CLIL in der Fächerfusion Englisch und Bildnerisches Gestalten in heterogenen Primarschulklassen

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1.3 Aufbau der Arbeit

Aus den vorangegangenen Überlegungen ergibt sich der folgende strukturelle Aufbau der Arbeit. Der theoretische Teil 1 der Arbeit, bestehend aus den Hauptkapiteln 2 bis 4, hat zum Ziel den nötigen theoretischen Rahmen für die Planung und Umsetzung CLIL-Module zu konstruieren. In einem ersten Schritt werden deshalb der Terminus CLIL genau definiert, bevor dieses Unterrichtskonzept schrittweise in den für die vorliegenden Studie relevanten Kontext der Primarschule, dann in Bezug auf die Heterogenität und dessen Eignung für die Fächerfusion Englisch und Bildnerisches Gestalten eingebettet wird. Das nachfolgende Hauptkapitel 3 beleuchtet alle relevanten methodisch-didaktischen Aspekte, angefangen mit der Darlegung was eine CLIL-Didaktik ausmacht, über die Wichtigkeit des aufgabenorientierten CLIL-Unterrichts, bis hin zu theoriebasierten Erkenntnissen von geeigneten Lernaufgaben für diese Fächerfusion. Das Hauptkapitel schliesst mit methodisch-didaktischen Überlegungen zum Umgang mit Heterogenität und bespricht verschiedenartige Scaffolding geeignet für den CLIL-Unterricht. Im Hauptkapitel 4 werden das Vorgehen zur Aufgabenentwicklung und Implementierung dargelegt, wichtige forschungsmethodische Voraussetzungen erarbeitet und schliesslich auch die Forschungsfragen hergeleitet. Dieses Hauptkapitel bildet somit den Übergang von der Darlegung der theoretischen Konzepte hin zur Umsetzung der empirischen Untersuchung. Der empirische Teil 2 der Arbeit besteht aus den Hauptkapiteln 5 bis 7. Im Hauptkapitel 5 wird dementsprechend die gesamte empirische Studie vorgestellt. Dort werden alle Forschungsmethoden und Instrumente für die Datensammlung als auch für die Auswertung begründet aufgezeigt. Im umfassenden Hauptkapitel 6 werden die Ergebnisse sortiert nach Forschungsfragen präsentiert. Jede Forschungsfrage wird dabei im Rahmen eines Fazits bereits tentativ beantwortet. Diese dargelegten Erkenntnisse und Ergebnisse werden schliesslich im Hauptkapitel 7 aus verschiedenen Perspektiven diskutiert und in einen grösseren Zusammenhang gestellt. Ebenfalls werden da die Forschungsfragen final beantwortet, bevor die Arbeit auf einige Limitationen dieser Studie aufmerksam macht und mit einem Ausblick sowie einem persönlichen Fazit endet.

Teil 1: Der theoretische Teil

2 CLIL für die Fächerfusion Englisch und Bildnerisches Gestalten

Im ersten Teil dieses Kapitels werden die Begrifflichkeiten rund um CLIL für den Rahmen der vorliegenden Arbeit definiert und eingegrenzt. In einem nächsten Schritt werden die Gründe für das Unterrichtskonzept CLIL in Bezug auf das fremdsprachliche, sachfachliche und kulturelle Lernen aus allgemeiner Perspektive beleuchtet, bevor CLIL in den für diese Untersuchung relevanten Kontext der Schweizer Primarschule eingebettet wird. In einem nächsten Kapitel wird CLIL im Zusammenhang mit Heterogenität gebracht, indem Gelingensbedingungen für das differenzierte und individuelle Lernen aufgezeigt werden. Abschliessend wird begründet, wieso sich das Fach Bildnerisches Gestalten besonders für CLIL eignet und welche Symbiosen sich dabei in Bezug auf das duale Lernen ergeben. Ebenfalls ist es Ziel dieses zweiten Hauptkapitels wertvolle Einblicke in den aktuellen Forschungsstand rund um den bilingualen Unterricht im Hinblick auf die spezifischen Rahmenbedingungen des vorliegenden Forschungskontexts zu geben, um dadurch auf wichtige Forschungslücken hinzuweisen. Ein Zwischenfazit mit empirieorientierten Überlegungen beendet dieses Hauptkapitel.

2.1 Begriffsklärung rund um CLIL

Das Akronym CLIL steht für ‘Content and Language Integrated Learning’ und beschreibt «a dual-focussed educational approach in which an additional language is used for the learning and teaching of both content and language.» (Mehisto et al. 2008, S. 9). Solche Lerneinheiten werden als sehr effektiv eingestuft, da sie dank ihrer doppelten Ausrichtung sowohl den Aufbau von Sachfachwissen als auch fremdsprachlichen Kompetenzen fördern. In dem Sinne wird darunter eine Fusion von Fachbereichen verstanden, die bisweilen völlig getrennt unterrichtet wurden (Mehisto et al. 2008, S. 7; Wolff & Sudhoff 2015, S. 29). Es handelt sich dabei um kein neues Unterrichtskonzept. In verschiedenen Epochen der Vergangenheit, angefangen vor 2000 Jahren im Römischen Reich über die adeligen und später bürgerlichen Familien im 18. Jahrhundert bis hin zur modernen globalisierten Welt des 21. Jahrhunderts, wurden Sachinhalte in einer fremden Sprache unterrichtet, um den Lernenden auf sozialer und professioneller Ebene Aufstiegsmöglichkeiten zu bieten (Wolff 2016, S. 24; Coyle et al. 2010, S. 2). Das Konzept ist alt, der Terminus CLIL hingegen relativ jung. Er wurde 1994 in Europa geprägt und bezeichnet in diesem Setting «a general term to designate different types of bilingual or immersion education» (European Commission 2012, S. 137). Diese weitgefasste Definition verdeutlicht, dass CLIL als ein Sammelbegriff (umbrella term) mit facettenreichen Ausrichtungen für verschiedene zweisprachige Unterrichtskonzepte verwendet wird. In der Literatur führt dies oft zu einer terminologischen Ungenauigkeit und erschwert den Diskurs. Daher ist es an dieser Stelle wichtig, die für diese Arbeit zentralen Begrifflichkeiten klar zu definieren.

Der in der obigen Definition verwendete Begriff ‘Immersion’ passt für die in dieser Forschungsarbeit untersuchten Unterrichtssettings nicht. Immersiver Unterricht findet vorwiegend in einer Sprache statt, der die Lernenden auch im ausserschulischen Kontext regelmässig begegnen (Lasagabaster & Sierra 2010, S. 370). Dies sind typischerweise Settings, in denen Zweitsprachen weit verbreitet sind, wie zum Beispiel in Kanada (Diehr 2012, S. 16) oder im Schweizer Kontext entlang der Sprachgrenzen. Ebenfalls für fremdsprachige Migrationskinder, die dem Unterricht in der Landessprache folgen, ist es zutreffend, von immersiven Unterricht zu sprechen. Ist diese Voraussetzung gegeben, ist ein eigentliches ‘Eintauchen’ in die Sprache (englisch: immerse) innerhalb als auch ausserhalb des Unterrichts auch wirklich möglich. Zudem wird im Immersionsunterricht die Zielsprache als Medium im Gebrauch gelernt, das Sprachenlernen passiert somit weitgehend ungesteuert und ist nicht eigentlicher Gegenstand des Unterrichts (Wolff & Sudhoff 2015, S. 16; Wolff 2013, S. 20). Entgegen dieser Definition, wird im deutschen Kontext manchmal auch dann von (partieller) Immersion gesprochen, wenn bestimmte Schulfächer während der gesamten Schulzeit zu einem Anteil von mehr als 50 % in der Fremdsprache unterrichtet werden. In diesem Kontext wird CLIL als Oberbegriff für ein Kontinuum von solchen Immersionsprogrammen mit partiellen Eintauchen bis hin zu sporadisch angebotenen CLIL-Modulen verstanden (Massler & Burmeister 2010, S. 7). Der Immersionsbegriff deckt sich in dieser Auslegung mit dem was andere Autoren als ‘hard CLIL’ bezeichnen. Damit ist gemeint, dass die Fremdsprache in einem oder mehreren Fächern vollumfänglich für die Vermittlung von sachfachlichen Inhalten über mehrere Jahre verwendet wird. Im Gegensatz dazu steht ‘soft CLIL’ und verweist auf mehr sporadische, kurzfristigere Lernangebote, in denen für eine bestimmte Zeit die Fremdsprache und das Sachfachlernen kombiniert werden (P. Ball et al. 2015, S. 6).

Während im europäischen Kontext als auch in der Schweiz hauptsächlich der englischsprachige Terminus CLIL verwendet wird, ist in Deutschland mehrheitlich von ‘bilingualer (Sachfach-)Unterricht’ die Rede (Wolff & Sudhoff 2015, S. 14). Die Begrifflichkeit ‘bilingual’ ist etwas irreführend und könnte zu verstehen geben, dass innerhalb eines Faches die Inhalte zu gleichwertigen Anteilen in der Schul- und Fremdsprache unterrichtet werden und innerhalb von Lektionen ein konstantes Code-Switching vorherrscht. Dem ist jedoch nicht so, sondern die Zweisprachigkeit bezieht sich auf die gesamten Unterrichtzeit über mehrere Schuljahre hinweg, in welcher das bestimmte Fach in beiden Sprachen unterrichtet wird (Badertscher & Bieri 2009, S. 11; Diehr 2012, S. 16). Der Begriff ‘bilingual’ passt auch deshalb, weil die Lehrpersonen in diesem Unterrichtssetting eine Lehrbefähigung für das Sach- und Fremdsprachenfach ausweisen. Aufgrund ihrer Sprachkenntnisse sind sie folglich in der Lage, den Unterricht in der Fremd- als auch in der Schulsprache zu erteilen – was über die gesamte Schulzeit hinweg auch geschieht (Diehr 2012, S. 21). Auf den Punkt gebracht meint ‘bilingualem Unterricht’ demnach, dass ein Sachfach «weitgehend einsprachig in der Fremdsprache geführt wird.» (Diehr 2012, S. 18). In diesem Sinne kann bilingualer Unterricht als eine Form von CLIL betrachtet werden, weil auch in ihm, neben weiteren übergeordneten Zielen, das Lernen von fremdsprachlichen und sachfachlichen Inhalten im Vordergrund steht (Bonnet und Breidbach 2013, S. 26).

In der vorliegenden Arbeit werden die Begriffe ‘CLIL’ und ‘bilingualer Unterricht’ somit als Synonyme verwendet – wie es in der Literatur von vielen Experten auch vorgeschlagen wird (vgl. Wolff 2016, S. 22–23). Beide beziehen sich gemäss diesem Verständnis auf eine echte Integration von sachfachlichem und fremdsprachlichem Lernen. Das Unterrichtskonzept ‘Immersion’ wird hingegen in vorliegender Arbeit als nicht gleichbedeutend betrachtet, weil im Immersionsunterricht die Sprache ausschliesslich als Vermittlerin und nicht als eigentlicher Lerngegenstand betrachtet wird (Wolff 2013, S. 20). Der Begriff ‘Immersion’ wird deshalb im Rahmen dieser Arbeit nur dann verwendet, wenn es sich tatsächlich um ein echtes Eintauchen handelt und der Fremdsprache keine explizite Beachtung geschenkt wird. Diese Unterscheidung ist wichtig, da einige der nachfolgend erwähnten Studien in einem immersiven Kontext durchgeführt wurden und so deren Ergebnisse nur mit der nötigen Vorsicht auf den vorliegenden CLIL-Kontext übertragen werden können.

 

CLIL kann ferner auch im Hinblick auf dessen eher sprachliche oder inhaltliche Ausrichtung eingeteilt werden (vgl. Abbildung 1). Demzufolge bezeichnet die Variante A ‘CLIL im Sachfachunterricht’ jene Unterrichtsform, bei der die Fremdsprache in den Sachfachunterricht exportiert wird. Ausgangspunkt für das Lernen sind die sachfachlichen Ziele. Bei der Variante B ‘CLIL im Fremdsprachenunterricht’ reichern relevante fachübergreifende Inhalte den Englischunterricht an. Die Ziele des Fremdsprachenunterrichts sind Ausgangspunkt des Lernens. Die Variante C ‘CLIL im CLIL-Unterricht’ ist weder ein Export der Fremdsprache in andere Fächer noch ein Import von sachfachlichen Inhalten in den Fremdsprachenunterricht, sondern wird als echte Integration von Inhalt und Fremdsprache verstanden. Infolgedessen müssten Lernziele und -inhalte beider Fächer integrativ bei der Planung und Umsetzung von Unterricht berücksichtigt werden (Massler & Stotz 2013, S. 8–11).


Variante A: CLIL im Sachfachunterricht Variante B: CLIL im Englischunterricht Variante C: CLIL im CLIL-Unterricht
Sachunterricht, der in der Fremdsprache geführt wird; die Ziele des Sachfaches sind leitend Englischunterricht, in dem sachfachliche Inhalte thematisiert werden; die fremdsprachlichen Lehrplan-Ziele sind leitend Integrierter Unterricht; Lernziele und Lerninhalte beider Fächer sind leitend

Abbildung 1:

Unterschiedliche CLIL-Realisierungsformen (Massler & Stotz 2013, S. 12)

Gemäss obigen Definitionen – und wie nachfolgenden Kapiteln noch genauer begründet wird – stehen in vorliegenden Untersuchung CLIL-Module im Zentrum, in denen während einiger Wochen im Schuljahr die Fächer Englisch und Bildnerisches Gestalten integriert unterrichtet werden mit dem Ziel die fremdsprachlichen als auch die fachspezifischen Kompetenzen der Lernenden weiterzuentwickeln. Diese bilingualen Module können auch als ‘soft CLIL’ bezeichnet werden und streben im Sinne der CLIL-Variante C eine echte Fusion der beiden Fachbereiche an.

Was all die verschiedenen CLIL-Settings trotz ihrer unterschiedlichen Bezeichnungen, Ausprägungen und Anwendungsbereichen verbindet, ist ihre konsequente Betrachtung der Fremdsprache als Lerngegenstand und als Kommunikationsmittel. Ausserdem, weil bilingualer Unterricht oft als Ergänzung zum herkömmlichen Fremdsprachenunterricht angeboten wird, ermöglicht dessen Einsatz für die Lernenden meist eine Erhöhung der Kontaktzeit mit der Zielsprache (Elsner & Kessler 2013, S. 17). Dies führt zu einer Reihe von Vorteilen, die im nächsten Kapitel aufgezeigt werden.

2.2 Gründe für CLIL

In den letzten zwanzig Jahren hat das Interesse an CLIL stark zugenommen und ist in verschiedensten Ausprägungsformen in den Schulsystemen in ganz Europa anzutreffen. Für die grosse Verbreitung von CLIL in Europa ist mitunter auch die ambitionierte europäische Sprachenpolitik mitverantwortlich, welche sich aufgrund der zugenommenen Mobilität, verstärkter Zusammenarbeit aber auch erhöhter Wettbewerbsfähigkeit die Förderung der individuellen Mehrsprachigkeit zum Ziel steckte. Konkret bedeutet das, dass alle Primarschulkinder in Europa neben der Erstsprache zwei weitere moderne Fremdsprachen lernen sollen (European Union 2008, S. 1). Im Zusammenhang mit dieser Forderung wird CLIL als erfolgsversprechende, innovative Methode genannt, die dem hohen Anspruch gerecht zu werden scheint, um die jungen Lernenden für die globalisierte-multilinguale (Arbeits-)Welt vorzubereiten (Mehisto et al. 2008, S. 10–11; Wolff 2013, S. 18). Obschon das erste ‘L’ in CLIL für irgendeine Sprache stehen könnte, so dominiert in der Realität Englisch als CLIL-Sprache (Dalton-Puffer 2011, S. 183).

Wolff (2013b, S. 96) sieht das Innovationspotential von CLIL auch im Hinblick der «genuinen Funktion von Sprache», die sie im CLIL-Unterricht zugeschrieben bekommt. Er meint damit, dass im CLIL-Unterricht der Fokus auf die Sprache samt ihrer ursprünglichen Funktionalität als Vermittlerin verstärkt wird. Es geht im CLIL-Unterricht also nicht nur um die Fremdsprache als solches, sondern darum Sprache an sich als praktisches, funktionales Kommunikationsmittel zu nutzen. Diese ursprüngliche Rolle von Sprache schlechthin kann weder im traditionellen Fremdsprachen- noch im Sachfachunterricht in diesem Ausmass umgesetzt werden.

CLIL ist jedoch nicht nur eine innovative Methode, sondern auch eine lerneffiziente. Diverse internationale Studien belegen, dass CLIL fürs Fremdsprachenlernen als auch fürs Sachlernen gewinnbringend ist (vgl. Bonnet 2016, S. 40). Die Forschung zeigt, dass Lernende in den verschiedensten CLIL-Unterrichtssettings erhöhte fremdsprachliche Kompetenzen ausweisen, als die Vergleichsgruppe von Schüler*innen, die Englisch im traditionellen Fremdsprachenunterricht erlernen (z. B. Pfenninger & Singleton 2017, S. 190ff; DESI-Konsortium 2008, S. 451ff). Im Rahmen der grossangelegten Studie ‘Deutsch Englisch Schülerleistungen International’ (DESI) konnte zum Beispiel nachgewiesen werden, dass die Schüler*innen der bilingualen Programme der neunten Klasse in den sprachlichen Kompetenzbereichen Lesen, Hören und Schreiben, sowie Sprachbewusstheit für die Grammatik und sprachliches Handeln ein deutlich höheres Niveau ausweisen als die Vergleichsgruppe. Im Bereich Sprechen zeichnen sich ähnliche Ergebnisse ab, jedoch basieren die Forschungsergebnisse auf einer kleineren Population. Im Hörverstehen schliessen die Klassen mit bilingualem Unterricht besonders gut ab. Insgesamt zeigen diese Ergebnisse, dass die hohen Erwartungen an die bilingualen Lektionen ergänzend zum herkömmlichen Fremdsprachenunterricht erfüllt werden können und die Schüler*innen dadurch am Ende der obligatorischen Schulzeit ein fremdsprachliches Niveau erreichen, das sonst erst in der Sekundarstufe II erreicht werden kann (DESI-Konsortium 2008, S. 454–56). Ähnliches bestätigt auch die in der Schweiz durchgeführte Untersuchung von Pfenninger und Singleton (2017, S. 191–95). Die Lernenden in CLIL-Programmen schneiden am Ende der Sekundarstufe in Bezug auf fremdsprachliche Kompetenzen wie zum Beispiel Hörverständnis, rezeptiver und produktiver Wortschatz als auch Flüssigkeit deutlich besser ab als Lernende in traditionellen Englisch-Lernsettings. Eine weitere Studie durchgeführt mit Lernenden der 7. Klasse in Österreich zeigt ähnliche Ergebnisse. Beim Erzählen von narrativen Handlungen erzielten die CLIL Schüler*innen sowohl bei der kommunikativ-funktionalen Anwendung der Fremdsprache als auch bei der Berücksichtigung lexikaler und grammatikalischer Korrektheit bessere Ergebnisse als ihre Altersgenossen, die keinem CLIL-Programm beiwohnten. Zudem zeigten die CLIL-Lernenden vermehrt Strategien sich ohne Wechsel in die Schulsprache erfolgreich zu verständigen. (Hüttner & Rieder-Bünemann 2010, S. 77)

Die diesbezügliche Forschung über bilingualen Programmen spezifisch für der Primarstufe steckt hingegen noch in den Anfängen (Heim 2015, S. 46; Piske 2013, S. 40; Massler & Steiert 2010, S. 21). Jedoch zeigen die bereits vorliegenden Ergebnisse, dass der CLIL-Unterricht durchwegs positive Auswirkungen auf die fremdsprachlichen Kompetenzen der Lernenden hat (Botz & Diehr 2016, S. 246). Verschiedene Studien kommen zum Schluss, dass die Primarschüler*innen teilnehmend am bilingualen Unterricht innerhalb kurzer Zeit eine hohe Sprachflüssigkeit entwickeln und bemerkenswerte Fortschritte im Wortschatzerwerb machen (vgl. Piske 2013, S. 39–40). Bei einer über zwei Jahre hinweg durchgeführten Untersuchung mit CLIL-Lehrpersonen an sechs Grundschulen in Deutschland teilten die befragten Lehrpersonen in Interviews mit, dass sich die Lernenden öfters in Mehrwortsätzen ausdrücken als im herkömmlichen Fremdsprachenunterricht. Zudem beobachteten sie in den Bereichen Sprechen, Lesen und Wortschatz bessere Ergebnisse (Massler & Steiert 2010, S. 17). Auch in der Grammatik erzielen die Primarschulkinder in CLIL-Programmen Fortschritte, obwohl sie keine expliziten Instruktionen erhalten haben (Piske 2013, S. 33).

Folgende Gründe werden für all diese positiven Bilanzen im fremdsprachlichen Bereich verantwortlich gemacht. Erstens ermöglicht die Fusion von Sach- und Fremdsprachenfach interdisziplinäres Arbeiten in einem reichen, authentischen Lernsetting, was das kompetenzorientierte Fremdsprachenlernen erleichtert (Wolff 2013b, 104). Zweitens, aufgrund des verlinkten Lernens von Inhalt und Sprache im bilingualen Unterricht, führt dies nicht nur zu einem vertieften Eindringen in beide Fachbereiche, sondern auch zu einem langfristig besseren Behalten der Lerninhalte (Wolff 2007, 19). Dies gilt insbesondere auch für abstraktes Vokabular, das im CLIL-Unterricht durch die hohe inhaltsbezogene Kontextualisierung und den damit verbundenen unmittelbaren Gebrauch des Wortschatzes besser gelingt als im traditionellen Fremdsprachenunterricht. Drittens verlaufen die Interaktionen im bilingualen Unterricht infolgedessen stärker verstehungs- als auch handlungsorientiert und sind somit bedeutsamer. (Elsner & Kessler 2013, S. 22) Die Lernenden erleben eine unmittelbare Anwendung des Gelernten im Sinne von «learn as you use, use as you learn» – und nicht «learn now, use later» (Mehisto et al. 2008, S. 11). In diesem Zusammenhang beobachtet Maillat (2010, S. 52) in CLIL-Settings ein lernunterstützendes Phänomen, das er als ‘mask effect’ bezeichnet. Damit ist gemeint, dass sich Lernende im CLIL-Unterricht hauptsächlich auf den Inhalt konzentrieren und der Verwendung der Zielsprache dabei weniger Beachtung schenken. Anders als im traditionellen Fremdsprachenunterricht, so argumentiert Maillat, ist in CLIL-Lernsituationen der fremdsprachliche Kompetenzaufbau «always a non-focal target» – zumindest aus Sicht der Lernenden. Sie verwenden deshalb im CLIL-Unterricht die Zielsprache unbefangener und vermehrt, was wiederum einen positiven Einfluss auf den Fremdsprachenerwerb hat (Maillat 2010, S. 55). Viertens wirkt sich diese hohe Handlungsorientierung und Unmittelbarkeit von Lerninhalten entsprechend positiv auf die Motivation der Lernenden aus (Pfenninger & Singleton 2017, S. 200; Bonnet 2016, S. 41; Massler & Steiert 2010, S. 13–14; Abendroth-Timmer 2007, S. 181, 189).

Im Hinblick auf die Entwicklung der Sachkompetenz sind die empirischen Befunde im Allgemeinen zurückhaltender sowie etwas ambivalenter. Einerseits schlussfolgern einige Untersuchungen, dass die fachlichen Inhalte im CLIL von den Lehrpersonen vereinfacht dargestellt werden und dies zu einer niedrigen Sachkompetenz führen könnte (Bechler 2014, S. 176; Massler und Steiert 2010, S. 20; Botz und Frisch 2016, S. 248). Anderseits gibt es eine Vielzahl empirischer Erkenntnisse darüber, dass der in der Fremdsprache durchgeführte CLIL-Unterricht – teils auch auf der Primarstufe – keine Nachteile auf das fachliche Lernen hat oder die bilingualen Lernenden sogar bessere Leistungen erbringen als ihre regulär unterrichtenden Mitschüler*innen (z. B. Badertscher & Bieri 2009, S. 105; Osterhage 2007, S. 47; Botz & Frisch 2016, S. 248; Zaunbauer & Möller 2007, S. 149). In Bezug auf das für den vorliegenden Kontext relevante Fach Zeichnungs- und Kunstunterricht zeigen mehrere Untersuchungen aus Deutschland, dass die geplanten inhaltlichen Kompetenzen aus dem Lehrplan im bilingual durchgeführten Unterricht erreicht werden (Bechler 2014, S. 241; Rymarczyk 2003, S. 266; Witzigmann 2011, S. 334).

Die positiven Resultate in Bezug auf das Sachfachlernen können verschiedentlich erklärt werden. Zunächst veranschaulicht das ‘Interdependenz Modell’ (Cummins 1984, S. 143), wie kognitive Konzepte in einem sprachunabhängigen Speicher verortet werden und alle Sprachen darauf zugreifen können (vgl. Abbildung 2). Die Metapher des dualen Eisberges eignet sich, um diese positiven Interdependenzen zu illustrieren. Die sichtbaren Sprachkenntnisse können auf ein solides gemeinsames Fundament an allgemeinem Wissen (common underlying proficiency) zurückgreifen, gleichzeitig wird dieser sprachunabhängige Wissensspeicher beim Lernen in jeglicher Sprache mit neuen Informationen fortlaufend eingespeist. Gemäss diesem Modell werden die Sachfachinhalte durch Auseinandersetzungen mit dem Thema in verschiedenen Sprachen angereichert und auf dieses breiterworbene Gelernte können die Lernenden im CLIL-Unterricht zugreifen.

 

Abbildung 2:

The dual iceberg of bilingual proficiency (Cummins 1984, S. 143)

Weiter hängt der positive sachfachliche Lernertrag wahrscheinlich auch damit zusammen, dass die im CLIL-Unterricht verlangsamte, überdachte Kommunikation das Verstehen erleichtert (Bechler 2014, S. 194). Zudem werden im CLIL-Unterricht die sachfachlichen Inhalte vermehrt mit visuellen Hilfsmitteln und unterschiedlichen anderen Darstellungsformen dargeboten, welches ein Lernen auf verschiedenen Sinneskanälen ermöglicht (Elsner & Kessler 2013, S. 23). Ausserdem führt die mehrfach sprachliche Kodierung und ein allfälliger Sprachwechsel zu einer grösseren Verarbeitungsdichte sowie zur Vertiefung des Sachfachwissens (Botz & Frisch 2016, S. 248; Wolff 2007, S. 22). In der Literatur findet man in diesem Zusammenhang den Begriff ‘negotiations of meaning’. Darunter wird das Aushandeln von unklaren Begriffen oder Inhalten bezeichnet, die es zu beseitigen gilt, damit die erfolgreiche Weiterführung des Unterrichts gewährleistet werden kann (Badertscher & Bieri 2009, S. 129). Die Lernenden im CLIL-Unterricht müssen demnach vermehrt die Bedeutung der Inhalte aushandeln. In ihrer Studie konnten Bieri und Badertscher (2009, S. 179) aufzeigen, dass negotiations of meaning mehr als doppelt so oft im CLIL-Unterricht vorkommen als im vergleichbaren Fachunterricht in der Schulsprache. Die Forscher nehmen an, dass dies ein Grund dafür sein könnte, dass der Wissensaufbau trotz erschwerender Fremdsprache sorgfältig vollzogen werden kann (Badertscher & Bieri 2009, S. 191–92). Ferner hat sich gezeigt, dass sich Lernende aufgrund des anspruchsvollen Settings des CLIL-Unterrichts besser konzentrieren müssen (Wolff 2007, S. 22) und sie diese Herausforderung als motivierend wahrnehmen (Lamsfuss-Schenk 2015, S. 154). Schliesslich wird vermutet, dass der Unterricht methodisch besser durchdacht und strukturiert ist (Bonnet 2016, S. 42).

Mit Blick auf die Erst- oder Schulsprache wird oft befürchtet, dass sich der vermehrte Gebrauch der Fremdsprache im CLIL- oder immersiven Unterricht negative Effekte auf deren Entwicklung haben könnte (Massler & Steiert 2010, S. 16). Bisher konnte jedoch keine Benachteiligung für die Erst- oder Schulsprache (im Bereich Rechtschreibung und Leseflüssigkeit) bewiesen werden. Die Befunde einer Längsschnitt Studie in Deutschland zeigen zudem, dass die Grundschulkinder im immersiven Unterricht durch den vermehrten Gebrauch der Fremdsprache keine Nachteile auf ihre Deutsch Kenntnisse erfahren hatten (Gebauer et al. 2012, S. 193).

Neben den belegten mehrheitlich positiven Auswirkungen auf das fremdsprachliche und inhaltliche Lernen, sowie die Erkenntnis, dass CLIL die Entwicklung der Schul- und Erstsprache nicht behindert, wird bilingualer Unterricht auch als passend für die Förderung des kulturellen Lernens und den Aufbau von interkulturellen Kompetenzen postuliert (vgl. Bonnet 2016, S. 41). Auch wenn deren Förderung im 21. Jahrhundert als ein allgemeines Bildungsziel angesehen wird (Byram et al. 2001, S. 8), so gelingt das (inter-)kulturelle Lernen in Anwesenheit einer Fremdsprache besonders optimal: «Given the closely nature of culture and language, it is difficult to teach language without an acknowledgement of the cultural context in which it is used.» (Baker 2016, S. 62). Im bilingualen Unterricht wird diese Gegebenheit aufgrund der Anwesenheit von mehr als einer Sprache verstärkt. Daher ist die Begegnung und Auseinandersetzung mit Kultur1 – bewusst oder unbewusst – im CLIL Unterricht unumgänglich. Im Rahmen der DESI-Studie hat sich gezeigt, die Lernenden der Sekundarstufe im CLIL-Setting eine erhöhte interkulturelle Sensibilisierung ausweisen. Das hängt damit zusammen, dass Englisch im bilingualen Unterricht verstärkt als Kommunikationsmedium verwendet wird und sich dadurch früher eine Auseinandersetzung mit interkulturellen Inhalten bewerkstelligen lässt. Dies gelingt zum Beispiel dann, wenn Lernende in authentischen Texten fremden Kulturmerkmalen begegnen und diese mit eigenkulturellen Inhalten vergleichen (DESI-Konsortium 2008, S. 452, 456). Oder überdies, wenn sachfachliche oder sprachliche Lerninhalte aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet werden und dadurch das vorurteilslose interkulturelle Verstehen gefördert wird (Wolff 2016, S. 31). Oder ferner, wenn Lernende in der fremden Sprache mit limitierten sprachlichen Kenntnissen über relevante Inhalte sprechen und dabei Strategien anwenden müssen, die den Gesprächsfluss aufrecht erhalten (O. Meyer 2010b, S. 20). Fakt ist, dass CLIL und (inter-)kulturelles Lernen eng ineinander verflochten sind, jedoch in diesem Bereich ein Forschungsdesiderat besteht (Coyle 2007b, S. 550). Das hängt damit zusammen, dass der Begriff Kultur und die damit in Verbindung stehenden fachdidaktischen Konzepte sehr unterschiedlich interpretiert sowie zum Teil kontrovers ausgelegt werden (Göbel & Hesse 2004, S. 820). Im Kontext dieser Studie wird das (inter-)kulturelle Lernen durch die Fusion der beiden Fächer Englisch und Bildnerisches Gestalten zusätzlich begünstigt, da in beiden Fächern die Auseinandersetzung mit Kultur ein wichtiger Stellenwert einnimmt (vgl. D-EDK 2014). Wie dies genau gelingen kann, wird in den Kapiteln 2.5.8 und 3.2.4 exemplarisch erläutert.

An dieser Stelle gibt es einige kritische Anmerkungen anzufügen. Zunächst müssen sich die in der Literatur vielfältigen positiven Befunde hinsichtlich der Lernwirksamkeit von CLIL teils mit Vorsicht betrachtet werden, da allenfalls die bei der Zuweisung der Lernenden in die spezifischen bilingualen Unterrichtsprogramme Selektionseffekte mitgespielt haben. Dieser Sachverhalt wird in der Literatur von verschiedenen Experten*innen diskutiert (vgl. Bonnet 2016, S. 48; Paran 2013, S. 325–26). Ausserdem implizieren CLIL-Programme oft auch eine erhöhte Kontaktzeit mit der Zielsprache. Vor allem bei Vergleichsstudien von CLIL zu non-CLIL Lernenden erhalten erstere oft mehr Englischlernzeit als die Vergleichsgruppe, da sie zusätzlich zu den herkömmlichen Englischlektionen noch weitere fremdsprachlich geführte CLIL-Lektionen besuchen. Diese erhöhte Kontaktzeit könnte daher ebenfalls für einen Teil der positiven Befunde verantwortlich sein (Elsner & Kessler 2013, S. 22). Weiter, wie es missverständlich nach dieser Zusammenstellung von vorwiegend positiven Einflüssen den Anschein haben könnte, führt CLIL nicht automatisch und in jedem Fall zum Erfolg. Stattdessen braucht es, wie in jedem wirksamen Lernsetting, ein gutes Zusammenspiel von sorgfältiger Unterrichtsplanung und effektiver Unterrichtsdurchführung (O. Meyer 2010b, S. 13). Solche methodisch-didaktischen Implikationen in Bezug auf die Durchführung des CLIL-Unterrichts werden im Hauptkapitel 3 thematisiert. Schliesslich, wie bereits in der Einleitung erwähnt, ist CLIL ein sehr umfassender umbrella term, der es schier verunmöglicht die diversen Forschungsresultate in vergleichbarer Weise darzulegen. Wichtig ist es deshalb CLIL in den für die vorliegende Untersuchung relevante Forschungskontext weiter einzugrenzen. Dies geschieht in den nächsten drei Kapiteln, in denen die Eignung von CLIL für die Schweizer Primarschule aufgezeigt, CLIL hinsichtlich des Umgangs mit Heterogenität eingeordnet und im Kontext des Fachbereichs Bildnerisches Gestalten umrissen wird.