Vermögensverwaltung 2.0: Das 1x1 der Robo-Advisors

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2.4.2 Die Anlagestrategie der Robo-Advisors

Jede Rebalancing-Strategie hat seine Tücken. Anleger mit gemischten Aktien-Renten-Portfolios, die Ende 2008 Aktien an einem Tiefpunkt der Märkte nachkauften, konnten sich 2009 über phantastische Renditen freuen. Doch es gibt nicht nur kurzfristige Kurskorrekturen, sondern auch länger andauernde Marktturbulenzen. Sie stellen Rebalancing-Strategien bzw. die Anlagedisziplin auf eine harte Probe, wie die drei verlustreichen Aktienjahre 2000, 2001 und 2002 eindrucksvoll zeigten. Hätten Sie angesichts der DAX-Verluste von 7,5 % im Jahr 2000, im folgenden Jahr von 20 % und dem darauffolgenden 44-Prozent-Absturz im Jahr 2002 die Nerven besessen, jeweils zum Jahresende stoisch in Aktien umzuschichten und ihre Gewinner-Anleihen zu verkaufen? Ein Robo-Advisor hätte das. Er setzt anhand klarer Regeln und ohne Emotionen das Rebalancing um. Doch das Vorgehen der Robos unterscheidet sich voneinander.

Grob lässt sich die Anlagestrategie von Robo-Advisors zweiteilen. Auf der einen Seite gibt es Robo-Advisors, die eher einer aktiven Anlagestrategie folgen. Auf der anderen Seite stehen die Robo-Advisors, die einen passiven Investmentansatz umsetzen29. Was bedeutet das genau?


Strategie passiv semipassiv semiaktiv aktiv
Anlagen passiv gemanagte ETF und ETC passiv gemanagte ETF und ETC passiv gemanagte ETF und ETC aktiv gemanagte Fonds, Aktien, Anleihen, Rohstoffe usw.
Generelle Strategie Bei der passiven Strategie wird die Zusammensetzung des Portfolios nach der Depoteröffnung nicht mehr geändert, d. h. es findet kein aktives Umschichten statt. Die Rendite dieser Strategie hängt vom Wachstum der Märkte ab. Bei der aktiven Strategie sind die Robos jederzeit in der Lage, die Portfolios umzuschichten, um auf aktuelle Entwicklungen an den Aktienmärkten zu reagieren. Damit besteht die Chance, die Marktrendite zu schlagen. Ob das gelingt, liegt allerdings am Geschick des Robos.
Beschreibung Der Chance-Risiko-Mix des Depots soll dauerhaft gleich bleiben, daher werden einmal jährlich die Gewichte auf die Ausgangswerte zurückgesetzt (statisches Rebalancing). Sobald der Risiko-Mix des Depots (Mischung der Assetklassen zueinander) festgelegte Abweichungsgrenzen überschreitet (z. B. Abweichung um 10 %), wird der ursprüngliche Mix wiederhergestellt. Kleine Korrekturen können schon bei Ein- oder Auszahlungen vorgenommen werden. Hier wird nicht die Mischung der Anlageklassen im Portfolio konstant gehalten, sondern das gewünschte Anlagerisiko. Wenn sich das Risiko erhöht, werden Aktien und andere Risikopapiere abgebaut und verstärkt risikoärmere Titel, wie Anleihen, gekauft. Sinkt dagegen das Risiko, so läuft das Prozedere umgekehrt. Die Mischung der Assetklassen (wie Aktien, Anleihen usw.) wird je nach Markt- und Kapitalmarktlage umgeschichtet und/oder neu zusammengestellt. Ähnliches gilt, wenn technische Analysen für einen Ein- und Ausstieg an der Börse beachtet werden oder einzelne Anlagen neu bewertet werden.

*Eine eindeutige Kategorisierung der Robo-Advisor ist nur schwer möglich, weil sich die Anlagestrategien teilweise untereinander vermischen oder die Anbieter verschiedene Modelle anbieten. Besuchen Sie deshalb immer die Webseite des Anbieters und informieren Sie sich im Detail über die Anlagestrategie.

Abb. 4: Anlagestrategie der Robo-Advisors

Werfen wir zunächst einen Blick auf die Robo-Advisors, die einen passiven Ansatz folgen. Wer diesen Ansatz mit Passivität gleichsetzt, hat ein falsches Bild vor Augen. Denn schon Carmen Sylva fand: „Die Geduld ist nicht passiv. Im Gegenteil, sie ist eine Tat, sie ist konzentrierte Kraft.“ Denn die Robo-Advisors, die sich diesem Ansatz verschrieben haben, verteidigen die mit dem Anleger zusammen erarbeitete Aufteilung des Depots gegen die Stürme an den Finanzmärkten. Deswegen findet nach der Eröffnung des Depots keine Veränderung der Gewichtung von Anleihen zu Aktien mehr statt. Damit dies gelingt, findet monatlich, quartalsweise oder jährlich ein Rebalancing statt, sodass die ursprüngliche Aufteilung der Gelder auf Aktien, Anleihen usw. wieder erreicht wird30.

Aus diesem Grund sind die erzielbaren Renditen in großem Maß davon abhängig, wie sich die Finanzmärkte entwickeln. Denn ein passiver Robo-Advisor versucht nicht durch aktive Umschichtungen die Marktrendite zu übertreffen, sondern er versucht so nah wie möglich die Marktrendite nachzubilden31. Er arbeitet nicht gegen den Markt, sondern mit ihm. Steigt die Börse, dann gewinnt auch das Portfolio an Wert. Fällt sie, dann kann auch die Maschine kaum mehr tun, als die Verluste durch Diversifikation zu begrenzen.

Ein Vorteil des passiven Ansatzes ist, dass die Rendite nicht von den Geschicken des Robo-Advisors abhängig ist. Zudem ist die passive Anlagestrategie nahezu risikolos, allerdings nur, wenn sie als Langzeitstrategie (mehr als zehn Jahre) angewendet wird. Es gibt weltweit nur wenige bedeutende Indizes, die über die letzten Jahrzehnte im Mittel Verluste eingefahren haben. Der Haken ist, dass viele Indizes auch jahrelange Phasen des Abstiegs aufweisen, d. h., dass der Anleger jahrelang auf Verlusten sitzenbleiben kann. Doch meist wird die Geduld des Anlegers belohnt, die Indizes kehren wieder in die Gewinnzone zurück und somit auch das Portfolio des Anlegers.

Warum entscheiden sich die passiven Robo-Advisors für diese Strategie? Dahinter steckt die Erkenntnis, dass die allermeisten Fondsmanager den Markt nicht dauerhaft schlagen können. John Bogle, einer der Väter der ETF, sagte dazu: „Suchen Sie nicht nach der Nadel im Heuhaufen, kaufen Sie einfach den Heuhaufen.“ Folglich ist es eher entscheidend, Märkte möglichst genau und kostengünstig abzubilden. Da ETFs in die großen, breiten Indexe – wie DAX, Dow-Jones, S&P 500 usw. – investieren und deren Entwicklung nahezu 1:1 abbilden, sind sie genau die richtigen Investmentvehikel für Robo-Advisors. Zudem sind sie noch sehr kostengünstig. Bringt man es auf den Punkt, so sieht der passive Ansatz eigentlich „nur“ vor, die Geldanlage möglichst gut zu streuen – meist mit den breit diversifizierten ETFs, um dann im Anschluss immer wieder die ursprüngliche Allokation (Gewichtung der Anlageklassen) herzustellen. Durch dieses Rebalancing entsteht zudem ein antizyklisches Investment, weil die Anleger dann mehr in die Märkte investieren, wenn diese nicht stark nachgefragt sind, und dafür Anteile der Märkte verkauft werden, die sich gerade sehr gut entwickelt haben. Ketzerisch könnte man sagen, dass man für den passiven Ansatz, abgesehen von Feinheiten wie dem Rebalancing, gar keinen Computer bräuchte. Jeder halbwegs informierte Anleger könnte selbst ein ETF-basiertes 50-45-5-Portfolio aus Aktien, Anleihen und Rohstoffen zusammenstellen. Aber dann wird es knifflig: Führt der Anleger das Rebalancing strikt nach vorher festgelegten Regeln durch oder schichtet er sein Portfolio bei der erstbesten Gelegenheit doch wieder um? Die eigentliche Stärke der passiven Robo-Advisors liegt nicht in der Rechenpower, sondern darin, eine Strategie konsequent durchzuziehen, was die meisten Anleger aufgrund ihrer Emotionalität nicht schaffen.

Natürlich werden die Anlegergelder nicht nach Gutdünken auf verschiedene ETFs verstreut, sondern nach dem Konzept der modernen Portfoliotheorie angelegt. Hierzu berechnen die Robo-Advisors mithilfe der Markowitz-Theorie die optimalen Depots, d. h. die beste Aufteilung des Geldes auf Anlageklassen für eine bestmögliche Diversifizierung, um auch schweren Zeiten an den Finanzmärkten trotzen zu können. Folglich ermöglichen passive Robo-Advisors eine günstige Anlage nach Lehrbuch.



Theodor Fontane erkannte schon: „Der Zauber steckt immer im Detail.“ Um uns verzaubern zu lassen, sehen wir uns nun im Detail an, wie die Robo-Advisors das Rebalancing durchführen. Ein typischer Vertreter der passiven Robo-Advisors ist easyfolio mit seinen drei Anlagestrategien 30, 50 und 70. Die Zahlen 30, 50 und 70 entsprechen der jeweiligen Gewichtung von Aktien im Depot, der Rest entfällt auf Anleihen. Die prozentuale Verteilung der einzelnen Regionen im Aktienteil erfolgt entsprechend der wirtschaftlichen Bedeutung. In der Regel umfasst jedes Depot 15 ETFs. Easyfolio führt quartalsweise ein Rebalancing durch.

 
 

Bei vielen semipassiven Robo-Advisors erfolgt das Rebalancing schon, wenn die Anlageklassen um einen bestimmten Prozentsatz vom ursprünglichen Gewicht abweichen (abweichungsinduziertes Rebalancing). Nach diesem Ansatz managt der Robo-Advisor von fintego die angebotenen Portfolios: „Ich will’s defensiv“, „Ich will’s konservativ“, „Ich will streuen“, „Ich will mehr“ und „Ich will alles“. Je nach Risiko schwankt der Aktienanteil zwischen 10 bis 90 %. Investiert wird anhand der Risikotoleranz des Anlegers in Aktien global, Aktien Schwellenländer, Staatsanleihen Europa, Unternehmensanleihen Euro sowie Rohstoffe. Anders als beim passiven Ansatz legt fintego eine Obergrenze für die Abweichungen von der ursprünglichen Depotaufteilung fest. Bei einer 15 %-igen-Abweichung von der ursprünglichen Gewichtung erfolgt das Rebalancing. Zusätzlich führen viele passive Robo-Advisors, wie Ginmon, ein smartes Rebalancing durch. Hierbei werden bei jeder Anlage (Einmalanlage oder Sparplan) die Anlagebeträge so aufgeteilt, dass sich das Depot des Kunden so gut wie möglich wieder an die ursprünglich gewählte Struktur anpasst.

Mit diesen passiven, geduldigen Robo-Advisors konkurrieren die aktiven, hibbeligen Robo-Advisors um die Gunst der Anleger. Bei den aktiven Robo-Advisors wird nicht die „Anlagemischung“ (Aufteilung des Depots z. B. zwischen Aktien und Anleihen) verteidigt, sondern das Risiko im Depot wird konstant gehalten. Hierzu misst der aktive Robo-Advisor jeden Tag aufs Neue, welchem Risiko jedes einzelne Kundendepot ausgesetzt ist. Hierfür muss der Robo eine Unmenge von Daten sammeln, z. B. darüber, wie sehr die Kurse einzelner Wertpapiere steigen und nachgeben und wie die Entwicklungen verschiedener Wertpapiere miteinander zusammenhängen. Schwankt der Kurs einer Aktie stärker (als üblich), steigt das Risiko, damit Verluste zu erleiden, und der Robo-Advisor tauscht die Aktie ganz oder teilweise gegen weniger riskante Anlagen aus. Da allerdings „nur“ die Gewichtung der Assetklassen (wie Aktien, Anleihen, Rohstoffe usw.) aktiv je nach Marktentwicklung verändert wird, wird diese Strategie als semiaktiv bezeichnet.

Beispielsweise verfolgt der Robo-Advisor von Scalable Capital eine semiaktive Strategie. Er bietet 23 Risikokategorien mit jeweils 10 bis 15 ETFs an. Zudem beobachtet er die Märkte dauerhaft und versucht Ereignisse, die zu großen Verlusten führen können, schon im Vorfeld zu erkennen, um dann rechtzeitig umzuschichten. Dafür stützt er sich auf die Risikokennzahl Value at Risk (VaR). Diese Kennzahl gibt an, dass eine bestimmte Verlustschwelle (vom Anleger festgelegt) mit 95- %-iger-Wahrscheinlichkeit nicht überschritten wird. Natürlich kann dies dennoch vorkommen, weil sich bestimmte Risiken nicht ausschalten lassen und unwahrscheinliche Ereignisse eintreten können. Je nachdem, was der Value at Risk sagt, schichtet der Robo-Advisor zwischen risikoreicheren oder risikoärmeren Anlageklassen um.

Erst wenn die Robo-Advisors noch eine Stufe weitergehen, wenn sie also Einzeltitel bzw. Fonds gezielt kaufen, kommen wir zu der „echten“, aktiven Vermögensverwaltung. Sie führt ein Stock Picking durch, d. h. der Robo-Advisor sucht nach der besten Aktie am Markt. Um diese Aktie zu finden, muss der Robo-Advisor Prognosen über die künftige Marktentwicklung anstellen und sie in seine Investmententscheidung miteinfließen lassen. Er sucht demnach die besten Ein- und Ausstiegschancen an den Börsen (dies wird als „Timing-Strategie“ bezeichnet). Ein aktiver Robo-Advisor würde eine Aktie ins Portfolio aufnehmen, wenn er erkennt, dass sich die Aktie in einem Aufwärtstrend befindet. Erkennt er dagegen, dass sich eine Aktie in einem Abwärtstrend befindet, so verkauft er. Auf diese Weise versuchen die aktiven Robo-Advisors die Krisen und Chancen an den Börsen für sich auszunutzen, während die passiven Robo-Advisors geduldig der Dinge harren müssen, die über sie hereinbrechen. Allerdings besteht natürlich auch die Möglichkeit für Fehlentscheidungen. Ein aktiver Robo-Advisor ist z. B. Fundamental Capital.

Aus dem hier Gesagten wird deutlich, wie vielfältig die Methoden des Rebalancing der Robo-Advisors sind. Eine kleine Auswahl zeigt die folgende Tabelle.

Tabelle 2: Rebalancing-Strategien ausgewählter Robo-Advisors


Robo-Advisor (am Markt seit) Anbieter Anlageprodukte (Risikoklassen) Anlagestrategie Rebalancing-Strategie
ROBIN (November 2017) Deutsche Bank ETF (Risikoklassen: individuell) semi-aktiv börsentägliche Überwachung, bei Bedarf erfolgt ein Rebalancing
Solivest (Mai 2015) DJE Kapital AG Aktien, Anleihen (Risikoklassen: 4) aktiv regelmäßige Anpassung an die ursprünglichen Gewichte
Privatbank Portfolio konservativ (2013) Sutor Bank ETFs, Indexfonds (Risikoklassen: 4) semi-passiv kein festes Intervall, mindestens monatliche Überprüfung
Liqid Global (September 2016) Liqid ETF, ETC (Risikoklassen: 10) aktiv tägliche Überwachung, automatische Anpassung bei Erreichen bestimmter Schwellenwerte
growney (Mai 2016) growney ETFs (Risikoklassen: 4) passiv einmal jährlich wird Rebalancing durchgeführt
Wüstenrot ETF Managed D. (Oktober 2016) Wüstenrot Pfandbrief-bank ETFs (Risikoklassen: 5) semi-passiv Rebalancing findet bei einer Abweichung von mehr als 15 % vom Risikoprofil statt
Easyfolio (Januar 2014) Hauck & Aufhäuser (Januar 2014) Dachfonds aus ETFs (Risikoklassen: 4) passiv bis semi-aktiv es findet ein quartalsweises Rebalancing statt (bei easyfolio 30, 50, 70), dagegen findet bei easyfolio flex die Anpassung kontinuierlich statt

(Stand: 12.10.2018)

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