CLIL in der Fächerfusion Englisch und Bildnerisches Gestalten in heterogenen Primarschulklassen

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2.5 Bildnerisches Gestalten als geeignete Basis für CLIL

Traditionell sind es eher die gesellschafts- und naturwissenschaftlichen Fächer, die für den CLIL-Unterricht oder immersiven Sequenzen auf den verschiedensten Schulstufen eingesetzt wurden. Den musischen und sportlichen Fächern wurden bislang in der Praxis aber auch Forschung relativ wenig Beachtung geschenkt. Erst seit einigen Jahren zeigt sich zunehmend Interesse für die Verwendung des Fachbereichs Bildnerisches Gestalten (fortan BG) für bilinguale Unterrichtsettings (Rymarczyk 2015, S. 183; 2013, S. 265). Dies ist erstaunlich, da die Gründe für dessen Eignung für den CLIL-Unterricht gerade für Sprachanfänger der Primarstufe gegenüber den mehr textbezogenen, wissenschaftlichen Fächern zahlreich sind (Heim 2015, S. 57). Es ist an dieser Stelle anzumerken, dass die Eignung von BG für bilinguale Sequenzen bislang praktisch ausschliesslich von Fremdsprachendidaktiker*innen erforscht wurde und dieses Fach von ihnen – wie nachfolgend aufgezeigt – für die Umsetzung von CLIL sehr wertgeschätzt wird (Rymarczyk 2015, S. 183).

2.5.1 Empirische Befunde

Drei qualitative Untersuchungen (Bechler 2014; Witzigmann 2011; Rymarczyk 2003) und eine gut dokumentierte Unterrichtsreihe (Knorr & Teske 2010), die allesamt in Deutschland den Kunst-/Zeichnungsunterricht in Kombination mit Englisch oder Französisch in Primar- oder Sekundarschulklassen ergründeten, beschreiben die Eignung des Fachbereichs BG für die Umsetzung von CLIL-Unterricht vielperspektivisch.

Bechler (2014) begleitete wissenschaftlich die Durchführung von zwei CLIL-Modulen im Fächerverbund ‘Mensch, Natur und Kultur’, in dem ‘Bildende Kunst’ untergebracht ist. Auch wenn sie Grenzen des bilingualen Lernens für Sprachanfänger der zweiten und dritten Primarschulklasse in Verbindung mit dem Vermitteln von anspruchsvollen Inhalten beschreibt, ergaben sich bei ihrer qualitativen Untersuchung eine Reihe von positiven Erkenntnissen. So konnten die Lernenden dem Unterricht auf Englisch gut folgen und waren motiviert als auch bemüht trotz limitierenden Sprachkompetenzen aktiv am Unterricht teilzunehmen – auch wenn teilweise der Austausch in der Schulsprache passierte. Zudem konnte sie beobachten, dass vielseitiges implizites Sprachlernen stattfand und dass die Lernenden Strategien anwendeten, um Verständnisschwierigkeiten zu umgehen (Bechler 2014, S. 238).

Auch Rymarczyk (2003) kommt zu ähnlichen Resultaten. Sie macht ebenfalls die kontextreiche Lernumgebung frei von Druck dafür verantwortlich, dass Lernende anfänglich zeigend, unterstützt mit minimalen verbalen Äusserungen aktiv am Unterricht teilnehmen und nach kurzer Zeit auch längere Redebeiträge produzieren konnten (Rymarczyk 2003, S. 269–70). Diese Erkenntnis resultiert aus ihrer Untersuchung mit Sprachanfängern der 6. Gymnasiumklasse (entspricht der 6. Primarstufe in der Schweiz), welche erst seit eineinhalb Jahren den Englischunterricht besuchten. Zudem gelingt es im bilingualen Kunstunterricht die Diskrepanz zwischen den sachfachlichen und fremdsprachlichen Kompetenzen der Lernenden zu überwinden. Folglich braucht es bei dieser Art von CLIL-Unterricht weniger explizite Spracharbeit und Rückgriffe auf die Schulsprache können weitgehend vermieden werden. (Rymarczyk 2003, S. 158)

Ferner zeigt die Unterrichtsreihe von Knorr und Teske (2010), dass im bilingualen Kunstunterricht ausgehend von alltagssprachlichen Reaktionen zu einem Kunstwerk ein vertieftes Ergründen des Lerngegenstandes stattfinden und schliesslich ein erweitertes, fachspezifisches Sprachhandlungsrepertoire aufgebaut werden konnte. Die beiden Autorinnen schlussfolgern, dass eine solche Verschmelzung von alltags- und fachsprachlichen Anteilen in geeigneten «sprachkünstlerischen» Lernaufgaben gewinnbringend eingesetzt werden kann. Insgesamt können auf diese Weise im CLIL-Unterricht die rezeptiven als auch produktiven Sprachkompetenzen vielseitig gefördert werden. (Knorr & Teske 2010, S. 153)

Neben den positiven Auswirkungen des bilingualen BG-Unterrichts auf das fremdsprachliche Lernen, dokumentiert die Untersuchung von Witzigmann (2011) den erfolgreichen sachfachlichen Kompetenzaufbau. In ihrer Studie, die Kunst- und Zeichnungsunterricht in französischer Sprache mit Schüler*innen der 5. Realschulklasse (was der 5. Primarschulstufe in der Schweiz entspricht) durchführte, konnten die inhaltlichen Anforderungen aus dem Lehrplan trotz geringen Französisch Kenntnissen der Schüler*innen erfolgreich erreicht werden. Wiederum werden dafür die hohe Anschaulichkeit, Handlungsorientierung und Ganzheitlichkeit der Lerninhalte verantwortlich gemacht (Witzigmann 2011, S. 334). Zudem geben die Lernenden in Interviews bekannt, dass sie aufgrund der fremden Sprache kognitiv mehr gefordert waren, besser zuhören oder auch nachfragen mussten und so auch mehr zum Denken angeregt wurden. Insgesamt erscheint den Lernenden diese Unterrichtsform weniger langweilig, was wiederum zu mehr Lernzuwachs führt. (Witzigmann 2011, S. 148)

2.5.2 Anschaulichkeit

Wie die soeben dargelegten empirischen Befunde zeigen, gilt die Anschaulichkeit als ein wichtiges Kriterium bei der Wahl des am CLIL-Unterrichts beteiligten Sachfaches (Heim 2015, S. 44). BG zeichnet sich naturgemäss durch eine hohe Anschaulichkeit aus. Wie bereits erwähnt, lernen gerade Kinder Sprachen ganzheitlich und multisensorisch, indem sie Lerngegenstände authentisch und lebensnah erfahren können. Dieser Anspruch kann im BG vollumfänglich erfüllt werden. Dank den visuellen Informationen werden lange Beschreibungen überflüssig, stattdessen gelingt eine genuine Kommunikation mit Gestik und zeigend mittels deiktischen Aussagen (This here., I like that one., …), so dass unbekannte Wörter durch Verweise substituiert werden können (Rymarczyk 2003, S. 113, 186). Sprachanfänger durchlaufen oft eine silent period, in der sie rezeptiv Sprache aufnehmen, sich jedoch noch nicht produktiv in der Fremdsprache äussern können oder wollen. Solche Kinder können sich kreativ unter Verwendung der Bildsprache ausdrücken und beteiligen sich auf diese Weise auch ohne fremdsprachliche Interaktion aktiv am Unterrichtsgeschehen. Die natürliche Relevanz der visuellen Medien erleichtert jedoch nicht nur die Sprachproduktion, sondern auch die Rezeption. Neuer Wortschatz kann mit Verweis auf den konkreten Gegenstand oder ein Bild semantisch schnell erschlossen werden (Rymarczyk 2003, S. 185; Bechler 2014, S. 240).

2.5.3 Handlungsorientierung

Neben der Anschaulichkeit bietet der BG-Unterricht auch eine hohe Handlungsorientierung. Diese wird nicht nur als besonders lernfördernd für den Unterricht mit Kindern allgemein angesehen, sondern gilt ganz besonders bedeutsam für den CLIL-Unterricht (Massler & Ioannou-Georgiou 2010, S. 69). Der Tastsinn wird oft als «Ursprung aller Empfindungen» betrachtet, mit welchem die Kinder die Dinge er-greifen und so die Welt be-greifen (Gall 2016, S. 136). Allgemein ist bekannt, dass ein Grossteil der Schülerschaft der Gruppe der praktisch-anschaulichen Lerntypen zugehört (Klippert 2010, S. 54). Diese Erkenntnisse haben bereits renommiere Reformpädagogen wie Montessori oder Freinet erkannt und konsequent in ihre Pädagogik integriert (Gehring 2017, S. 19). Dass der Fachbereich BG eine besondere Affinität zur Handlungsorientierung hat, muss nicht weiter begründet werden. Doch auch der moderne Fremdsprachenunterricht orientiert sich einer handlungsorientierten Didaktik, die über den kommunikativen Ansatz hinaus die Anwendung der gelernten Sprache aktiv und selbstgesteuert im Hier und Jetzt beim Bewältigen von Lernaufgaben fordert (Chesini & Klee 2017, S. 1; Eisenmann 2019, S. 68; Europarat 2001, S. 22). Handlungsorientierung und Lernaufgaben gehen somit miteinander einher. Diese sind in einer reichen Lernumgebung verankert und lassen sich daher optimal im kontextreichen CLIL-Unterricht verwirklichen (Rüschoff 2015, S. 353). Dies bewahrheitet sich ganz speziell für den bilingualen BG-Unterricht, wo der Anspruch nach diesen grundlegenden Bedürfnissen des haptischen, handlungsorientierten und aktiven CLIL-Lernens besonders gut nachgekommen werden kann und dessen positiven Auswirkungen auf den dualen Kompetenzaufbau vielfach belegt sind (vgl. Bechler 2014; Witzigmann 2011; Rymarczyk 2003). Abschliessend an dieser Stelle ein Zitat von Vygotsky, der lange vor der Verbreitung des Begriffs ‘Handlungsorientierung’ die symbiotische Beziehung von Sprache und Handlung erkannte: «Children solve practical tasks with the help of their speech, as well with their eyes and hands.» (Vygotsky 1978, S. 35).

2.5.4 Visual literacy und Bildkompetenz

Bilder sind im BG naturgemäss ein genuiner Bestandteil des Unterrichts. Der Begriff ‘Bilder’ umspannt jegliche zweidimensionale bewegte oder unbewegte Abbildungen im Zusammenhang mit Kunst oder aus dem Alltag, Videos oder andere Animationen; sowie dreidimensionale Werke aus der Architektur, Plastik oder Performance und schliesslich auch Abläufe oder Erinnerungsbilder (D-EDK 2014 BG, Didaktische Hinweise; Schoppe 2015, S. 8). Auch im Fremdsprachenunterricht werden Bilder seit geraumer Zeit als Gesprächsanlass oder zur Veranschaulichung zum Beispiel durch Lehrwerke in den Unterricht eingespeist und erfüllen dabei unterschiedliche illustrative, semantische, repräsentative, instruktive oder bildästhetische Funktionen (Hallet 2015, S. 33–38). In beiden Fächer BG und Englisch ermöglichen Bilder somit nicht nur das sachfachliche und sprachliche Lernen, sondern fördern in den letzten Jahren auch vermehrt die Auseinandersetzung mit bildlichen Materialien als solches. Die Förderung dieser ‘visuellen Kompetenz’ im Zeitalter der bildbasierten Technologien ist ein zentrales Anliegen, das über den BG-Unterricht hinaus in verschiedenen Fächern adressiert werden muss (Rymarczyk 2015, S. 184; Schoppe 2015, S. 26). «It has become vital that 21st century students, as learners and global citizens, transcend from passive receivers of visual messages in media to active deconstructionist of visual grammar given the exploding technological advances in multimedia.» (Lundy & Stephens 2015, S. 1058)

 

Im anglosächsischen Raum ist der Begriff ‘visual literacy’ verbreitet. Obschon dafür verschiedene Definitionen vorliegen, wird heute damit hauptsächlich die Kompetenz gemeint, visuelle Botschaften zu lesen, zu interpretieren und zu verfassen. «Visual literacy can be defined as a set of abilities that enables an individual to effectively find, interpret, evaluate, use, and create images and visual media.» (Lundy & Stephens 2015, S. 1058) Visual literacy umschliesst somit rezeptive als auch produktive Komponenten im Umgang mit Bildern (Schröder 2015, S. 24–25; Hecke & Surkamp 2010, S. 15). Als Synonym wird im deutschen Sprachraum dafür der Begriff ‘Bildkompetenz’ verwendet und meint ebenfalls, dass sich Lernende nicht nur auf der rezeptiven und produktiven Ebene mit Bildern befassen, sondern auch über diese reflektieren und darüber kommunizieren. «Unter Bildkompetenz sind Fertigkeiten, Fähigkeiten, Kenntnisse und Haltungen zu verstehen, die es Schülerinnen und Schüler ermöglichen, sich in einer von Bildern geprägten Umwelt zu orientieren.» (D-EDK 2014 BG, Didaktische Hinweise)

In der Fusion von BG und Englisch funktioniert die Förderung von Bildkompetenz oder visual literacy optimal: Einerseits braucht es Bilder in Form von Visualisierungen, um Inhalte in der Fremdsprache zu vermitteln. Gleichzeitig schaffen Bilder Anreize sie zu beschreiben oder zu kommentieren (Grundy, Bociek & Parker 2011, S. 10). Sprache evoziert visuelle kognitive Effekte, Bilder ebenso verbale. Kognitionswissenschaftler gehen davon aus, dass diese reellen und verbalen Bilder im gleichen Gehirnareal angelegt sind und sich somit wirkmächtig beeinflussen (Seidl 2007, S. 2–3). Jeder Mensch reagiert – bewusst oder unbewusst – konstant auf visuelle Eindrücke. In dem Sinne sind alle visual literate. Die wahre Kunst liegt nun darin, dieses enorme Potential an Eindrücken und Urteile über Bilder in Sprache – für den CLIL-Unterricht in Fremdsprache – umzuwandeln (Seidl 2007, S. 7). Leisen (2005, S. 10) spricht in diesem Zusammenhang auch vom Wechsel der Darstellungsformen, der den Lernenden erlaubt die Inhalte in unterschiedliche Abstraktionsebenen zu transferieren. Die verschiedenen Ebenen – von gegenständlichen Handlungen, über bildliche Darstellungen, hin zur sprachlichen Verarbeitung – werden im BG genuin integriert. Damit Versprachlichung dieser visuellen Eindrücke im CLIL-Unterricht gelingen kann, müssen die Schüler*innen mit dem methodischen Vorgehen bei Bildbeschreibungen vertraut gemacht und mit entsprechendem Scaffolding begleitet werden (vgl. IDEA-Methode im Kapitel 3.6.1) (O. Meyer 2010a, S. 14).

2.5.5 Natürliches Lernsetting mit hohem Lebensweltbezug

Neben der eigentlichen kreativen Arbeit benötigen die Lernenden im BG ausreichend rezeptive und produktive Sprachkompetenzen. Zum Beispiel müssen Lernende Arbeitsanweisungen verstehen; Materialien, Verfahren, Werkzeuge oder weitere Hilfsmittel benennen; Werke beschreiben sowie Eindrücke und Erfahrungen schildern. Viele dieser Redemittel in Form von Wörtern oder chunks (z. B. scissors, brush, pens, colours and shapes, prepositions aber auch Strukturen wie: There is / are…, I can see.., etc.), werden im frühen Englischunterricht eingeführt. Beim Integrieren dieser sprachlichen Mittel in den BG-Unterricht gewinnen sie an grosser Bedeutung, da sie in authentischen Situationen angewendet werden (Heim 2013, S. 65). Die Lernenden erleben den bilingualen BG-Unterricht als ein authentisches Lernsetting, in dem lebensnaher Wortschatz und alltägliche Strukturen verwendet werden können. Dies gilt insbesondere für einen ‘English as foreign language’ Lernkontext, wie die Schweiz, wo die Lernenden der Fremdsprache ausserhalb der Schule nur unregelmässig begegnen: «When there are no ‘streets’ around the school in which the language could be picked up, one may try to convert school life, or parts of it, into a naturalistic environment (…)» (Dalton-Puffer 2007, S. 2). Der CLIL-Unterricht mit BG, im Gegensatz zu abstrakteren oder mehr textbasierten Fächern, schafft eine optimale Basis für diesen Anspruch an eine natürliche, fremdsprachliche Lernumgebung.

2.5.6 Authentische Lern- und Lehrmaterialien

Die hohe Aktivierung des visuellen und haptischen Sinneskanals erfüllt auch den Anspruch an gute Lehr- und Lernmaterialien die bedeutungsvolles Lernen im CLIL-Unterricht durch «cooperative learning, visualisation and hands-on activities» fördern (Mehisto 2012, S. 25). Die Tatsache, dass unterschiedliche Bildmaterialien oder Realien mit hohem Lebensweltbezug in dieser Fächerfusion als Lern- und Lehrmaterialien fungieren, ist umso bemerkenswerter, da für den CLIL-Unterricht allgemein zurzeit erst spärlich geeignete Lehrmittel vorhanden sind (Massler & Stotz 2013, S. 4). Dieser Umstand wird als eine erhebliche Erschwernis für die Umsetzung von CLIL-Unterricht ganz allgemein angesehen. Der bilinguale BG-Unterricht ist jedoch von diesem Lehrmittelmangel kaum betroffen, da auch der herkömmliche BG-Unterricht meist unabhängig von bestimmten vorgegebenen Lehr- und Lernmaterialien stattfindet.

Auch für den Englischunterricht wird aus fremdsprachendidaktischer Sicht der vermehrte Einsatz von authentischen Materialien ausdrücklich gewünscht. Jedoch ist dieser Anspruch schwierig umzusetzen, weil deren sprachlichen und inhaltlichen Anforderungsniveaus oft zu stark divergieren. Daher sind authentische Materialien oft entweder sprachlich zu anspruchsvoll oder inhaltlich zu wenig gehaltvoll. Während demnach der Einsatz von authentischen Materialien in anderen CLIL-Settings, vor allem in der Kombination mit textbasierten Fächern, schwierig umsetzbar ist, gelingt dies folglich im bilingualen BG auf natürliche Weise. Denn die kognitiven und emotionalen Interessen der Schüler*innen können mit interessanten, authentischen «Bildtexten» abgeholt werden ohne sie sprachlich zu über- oder unterfordern (Rymarczyk 2013, S. 266).

2.5.7 Medienkompetenz

Daran anknüpfend und aufgrund der Allgegenwärtigkeit bildreicher Technologien eignen sich diese Materialien auch um die Medienkompetenz zu fördern. Das Medium Internet oder Film zum Beispiel vereint Bildkunst oder Bildsprache mit Text. Mit dem Einbezug von englischen Filmen könnte man sich im CLIL-Unterricht diese symbiotische Beziehung von Fremdsprache und Bilder zu Nutzen machen kann (Abendroth-Timmer et al. 2004, S. 20). Der neue Deutschschweizer Lehrplan 21 setzt hier an und unterstreicht, dass die Anwendung der Medienkompetenz in die verschiedenen Fachbereiche integriert werden soll und erklärt, dass neben Sachwissen über Medien auch pädagogische Aspekte ihre Wichtigkeit haben, «mit denen Identitätsbildung, Kreativität, Wahrnehmungs- und Ausdrucksfähigkeit gefördert und ethische Überlegungen angeregt werden.» (D-EDK 2014 Medien und Informatik, Didaktische Hinweise). Die Einsicht in die Tatsache, dass bewegte oder unbewegte Bilder immer einen bewussten Ausschnitt der Wirklichkeit darstellen und vom Bildproduzenten zu einem bestimmten Zweck eingesetzt werden, ist somit nicht nur ein wichtiges Anliegen der Medienkompetenz, sondern ist ebenfalls – wie bereits angesprochen – eine zentrale Grundlage für die Ausbildung der Bildkompetenz oder visual literacy (Hecke & Surkamp 2010, S. 17).

2.5.8 Kulturelles Lernen

In beiden Fächern wird die Auseinandersetzung mit Kulturen und die Förderung des kulturellen Lernens im Lehrplan prominent ausgewiesen. Im BG wird verlangt, dass die «Schüler*innen exemplarische Kunstwerke aus verschiedenen Kulturen kennen» und «Symbole, Kompositionen und Ausdruck in Kunstwerken aus verschiedenen Kulturen sowie in Bildern aus dem Alltag untersuchen und beschreiben können» (D-EDK 2014 Bildnerisches Gestalten, Kontexte und Orientierung). Im Fachbereich Englisch wird der Thematik ein eigener Kompetenzbereich namens ‘Kulturen im Fokus’ gewidmet, der in die drei Handlungs- und Themenaspekte ‘Kenntnisse’, ‘Haltungen’ und ‘Handlungen’ gegliedert ist. Einerseits sollen die Lernenden «einige Kulturerzeugnisse, sowie Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen des eigenen und des englischsprachigen Kulturraums kennen», weiter sollen sie «ihre Eindrücke und Haltung gegenüber fremden Sprachen und Kulturen sowie in Bezug auf Kontakte mit dem englischsprachigen Kulturraum beschreiben» und schliesslich sollen sie «mit englischsprachigen Menschen und Erzeugnissen des englischsprachigen Kulturraums virtuell oder real in Kontakt treten und dadurch Bekanntschaft mit deren Kulturen machen» (D-EDK 2014 Englisch, Kulturen im Fokus).

Für die Fächerfusion Englisch und BG könnten mit diesen Anliegen aus beiden Lehrplänen optimal Synergien genutzt werden. Das würde bedeuten, dass Bilder, Kunstschaffende oder andere Erzeugnisse aus dem hauptsächlich angelsächsischen, oder auch internationalen, Raum Anstoss für das kulturelle Lernen im CLIL-Unterricht sein könnten. Ein Zusammenzug aus den beiden Lehrplänen Englisch und BG könnte in folgenden drei kulturellen CLIL-Kompetenzbeschreibungen resultieren:

1 Kenntnisse: Die Lernenden kennen einige exemplarische Kunsterzeugnisse aus dem englischsprachigen Kulturraum, indem sie sie beobachten, untersuchen und beschreiben.

2 Haltungen: Die Lernenden drücken ihre Eindrücke und Haltungen gegenüber Kunsterzeugnissen aus dem englischsprachigen Raum aus.

3 Handlungen: Die Lernenden begegnen Kunsterzeugnissen und Kunstschaffenden aus dem englischsprachigen Kulturraum, machen Bekanntschaft mit deren Kulturen und vergleichen Gemeinsamkeiten und Unterschiede mit ihren eigenen Bildern oder Erfahrungen.

Diese drei neu konzipierten übergeordneten Kompetenzbeschreibungen für den CLIL-Unterricht, die sich aus Gründen der Übersicht an der Struktur des englischen Lehrplans orientieren, lassen sich anhand von gut gewählten authentischen Materialien aus verschiedenen, aber insbesondere englischsprachigen1 Kulturräumen ideal umsetzen.

Diese Stossrichtung unterstützt auch Rymarczyk (2003), die sich intensiv mit bilingualem BG-Unterricht beschäftigt hat. Sie schlägt drei konkrete Umsetzungsweisen vor, die sich mit den drei obigen Kompetenzbeschreibungen gut vereinen lassen. Erstens gelingt ihrer Ansicht nach kulturelles Lernen über die Thematik der Bildinhalte, welche relevante Themen der Zielkultur aufgreifen. Als Beispiel passt dazu eine kürzlich besuchte Lektionsreihe von bilingualem BG-Unterricht zum Thema Briefmarken und deren Thematisierung, dass im angelsächsischen Raum auf der Briefmarke immer die jeweils amtierenden Monarch*innen abgebildet sind. Zweitens kann kulturelles Lernen über die Zugehörigkeit der Kunstschaffenden an eine bestimmte Zielkultur oder dafür typische Stilrichtung erreicht werden. Dies kann zum Beispiel mit einer Auseinandersetzung mit der britischen und US-amerikanischen Pop-Art Bewegung der 1960er Jahren mit prominenten Vertretern wie Peter Blake, Andy Warhol oder Roy Liechtenstein erreicht werden. Drittens kann kulturelles Wissen auch im ‘fremden Raum’ erworben werden. Dies geschieht im Rahmen von Museumsbesuchen oder entsprechend gestaltetem Unterricht mit Filmmaterial, um Unterschiede oder Gemeinsamkeiten in Kunstobjekten oder in Stilrichtungen zu benennen (Rymarczyk 2013, S. 269). Dazu passen zum Beispiel die diverseren Angebote von Schweizer Museen, die Kunstführungen auf Englisch für Primarschulen anbieten (z. B. Kunstmuseum Luzern).

Kultur materialisiert sich in Bildern und anderen Kunstobjektiven und wird dadurch wahrnehmbar (Bering et al. 2013, S. 15). Gleichzeitig ist der Einsatz von Bildern im Zusammenhang mit der Förderung kultureller Kompetenzen nicht ganz unproblematisch. Beim Betrachten von Bildern wird unsere visuelle Wahrnehmung stets von unseren individuellen Erfahrungen und sogenannten kulturellen Codes bestimmt. Diese beeinflussen unsere Bedeutungszuschreibung massgeblich mit (Hallet 2015, S. 41). Erschwerend kommt hinzu, dass Bilder nicht nur von der Kultur des Bildbetrachters geprägt sind, sondern auch von jener des Bildproduzenten. Somit braucht es von den Lernenden die Fähigkeit Perspektiven der eigenen und fremden Kulturen zu erkennen, zu vergleichen und sie für das kulturelle Verständnis zu wechseln (Seidl 2007, S. 6). Wie vertraut oder fremd Bilder sind und somit die Fähigkeit Bilder zu verstehen, hängt von dem eigenen kulturellen und individuellen Hintergrund ab – in einer Klasse mit verschiedenen Lernenden divergieren diese Hintergründe entsprechend. Von der Lehrperson wird somit ein verantwortungsbewusster Umgang mit Bildern gefordert, um den Lernenden die in Bildern repräsentierte kulturellen «Wirklichkeiten» visuell und sprachlich zugänglich zu machen (Hallet 2015, S. 51–52) – dieses Anliegen deckt sich mit jenem der Förderung der visual literacy oder Bildkompetenz. Wenn das gelingt, wird kulturelles Lernen im CLIL-Unterricht in Verbindung mit Kunst selbst von den Lernenden als Bereicherung wahrgenommen, wie Witzigmann in ihrer Studie nachweisen konnte. Dies weil die befragten Schüler*innen realisierten, dass sie auch zielkulturelle Inhalte kennenlernten (Witzigmann 2011, S. 246–47).