CLIL in der Fächerfusion Englisch und Bildnerisches Gestalten in heterogenen Primarschulklassen

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Wie soeben aufgezeigt, stehen die vier Cs innerhalb des Frameworks in enger Wechselwirkung und können nur schwer isoliert voneinander betrachtet werden. Dennoch werden die vier Aspekte nachfolgend einzeln beleuchtet, um deren Relevanz aus theoretischer Sicht und in Bezug auf die geplante Untersuchung für den vorliegenden CLIL-Kontext ausführlich zu klären.

3.2.1 Content

Wie der Name Content and Language Integrated Learning verspricht, passiert das Lernen an Inhalt und Sprache verknüpft miteinander. Gemäss dieser Ansicht wird der funktionale Erwerb der Fremdsprache, ohne Anspruch auf einen systematischen Aufbau wie im traditionellen Fremdsprachenunterricht, als gleichberechtigt mit den sachfachlichen Inhalten anerkannt (Vollmer 2013, S. 124). Der sachfachliche Inhalt gibt im vorliegenden Fall das Fach BG vor, die Auseinandersetzung damit wird jedoch über Sprache realisiert und darin kognitiv verankert (Vollmer 2013, S. 125). Die zu erlernende Zielsprache fungiert folglich als Medium, um den sachfachlichen Inhalt zu erschliessen und das Gelernte durch Sprache auszudrücken. Jedoch entspräche es keinem echten CLIL-Unterricht, wenn die Fremdsprache lediglich als Vehikel verwendet und ‘nur’ implizit mitgelernt würde. Denn CLIL ist mehr als sachfachliches Lernen in einer Fremdsprache (Coyle et al. 2010, S. 33). Die Fremdsprache darf deshalb nicht nur als Instrument genutzt werden, sondern wird in gewissen Momenten selbst zum Gegenstand des Lernens und der Reflexion, allerdings immer in enger Rückbindung an das behandelte Sachthema (Vollmer 2013, S. 124). Der CLIL-Unterricht ersetzt den traditionellen, systematisch aufgebauten Fremdsprachenunterricht in keiner Weise, vielmehr passiert im CLIL-Unterricht situativer fremdsprachlicher Kompetenzaufbau, der die fachliche Auseinandersetzung begünstig. Konkret umfasst das Sprachlernen im CLIL-Unterricht den Aufbau von wissenschaftlichen Begriffen, fachkommunikativer und sprachlicher Strukturen mit dem Ziel, fachliche Inhalte zu verstehen und fachspezifische Handlungen zu bewältigen (Leisen 2005, S. 10).

Content steht folglich sowohl für fremdsprachliche als auch sachfachliche Lerninhalte. Es gilt daher die richtige Balance zu finden, um die Ansprüche an beide fachbezogenen ‘Inhalte’ zu erfüllen. CLIL wird in diesem Sinne am besten auf einem Kontinuum angesehen, dessen Inhalte zu gewissen Zeitpunkten einmal mehr sachfachlicher, in anderen Momenten mehr fremdsprachlicher Natur sind – abhängig vom situativen CLIL-Kontext (Coyle et al. 2010, S. 33). Wichtig ist ein Lernklima zu erschaffen, in dem die Zielsprache zu Gunsten des dualen Lernens verwendet wird. Denn das Lernen im CLIL-Unterricht wird maximiert, wenn sich Lernende mit relevanten Inhalten mit hohen Lebensweltbezug aktiv auseinandersetzen und diese Aktivitäten mit entsprechendem sprachlichem Support begleitet werden. Oder in anderen Worten: «However, paradoxically, more language is learnt when the focus on direct language teaching is reduced and the content teaching is increased.» (Mehisto et al. 2008, S. 32). Als fachlich kompetent gelten demnach Lernende, die vernetztes Fachwissen ausweisen, prozedurales Wissen haben um die damit verbundenen Denkvorgänge zu strukturieren und auch auf sprachlicher Ebene das Gelernte artikulieren können (Vollmer 2013, S. 126). Im CLIL-Unterricht kann dank dem dualen Fokus von Sprache und Inhalt dieser Kompetenzaufbau aufgrund der verschieden miteinander agierenden Dimensionen besonders gut gelingen. Diese Vorstellung einer kognitiven, interaktiven Auseinandersetzung mit dem Inhalt, sei es auf sachfachlicher oder sprachlicher Ebene, entspricht demnach erneut der sozial-konstruktivistischen Lerntheorie, an der sich diese Arbeit orientiert.

3.2.2 Communication

Mit communication ist das Lernen und der Gebrauch der (Fremd-)Sprache gemeint. Seit der kommunikativen Wende Mitte der 1970 Jahren mit der Verbreitung des methodischen Ansatzes des ‘Communicative Language Teaching’ (CLT), somit einer Abkehr der Betrachtung von Sprache als rein linguistisches System hin zu einem vermehrt funktionalen, kommunikativen Sprachgebrauch, nimmt die Anwendung der Sprache in Form von Kommunikation im Fremdsprachenunterricht eine fundamentale Bedeutung ein (z. B. Halliday 1985, S. xiii; Nunan 2004, S. 27). CLT überwindet somit die jahrzehntelange Dichotomie von Sprachkorrektheit (focus on form) versus Sprachgebrauch (focus on meaning) und betont folglich die Tatsache, dass es für ein erfolgreiches Sprachenlernen sowohl vielfältige kommunikative Anwendungssituationen als auch explizites Sprachwissen braucht. Auch der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen, der die Grundlage für Lehrpläne und Lehrmittel in ganz Europa und darüber hinaus bildet, unterstreicht diese Wichtigkeit und betrachtet die Sprachlernenden als sozial Handelnde, die dank ihrer kommunikativen Kompetenzen befähigt sind, mit Hilfe spezifisch sprachlicher Mitteln in der Gesellschaft zu interagieren (Europarat 2001, S. 21). Ein focus on form steht demnach im Dienste des Sprachgebrauchs und ist immer dann von grosser Wichtigkeit, wenn die Lernenden bestimmte linguistische Strukturen benötigen, um sich kommunikativ auszudrücken (Müller-Hartmann & Schocker-von Ditfurth 2011, S. 51).2 Dabei gilt «using language to learn is as important as learning to use language». Dies trifft ebenso für das duale Lernen im CLIL-Unterricht zu, wo Sprache sowohl Medium (communication) als auch eigentlicher Lerninhalt (content) ist. (Coyle et al. 2010, S. 33–35)

Ausgehend der Annahme, dass (Fremd-)Sprache immer durch rezeptives und produktives sprachliches Handeln in authentischen, fachlichen Anforderungssituationen erlernt wird (Leisen 2015a, S. 45–46) – und sich daraus eben auch diese expliziten Sprachlernmomente ergeben können – ist jeder Unterricht zugleich auch Sprachunterricht. Denn die Alltagskommunikation unterscheidet sich stets von der Bildungssprache im Unterricht. Letztere muss folglich im fachspezifischen Unterricht immer mit den Lernenden erarbeitet werden (Leisen 2017, S. 1). Der CLIL-Unterricht bildet dabei keine Ausnahme. Im Gegenteil, der bilinguale Unterricht verstärkt diese Tatsache, weil die Bildungssprache gleichzeitig eine Fremdsprache ist. Die Herausforderung besteht im CLIL-Unterricht nun darin, die fachbezogenen Inhalte fremdsprachlich aufzubauen und dann Lernsituationen zu schaffen, in denen die Lernenden mit ihren limitierten fremdsprachlichen Kompetenzen kommunizieren können (Vollmer 2013, S. 125–26) .

Um diese zusätzlichen fremdsprachlichen Hürden zu überwinden, gibt es grundsätzlich zwei didaktische Vorgehensweisen: Entweder proaktiv, indem zentrale linguistische Inhalte vorgängig den Lernenden bewusst gemacht, mit entsprechendem Scaffolding eingeführt und geübt werden. Oder reaktiv, indem die Lehrpersonen auf die Sprachhandlungen der Lernenden mit korrigierendem Feedback reagieren. (Lyster 2007, S. 46–47) Als besonders effektiv wird ein ausgewogenes Vorgehen von proaktiven und reaktiven Massnahmen betrachtet. Dieser sogenannte ‘counterbalanced approach’ stellt sicher, dass im CLIL-Unterricht sowohl der kommunikative Sprachgebrauch als auch die Korrektheit beachtet werden. In Lysters Worten ausgedrückt bedeutet das: «In keeping with socio-cognitive view of second language development, scaffolded interaction with its many opportunities for learners to negotiate language through content serves to fuse content and language» (Lyster 2007, S. 137). Leisen (2015a, S. 45–48) knüpft hier an und spricht von ‘sprachsensiblen CLIL-Unterricht’. Er betont die Wichtigkeit Sprachanforderungen knapp über dem individuellen Sprachvermögen und ein breites Angebot an Sprachhilfen bereitzustellen, sowie vielfältige Sprachlernsituationen zu schaffen, die Lernende zum verschiedentlichen fremdsprachlichen Handeln ermutigen.

Anknüpfend an letzteren Aspekt gibt es im CLIL-Unterricht drei Arten von Sprachgebrauch: Die ‘language of learning’, ‘language for learning’ und ‘language through learning’ (Coyle et al. 2010, S. 36–38; Coyle 2007b, S. 552–56). Sie werden in der nachfolgenden Übersicht vorgestellt und zur Illustration mit Beispielen aus dem CLIL-Kontext von BG und Englisch verdeutlicht.


Language of learning Language for learning Language through learning
Bei diesem Aspekt geht es um die genaue Analyse jener Sprache, die die Lernenden für das Erlernen des inhaltlichen Themas brauchen, damit sie sich kompetent im CLIL-Thema bewegen können. Hier steht je nach Situation die formale Korrektheit oder die funktionale Anwendung der Zielsprache im Vordergrund. Beispiele können sein: Materialien, Werkzeuge oder Verfahren aus dem BG (brush, paper, crayons, sketch, …), Vokabular für die inhaltliche Beschreibung von un-/gegenständlichen Bildern (shapes, colours, prepositions,…), Vokabular (adjectives) und sprachliche Strukturen für Bildbeschreibungen und für die Mitteilung von persönlichen Eindrücken. Dieser Aspekt beinhaltet funktionale Sprache, um sich im CLIL-Unterricht in der Fremdsprache zu bewegen. Damit sind all jene sprachlichen Handlungen gemeint, die die Lernenden für die Bewältigung der Lernaufgaben benötigen. Language for learning befähigt die Lernenden die Zielsprache bei Gruppenarbeiten aber auch beim selbstständigen Lernen kompetent verstehen und anwenden zu können. Zum Beispiel sind das Funktionen, mit denen die Lernenden Verständnisfragen stellen, Anweisungen von Lernaufgaben verstehen, Gruppenarbeiten auf Englisch ausführen, und einander Rückmeldungen geben können. Dieser Aspekt betont, dass sich Denken und Sprache aktiv beeinflussen. Sprache entwickelt sich durch kognitiv herausfordernde Aufgaben, gleichzeitig bildet sich durch die Versprachlichung von Denkprozessen Wissen (vgl. Vygotsky 1978, S. 42). Wie Lernende Sprache verwenden, gibt der Lehrperson hilfreiche Einblicke in ihr Verstehen (Mohan & van Naerssen 1997). Language through learning passiert dann, wenn die Lernende ihr Denken über die Unterrichtsinhalte durch Sprache ausdrücken können. Es lässt sich nicht immer planen, da sich Wissen individuell entwickelt und so auch unterschiedliche Sprache notwendig wird. Dies gelingt zum Beispiel, indem die spontan auftauchende Sprache der Lernenden aufgegriffen wird.

Abbildung 5:

 

Drei Arten von Sprachgebrauch im CLIL-Unterricht (Coyle et al. 2010, 36–38; Coyle 2007b, 552–56)

Auch wenn es bei dieser Unterteilung etwas an Trennschärfe fehlt, verdeutlichen die drei Arten von Sprachgebrauch die Vielfältigkeit der sprachlichen Anforderungen im CLIL-Unterricht. Auf den ersten Blick erscheint es oftmals so, als ob im CLIL-Unterricht explizit fachspezifische Sprache (language of learning) erlernt werden muss, die etwas weit weg von der Alltagssprache der Lernenden erscheint. Jedoch erweitert sich dank deren Anwendung im Unterricht auch das ganz alltägliche fremdsprachliche Repertoire, dass sich bei Interaktionen rund um diesen Sprachgebrauch ergibt (language for learning) oder das dann entsteht, wenn «CLIL students are being stretched to think» und das Gelernte in ihren eigenen Worten ausdrücken müssen (language through learning) (Llinares et al. 2012, S. 9). Wie es auch für die Umsetzung des sprachsensiblen CLIL-Unterrichts gefordert wird (Leisen 2015a, S. 47), gilt es diese vielfältige Sprache im Rahmen der CLIL-Planung systematisch zu analysieren und das für eine gelungene Umsetzung relevante Scaffolding zu antizipieren (Coyle et al. 2010, S. 36). Erneut gilt es dabei die zuvor aufgezeigte Prämisse des Sprachlernens als sozialer, interaktiver Prozess in Erinnerung zu rufen. Damit es eben wirklich zu diesem vielseitigen, kommunikativen Sprachgebrauch kommt, brauchen die Lernenden genügend und längere Sprechmöglichkeiten. Dies kann zum Beispiel aus methodisch-didaktischer Sicht vermehrt mit offenen Fragen und kooperativen Gruppenarbeiten gelingen. Letzteres ist besonders gewinnbringend: Nicht nur um die Sprechzeiten für die einzelnen Lernenden zu erhöhen, sondern auch um den Lernenden die Gelegenheit zu geben freier und unbeobachteter, auch mutiger mit der fremden Sprache zu experimentieren (Llinares et al. 2012, S. 33; Nikula et al. 2013, S. 80; Allen et al. 1983, S. 236).

In diesem Abschnitt wurde Kommunikation bislang hauptsächlich auf das Erlernen der Zielsprache Englisch bezogen, jedoch soll im Zeitalter der Förderung der Mehrsprachigkeit das gesamte linguistische Repertoire der Lernenden miteinbezogen werden. Diese sogenannte plurilinguale Kompetenz beinhaltet, dass Lernende ihr unterschiedliches linguistisches Vorwissen aktivieren können, um sich flexibel zwischen Sprachen zu bewegen. Die Schulsprache soll in diesem Sinne nicht aus dem CLIL-Unterricht verbannt werden, denn die Forschung zeigt, dass gerade während Gruppenarbeitsphasen die Schulsprache rasch überhandnimmt (Dalton-Puffer 2007, S. 31). Die Befürchtung der Lehrpersonen, dass Lernende bei Gruppenarbeiten ausschliesslich die Schulsprache anwenden ist einerseits berechtigt, anderseits kann dem entgegengewirkt werden, wenn die Lernenden ihre Erkenntnisse in die Zielsprache zurückführen müssen, um diese dann am Schluss einem realen Publikum präsentieren zu müssen (Allen et al. 1990, S. 75–76). Insofern soll im CLIL-Unterricht neben dem fremdsprachlichen Lernen der gezielte Einsatz der Erst- oder Schulsprache im Sinne von Code-Switching oder Sprachmittlung Platz haben (Coyle 2007b, S. 552; Council of Europe 2018, S. 32).

3.2.3 Cognition

Grundlage für wirksames inhaltliches und fremdsprachliches Lernen, ist eine hohe kognitive Aktivierung der Lernenden. CLIL-Lehrpersonen sind deshalb gefordert, kognitiv ansprechende Lernsituationen zu kreieren, bei denen Schüler*innen ihr Lernen sprachlich zum Ausdruck bringen können (Coyle et al. 2010, S. 29). «I have seen too many classrooms where learners are enjoying themselves on intellectually undemanding tasks but failing to learn as much as they might.» (Cameron 2001, S. 2) Dieses Zitat verdeutlicht erneut, dass es in jeder Art von fremdsprachlich geführtem Unterricht eine grosse Schwierigkeit ist aufgrund der limitierten Englisch-Kompetenzen ansprechende, lernwirksame Aktivitäten bereitzustellen. Im CLIL-Unterricht wird es als die grosse Herausforderung angesehen, die Diskrepanz zwischen den fremdsprachlichen Ressourcen und den kognitiven Möglichkeiten der verschiedenen Lernenden zu überwinden (Thürmann 2010, S. 71; Coyle 2007b, S. 554–55). Tatsächlich sind Lernende im CLIL-Unterricht auf zwei Achsen kognitiv gefordert, einerseits auf der inhaltlichen, anderseits auf der fremdsprachlichen Ebene. Sind diese Anforderungen auf beiden Ebenen zu hoch oder zu tief, ist es unwahrscheinlich das wirksames Lernen stattfinden kann (Clegg 1999, S. 117). Die von Cummins (1984, S. 139) vorgeschlagene Matrix (vgl. Abbildung 6) verdeutlicht das Zusammenspiel dieser verschiedenen Ansprüche und wie diese ausbalanciert werden müssen, damit Lernende in beiden Fachbereichen Fortschritte erzielen können.

Abbildung 6:

Matrix of linguistic and cognitive demands (adaptiert nach Cummins 1984, S. 139)

Auf der Achse ‘context-embedded / -reduced’ meint Cummins (1984, S. 139) den Grad der linguistischen Unterstützung, die ein Lernender erhält. Zu den ersteren gehörten Lernsituationen, die gut in einem Kontext eingebettet sind und dadurch den Lernenden ausreichend sprachliche Unterstützung bieten (z. B. durch non-verbale, paralinguistische oder andere kontextuelle Hinweise) (low linguistic demands). Am anderen Ende des Extrems sind Lernsituationen, in denen die Lernenden die fremdsprachlichen Inhalte ausschliesslich basierend auf ihren linguistischen Fähigkeiten entziffern können (high linguistic demands). Auf der vertikalen Achse ‘high / low cognitive demands’ liegen fremdsprachliche Lernsituationen für den CLIL-Unterricht auf einem Kontinuum von zu wenig herausfordernd bis zu überfordernd. Aus pädagogischer Sicht ist Quadrant C zu vermeiden, da passiert Lernen weder auf sprachlicher noch inhaltlicher Ebene (Coyle 2007b, S. 555). Eine Aktivität im Quadrant D, die aus fremdsprachlicher Sicht ein gutes Level hat, bräuchte eine kognitive Anreicherung. Eine Aktivität im Quadrant A hingegen setzt hohe Denkleistungen voraus und ist gleichzeitig sprachlich, zum Beispiel dank geeignetem Scaffolding, gut bewältigbar. Sobald die sprachlichen Defizite überwunden sind, könnte eine solche Aktivität aus linguistischer Sicht gesteigert werden und so in Quadrant B zu liegen kommen (Clegg 1999, S. 117; Coyle 2007b, S. 554–55).

Dieses Modell erweist sich als nützlich, um die sprachlichen als auch inhaltlichen Anforderungen an Lernaufgaben für den CLIL-Unterricht abzuschätzen und entsprechendes sprachliches oder inhaltliches Scaffolding bereitzustellen. Dies mit dem Ziel, die anfänglich geäusserte Diskrepanz des linguistischen und kognitiven Anforderungsprofils der Primarschullernenden im CLIL-Unterricht zu überwinden. Zwar wird sich diese Herausforderung auch im vorliegenden CLIL-Kontext bemerkbar machen, jedoch ist anzunehmen, dass diese Schwierigkeit in Kombination mit dem handlungsorientierten Fach BG insgesamt weniger stark ausgeprägt sein wird, als dass das in mehr textbasierten Fächern der Fall wäre (Rymarczyk 2010, S. 91).

3.2.4 Culture

Das Thema Kultur, das sich hinter dem vierten C des Frameworks verbirgt, bildet ein essentielles Fundament für den CLIL-Unterricht, denn die Förderung des (inter-)kulturellen Lernens scheint im bilingualen Unterricht besonders gut zu gelingen (Cummins 2000, S. 8; Coyle 2007b, S. 550; Europarat 2016, S. 26). Bereits im Kapitel 2.5.8 wurde aufgezeigt, wie die Synergien im CLIL-Unterricht in der Fächerfusion BG und Englisch für die Förderung des kulturellen Lernens auf inhaltlich, thematischer Ebene genutzt werden können. Das Fazit jenes Kapitels war, die Wahl des CLIL-Themas so zu wählen, dass Bilder und Kunstschaffende aus dem hauptsächlich angelsächsischen Raum die Lernenden zur Auseinandersetzung mit zielsprachlichen Kulturgegenständen anregen könnte. Somit wird der für den vorliegenden CLIL-Kontext relevante inhaltliche Lerngegenstand ‘Kunst’ unbestritten als geeignetes Thema angesehen, um die Auseinandersetzung mit der eigenen oder fremden Kultur zu fördern (Bering et al. 2013, S. 16; Europarat 2001, S. 104–5). Als Ergänzung dazu, wird nachfolgend ein weiteres mit dem fremdsprachlichen Lernen in Verbindung stehendes zentrales Anliegen – die Förderung der interkulturellen Kompetenz (IK) – vorgestellt.

«Jeder Fremdsprachenunterricht vermittelt in der Praxis per se IK.» (Volkmann 2002, S. 14). Dies weil der kommunikative fremdsprachliche Unterricht in der Pflicht steht, nicht nur die Sprache(n) für eine Welt im Zeitalter der Globalisierung, der verstärkten Mobilität und den schnellen Informationsaustausch durch die neuen Medien bereit zu stellen; sondern auch die Menschen für den zunehmenden Austausch mit anderen Kulturen vorzubereiten (Europarat 2001, S. 16; Volkmann 2002, S. 42–43). Unter IK versteht man allgemein die Fähigkeit und Fertigkeit Differenzen zwischen den eigenen und fremden Kulturen zu kennen, diese in verschiedenen Situationen wahrzunehmen und Strategien zu entwickeln, einfühlsam mit diesen Besonderheiten umzugehen und so allfällige Missverständnisse vorzubeugen. Im Gegensatz zu den traditionellen landeskundlichen Ansätzen von Kulturvermittlung im Sinne einer Thematisierung von typischen Gegebenheiten der englischsprachigen Kultur, geht es bei der Förderung der interkulturellen Kompetenzen heutzutage zusätzlich darum, spezifische Kompetenzen für eine erfolgreiche Kommunikation auszubilden (Nünning & Nünning 2000, S. 4). Der Aufbau von IK hat zum Ziel, eine reibungslose interkulturelle Kommunikation – die sich bei jeglichen Fremdsprachenlernen naturgemäss ergibt – zu fördern, sowie eine erhöhte Sensibilität gegenüber dem Fremden zu vermitteln (Volkmann 2002, S. 13, 43). Dazu gehört auch die Fähigkeit die Perspektiven zu wechseln, um sich mit fremden Sichtweisen auseinander zu setzen (Nünning & Nünning 2000, S. 8). Die Vermittlung von IK ist keine neue, revolutionäre Idee, sondern ist eine Grundidee des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen und geht eng mit der Förderung der bereits angesprochenen Plurilingualität in allen Fächern und Schulstufen einher (Europarat 2016, S. 15). Unter plurilingualer Kompetenz versteht man «the ability to use a plural repertoire of linguistic and cultural resources to meet communication needs or interact with people from other backgrounds and contexts, and enrich that repertoire while doing so.» (Europarat 2016, S. 20) Als grundlegendes Schlüsselelement in der Förderung der plurilingualen und interkulturellen Kompetenz ist das Potential der sprachlichen und kulturellen Ressourcen der Lernenden zu nutzen (Europarat 2016, S. 16).

In der heterogenen Primarschulklasse treffen Lernende mit unterschiedlichen kulturellen sowie sprachlichen Hintergründen aufeinander. Kinder leben nicht (mehr) in einer Umgebung einer Monokultur, sondern erleben vermeintlich ‘Fremdes’ in nächster Nähe: In der Nachbarschaft, an der Schule, durch Medien oder beim Reisen (Legutke, Müller-Hartmann & Schocker-von Ditfurth 2009, S. 85). Eben dieses Potential an Erfahrungen und Erlebnissen gilt es für die Förderung der IK produktiv – insbesondere im bilingualen Unterricht – zu nutzen. Dank dem fremdsprachlich geführten CLIL-Unterricht erfahren zum ersten Mal alle Kinder, was es heisst mit limitierten sprachlichen Kompetenzen dem Unterricht zu folgen oder verschiedene Strategien anwenden zu müssen, um mit den begrenzten sprachlichen Ressourcen zu kommunizieren. Ein Teil der Klasse, zum Beispiel Kinder mit Migrationshintergrund, hat die Erfahrung bereits gemacht. Diese Schüler*innen wissen, was es heisst dem Unterricht zu folgen, ohne die Schulsprache vollständig zu beherrschen. Eine wertvolle Erfahrung, die nun allen Lernenden im CLIL-Unterricht geboten wird: «If we follow the idea that culture determines the way we interpret the world, and that we use language to express this interpretation, then CLIL opens an intercultural door, where learners can have experiences which they could not have in a monolingual setting – meaning, for example, that it provides a rich catalyst for ‘living’ intercultural experiences which are fundamental to a deeper understanding of global citizenship.» (Coyle et al. 2010, S. 39). Im CLIL-Unterricht erhalten alle Schüler*innen erstmals die Möglichkeit, diese komplexen Kompetenzen unmittelbar zu erfahren und zu üben.3 Nachfolgend einige praxisorientierte Beispiele, wie die Förderung der IK im CLIL-Unterricht umgesetzt werden könnte (vgl. Europarat 2016, S. 33–58):

 

 Die Erweiterung von rezeptiven Strategien, damit die Lernenden dem Unterricht folgen können.

 Dem Aufbau produktiver Kommunikationsstrategien und die Förderung von Risikobereitschaft, damit sich die Lernenden auch mit eingeschränkten sprachlichen Mitteln verständigen können oder wagen etwas mitzuteilen.

 Sensibilisierung von Wertvorstellungen gegenüber anderen Sprachen, fremden Kulturen oder ganz allgemein im Kontakt mit ‘otherness’.

 Reflexion über die eigenen Vorstellungen und Haltungen gegenüber dem Bekannten und Fremden.

 Vergleiche zwischen den verschiedenen Sprachen (z. B. Wie sagt man dem in der Schulsprache – wie heisst es auf Englisch? Was ist gleich oder anders?).

 Einsatz von Sprachmittlung (Mediation) seitens der Lehrenden oder Lernenden, um zwischen Texten oder Lernenden zu vermitteln und so Hauptaussagen einer Nachricht auf sprachlicher oder interkultureller Ebene zu klären.

Dies sind ambitionierte Ziele, an denen es in den zeitlich limitierten CLIL-Modulen implizit oder explizit zu arbeiten gilt. Gleichzeitig muss betont werden, dass es sich beim Erlangen der IK um einen Lernprozess handelt, der selbst am Ende der Schulzeit nicht abgeschlossen sein kann. Denn einerseits verändern sich Kulturen dauernd, anderseits ist auch die eigene soziale Identität im konstanten Wandel. Deshalb geht es darum, Lernende für eine bestimmte Wachsamkeit gegenüber der eigenen und fremden Kultur zu sensibilisieren (Byram et al. 2001, S. 5) – was im schulischen Kontext bereits auf der Primarstufe gefördert werden kann, jedoch insgeheim ein lebenslanges Bemühen voraussetzt (Europarat 2001, S. 16).