Unsere Liebe ist unsere Macht

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»Gefäß sein«

Das Konzept der Frau als Gefäß hatte einen gewaltigen Einfluss auf mich. Nach und nach, als ich begriff, was es bedeutet, »Gefäß zu sein«, durchzog dieses neue Verständnis mein ganzes Leben, und damit begann ich, es zu leben. Als erstes fiel mir auf, dass ich Männer anders sah. Ich schien sie jetzt besser zu verstehen. Anstatt zu ihnen in Opposition zu gehen und mich in Machtkämpfe zu verstricken, wie ich es in der Vergangenheit so oft getan hatte, etwa darüber zu streiten, wer Recht und wer Unrecht hatte, merkte ich, dass ich Männer tatsächlich mochte, sie respektierte, sie guthieß und sogar liebte. Das geschah gleich nach dieser Reise zu den Großmüttern, und glaubt mir, niemand war erstaunter über meine neue Haltung als ich. Nicht nur mochte ich Männer, sondern ich mochte alle. Die Haltung des Gefäßes war so stark, dass ich nun bereit war, sie alle zu umarmen.

Während meiner Jahre mit den Großmüttern habe ich viel innere Stärke entwickelt. Nach dieser Reise war das jedoch eine ganz neue Ebene. Jetzt verstand ich, wie es sich anfühlt, eine Königin zu sein; die Überzeugung: »Du bist jemand«, wie es Menschen von königlichem Geblüt in sich tragen. Nach dieser Erfahrung wusste ich, was es heißt, die eigene Größe zu spüren. Die Qualität der Königin war eine, die auch ich in mir trug.

Als ich mich dem »Halten« öffnete und bereit war, Gefäß zu sein, und diese Lehre weitergab, half ich auch den anderen, aus dieser inneren Haltung, Gefäß zu sein, zu leben. Ich teilte die Botschaft mit einigen der Frauen in der Großmüttergruppe, und jenen, die sich dieser eigenartigen Vorstellung nicht öffnen mochten, teilte sie sich unterschwellig mit. Ob ich diese Wahrheit aussprach oder sie lebte, das wunderbare Gefühl, das vom »Halten« kam, wuchs und wuchs, bis meine Fähigkeit, Liebe zu geben und zu empfangen, einen Quantensprung tat.

»Mühelose Anstrengung«

Von Anfang an hatte die Arbeit mit den Großmüttern eine beruhigende, stabilisierende Wirkung auf mich. Sie ließen mich meine rastlose Hast vergessen, indem sie mich vom Glauben abbrachten, für alles verantwortlich zu sein; so fand ich in die Haltung einer schlichten Beobachterin. Als ich mehr zu einer Beobachterin als einer »Macherin« wurde, lernte ich zu schätzen, was das Leben mir brachte, anstatt mich zu bemühen, dass es mir »etwas brachte«. Und während meine Neigung nachließ, mir Sorgen zu machen und mich auf Eventualitäten vorzubereiten, wuchs seltsamerweise meine Fähigkeit, Dinge zu erledigen. Obwohl ich jetzt eigentlich weniger »tat«, erreichte ich mehr. Ich hatte von diesem Phänomen gelesen, aber jetzt lebte ich es. »Mühelose Anstrengung« nannten die Großmütter es. »Vertraue in den Rhythmus des Lebens«, sagten sie, »und tanze mit dem Leben!« Endlich lernte ich ein paar Schritte.

Als ich übte, was die Großmütter »Gefäß-Sein« nannten, spürte ich, wie es war, wie sie zu sein. Die Kraft und Beständigkeit, die mich erfüllte, wenn ich ruhig dasaß, mich als »Gefäß« sah und bewusst »hielt«, war immens. Wann immer ich das tat, wurde ich eins mit den Großmüttern, eins mit den Grundfesten des Lebens. Als ich in das »Halten« gelangte, gab es nichts, was ich nicht tun konnte, und niemanden, den ich nicht lieben konnte. Ich empfand mehr Verständnis und musste nicht mehr zornig urteilen. Diese Änderung in der Einstellung erstaunte mich, aber noch mehr überraschte es mich, als ich entdeckte, dass ich ein Verständnis für den Archetyp des Gefäßes in mir trug. Was die Großmütter »diejenige, die hält« nannten, war bereits in meinen Körperzellen verankert.

Das Gefäß vermittelte mir auch ein Verständnis von der Großen Mutter. Kurz nachdem die Großmütter in mein Leben getreten waren, begann ich, nach Informationen über den weiblichen Aspekt des Göttlichen zu suchen, denn bis ich die Großmütter traf, hatte ich weder Kenntnis noch wirklich irgendein Interesse am weiblich Göttlichen. Obwohl mich das heute entsetzt, wusste ich damals nichts über den weiblichen Aspekt der Schöpfung, und meine Unwissenheit war für mich in Ordnung. Ich war mit Gott dem Vater aufgewachsen, und soweit ich wusste, war das alles, was es gab.

Die erste Person, die ich traf, die die Große Mutter verstand, war Meinrad Craighead, eine feministische Künstlerin, die im Südwesten lebt. Als ich nach New Mexico reiste, um einen Kunstkurs bei ihr zu besuchen, öffnete sie mir die Augen für das weibliche Prinzip. Vorsichtig erforschte ich, was Meinrad »das weibliche Göttliche« nannte, und nach einer Weile fand ich den Mut, zu ihr zu beten. Auf meinen frühen Reisen zu den Großmüttern erschien die Mutter tatsächlich mehrmals. Ich sah sie, sprach mit ihr, und nach und nach konnte ich diesen bisher (für mich) unbekannten Aspekt der Göttlichkeit immer mehr lieben und verehren.

»Wir sind für alle gekommen«

Sobald die Großmütter mir diese Meditation vermittelt hatten, übte ich, ruhig zu sitzen, mich als Gefäß zu betrachten und auf die Art und Weise, die sie mich gelehrt hatten, zu »halten«. Stelle dir meine Überraschung vor, als ich beim »Halten« mit der Großen Mutter verschmolz. Und das geschah nicht einmal, sondern jedes Mal, wenn ich so meditierte. Ich war fasziniert, wie einfach es war. Es kam zu einer Verschmelzung. Jedes Mal, wenn ich mich entschloss, zu »halten« und ein Gefäß für das zu werden, was das Universum geben wollte, änderte sich mein Bewusstsein und ich spürte ihre Gegenwart. Nach und nach wurde mir klar, dass wir ein und dasselbe sind.

Die Wirkung, die das auf mich hatte, war tiefgreifend. Was meine Persönlichkeit ausmachte und die meiner Familie, Freunde und Mitarbeiter, wurde damit weniger wichtig. »Hä?« fragte ich mich. »Wen interessiert das?« Und die Wut verflog. Die Angst verblasste. Der Schmerz verging. Mein Stress nahm stark ab. Ich bin Psychotherapeutin von Beruf, und das Verhalten von mir und anderen zu analysieren, war nicht nur meine Arbeit, sondern auch meine private Fixierung. »Was war es, das meinen Sohn dazu gebracht hat, so zu reagieren?« fragte ich mich etwa. »Warum wurde ich von meiner Freundin gestern Abend so verletzt?« Ich hatte die meiste Zeit meines Erwachsenenlebens damit zugebracht, über solche Fragen nachzudenken in dem Glauben, dass die Wahrheit sich zeigen würde, wenn ich nur genug nachdachte und es lange genug untersuche.

Jetzt war es mir egal. Nichts von all dem interessierte mich so wie früher. Warum sollte ich mich, wenn ich mit der Mutter eins war, mit Wunden aus der Vergangenheit abgeben? Sie sollten nicht an mir haften bleiben. Wo ich früher Beleidigungen und Verletzungen immer wieder in Gedanken durchspielte, liefen sie jetzt meistens nur kurz über den Bildschirm meines Geistes und waren dann verschwunden. Ich will nicht so tun, als lebte ich jetzt ununterbrochen in diesem Zustand. Das tue ich nicht. Hin und wieder werde ich immer noch in eines der Dramen des Lebens hineingezogen; aber wann immer ich daran denke, über das Halten zu meditieren, ruhig dasitze und mich dem Bewusstsein des Gefäßes öffne, verblasst das Drama. Und wenn das geschieht, wird das Leben angenehmer. Ich bin sicher, dass auch ich angenehmer geworden bin.

Auch die Frauen, die zu unseren monatlichen Treffen und Zeremonien kamen, berichteten von Veränderungen in ihrem Leben. Indem wir im Buch Selbstermächtigung lasen, darüber sprachen und die Lehren der Großmütter in die Praxis umsetzen, vertieften wir unsere Verbindung zu diesen weisen Ältesten. Ehen und Freundschaften blühten auf, alte Wunden wurden geheilt und gesundes Selbstvertrauen wurde selbstverständlich.

Eine Frau, die das sehr gut illustriert, ist Kathy, die schon mehr als zehn Jahre zur Gruppe der Großmütter in Laguna Beach gehört. Sie ist mit einem hitzköpfigen Mann verheiratet, der gerne streitet, und da ihr Wesen sanft und unterwürfig ist, hatte sich ihr Mann angewöhnt, auf ihr herumzuhacken. Aber nachdem sie die Ermächtigung der Großmütter erhalten hatte, begann sie sich zu verändern. Wann immer er sie maßregelte oder beschimpfte, zog sie nicht mehr den Kopf ein, so wie sie es zuvor getan hatte, sondern sie trat einfach nur zurück und beobachtete sein Verhalten. Sie reagierte nicht auf ihn; sie »hielt« ihn einfach, wie ein Gefäß Wasser hält – ganz gleich, was er austeilte. Sie war nicht betroffen, beobachtete nur und »hielt«. Sie staunte über die Kraft, die ihr das gab. »Es ist mir egal, ob er wütend wird oder nicht«, erzählte sie. »Ich sehe, dass es nichts mit mir zu tun hat. Ich sehe nur zu, lasse die Großmütter mich und ihn halten«, sagte sie, »und wisst ihr? Es kommt nur noch selten vor. Ich glaube, als er sah, wie ich stärker wurde, wurde er ruhiger.«

Ein weiteres Beispiel ist Christine, eine schöne junge Frau, die in der Geschäftsführung einer Bank arbeitet und sich oft den Herausforderungen in ihrem »Yang«-Arbeitsumfeld stellen muss. Sie lacht darüber, wie sie, wenn sie mit den Top-Leuten in Meetings sitzt, die Großmütter und das Netz aus Licht anruft. »Ich fühle mich, als würde ich ein Doppelleben führen«, sagt sie. »Ich ziehe meinen Anzug an, gehe mit meiner Aktentasche rein, und niemand in der Bank hat eine Ahnung, dass ich mit den Großmüttern arbeite.« Sie betreut junge Frauen bei der Arbeit und zeigt ihnen mit ihrem Beispiel und ein paar ausgesuchten Worten etwas davon, wie Macht und Schönheit eins sind. Im vergangenen Frühjahr, mitten in einem Großmütter-Retreat, rief ihr Chef an, um ihr mitzuteilen, dass sie befördert würde. »Eine große Beförderung«, sagte sie mit leuchtenden Augen. »Ich schätze, ihnen gefällt, was ich tue.« Dann sagte sie mit einem geheimnisvollen Lächeln: »Es sind die Großmütter.«

 

In den letzten Jahren kamen auch Männer zu unseren Treffen. Zuerst überraschte mich das, weil ich dachte, diese Arbeit sei nur etwas für Frauen. Aber als ich die Großmütter fragte, sagten sie: »Wir sind für alle gekommen«, und zeigten uns, wie wir den Mantel der Geborgenheit an die Männer weitergeben können. Diese einfache Zeremonie bestätigt den Mann, er wird gesegnet und in der Umarmung von Yin gehalten. Nur wenige Männer kommen zu unseren Treffen, aber was für einen Unterschied es ist! Frauen merken, wie viel mehr Macht sie spüren, wenn bei den Ermächtigungszeremonien Männer dabei sind und uns unterstützen. Die Großmütter sagen: »Yang, das von Yin gehalten und gestärkt wird, wird immer danach streben, das Leben zu fördern.« Das ist es, was wir fühlen, wenn Männer bei uns sind und hinter uns stehen.

»Weil eine Frau in diesem Bewusstseinszustand anziehend ist, kommt alles zu ihr.«

Nachdem ich mehreren Gruppen die Gefäßmeditation beigebracht hatte, fragte ich mich, ob das tanzende Unendlichkeitssymbol Frauen und Männern helfen könnte, sich besser zu verstehen. Also ging ich zu den Großmüttern, um es herauszufinden. »Großmütter«, sagte ich, als ich vor ihnen stand, »wenn das Unendlichkeitssymbol etwas ist, das anderen nützt, dann erklärt es mir bitte. Wir brauchen eine Möglichkeit, Männer und Frauen zu verbinden.«

»Wir werden es dir erklären«, sagten sie. Ich verbeugte mich, und als ich aufblickte, sah ich, dass sie lange Kleider trugen, die über den Boden schleiften, wenn sie gingen. Ich folgte ihnen dichtauf und konnte nicht umhin zu sehen, wie anmutig ihre langen Röcke schwangen. Dann sah ich, dass sie in diesen Kleidern dem ähnelten, wenn sie als gefiederte Vögel erschienen – sie waren vornehme, aufrechte Gestalten. Sie mögen ihr Aussehen von Reise zu Reise variieren, manchmal als Menschen erscheinen, manchmal wie große Vögel, aber wie auch immer sie sich zeigten, sie hatten eine Würde und natürliche Anmut, die ich im heutigen Leben selten erlebe. »Die Großmütter sind klassisch weiblich«, sagte ich mir.

Kaum waren die Worte über meine Lippen, drehten sie sich um und zeigten auf eine Gestalt, die hinter mir stand. »Oh«, sagte ich, als ich mich umdrehte. Die Gestalt war »ich«, aber dieses Ich saß auf einem Stuhl, mit erhobenen Handflächen und fest auf dem Boden aufgesetzten Füßen. Als ich »mich selbst« näher betrachtete, bemerkte ich, wie offen und entspannt mein Körper aussah. »Ja«, sagten die Großmütter, »was du hier siehst, bist du selbst: als Gefäß.«

Ich wollte fragen, was sie meinten, aber bevor ich etwas sagen konnte, wurde ich zu der Gestalt. Das erste, was mir auffiel, als ich diese Haltung annahm, waren meine gewölbten Handflächen. Dann wurde mir klar, dass nicht nur meine Hände, sondern mein ganzer Körper ein Gefäß war. Ich bildete eine Schale, und seltsamerweise gab mir diese gewölbte Stellung irgendwie ein Gefühl von Stärke und Stabilität. Je länger ich so dasaß, desto ruhiger und zufriedener wurde ich. »Großmütter«, sagte ich, »ich liebe diese Haltung in Schalenform. Jetzt spüre ich, was es bedeutet, ein Gefäß zu sein. Sogar meine Füße und Zehen sind angefüllt.«

Als ich weiter so dasaß, ruhig und still, begann ich zu summen, bis sogar meine Organe sangen. Ich schloss meine Augen, um die Vibration im Inneren zu genießen, und als ich sie wieder öffnete, war da wieder die liegende Acht. Nur bildete diesmal mein eigener Körper die eine Hälfte von ihr. Als ich auf die andere Seite blickte, sah ich undeutlich eine männliche Gestalt, die sich auf mich zuzubewegen schien. »Was ist das denn?« fragte ich mich, und dann wurde mir klar, dass ich, weil ich mit dem Gefäß eins und im Zustand des Haltens war, die männliche Gestalt zu mir hinzog. Ich war ein Magnet. Mit vollkommener Gelassenheit, als ob mir so etwas jeden Tag passierte, beobachtete ich, wie die Anziehungskraft die männliche Gestalt zu mir hinzog. Ich war unwiderstehlich. Genauso war es. Als ich erkannte, was geschah, dachte ich: »Das ist wie eine meiner Kindheitsfantasien: unwiderstehlich und so. Lustig, oder?« sagte ich mir, aber ich lachte nicht. Ich war zu entspannt, um zu lachen.

Jetzt wurde der magnetische Zug stärker und begann, alles an sich zu ziehen! Nicht nur Männer, sondern alles. Es war nicht so, dass ich versuchte, etwas für mich selbst anzuziehen; durchaus nicht. Ich war einfach offen. Und weil ich offen war und gewissermaßen leer, wollte alles zu mir kommen.

Plötzlich erinnerte ich mich an das, was die Großmütter zuvor gesagt hatten: »Die Unendlichkeitsbewegung hat ihren Ursprung in dem haltenden Zustand. Sie wird hervorgerufen von der dem Gefäß innewohnende Kraft.« »Oh!« rief ich aus, als ich erkannte, dass ich dies getan hatte und wandte mich mit offenem Mund an die Großmütter. »Ja«, sagten sie, als sie meinen Rücken rieben, um mich zu beruhigen. »Weil eine Frau in diesem Bewusstseinszustand anziehend ist«, sprachen sie langsam, jedes Wort wägend, »kommt alles zu ihr.« »W-o-w-w«, flüsterte ich gedehnt. »Sie muss nichts ›tun‹. Alles kommt zu ihr.« Und während ich sprach, war mein Körper so ruhig und gelöst, dass meine Lippen die Worte kaum formen konnte.

Nach einigen Minuten der Stille hörte ich mich wieder sprechen. »Ja«, sagte ich, und diesmal klang meine Stimme kraftvoll. »Wenn eine Frau die Position des Haltens einnimmt, wogt die Energie zwischen Frauen und Männern hin und her. Es geschieht mühelos«, sagte ich, als ich zusah, wie es geschah. »Aber nicht nur Männer und Frauen sind von diesem Halten betroffen«, sagte ich, und meine Stimme überschlug sich fast, als Tiere, Menschen, Felsen – alles Mögliche – anfing, auf mich zuzukommen. »Die Position des Empfangens ist so magnetisch, dass sie alles zu sich hinzieht. Sie zieht wirklich!« rief ich aus. »Jeder und alles will an diesem Ort gehalten sein.«

»Das Gefäß ist das Große Weibliche«, sagten sie, »also will natürlich alles bei ihr sein.« Dann lachten sie warmherzig und umarmten mich. »Alles will, dass ich es jetzt halte«, sagte ich, verblüfft über meine Einheit mit der Großen Mutter. »Sie ist unwiderstehlich«, sagte ich, und nach einer Pause, in der die Großmütter mich fest im Blick hielten, berichtigte ich mich. »Ich bin unwiderstehlich«, sagte ich, die Worte kamen kaum über meine Lippen. Die Großmütter lächelten nur und sahen mich an.

»Dieses Gefäßsein…« sagte ich endlich, »erfüllt eine Frau ganz und gar. Und, Großmütter«, sagte ich, »es heilt auch Männer. Es macht sie ganz.« Während ich sprach, fragte ich mich, woher diese Worte kamen. »Die Energie eines Mannes wird vom Unendlichkeitssymbol angezogen«, fuhr ich fort, »wo sie die Frau umkreist und wieder aufgeladen wird. Dann bewegt sich die männliche Energie und bildet den zweiten Kreis, aber sie tut dies immer im Rhythmus mit der Energie des Weiblichen. Männer können dies nur, weil sie gehalten werden«, sagte ich und war über die Komplexität meiner Erklärung selbst erstaunt. »Yin ist das Mutterschiff«, fuhr ich fort. »Die kleineren Boote fahren auf Streifzügen von der Mutter weg und kehren dann dankbar zu ihr nach Hause zurück.« Ich hielt inne und starrte die Großmütter an, die mir ihr sanftestes Lächeln schenkten.

»Das ist so, so, so… vervollständigend?« sagte ich, suchte nach dem richtigen Ausdruck. Ich wusste nicht, ob »vervollständigend« ein echtes Wort war oder nicht, aber es war das Wort für das, was ich erlebte. »Es gibt nichts mehr, was ich jetzt brauche oder will, Großmütter«, sagte ich. »Das ist alles.« Ich war mir gewahr, dass ich in diesem Augenblick erfüllt und ganz war. Ich war bereit, in die Alltagswirklichkeit zurückzukehren; mehr als diese Erfahrung konnte ich nicht verlangen.

Nachdem ich gesagt hatte: »Das ist alles«, gab es eine kurze Pause, und nach einer Minute oder so hörte ich mich flüstern: »Wow!« Das Wort war kaum zu hören. Ich hatte versucht, meine Hand zu heben, um den Großmüttern zum Abschied zu winken, merkte aber, dass ich es nicht konnte. Ich konnte nichts bewegen. Es lag nicht in meiner Macht, in die Alltagswirklichkeit zurückzukehren – noch nicht, bis die tiefe haltende Kraft des Yin ihren Lauf genommen hatte. »Oh Mann«, murmelte ich, »ich kann mich nicht rühren. Ich muss hierbleiben, Großmütter«, sagte ich und sah sie verwundert an, »bis sich diese Energie in mir gesetzt hat.« Sie nickten und bedeuteten mir, ich solle warten; also beruhigte ich meine Gedanken und tat genau das. Und sie warteten mit mir – die ganze Zeit still lächelnd.

»Ich bin geerdet«, verkündete ich endlich, als ich eine tiefe Verbindung zwischen der Erde und mir spürte. »Tatsächlich«, sagte ich, »bin ich eingebunden.« Ich sah zu, und in der Ferne sah ich Pfeiler, die tief in die Erde geschlagen wurden. »Ich bin diese Pfeiler«, sagte ich zu mir, und erstaunt: »Oh, wie stark ich bin. Total geerdet«, verkündete ich. »Das ist die Macht der Vollendung«, sagten die Großmütter.

Ich schloss die Augen und ruhte mich etwas aus und hoffte, das, was ich gerade erlebt hatte, erst einmal verdauen zu können, und mit jedem Moment fühlte ich mich größer und tiefer und stärker in der Erde verankert. Schließlich gab ich auf. Es war viel zu viel passiert, als dass ich das alles jetzt nachvollziehen konnte. »Großmütter«, sagte ich und schüttelte verwundert den Kopf, »das war wirklich etwas.« »Ja«, sagten sie, »du musst willens sein, eine Frau zu werden, um diese Arbeit zu tun.« »Ja«, nickte ich. Ich verstand: Sich für das Bewusstsein des Gefäßes zu öffnen, ist keine Aufgabe für ein Mädchen. Es erforderte den Mut und die tiefe Hingabe einer Frau, einer großen Frau. So, wie die Großmütter uns zu sein hießen.

Auf dieser Reise teilten die Großmütter ein kraftvolles Geheimnis mit mir – die ursprüngliche Kraft der Frau. Nicht die auf Yang beruhende Macht, die in unserer Welt hochgehalten wird, sondern die wirkliche Macht: die Frau als Gefäß; diejenige, die den Ton angibt und die Dinge in Bewegung setzt. Die Frau, die Nabe des Rades, das Mutterschiff, diejenige, die hält. Diese Ideen sind unserer Kultur fremd, fremd in unserer Welt. Seit Jahrtausenden wird die Frau als das »zweite Geschlecht« behandelt: Sie ist »auch ein Mensch«, aber sie soll dem Manne folgen und ihren Platz kennen. Die Frau als Shakti, als das weibliche Prinzip, die Urkraft des Universums, dafür hat unsere Kultur noch keinen Raum.

Die Macht, die die Großmütter mich auf dieser Reise erfahren ließen, veränderte meine Weltsicht. Nachdem ich die Anziehungskraft des Magneten gespürt hatte, der ich wurde, als ich mich öffnete, um ein »Gefäß« zu sein, wurde mir klar, zu was für einer Kraft ich wurde, wenn ich auf das Große Weibliche ausgerichtet war. Die Frau ist eine unerschlossene und unentdeckte Macht, eine Kraft des Guten. Wir Frauen halten diese Energie auf natürliche Weise; sie ist unser Geburtsrecht. Es spielt keine Rolle, dass dies seit Äonen vor uns verborgen war, so dass die Macht der Shakti schlief. Nach dieser Reise habe ich wirklich verstanden, was die Großmütter meinen, wenn sie sagen: »Die Energien von Yin und Yang verändern sich jetzt. Es ist an der Zeit, zum Gleichgewicht zurückzukehren, und dazu müssen die Frauen die Führung übernehmen. Es kann nicht anders sein.«