Unsere Liebe ist unsere Macht

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»Es kommen große Veränderungen. Alle werden sie spüren.«

Zwei Tage später kehrte ich in die Untere Welt zurück, entschlossen, jetzt wieder an dieser Drei-zu-Eins-Formel festzuhalten. Es stand außer Frage, dass ich die Heilung der mitfühlenden Tiergeister brauchte. Ich war schon ruhiger und stärker, seit ich zu Bär und Wolf gereist war.

Ich betrat die Untere Welt so, wie ich es immer tat, und kaum war ich auf Bär getroffen, hob er mich auf den Rücken, drehte sich zum Weg um und lief los. Er hatte gesagt, dass dies eine Zeit des beschleunigten Wandels sei, und an seinem Verhalten sah ich, dass es stimmte.

Wir folgten einem Weg, der durch einen Wald und dann bald bergauf führte. Nicht lange, und vor uns erhob sich, wie aus dem Nichts, ein steiler Berg. Er tauchte einfach auf, aber Bär begann unerschrocken den beschwerlichen Aufstieg, während ich mich an ihm festklammerte. Nach einer Weile änderte sich die Atmosphäre, und statt grüner Bäume und blauem Himmel lag nun ein grauweißes Licht über allem. Ein winterlicher Nebel hatte die Bäume aufgelöst, sie unseren Blicken entzogen, und jetzt konnte ich nur noch undeutliche Formen sehen. Meine Nase britzelte von dem kalten Hauch, und als ich mich über Bär beugte, hörte ich das durchdringende Pfeifen des Windes. Ein Donner grollte in der Ferne und schwoll zu einem Brüllen an, als er immer näher und näher heranrumpelte. Endlich war ein Windstoß über uns, der in meine Haare fuhr und sie aufwirbelte und in meinen Augen brannte, aber ich konnte mich in Bärs Fell vergraben, also war mir warm genug.

»Sturmwolken«, knurrte Bär und runzelte die Stirn, »Sturmwolken.« »Oh«, schluckte ich. Wir waren jetzt mitten in diesen Wolken, ganz von ihnen eingehüllt, und als der Donner brüllte und die Erde unter uns erzitterte, klammerte ich mich fest an Bärs Rücken. »Es kommen große Veränderungen«, sagte er, »alle werden diese Veränderung spüren.« Dies, erkannte ich, war, was er beim letzten Mal, als ich ihn sah, angedeutet hatte. Ich krallte mich an seinem Fell fest, und jede Faser meines Körpers begann zu zittern. Nun wankten Felsen am Wegrand, rissen auf und stürzten von den Bergflanken hinab. Eine erschreckend dunkle Gestalt, wie ein urzeitlicher Vogel, flog über unseren Köpfen. Doch die ganze Zeit über bebte die Erde und ich erbebte mit ihr, aber weil ich auf Bärs Rücken saß, wusste ich, dass ich sicher war. »Zerstörung«, sagte er schließlich, »Zer-störung.« »Oh«, murmelte ich, »geht es darum, das Alte auseinanderzunehmen?« »Ja«, sagte er.

Das Alte wird auseinandergenommen, dachte ich, und Angst begann an mir zu nagen, aber bevor ich ihr nachgeben konnte, sagte Bär: »Du bist jetzt hier, um zu beobachten. Das ist alles.« Er erinnerte mich daran, dass es meine Aufgabe war, zuzuschauen, zu beobachten, was geschah, und nicht von den Zerstörungen um mich herum betroffen zu sein. Was hier geschah, geschah vorerst nur auf dieser Ebene der Wirklichkeit. Ich sollte daraus lernen. Nicht reagieren, sondern es mir nur ansehen.

Ich entspannte mich ein wenig bei diesem Gedanken, verspannte mich aber wieder, als Ruß auf uns niederging. Die Luft war voll davon, und als Partikel davon auf meinem Kopf und in meinem Gesicht landeten, rief ich: »Was ist das, Bär?« Entsetzen in meiner Stimme. »Dreck«, sprach er mit Abscheu, »Dreck. Er zeigt den Zustand der Dinge.« »Der Zustand der Dinge?« fragte ich, aber er sagte nur: »Dieser Zustand wird sich klären.« Und dann streichelte er mich und sagte: »Alles läuft so, wie es soll.«

Ich dachte über seine Worte nach. Etwas änderte sich, es kam zu einer großen Verschiebung, und dieser Schmutz war der Fall-out. Etwas Großes würde sich auf der Erde ereignen. Das fühlte sich so schwerwiegend an, so beängstigend, dass mein Mund trocken wurde. »Bär«, fragte ich schließlich, »was kann ich tun, um bei dieser Veränderung zu helfen? Bitte, Bär, wie kann ich helfen?« »Komm hierher in die Untere Welt«, sagte er, »und gehe zu den Großmüttern.« Er wiederholte, was er mir bereits gesagt hatte. Um mich bei Kräften und in meiner Mitte zu halten, musste ich lernen und heilen.

Allmählich hörte der Boden auf zu beben, der Dreck regnete nicht mehr auf uns herab und alles war wieder ruhig. Als die Vögel zu singen begannen, blieb Bär in der Mitte des Weges stehen und hob seinen Kopf, um in der Luft zu schnuppern. Dann tat er einen ruhigen, brummenden Seufzer und ging langsam den gewundenen Weg den Berg hinab. Er sah jetzt ganz entspannt aus. Er war gar nicht mehr in Eile, schien vielmehr belustigt zu sein. Er hielt an, um an einer Blume zu schnüffeln; dann rieb er seinen riesigen Hintern an einem Baum und trollte sich weiter seines Weges. »Hmmm«, dachte ich, als ich ihn beobachtete, »offensichtlich ist die Lektion dieser Reise vorbei – was auch immer es war.« Und dann fragte ich mich: »Was sollte das alles bedeuten?«

Ich saß rittlings auf Bärs breitem Rücken und ließ meine baumelnden Beine im Rhythmus seiner Schritte schwingen. Es war ein großes Vergnügen, so zu schaukeln, besonders nach dem hastigen Aufstieg auf den Berg und dem Schrecken des nachfolgenden Sturms. »Langsam dem Weg folgen«, sagte er, als er sich zu mir umblickte, »keine Eile.« »Ach so«, flüsterte ich. Bär zeigte mir, wie man langsamer wird, indem er mich den Rhythmus eines gemächlichen Tempos spüren ließ.

Er ließ sich Zeit, den Berg hinabzusteigen, und ich staunte, wie entspannt er war. Dann staunte ich, wie entspannt ich war. Kaum möglich, dass wir noch vor wenigen Minuten inmitten von Zerstörung, Aufruhr und Schrecknissen standen. Ich schüttelte den Kopf, um ihn klarzubekommen, und fragte mich erneut, was das alles zu bedeuten hatte. Ich war mir nicht sicher, aber ich wusste: Ein Sturm braut sich zusammen, und wenn er kommt, darf ich der Angst nicht nachgeben. Und vor allem muss ich langsamer werden.

Bär trug mich zum Waldrand, dort, wo der Fluss auf die Bäume trifft, und da setzte er sich hin, damit ich von seinem Rücken rutschen konnte. »Geh langsam«, sagte er und schlug mich sanft mit einer Tatze. »Das werde ich, Bär«, versprach ich.

Nach diesen Ausflügen in die Untere Welt war ich viel stärker; ich war auch neu inspiriert, die Botschaft der Großmütter mit der Welt zu teilen. Meine Reisen mit Bär hatten mir gezeigt, dass tatsächlich eine große Veränderung bevorstand. Die Veränderung, die so viele vorhergesagt hatten, würde stattfinden, und mir schien, je mehr Menschen die Botschaft der Großmütter kannten und sich entschlossen, mit ihnen zu arbeiten, desto leichter würde diese Veränderung vonstatten gehen.

»Bedecke die Welt.«

Ich kümmerte mich getreulich um die Arbeit der Großmütter, und obwohl die Verbreitung ihrer Botschaft mir große Freude bereitete, wurde ich regelmäßig entmutigt, weil nicht so viele Menschen, wie ich gehofft hatte, auf die Botschaft der Großmütter reagierten. Ist ihre Botschaft nur für ein paar wenige? fragte ich mich. Ist es meine Schuld, dass ihre Arbeit nicht so bekannt wird, wie ich es mir gewünscht hätte? Hatte ich alles getan, was ich konnte? Und wenn ich ganz entmutigt war, fragte ich mich sogar, ob ich mit dieser Arbeit weitermachen sollte und wenn ja, warum?

Ich rang viele Male mit diesen Fragen und ging regelmäßig durch Phasen des Selbstzweifels angesichts der scheinbar so langsamen Verbreitung ihrer Botschaft. Eine gewisse Enttäuschung brachte mich oft dazu, die Bedeutung dessen, was ich tat, in Zweifel zu ziehen und mich zu fragen: Wenn die Botschaft der Großmütter so wichtig war, warum verbreitete sie sich so langsam? Diese Zweifel und Fragen hielten eine Weile an, bis ich mir schließlich sagte: »Ach, gib es auf, Sharon. Du wirst das nie herausbekommen.« Dann dachte ich: »Ich liebe die Arbeit, also mache ich die Arbeit«, und wie ein Korken floppte ich aus dem Sumpf des Zweifels hinaus.

Als das Thema akut war, ging ich damit nicht zu den Großmüttern, um sie zu fragen. Denn inzwischen war ich so oft die Achterbahn des Zweifels gefahren, dass ich mich einfach entschied, es seinen Lauf nehmen zu lassen und einfach weiterzuarbeiten.

Dann, eines Tages während der Meditation, sprach meine innere Stimme aus heiterem Himmel zu mir und klärte mich über den Sinn meiner Reisen in die Obere und Untere Welt auf: Die Botschaft der Großmütter zu verbreiten, so hieß es, würde mich beschäftigen, indem sie mir etwas Sinnvolles zu tun gab und meinem Geist half, sich zu entwickeln. Diese Arbeit würde meine Schwingung erhöhen, und sie würde dies nicht nur für mich, sondern für alle tun, die sich entschieden hatten, mit den Großmüttern unterwegs zu sein. Ich hatte eigentlich gar keine Frage gestellt, aber das Universum hatte genau die Frage beantwortet, die unter der Oberfläche meines Geistes schwärte. Offensichtlich sollte der Wert der Arbeit der Großmütter nicht in Zahlen bemessen sein, sondern in der persönlichen Transformation.

Nach dieser Durchgabe ging ich wieder zu den Großmüttern, um mehr Arbeit zu erbitten. Ich wollte beschäftigt sein, und »Schwingungserhöhung« hörte sich gut an.

Als ich auf dem Weg in die Obere Welt von meinem Baum aufstieg, bemerkte ich diesmal, dass ich weiße Flügel hatte – schmal zulaufende, die ungewohnt anmutig und lang wirkten. Als ich hochstieg, schaute ich an mir hinab und sah, dass ich heute auch einen neuen Körper hatte, einen, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. Ich sah aus wie ein Reiher oder ein Schwan. Als ich in ihr Tal segelte, fühlte ich mich auch anders, und als ich vor ihnen stand, merkte ich, dass ich auf einem Bein gelandet war.

Ich war fasziniert von meiner Verwandlung, aber entschlossen, mich durch mein ungewöhnliches Aussehen nicht vom Zweck dieses Besuchs ablenken zu lassen. »Großmütter«, sagte ich, als ich meine Flügel faltete, »ich will etwas zu tun, um mich zu beschäftigen, während sich mein Geist entwickelt. Ich brauche einen Job. Ich habe Selbstermächtigung beendet, und jetzt möchte ich wissen, was ich noch tun kann.«

 

Ich verneigte mich vor ihnen und beugte mich vor wie eine Ballerina, den einen Fuß nach vorne gestreckt, während meine Flügel sich über dem Boden spreizten. »Siehst du, wie schön du bist?« fragten sie und begannen, mich liebevoll zu streicheln. Ich stand still und ließ es geschehen, weil ich wusste, dass sie es wollten, aber es fiel mir schwer, still dazustehen und bloß zu empfangen. Mein Verstand dachte immer: Ich will sie umarmen, ihnen geben. Aber wann immer diese Gedanken auftauchten, flüsterten sie: »Nein… empfange«, bis ich mich allmählich genug entspannt hatte, dass ihre Berührung mich beruhigte und erdete. Da drang ihre Liebe in meine Füße und ebenso in meine Flügel bis hinab zu meinen gefiederten Fingerspitzen.

Ich fühlte mich so entspannt, so natürlich, dass ich mich streckte; ich krümmte meinen Hals, und mein Vogelkopf fing an, hin und her zu schaukeln. An dieser Stelle begann ich zu singen. Ich hatte nicht vorgehabt zu singen, aber plötzlich sang ich einfach. »Ich ziehe den Mond in mich hinein«, stöhnte ich, und kaum waren die Worte aus meinem Mund/Schnabel, begann das silberne Licht des Mondes am Himmel mit dem Weiß meines Körpers zu verschmelzen. Erstaunt, was da geschah, hob ich einen Fuß, um einen Schritt zu tun, und dabei fiel mein Blick auf meine Vogelzehen. »Ah!« rief ich überwältigt aus.

Ich beugte mein Bein weiter und beobachtete, wie es nach und nach – Knie, Knöchel und Ferse – herabkam. Meine Flügel waren ebenso faszinierend, und vom Rhythmus der Bewegungen in meinem neuen Körper durchdrungen, begann ich zu intonieren: »Maranatha, maranatha.« Ich rief Christus. »Christos«, betete ich – und erschrocken über das, was ich gerade von mir gehört hatte, sagte ich: »Warte mal. Was mache ich hier?« Aber ganz gleich, was ich dachte, ich schien keine Kontrolle über meine Stimme zu haben, und immer wieder drängte sich das Wort »Christos« aus mir heraus.

Dies ging eine Minute oder länger so weiter, bis sich der Himmel plötzlich mit weißen Vögeln füllte. Meine Augen huschten zu den Großmüttern, die nickten, um mich zu besänftigen, und dann beobachtete auch ich den Himmel. Mein Schrei »Christos« hatte sie gerufen. Große weiße Vögel, die aussahen wie ich, flogen aus allen Richtungen herbei, sie erfüllten die Luft. »Es ist wie beim Bosque del Apache, wenn die Schneegänse ziehen«, sagte ich, »aber diese Vögel kommen auf meinen Ruf!« Und als ich weiter in den Himmel schaute, begannen Scharen von ihnen zu landen und sich am Boden zu verteilen.

»Christos?« fragte ich die Großmütter: »Warum bringt sie dieser Ausruf herbei?« Sie nickten wie die weisen Lehrer, die sie sind, und sagten: »Du rufst die Gegenwart des Christos, die Gegenwart des Christus-Bewusstseins herbei.« Sie neigten ihre Köpfe, schenkten mir einen Blick von unendlicher Güte und sagten: »Du rufst die Menschen dazu auf, Gott zu werden.« »Oh!« brachte ich nur heraus und dachte: Welch eine Verwegenheit! »Woher kam mir dieser Gedanke, Großmütter?« fragte ich. »Das wäre mir doch nie in den Sinn gekommen.« Aber sie lächelten ihr geheimnisvolles Lächeln und sagten nichts mehr.

Ich wartete, aber sie sagten immer noch nichts, also versuchte ich es erneut. »Großmütter«, sagte ich, »das ist schrecklich schön. Die Vögel und alles«, fügte ich an, »aber ich weiß nicht, was das alles bedeutet. Und Großmütter«, sagte ich und erinnerte mich an den Zweck dieser Reise, »was ich wirklich will, ist, dass ihr mir meine Arbeit zeigt. Deshalb bin ich heute zu euch gekommen.« Sie lächelten wissend, nickten einander zu und sagten: »Das ist deine Arbeit.«

»Was?« fragte ich verwirrt über ihre Antwort, aber obwohl ich sie mit dieser Frage in den Augen anstarrte, sagten sie nichts. Schließlich, da sie keine Hilfe waren und weil ich nicht wusste, was ich sonst tun sollte, begann ich auf die Schar zuzugehen, die auf dem Boden lagerte. »Es gibt so viele von ihnen, und wie schön sie sind!« sagte ich, als ich zwischen sie trat. Die Vögel beobachteten mich interessiert, und als ich sie genauer betrachtete, sah ich, dass ihre Federn meinen sehr ähnlich waren. »Großmütter«, sagte ich, »was hat das zu bedeuten? Warum sind wir uns so ähnlich?« Dann erinnerte ich mich an den Zweck meiner Reise und fragte erneut: »Was ist meine Arbeit, Großmütter? Zeigt mir, was ich tun soll.«

Nach und nach erhoben sich die Vögel wieder in die Luft. Eine Schar von ihnen beschrieb einen Bogen nach rechts, und als ich ihnen zusah, wurde mir klar, dass ich kurz vor ihrem Abheben meine Flügel nach rechts bewegt hatte. Nun bewegte ich meine Flügel nach links, und eine weitere Schar hob nach links ab. Wie auch immer ich meine Flügel bewegte, so bewegten sie sich. Wenn ich nach links wies, flogen sie nach links. Wenn ich meine Flügel hochhob, flogen sie hoch. »Ich fühle mich wie ein Dirigent«, sagte ich.

Plötzlich und ohne Vorwarnung erhoben sich auch meine Flügel und hoben mich vom Boden. Ich glitt mühelos davon, und dabei folgten mir die anderen, bis wir ein riesiges V am Himmel bildeten. Als wir flogen, blickte ich über meine Schulter, und so weit ich sehen konnte, schlugen weiße Flügel im Takt. In einer riesigen Formation kreisten wir über dem Land unter uns, und als wir endlich zur Landung ansetzten, spürte ich, wie meine Flügel so weit ausgefächert waren, dass sie die Erde bedecken mussten.

Als ich den Boden unter meinen Füßen spürte, wusste ich, dass ich gelandet war. Dann blickte ich an mir hinab und sah, dass meine Flügel noch weit gespreizt waren, und bemerkte auch, dass sich etwas zwischen meinen Federn bewegte. Ich beugte meinen Kopf, um meine Flügel zu untersuchen, und fand Babys, die sich dort niederließen! Unter meinen Flügeln versammelten sich die Jungen aller Arten – Neugeborene, Kätzchen, Welpen, verschiedene Kleintiere. Als ich auf diese seltsame Szene blickte, fiel mir wieder ein, dass ich in der Nacht zuvor so etwas geträumt hatte. Und jetzt war es hier! Meine Flügel waren so weit gespreizt, dass Hunderte von Jungen dort Zuflucht finden konnten. »Oh!« rief ich aus: »Wenn alle Vögel hier dasselbe täten, würde alles auf der Erde genährt werden.« Und dann dämmerte es mir. »Großmütter«, fragte ich, »ist das meine Arbeit? Ist es das, was ihr mir zeigt?«

Die Großmütter konnten sich vor Lachen kaum halten und gestikulierten. »Hättet ihr gedacht, dass sie jemals dahinterkommen würde?« fragten sie. Allerdings war ich immer noch zu verwirrt, um in ihr Lachen einzufallen. »Großmütter«, seufzte ich, »ich bin es leid, hinter all dem einen Sinn zu suchen; ich verstehe es immer noch nicht. Alles, woran ich denken kann, ist, dass ich eine Gruppe leiten soll und dass wir nährend tätig sein sollen.« Sie schwiegen, nickten aber verständnisvoll. Dann beugten sie ihre Schultern vor, hefteten ihre Blicke auf mich und schauten mich erwartungsvoll an.

»Oh!« flüsterte ich, als das Verständnis endlich kam: »Es geht um das Ausbreiten der Flügel, nicht wahr?« fragte ich. »Ich muss allen von der Kraft in diesen Flügeln erzählen.« »Ja!« riefen sie und waren erleichtert, dass ich endlich anfing zu begreifen, worum es bei dieser Lektion ging. »Lehre das die Frauen. Sie können zu großen Vögeln werden und erleben, was es bedeutet, andere zu schützen und ihnen eine Zuflucht zu sein. Das Unterbewusstsein versteht Sinnbilder, denn wenn es auch nicht auf Worte achtet, spürt und kennt es die Kraft einer großen Spannweite. Es versteht, dass Flügel dem Schutz und dem Genährtsein dienen«, sagten sie. Wieder machten sie die Kraft von Yin anschaulich.

»Sprich zuerst von der Macht der Symbole«, sagten sie. »Nimm den Krug und den Becher, das Netz aus Licht und unsere anderen Lehren als Beispiele. Der große geflügelte Vogel ist ein weiteres. Dieses Sinnbild wird sie in ihre Eigenmacht bringen«, sagten sie und nickten weise. »Es wird sie davon frei machen, sich allein zu fühlen, indem es sie ihre Verbindung miteinander und das gemeinsame Ziel erfahren lässt. Auf diese Weise werden sie zu Werkzeugen der Bemutterung, des Genährtseins und des Schutzes.

Wenn sie sich auf ihre Flügel konzentrieren«, sagten die Großmütter, »sollen sie unser Licht spüren, das durch sie hindurchleuchtet, denn unsere Arbeit beruht auf Dienen; die Kraft in diesen Flügeln wird dem größeren Wohl dienen. Die Flügel sind das Vehikel für Kraft und Fürsorge auf der Erde.«

Dann zeigten sie mir mein menschliches Selbst, wie es vor der Gruppe von Frauen in Laguna Beach steht und wie ein Vogel im Flug mit den Flügeln schlägt. Es sah lächerlich aus, und als ich mich so sah, schaute ich die Großmütter flehentlich an. »Zwingt mich nicht dazu«, sagte ich mit den Augen. Sie schürzten ihre Lippen, wandten den Blick ab und sagten: »Lass sie es versuchen, und du probierst es mit ihnen. Doch, doch«, sagten sie über mein Aufbegehren, »du musst es erst vormachen, um ihnen zu zeigen, wie es geht. Viele dieser Frauen haben diese Kraft in sich selbst noch nie gespürt. Bitte sie, mit ausgestreckten Armen zu stehen und dies schweigend zu tun. Wir werden dich führen.«

»Ich werde es versuchen«, sagte ich und fand mich damit ab, wie ein Narr auszusehen. »Ja, versuche es«, antworteten sie. »Hmmm«, murmelte ich. »Wenn wir alle das mit geschlossenen Augen tun, würde es uns vielleicht leichter fallen.« Ich überlegte, als ich die Großmütter sagen hörte: »Bedecke die Welt.« Schnell blickte ich auf, aber ihre Blicke waren nicht auf mich gerichtet, sondern auf den Horizont. Sie schienen etwas da draußen zu beobachten.

»Diese Arbeit, die wir mit euch tun, ist Teil einer Bewegung, nicht wahr, Großmütter?« fragte ich sie, selbst überrascht von der Idee, die mir plötzlich in den Sinn gekommen war. »Ja«, sagten sie. Dann drehten sie sich um und zeigten auf einen Vogel, der ganz still auf einem Ast in unserer Nähe saß. Ich beobachtete diesen Vogel einige Augenblicke lang: Er rührte sich nicht, bis er ohne Vorwarnung davonflog. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich ein Lächeln, das die Münder der Großmütter umspielte, und als ich mich an sie wandte, brachen sie in Gelächter aus. »Eine Bewegung«, sagte ich zu ihnen, »Großmütter, ich verstehe. Der Vogel bewegte sich. Das ist eine Bewegung, nicht wahr?« »Ja«, sagten sie noch einmal und sahen ein wenig selbstgefällig aus. Die Großmütter lieben es, mit Worten zu spielen.

Nun zeigten sie auf eine andere Szene. Diesmal standen die Frauen zusammen unter den Bäumen in meinem Hintergarten, und als ich hinschaute, sah ich einen Lichtschein, der in jeder Frau und um sie herum leuchtete. Das Licht wurde so hell, dass ich die Gestalt, die es umschloss, kaum erkennen konnte, und ich starrte mit so viel Konzentration, dass ich vergaß zu atmen. Als ich merkte, dass ich den Atem angehalten hatte, atmete ich bewusst aus und dann tief wieder ein, und als ich das tat, streckte sich mein Rücken, während meine Arme zu ungeheurer Reichweite anwuchsen. Ich blickte überrascht auf die Großmütter, und sie sagten lachend: »Diese Arbeit wird deine Vorstellung davon, wer du bist, erweitern, dir deine wahre Größe zeigen.«

Da hörte der Trommelschlag auf, und als sein Rhythmus wieder schneller wurde und mir signalisierte, in die Alltagswirklichkeit zurückzukehren, tat es einen Schlag auf mein Drittes Auge. Dieser Rhythmus hallte durch meinen ganzen Körper, und konzentrische Lichtringe begannen sich von meiner Stirn zu lösen, was mir ein seltsames Gefühl von Kreisen und Ausdehnung gab. Und in diesem angenehmen, aber seltsamen Zustand verbeugte ich mich vor den Großmüttern und verabschiedete mich fürs erste. Adler würde mich begleiteten, und als ich die Großmütter zum Abschied anschaute, sah es so aus, als würde Adler lächeln. »Was?« staunte ich. »Adler lächeln nicht«, aber als ich im Wipfel meines Baumes landete, sah ich mich selbst und lächelte auch. Ich sah aus wie ein großer weißer Reiher.

Beim nächsten Großmüttertreffen tat ich genau das, was sie gesagt hatten – vermittelte die Kraft des Bildes des Vogels mit den ausgebreiteten Flügeln. Wir standen draußen und übten es. Zuerst schlossen wir die Augen und meditierten darüber, wie ein großer Vogel seine Flügel ausbreitet, und dann öffneten wir unsere eigenen Arme (Flügel) auf dieselbe Weise. Zuerst fühlte ich mich unwohl, da stand ich vor vierzig Frauen, und für einen Moment musste ich fast nervös loslachen. Aber ich tat es nicht, und sie auch nicht.

Die Großmütter hatten recht. In dieser Haltung steckte Kraft, und als wir mit ausgestreckten Oberarmen dastanden und unsere Ellenbogen so gedreht hatten, dass unsere Handflächen nach oben zeigten, spürten wir das Herrschaftliche in dieser Haltung. Sie gab uns ein Gefühl von Majestät und Königtum. Das war die Haltung der alten Göttin von Kreta mit den sich um ihre Arme windenden Schlangen. Wir spürten die Kraft der Haltung, und weil wir diese Übung gemeinsam durchführten, war die Erfahrung um so stärker.

 

Danach berichteten die Frauen, was für ein Gefühl der Verbundenheit diese Übung ihnen vermittelt hatte – Verbundenheit mit einander und ein Gefühl von »Ich werde nicht bewegt« in ihnen selbst. Auch Selbstvertrauen, enormes Selbstvertrauen. Wenn man so dastand, war es unmöglich, sich für klein oder unwürdig zu halten. Wir erkannten, dass wir einen weiteren Schritt in das taten, was die Großmütter »Schönheit ist Macht«* nennen, indem wir die Gegenwart von Yin in uns annahmen und würdigten.

* Im ersten Buch der Großmütter, Selbstermächtigung, wird in einem eigenen Kapitel dargelegt, dass wahre Macht mit Schönheit einhergeht, und wahre Schönheit Macht ist.

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