören Nunan (2004), Ellis (2003) sowie Willis und Willis (2007). Der deutschsprachige Raum vertritt die Grundlagenliteratur von Müller-Hartmann und Schocker-von Ditfurth (2011). In all diesen Quellen finden sich empirisch belegte Merkmale und Definitionen zu kommunikativen, anwendungsorientierten Lernaufgaben für den Englischunterricht. Zusätzlich wurde die Auswahl um Cameron (2001) erweitert. Sie fasst Aufgabenmerkmale spezifisch für den Englischunterricht mit Kindern zusammen.

 

Für den Fachbereich BG wurden drei relevante Quellen gefunden: die ‘Didaktischen Hinweise’ aus dem Lehrplan 21 (D-EDK 2014); ein Buchteil von Diethelm und Niederberger (2016, S. 293) mit Merkmalen kompetenzorientierter Aufgaben für das Fach BG, welche sich stark an die Aufgabenqualitäten von Blömeke et al. (2006) sowie an Reusser (2014b) lehnen; und die Merkmale von BG-Lernaufgaben von Schoppe und Rompel (2017, S. 35–38). Letztere widmen dem Thema Aufgaben im Kunstunterricht ein ganzes Buch. Die limitierte Anzahl von Quellen für BG hängt gemäss Expertenmeinung mit der Tatsache zusammen, dass in diesem Fach zu diesem Thema noch keine weitere Literatur vorliegt.

Ziel dieser Literaturanalyse ist ein reduzierter Zusammenzug von überschneidenden Qualitätsmerkmalen, die wirksame Lernaufgaben für den CLIL-Unterricht in der Fächerfusion Englisch und BG charakterisieren. Die Qualitätsmerkmale sollen zudem die verschiedenen Typen von Lernaufgaben gemäss dem LUKAS-Modell und somit deren unterschiedliche Funktionen im Lernprozess mitberücksichtigen. Obwohl sich in der Literatur viele überlappende Merkmale finden liessen, wäre eine rein quantitative Auswertung aufgrund deren Häufigkeit der Nennung nicht zielführend gewesen. Die Wortwahl, Sichtweisen und Schwerpunkte der unterschiedlichen Didaktiken und Autor*innen sind insgesamt zu verschieden. Vielmehr wurden übergeordnete Kategorien gebildet, zugehörige Aspekte zugeordnet und so ähnliche Merkmale aus allen drei Fachperspektiven verdichtet zusammengefasst (siehe auch Kapitel 5.5.1). Die theoriebasierte Analyse resultierte schliesslich in fünf übergeordneten Qualitätsmerkmalen, die im nachfolgenden Kapitel genauer erläutert werden.

3.5 Fünf Qualitätsmerkmale für Lernaufgaben für den CLIL-Unterricht

Die theoriebasierte Analyse brachte Qualitätsmerkmale hervor, die unter den folgenden fünf Oberbegriffen zusammengefasst werden: ‘Interesse & Motivation’, ‘Anregung von CLIL-Lernprozessen’, ‘kognitive Aktivierung’, ‘Offenheit’ und ‘Differenzierung’. Diese werden nachfolgend der Reihe nach einzeln erläutert. Dies geschieht, indem in einem ersten Schritt das jeweilige Aufgabenmerkmal theoriebasiert diskutiert, dann dessen Wichtigkeit auf die Situation der CLIL-Unterrichtsmodule übertragen und wo passend mit exemplarischen Beispielen illustriert wird. Damit basierend auf diesen Qualitätsmerkmalen zu einem späteren Zeitpunkt Aufgabensets entwickelt und diese dann entsprechend auch evaluiert werden können, wurden zu jedem der fünf Qualitätsmerkmale Indikatoren formuliert, die das Aufgabenmerkmal spezifizieren. Diese Indikatoren bringen am Ende eines jeden Abschnitts die Anliegen jedes Qualitätsmerkmals noch einmal auf den Punkt. Wie mit diesen Indikatoren weiter verfahren wird, wird im abschliessenden Zwischenfazit (siehe Kapitel 3.5.6) erläutert.

3.5.1 Qualitätsmerkmal I: Interesse & Motivation

Die wohl wichtigste Grundvoraussetzung für erfolgreiches Lernen ist die Neugier, das Interesse und die Motivation für den Lerngegenstand. Es erstaunt deshalb wenig, dass alle der beigezogenen Literaturquellen motivationale Aspekte wie Interesse, Lebensweltbezug, Neugier, Relevanz oder das Ansprechen eines persönlichen Bedürfnisses als grundlegende Qualitätsmerkmale für gute Lernaufgaben angeben. Motivation und Interesse sind insgesamt zwei wichtige Faktoren, damit sich Schüler*innen auch langfristig mit einem bestimmten Lerngegenstand auseinandersetzen, und gelten somit als zentrale Kriterien für erfolgreichen Unterricht (Schiefele 2009, S. 152).

In der Interessenforschung wird zwischen zwei Arten von Interesse unterschieden: Einerseits das überdauernde, individuelle Interesse an einem Sachverhalt aufgrund seiner Verbindung mit positiven Gefühlen oder hoher persönlicher Bedeutsamkeit; anderseits das situative Interesse, hervorgerufen durch äussere Umstände, die mit Neugier und Faszination in Verbindung stehen (Schiefele 2009, S. 163–64). Motivation wird als «psychische Kraft» oder als Verhaltensbereitschaft verstanden, die die Zielsetzung in einer bestimmten Situation massgeblich mitentscheidet (Schiefele 2009, S. 152). Motivation gilt in diesem Sinne als ein abstrakter Sammelbegriff für verschiedene Teilprozesse und Phänomene, die alle eine «aktivierende Ausrichtung des momentanen Lebensvollzugs auf einen positiven Zielzustand» haben (Rheinberg 2008, S. 16). In den letzten Jahrzehnten wurde das Konstrukt Motivation mittels unterschiedlichen Modellvorstellungen, denen kognitiv-psychologische Theorien zugrunde liegen, intensiv erforscht und ergründet (Dörnyei 2001, S. 9; Urhahne 2008, S. 150). Daraus resultiert eine grosse Vielzahl teils unterschiedlicher, teils überlappender Lernmotivationstheorien. Nachfolgend werden jene Konstrukte und Theorien diskutiert, die für den vorliegenden Forschungskontext im Zusammenhang mit Lernaufgaben von Relevanz sind.

Durch Motivation wird das intentionale, bewusst gesteuerte und auf ein bestimmtes Ziel gerichtete Lernen «energetisiert» (Urhahne 2008, S. 151). Gemäss dem zeitgenössischen Verständnis von Lernen als Aufbau von Kompetenzen versteht man darunter «die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können» (Weinert 2014a, S. 27–28). Gemäss dieser breit akzeptierten Definition von Kompetenz, an der sich auch der Lehrplan 21 lehnt, ist eine Person kompetent, wenn sie neben kognitiven Prozessen auch Lernen will und dafür die nötige Motivation aufbringen kann. Reusser bezeichnet deshalb attraktive Lernaufgaben «als Quellen der Motivation und Ausgangspunkt für Schülerinnen und Schüler, sich auf Gegenstände einzulassen und dabei fachliche und überfachliche Kompetenzen auszubilden.» (2014a, S. 81). Lernende lassen sich dann auf eine Lernaufgabe ein, wenn bei ihnen ein individuelles Bedürfnis angesprochen wird. Die Motivation der Lernenden in Bezug auf die Lernleistung kann somit als Wechselwirkung zwischen einer Lernaufgabe und den individuellen Bedürfnissen der Schüler*innen verstanden werden (Blömeke et al. 2006, S. 335).

In der Pädagogischen-Psychologie gelten die ‘Erwartungs-Wert-Modelle der Motivation’ als einflussreich. Ihnen zufolge werden die vermuteten Erwartungen, zum Beispiel in Verbindung mit dem erfolgreichen Bearbeiten einer Lernaufgabe, mit den daraus resultierenden Werten, demnach der subjektiven Bedeutsamkeit die dieser Handlung beigemessen wird, abgewogen (Schiefele 2009, S. 153). Diese persönliche eingeschätzte Erfolgserwartung bestimmt somit den Anreiz für die Aufgabenbearbeitung massgeblich mit (Urhahne 2008, S. 153). Demzufolge sind Lernaufgaben mit mittelschweren Anforderungen attraktiv, weil sie Erfolg mit Anstrengung ermöglichen. Solche realistischen Zielsetzungen haben einen positiven Einfluss auf die Motivation (Rheinberg 2008, S. 71–72). Jedoch hat sich in neueren Untersuchungen gezeigt, dass selbst erfolgsversprechende Lernaufgaben von Lernenden als demotivierend quittiert wurden, weil sie zum Beispiel keinen Spass machen oder als unwichtig empfunden werden. Grund dafür ist ihr geringer Aufgabenwert (Schiefele 2009, S. 154). Wigfield und Eccles (2000) haben deshalb vier aufgabenbezogene Wertkomponenten definiert, die motivationsbestimmend auf den Erfolg bei der Bewältigung einer Lernaufgabe einwirken. Dies sind erstens die Wichtigkeit und Relevanz die Lernaufgabe richtig zu lösen (Zielerreichungswert); zweitens das intrinsische Interesse respektive die Freude bei der Aufgabenbearbeitung; drittens die Nützlichkeit der Aufgabe für zukünftige Ziele und viertens das Abwägen der damit verbundenen Kosten oder Aufwands bei der Bearbeitung der Lernaufgabe (Schiefele 2009, S. 153; Wigfield & Eccles 2000, S. 72).

Was diese vier Wertkomponenten nun konkret für die Bereitstellung von motivierenden und interessanten Lernaufgaben für den CLIL-Unterricht bedeutet, wird nachfolgend erläutert. Als erstes sollen sich Lernaufgaben eng an die individuellen Bedürfnisse der Lernenden und deren Lebenswelt anlehnen. Je mehr Wichtigkeit und Relevanz einer Lernaufgabe zugeschrieben wird, desto mehr wird sich der Lernende bemühen diese Aufgabe zu meistern (Urhahne 2008, S. 154). In der Fachdidaktik Englisch wird in diesem Zusammenhang von tasks mit «meaning and purpose for learners» gesprochen (Cameron 2001, S. 31). Im Fachbereich BG sollen die Lernenden am Motiv oder Thema interessiert sein (Diethelm & Niederberger 2016, S. 293) und mit entsprechenden Lernaufgaben zu einer neugierigen und experimentierfreudigen Auseinandersetzung angeregt werden (D-EDK 2014 BG, Didaktische Hinweise). Aber nicht nur auf thematisch oder inhaltlicher, sondern auch aus kognitiver Sicht sollen die Lernaufgaben die Bedürfnisse der Lernenden ansprechen. Studien haben gezeigt, dass Lernende dann motiviert waren eine Tätigkeit auszuführen, wenn zwischen ihr und dem Lernstand eine optimale Diskrepanz bestand, demnach die Lernaufgabe weder als zu einfach noch als zu schwierig eingestuft wurde (Deci & Ryan 1993, S. 231). Die bereits erwähnte Wichtigkeit, dass Lernaufgaben auf realistischen Zielsetzungen beruhen sollten, ist in diesem Zusammenhang mit dieser Wertkomponente von hoher Relevanz (Rheinberg 2008, S. 71–72).1

Zweitens, idealerweise lassen sich Lernende für die Lernaufgaben intrinsisch motivieren. Dies würde beinhalten, dass sich die Lernenden von Neugier und Interesse geleitet auf eine Lernsituation einlassen, weil sie bestrebt sind den Lerngegenstand zu verstehen, zu erforschen oder, gemäss Piagets Vorstellung, diesen zu assimilieren. Frei von äusserem Druck und inneren Zwängen bearbeiten die Lernenden in diesem Fall Lernaufgaben, weil sie engagiert dem nachgehen können, was sie interessiert (Deci & Ryan 1993, S. 225). Die Förderung von sozialer Eingebundenheit wird indessen auch als Steigerung der intrinsischen Motivation angesehen (Schiefele 2009, S. 173). Konkret heisst das nun, dass Lernaufgaben spielerische oder kooperative Elemente ausweisen sollten, die lustvolles Lernen ermöglichen.

Drittens soll die Nützlichkeit der Lernaufgabe im Sinne ihrer Bedeutung für das Erreichen zukünftiger Ziele erkennbar sein. Dabei ist die Nützlichkeit eng mit den Folgen der aufgabenorientierten Handlung verknüpft. Je positiver die Konsequenzen der Handlung eingeschätzt werden, desto höher wird deren Nützlichkeit eingeschätzt. Die Nützlichkeit der Aufgabe beschreibt somit eine Form von extrinsischer Motivation und steht somit kontrastierend zum obigen Wert einer Aufgabe (Urhahne 2008, S. 154). Extrinsisch motivierte Lernende packen die Lernaufgaben nicht mit Spontaneität und Interesse an, stattdessen brauchen sie eine Aufforderung, die in Verbindung mit Aussicht auf eine positive Bekräftigung oder einen funktionellen Nutzen einhergeht (Deci & Ryan 1993, S. 225). Im fremdsprachlich geleiteten CLIL-Unterricht können die Lernenden den Nutzen einer Lernaufgabe dann besser nachvollziehen, wenn ihnen die Zielerwartung oder der task outcome klar aufgezeigt werden und wenn ihnen hilfreiche Strategien für die Aufgabenbewältigung mitgegeben werden (Dörnyei 2001, S. 81). Zudem können auch hier Lernaufgaben mit einem hohen Lebensweltbezug den Nutzen unterstreichen.

Viertens ergeben sich die Kosten einer Aufgabe aus den wahrgenommenen negativen Aspekten, wie die empfundenen Anstrengungen oder die Angst des Versagens (Urhahne 2008, S. 154). In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass die Lernenden Erfolgserlebnisse erfahren, zum Beispiel indem die Lernaufgaben auf verschiedenen Schwierigkeitsstufen angegangen werden können, geeignete Lernunterstützung angeboten wird und regelmässige ermutigende Rückmeldungen zum Lernprozess gegeben werden (Dörnyei 2001, S. 90–91).2 Den nicht zu unterschätzenden Einfluss von positiven Emotionen auf die Motivation, respektive auf den Lernerfolg im Allgemeinen, unterstreicht Krashen (1987, S. 31) mit seiner in der Fremdsprachendidaktik breit anerkannten ‘Affective Filter Hypothesis’. Demnach führen Stress oder Angst dazu, dass der affektive Filter den fremdsprachlichen Input ‘rausfiltert’ und das Lernen verhindert. Hingegen verhelfen positive Emotionen im fremdsprachlichen Klassenzimmer zu einer lernförderlichen Atmosphäre, in der trotz der erhöhten Anforderungen aufgrund der Fremdsprache Lerninhalte klar verständlich als auch differenziert dargeboten werden und sich die Lernenden getrauen sich der Zielsprache risikobereit zu bedienen (Krashen 1987, S. 32). Die Wichtigkeit von positiven Emotionen wird auch aus der Sicht der BG-Fachdidaktik betont, damit sich die Schüler*innen angeleitet durch interessante Lernaufgaben auch auf «Überraschungen, Unbekanntes und Irritierendes» einlassen können (Diethelm & Niederberger 2016, S. 293).

 

Resultierend aus den obigen Überlegungen und im Hinblick auf die bevorstehende praktische Umsetzung, ergeben sich für Lernaufgaben in Bezug auf das Qualitätsmerkmal ‘Interesse & Motivation’ folgende zwei Indikatoren:

 Die Lernaufgaben wecken Interesse, Experimentierfreude und Neugier.

 Die Lernaufgaben motivieren durch lebensweltlich bedeutsame Bezüge.