Unsere Liebe ist unsere Macht

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KAPITEL 1
Wer ist der Macher?

»Jedes Mal, wenn ihr zusammenkommt, ist mehr Kraft in den Flügeln.«

An einem Septembermorgen im Jahr 1996 änderte sich mein Leben für immer. Ich dachte über meine eigenen Angelegenheiten nach und ging einfach mit dem Hund am Strand spazieren wie jeden Tag, als ich plötzlich von einer Gruppe alter Frauen unterschiedlichster Herkunft in ihrer heimischen Tracht umgeben war. Sie winkten mir zu und sangen. »Wir sind der Große Rat der Großmütter«, sagten sie und fügten hinzu: »Wir sind gekommen, weil die Erde zu lange unter einem Übermaß an Yang und einem Mangel an Yin gelitten hat. Es ist an der Zeit, zum Gleichgewicht zurückzukehren, und dafür müssen Frauen die Führung übernehmen.«

Zwei Tage nachdem sie mir erschienen waren, landete ein Steinadler in meinem Garten, und kurz darauf wurde ich zu einer Schamanin geführt, die mir beibrachte, wie man zu den Großmüttern reist. So begann mein Abenteuer mit diesen weisen Lehrerinnen. In kurzer Zeit wurde ich Schülerin der Großmütter, nahm auf und gab weiter, was sie mir beibrachten, und hielt diese frühen Lehren und Erfahrungen in meinem Buch Selbstermächtigung fest.

Nachdem die Großmütter in mein Leben getreten waren und mich mit ihrer Botschaft und ihren überraschenden Unterrichtsmethoden zum Handeln bewegt hatten, begann ich, in meinem Haus Treffen zu organisieren, um ihre Lehren weiterzugeben – und an alle, die sie wollten, auch ihre Ermächtigung in das weiblichen Prinzip der Schöpfung.

Die Treffen fanden über mehrere Jahre statt. Frauen brachten ihre Freundinnen, Töchter, Mütter, Schwestern mit, und mit der Zeit begannen einige, auch ihre Ehemänner oder Freunde mitzubringen. Jeden Monat gab es ein Treffen mit alten und neuen Gesichtern, und nach jedem Treffen erzählten mir viele der Teilnehmerinnen, was für eine Veränderung diese weisen Frauen in ihr Leben gebracht hatten und wie viel glücklicher und selbstbewusster sie jetzt waren, nachdem sie den Großmüttern begegnet waren. Eine nach der anderen berichteten die Frauen davon, wie das Empfangen der Ermächtigung sie mutiger, liebevoller, ruhiger und entspannter gemacht hatte – in einer von Stress geplagten Welt.

Sie waren dankbar, dass ich diese Botschaft überbracht hatte, und ich auch, aber die Vorbereitung und Durchführung dieser Treffen beanspruchte viel Zeit und Kraft. Es behagte mir nicht, Geld für diese Arbeit zu verlangen, und es war klar, dass ich meine Psychotherapiepraxis nicht vernachlässigen durfte. Manchmal hatte ich das Gefühl, das alles nicht mehr zu schaffen, und dann fragte ich mich, wo meine Prioritäten lagen. Wie sollte ich mit diesem neuen »Job« bei den Großmüttern umgehen? Als Monate und dann Jahre vergingen, fragte ich mich, ob die Abhaltung der monatlichen Meetings die Mühe wert war. Wie lange wollte ich so weitermachen? Nachdem ich mich einige Zeit damit gequält hatte, dämmerte es mir eines Tages, dass ich zu den Großmüttern gehen und sie fragen musste.

Inzwischen war mir zur vertrauten Gewohnheit geworden, was die Großmütter als »Reisen in andere Dimensionen« bezeichnen und andere »Schamanisches Reisen« nennen. Eine Schamanin brachte es mir kurz nach dem Erscheinen der Großmütter bei, und obwohl ich anfangs Angst vor dieser seltsamen Art der Wahrnehmung hatte, lernte ich mit der Zeit, meinen Lehrerinnen in der nichtalltäglichen Realität zu vertrauen und den Vorgang zu genießen. Die Großmütter, sagte die Schamanin, waren in der von ihr so genannten »Oberen Welt« zu finden. Sie lehrte mich, wie man in dieses Reich gelangt, und erklärte mir, dass ich, auch wenn ich dort hinkommen konnte, nur dann die Großmütter finden würde, wenn sie es zuließen. Ich hatte so etwas noch nie erlebt und kam an meine Grenzen. Doch weil dieser Weg des Lernens und Erforschens etwas war, das meinem Verstand nicht zugänglich war, bekam mir dieses Wagnis gut. Die Methode war nicht »rational«, und deshalb war ich gezwungen zu lernen: nicht durch Theorie, sondern durch unmittelbare Erfahrung.

Weil ich so außer mir war, nicht »die Kontrolle zu haben«, versuchte mein Verstand, herauszufinden, was passierte. Aber obwohl ich alles versucht habe, konnte ich nie voraussehen, was auf einer Reise zu diesen anderen Ebenen der Realität geschehen würde. So gab ich nach unzähligen Streitereien mit meinem Ego darüber, »wer hier die Kontrolle hatte«, schließlich auf und ließ mich von den Geistern führen, wie sie wollten. Fast alles in dem Buch Selbstermächtigung erwuchs aus diesen frühen Erfahrungen mit den Großmüttern und den Geisthelfern.

Meine »Reisen«, wie mein Mann sie nennt, waren für mich immer wieder überraschend. Die Geisthelfer der Oberen und der Unteren Welt sind hervorragende Lehrer, und sie zeigten mir schnell, dass ihr Horizont weit über den meinen hinausreichte. Sie lehrten mich durch Erfahrung. Was ich sah, schmeckte, roch, fühlte und hörte, wurde zu meiner Wahrheit. Ich hatte mich immer als kreativen Menschen betrachtet, aber nicht in meinen wildesten Träumen hätte ich mir die Lektionen ausdenken können, die sie vermittelt haben. Und weil jede Reise etwas Unvorhergesehenes war, war klar, dass ich mir diese Ereignisse nicht ausdachte. Ich reiste nur über die Grenzen meines Verstandes hinaus und fand heraus, dass es mir gefiel.

Auf dieselbe Weise, wie ich es zu Anfang gelernt hatte, begann ich meine nächste Reise zu den Großmüttern: Ich stellte mir vor, auf den Wipfel eines Baumes zu klettern, den ich liebte, und fühlte und sah, wie ich es tat. Doch als ich von seinen obersten Ästen absprang und in der Luft war, merkte ich, dass etwas nicht stimmte. Ich war es gewohnt, wie ein Vogel zu schweben, aber heute fühlte es sich an, als hätte ich einen kleinen Motor in meiner Brust, und der war es, was mich antrieb. Dieser motorgetriebene Flug war harte Arbeit. Meine Brust brummte wie verrückt, und anstatt wie ein Adler zu gleiten, flog ich jetzt wie eine Biene. Ich wusste nicht, warum das passierte, aber, dachte ich, es wird wohl einen Grund haben. Ich wusste ja inzwischen, dass alles, was in der nichtalltäglichen Realität geschah, Sinn und Zweck hatte. Ich musste einfach abwarten, bis sich herausstellte, was es war.

Mit meinen winzigen Flügeln schwirrte ich durch die erste Ebene der Oberen Welt, aber als ich dort ankam, war ich mir nicht sicher, wie ich durch die Membran kommen sollte, die mich von der nächsten Ebene trennte. Ich hatte das schon Hunderte Male gemacht, aber heute fühlte es sich an wie das erste Mal. So sehr ich auch mein Gehirn marterte, ich konnte mich nicht erinnern, wie man hindurchbricht.

Bevor ich dieses seltsame Rätsel lösen konnte, wurde ich durch die Membran hindurchgestoßen. In der Luft schwebend, verhielt ich kurz und sah das Tal der Großmütter unter mir liegen. Ich holte kurz Luft, dann stürzte ich hinab, mein Bienenkörper schoss auf den Boden zu. Bevor ich aufschlug, presste ich die Augen fest zusammen, und erst als endlich das Gefühl des Fallens aufhörte und alles wieder ruhig war, öffnete ich sie wieder; da fand ich mich flach auf dem Rücken liegend. Die Wucht des Aufpralls hatte meine Flügel und meinen Körper in die Erde gedrückt, und jetzt schauten nur noch meine Zehen heraus.

Als ich den Schock der Landung überwunden hatte, richtete ich mich auf und stellte erstaunt fest, dass ich nicht verletzt war. Das war ein spektakulärer Unfall gewesen; die Panik, die mich ergriffen hatte, als ich auf die Erde zu raste, war so lebhaft, dass ich vergessen hatte, dass ich auf Reisen war. Selbst jetzt konnte ich es kaum glauben. Was war passiert? Hätte dieser Unfall auf der Erde stattgefunden, wäre ich jetzt tot, aber weil er in der nichtalltäglichen Realität stattfand, hatte ich nicht einmal einen Kratzer.

»Was für ein Auftritt«, staunte ich, als ich vor die Großmütter trat, die heute in Adlergestalt vor mir standen. Zwölf riesige Vögel betrachteten mich Schulter an Schulter mit ernsten Blicken. Manchmal erschienen sie in menschlicher Gestalt und manchmal sahen sie so aus wie heute, und obwohl sie mir schon oft als Adler erschienen waren, ließen mich diese Raubvogelaugen immer wieder schaudern. Doch auf meinen Reisen in andere Dimensionen hatte ich gelernt, bei meiner ursprünglichen Frage zu bleiben, und so ließ ich mich nicht ablenken. Stattdessen schluckte ich hart und sagte: »Großmütter, zu der bevorstehenden Versammlung… soll ich diese Treffen weiterführen?«

Alle zusammen erhoben sie ihre Flügel, ihre majestätischen Köpfe neigten sich nach hinten und dann wieder vor. »Ja«, sagten sie und starrten mich über ihre Schnabelspitzen an. »Die Versammlungen bringen Macht. Jedes Mal, wenn ihr zusammenkommt, habt ihr mehr Kraft in den Flügeln.« »Okay«, antwortete ich, obwohl ich mir nicht sicher war, was »Kraft in den Flügeln« bedeutete. Von welchen Flügeln sprachen sie überhaupt? Ich sah sie verständnislos an, aber sie runzelten nur ihre Brauen und fixierten mich mit einem noch schärferen Blick. »Oh h h h«, flüsterte ich, als es mir endlich dämmerte, »sie meinen die Flügel. Die Treffen geben den gemeinschaftlichen Flügeln Kraft, die das Leben tragen. Die Zusammenkünfte unterstützen die Erde.« In der Hoffnung auf eine Antwort blickte ich zu ihnen auf, als mir dieser Gedanke kam, und sie nickten: »Ja.«

»Großmütter«, fuhr ich fort, »gibt es etwas, das ich bei diesen Treffen weitergeben soll?« Und als ich ihre Blicke sah, fügte ich schnell hinzu: »Außer eurer Ermächtigung, meine ich.« Dunkle Federn blitzten auf, und als die Luft machtvoll erzitterte, erbebte auch ich. »Vielleicht habe ich etwas Falsches gesagt«, dachte ich, als sie mich wieder mit diesem Blick bedachten. »Gibt es sonst noch etwas, das ich weitergeben soll?« wiederholte ich, und meine Stimme war nur noch ein Krächzen.

 

»Macht«, sagten sie und durchbohrten mich mit ihren Blicken. »Ihr wollt, dass ich Macht weitergebe?« presste ich heraus, verblüfft, dass sie das von mir erwarteten. Aber die großen Adler sagten nichts, starrten mich nur weiter an, bis ich schließlich stammelte: »Hmm, äh… wie mache ich das, Großmütter?«

»Trommle für die Versammlung«, sagten sie. »Trommle und bitte dabei alle, sich vorzunehmen, mehr Macht zu übernehmen. Lasst das ihr Gebet sein: Macht zu erhalten für ihr eigenes Wohl und für das Wohl der Welt.«

Sie zeigten auf den Boden zu meinen Füßen, und als ich ihren Blicken folgte, sah ich, wie es sich vor uns ausbreitete: Bis weit in die Ferne funkelnd schwebte das Netz aus Licht. Hier war das große Netz, von dem die Großmütter gesagt hatten, dass es der Erde Halt geben würde, während sich die Energien von Yin und Yang verschoben. Kurz nachdem ich angefangen hatte, mit ihnen zu arbeiten, hatten sie mir beigebracht, wie man mit dem Lichtnetz arbeitet, und im Laufe der Jahre hatte ich gesehen, wie dieses leuchtende Netz fester und strahlender wurde, je mehr Menschen sich mit ihm verbanden.

Ich blickte jetzt auf seine funkelnde Ausdehnung, und da flüsterte jemand: »Netz aus Licht, Netz aus Licht, Netz aus Licht, Netz aus Licht.« »Ah!« sagte ich, und die Großmütter beobachteten mich, als ich langsam verstand. »Bei diesen Treffen wollt ihr, dass wir erst über das Lichtnetz meditieren, und dann, dass ich trommle, während alle um mehr Macht bitten. Ist das so?« fragte ich.

»Wenn ihr diese Dinge in dieser Reihenfolge tut«, sagten sie, »wird die Macht, die jede empfängt, nicht nur sie, sondern auch das Lichtnetz anfüllen. Sie wird das Netz erweitern, mehr Yin-Energie in alle Beteiligten und auch in die Erde fließen lassen.

Wenn sie um Macht bitten, müssen sie offen dafür sein, wie sie ihnen gegeben wird«, sagten sie. »Erinnere sie daran. Wo in ihrem Körper nehmen sie sie auf?« fragten sie, ihre großen Häupter wiegend. »Wenn die Macht in sie eindringt, wird auch Heilung stattfinden. Wo findet Heilung statt?« fragten sie. »Wo gibt es einen Durchbruch? Wo Erwachen? Wo gibt es Öffnungen und Freigaben?« fragten sie. »Sie müssen sich der Reaktionen ihres Körpers bewusst sein«, sagten sie und nickten mir aufmunternd zu.

»Der Geist von Adler wird in den Raum kommen«, sagten sie, und ich blickte überrascht auf. Aber bevor ich fragen konnte, was das zu bedeuten hatte, sah ich Adler in meinem Wohnzimmer fliegen. Seine starken Krallen berührten leicht den Kopf einer Frau, seine Flügel streichelten einen Mann, und dann schraubte er sich höher und kreiste über der ganzen Gruppe. Fasziniert behielt ich ihn im Auge, und während ich zusah, sprachen die Großmütter. »Der Adler wird zu jedem fliegen und alles mitbringen, was er braucht. Wenn sie sich öffnen, um zu empfangen«, sagten sie, »wird jede von ihnen zu einem Lichtwirbel werden. Nach dieser Sitzung«, sagten sie, »wird Macht von ihnen ausgehen, wo sie auch sein mögen. Wo auch immer sie stehen – die Macht wird da sein. Wenn mehr und mehr Macht in sie eindringt, wird sie sie verändern und sie aufladen. Jede von ihnen wird ein wandelndes Gebet werden, ein Segen für alles und jeden, dem sie begegnen.

Das ist das Potential dieser Arbeit«, sagten sie und warfen den Kopf zurück. »Größe! Das Potential ist weitaus größer, als ihr es euch vorstellen könnt. Und was wir beschrieben haben, wird sich in jeder Person abspielen, die zu euren Treffen kommt«, sagten sie und blickten mich an. Mit offenem Mund schaute ich zurück und versuchte aufzunehmen, was sie gesagt hatten. »Je mehr diese Menschen sich im Zustand des wandelnden Gebets befinden, wenn sie zu diesen Treffen kommen, desto mehr Macht werden sie haben, anderen zu helfen; einige werden mehr und andere weniger haben.«

Ich merkte, dass ich bei ihren Worten die Luft angehalten hatte. Sie fingen an, mich zu berühren und leicht mit den Spitzen ihrer Federn zu betasten, und sie blinzelten, während sie mich beobachteten, und sagten: »Sprich darüber…« Sie hielten inne, scheinbar auf der Suche nach den richtigen Worten. »Nur Gutes reden«, sagten sie schließlich. »Sprich darüber, wie weise es ist, nur gute Gedanken zu denken, und sag allen, wie wichtig es für sie ist, ihre Herzen zu öffnen und alle negativen Bewusstseinszustände auszuschalten. Nur Gutes zu reden und zu denken, wird ihr Verhalten in Einklang mit dem Bewusstsein des wandelnden Gebets bringen«, erklärten sie.

»Das wandelnde Gebet lebt bereits in ihnen«, erklärten sie, »und sobald sie sich ihm öffnen, werden sie es erkennen und merken, dass sie nach Hause gekommen sind.« Die Großmütter hatten uns schon beigebracht, wie wir in diesen Zustand gelangen, wie wir dieses »wandelnde Gebet« werden können, von dem sie sprachen. Ich hörte aufmerksam zu.

Zwölf Großmütteradler plusterten ihre Federn und standen noch größer da; ihre Haltung unterstrich die Bedeutung ihrer Worte. »Ganz gleich, wie weit sich die Sprache, die Gedanken und Gefühle eines Menschen entwickelt haben«, sagten sie und wiegten dabei ihre Köpfe, »das wandelnde Gebet wohnt wartend in ihrem Herzen. Lass dich nicht vom Verhalten von jemandem täuschen, so merkwürdig es auch erscheinen mag«, sagten sie. »Was wir das wandelnde Gebet nennen, ist in jedem Menschen verborgen.«

Als ich das hörte, fühlte ich mich etwas unwohl. »In jedem Menschen?« fragte ich. Dann fragte ich mich: Wie weit war ich selbst mit dem, was sie beschrieben? Ich fühlte mich nicht wie ein wandelndes Gebet; ganz und gar nicht. Wie konnte ich diese Lehre an andere weitergeben, wenn ich selbst sie nicht lebte? »Ich weiß nicht«, sagte ich zu mir und merkte zu spät, dass ich laut gesprochen hatte. Zwölf ernste Großmüttervögel unterbrachen meine Gedanken und sprachen laut im Chor: »Es darf keine Zeit damit verschwendet werden, sich zu hinterfragen. Überhaupt keine«, schimpften sie und starrten mich an, bis ich flüsterte: »Ja, Großmütter.«

»Die Ausrichtung auf das Höhere hat schon begonnen«, versicherten sie mir und tätschelten mich mit ihren Flügeln, »und wenn man sich diese Ausrichtung wünscht, kommt sie einfach schneller.« Sie streichelten mich behutsam und sagten: »Verbringe deine Zeit damit, zu überlegen, wo du hinwillst, nicht darüber, wie weit du vom Ziel entfernt bist. Das ist der bessere Weg«, sagten sie lächelnd und nickten. Da sah ich ihr verstehendes Lächeln, spürte ihr Mitgefühl und seufzte. Ich würde tun, was sie vorschlugen.

»Jede Person, die sich zu diesen Treffen hingezogen fühlt, wird für diese Arbeit gebraucht«, sagten sie. »Ja, Großmütter«, antwortete ich. Sie schwiegen einen Moment, und dann drehten sie den Kopf und schauten mir fragend in die Augen. »Warum starren sie mich so an?« fragte ich mich, aber sie hielten meinem Blick stand, und da wurde mir klar, dass ich ihnen nicht wirklich zugehört hatte. Ich merkte, dass mir der Atem stockte. Ich hatte darüber nachgedacht, wer zum nächsten Großmüttertreffen erscheinen würde. Was sie sagten, war ziemlich starker Tobak. – »Sei ein wandelndes Gebet, verbanne negative Gedanken, rede nur gut.« Was wäre, wenn die Leute, die zum nächsten Treffen erschienen, dazu noch nicht bereit wären?

»Äh, Großmütter«, sagte ich, »diese Sache mit dem wandelnden Gebet«, stammelte ich, »ähm, ich glaube nicht, dass alle, die zu diesen Treffen kommen, so viel Einsatz bringen. Was ist, wenn die Leute…« Unbeeindruckt von dem, was ich sagte, starrten mich zwölf Großmütteradler ruhig über die Spitzen ihrer Schnäbel an. »Nur jene, die wir rufen, werden kommen«, sagten sie.

Ich dachte darüber nach. Sie hatten es schon einmal gesagt, und als ich an die vergangenen Großmüttertreffen dachte, musste ich zugeben, dass jedes Mal, wenn wir ein Treffen hatten, die richtigen Leute angezogen worden waren. Die Mischung von Menschen, die sie zu dieser Arbeit riefen, hat mich immer wieder erstaunt. Es waren Geschäftsleute, Hausfrauen, Karrierefrauen, »New Age«-Typen, Christen, Juden, Hindus, Buddhisten, Teenager, Straßenkinder, Nonnen, Priester, sogar ein paar Muslime – die unterschiedlichsten Menschen kamen durch meine Tür, um etwas über die Großmütter zu erfahren. »Du bist stärker geworden«, sagten sie und unterbrachen damit meinen Gedankengang, und als ich überrascht aufblickte, fügten sie hinzu: »Andere wachsen auch.«

Als sich ihre Worte setzten, begann ich wieder ruhiger zu atmen. Sie sagten, dass ich mit dieser Arbeit nicht mehr allein war; jetzt gab es andere mit ebenso starkem Engagement. Ihre Botschaft verbreitete sich, und wir bildeten ein Team, um sie weiter voranzubringen. Als mir diese Gedanken kamen, nickten zwölf nicht mehr wild aussehende Adler zustimmend.

»Großmütter, ich kann spüren, auf wie viele Arten ich meine Flügel jetzt bewegen kann«, sagte ich. Da sich mein Körper entspannt hatte, war ich mir meines Bienenselbst wieder bewusst geworden. »Wenn sich diese Flügel auf und ab bewegen«, sagte ich und bewegte sie auf Bienenart, »fühle ich ein Ziehen in meiner Brust«, erklärte ich. Begeistert von meiner Entdeckung, wartete ich auf ihre Antwort, aber sie lächelten nur höflich. Sie sahen etwas gelangweilt aus. »Jede Person, die zu unseren Treffen kommt, hat eine Rolle bei dieser Arbeit zu spielen«, sagten sie. »Sag ihnen das.« Sie wechselten das Thema. Ich mochte die Entwicklung meiner Flügel faszinierend finden, aber darüber wollten wir heute nicht sprechen.

»Bitte die, die zu dieser Versammlung kommen, für jeden Menschen zu beten, den sie sehen«, sagten sie, »nach dem Licht in jedem einzelnen zu suchen, ihn zu segnen und für ihn zu beten. Das ist es, was das Lichtnetz tut«, sagten sie. »So hält es die Erde und erhebt jeden einzelnen.

Und wenn du jemanden findest, für den du nicht beten magst«, sagten sie, »bitte uns, ihm zu helfen, und wende dann deine Gedanken schnell etwas Gutem zu. Verharre nicht, wo es Schmerz und Negativität gibt.« Sie runzelten ihre Brauen. »Bete stattdessen für jene, für die du beten magst, und übergib alle anderen uns oder irgendeiner Form des Göttlichen, die du liebst, und wende dann deine Gedanken etwas Gutem zu. Diese Art von Gebet belebt die Stränge des Lichtnetzes«, sagten sie. »Jedes Mal, wenn ihr euch von der Negativität zum Guten wendet, stärkt und verdichtet ihr das Lichtnetz, das die Erde hält.« »Wow!« murmelte ich. »Sogar unsere Gedanken beeinflussen das Lichtnetz.«

»Es ist nicht nötig, persönliche Liebe für alle zu empfinden«, sagten die Großmütter und schauten vielsagend, und ich blickte fragend auf. »Oftmals gibt es zu viele Blockaden in euren Erinnerungen, so dass ihr es nicht könnt«, erklärten sie. »Aber wenn du uns bittest, durch dich zu lieben, werden wir es tun. Es gibt jetzt einen großen Bedarf an dieser Liebe, also bitte darum«, sagten sie. »Okay, Großmütter«, stimmte ich zu. »Ja, ich verstehe, was ihr meint. Wenn ich mich nicht dazu bringen kann, Liebe für jemanden zu empfinden, kann ich euch bitten, ihn zu lieben.« »Und wann immer du bittest, werden wir diese Liebe durch dich schicken«, fügten sie hinzu, »auch in den schwierigsten Fällen.

Jedes Mal, wenn du dich entscheidest, sowohl das Einfache als auch das Schwierige zu lieben, sagst du ›Ja‹ zum Leben«, sagten sie, die gefiederten Köpfe glücklich hin und her wiegend. »Und jedes Mal, wenn du das tust, stärkst du die Energie von Yin auf deinem Planeten. Das ist es, was jetzt gebraucht wird«, sagten sie. »Das«, alle Großmütter hoben einen Flügel, »ist deine Arbeit.«

Wieder sah ich mein Wohnzimmer, und wieder war es voller Menschen. Aber jetzt waren sie alle mit dem Lichtnetz verbunden, und als ich noch schaute, sah ich das Netz strahlender leuchten als zuvor; es sah aus, als hätte sich seine Strahlkraft verdoppelt.

»Wenn du mit dem Trommeln fertig bist«, sagten die Großmütter, »bitte alle, über das Licht zu meditieren, das sie in das Lichtnetz geschickt haben. Dann bitte sie zu beobachten, wie dieses Licht zu ihnen zurückkehrt. Sie werden feststellen«, sagten sie, »dass mehr Licht zu ihnen zurückkehrt, als sie anfangs ausgesandt haben.« Sie lächelten wissend, breiteten ihre Flügel aus und sagten: »Der Moment des Gebens ist immer der Moment des Empfangens.« »Großmütter«, sagte ich, »jedes Mal, wenn wir uns mit dem Netz aus Licht verbinden, gibt es einen Machtzuwachs, in uns und im Netz, nicht wahr?« Dann fragte ich: »Ist das Lichtnetz ein sichtbares Bild der Kraft des Gebets?« »Ja«, sagten sie.

 

Die Großmütter reckten ihre Hälse, hoben ihre Köpfe und sagten: »Atme unsere Energie ein, während wir deine einatmen. Wenn wir einatmen, nehmen wir deine Energie auf, und wenn du einatmest, nimmst du unsere auf.« Ich synchronisierte meinen Atem mit ihrem, und sofort schwoll ein Leuchten in mir. »So ist es, wenn ich meine Energie mit den Großmüttern in Einklang bringe«, flüsterte ich ehrfürchtig. Nachdem ich ein oder zwei Minuten lang so geatmet hatte, signalisierte mir der Trommelschlag auf meinem Recorder, in die Alltagswirklichkeit zurückzukehren, also wandte ich mich an die Großmütter und verbeugte mich dankbar. Und als ich mich vom Boden erhob, um in die Alltagswirklichkeit zurückzukehren, war ich so kraftgeladen, dass mein Flug ganz mühelos war, obwohl ich immer noch wie eine Biene flog.

Als ich die Aufnahme vom Besuch bei den Großmüttern abspielte, kam mir in den Sinn, dass sich mein Flug in die Obere Welt diesmal wie Arbeit angefühlt hatte, weil ich bei den Großmüttertreffen an »Arbeit« gedacht hatte. Mit meinen winzigen Flügeln als dieses geschäftige kleine Bienchen, hatte ich die Treffen als »meinen Job« angesehen. Mein Verstand ließ mich glauben, dass ich die Handelnde war, und dieses falsche Pflichtgefühl hatte das freudige Tun in Arbeit verwandelt. Ich musste darüber lachen, wie mein Ego mich dazu gebracht hatte, zu glauben, dass alles in meiner Verantwortung lag. Dann erinnerte ich mich an meine Bruchlandung. Die Großmütter hatten mir genau gezeigt, wohin mich diese Art zu denken geführt hatte.

Nachdem sie mir das Potential der monatlichen Treffen gezeigt hatten – wie wir mehr Macht in das Lichtnetz einspeisen, das die Erde hält –, war das alles keine Anstrengung mehr. Es war keine Arbeit, es war schlicht das, was ich tun wollte. Wieder einmal staunte ich über ihre Kunst, etwas zu vermitteln, und lachte laut über meine Yang-Fixierung: auf »Tun« und »Arbeiten«. Die Großmütter hatten nicht ein einziges Mal meine geschäftige Rolle als Biene angesprochen. Sie hatten mir auch keine Vorträge über meine Einstellung gehalten oder wie ich meine Rolle bei ihrer Mission missverstanden hatte, aber ich hatte gleichwohl verstanden, worum es ging.