Ellen G. White über die Inspiration der Bibel
„Die Bibel ist von Menschen geschrieben.
Diese waren vom Heiligen Geist inspiriert …
Die Bibel wurde nicht in einer großartigen
übermenschlichen Sprache offenbart. Um
jeden zu erreichen, wurde Jesus Mensch. Die
Bibel musste also in der Sprache des Men-
schen geschrieben werden. Alles aber, was
menschlich ist, ist auch unvollkommen.
Die Bibel wurde von inspirierten Menschen
geschrieben, aber es ist nicht die Art, wie
Gott seine Gedanken ausdrückt, sondern wie
es Menschen tun. Nicht Gott als Autor wird
dargestellt. Menschen werden oft sagen, ein
solcher Ausdruck sei nicht göttlich. Aber Gott
hat sich in der Bibel nicht in Worten, Logik
und Rhetorik einem Test unterziehen wol-
len. Die Autoren der Bibel waren Gottes
Schreiber, nicht seine Feder. Halte dir doch
die verschiedenen Schreiber vor Augen!
Nicht die Worte der Bibel sind inspiriert, son-
dern die Menschen. Die Inspiration bezieht
sich nicht auf die Worte oder Ausdrücke des
Menschen, sondern auf ihn selbst. Er ist es,
der unter dem Einfluss des Heiligen Geistes
mit Gedanken erfüllt wird. Doch die Worte
tragen den Stempel der jeweiligen Persön-
lichkeit. Der göttliche Geist hat sich mitgeteilt.
Der göttliche Geist und Wille verbinden sich
mit dem Geist und Willen des Menschen. Auf
diese Weise werden die Worte des Menschen
zum Wort Gottes.“
(„Für die Gemeinde geschrieben: Ausgewählte Bot-
schaften“ von Ellen G. White, Advent-Verlag, Hamburg,
1991, Bd. 1, S. 9-22)
wir auch für uns selbst vor Gott Rechenschaft abzulegen haben.“ („Der große
Kampf“, S. 599)
So weit die Theorie – doch wie sieht die Praxis aus? Dem steigenden Bildungs-
niveau der Bevölkerung steht eine zunehmende Unkenntnis der Bibel gegenüber.
Auch in freikirchlichen Kreisen nimmt die Bibelkenntnis immer mehr ab. Dabei
handelt es sich bei der Bibel um einen einzigartigen Klassiker der Weltliteratur, den
jeder gebildete Mensch kennen sollte. Selbst Nichtchristen sind davon angetan. So
antwortete der Atheist Bertold Brecht auf die Frage eines Journalisten nach seiner
Lieblingslektüre: „Sie werden lachen: die Bibel!“ Um wie viel mehr haben Christen,
die sich zur Heiligen Schrift als dem inspirierten Wort Gottes bekennen und glau-
ben, darin das wahre, ewige Leben zu finden (Joh 5,39), allen Grund, sie regelmä-
ßig zu lesen und gründlich zu studieren! Wie sagte doch einmal der Schriftsteller
Manfred Hausmann: „Mit der Bibel in der Hand ist der Christ mündig. Sonst nicht.“
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Hoffnung, die uns trägt
„Groß ist das Geheimnis
des Glaubens“
S
eit Monaten hatte er von ihm geredet, sein nahe bevorstehendes Kommen ange-
kündigt. Von überall her strömten die Leute in die Wüste, um den außergewöhn-
lichen Prediger zu sehen und seine herausfordernde Botschaft zu hören. „Macht
den Weg frei für den Herrn! Räumt alle Hindernisse weg, damit er kommen kann!
Dann werden wir alle den von Gott gesandten Retter sehen!“ (Lk 3,4-6 Hfa) Zum
Zeichen der Umkehr und Sündenvergebung sowie zur Vorbereitung auf den Messias
ließen sich die Menschen im Jordan untertauchen. Der Täufer selbst hielt jeden
Tag nach ihm Ausschau und wartete sehnsüchtig auf die Erfüllung der göttlichen
Verheißung.
Zunächst hatte Johannes ihn in der Reihe der Taufwilligen gar nicht bemerkt.
Doch als Jesus plötzlich vor ihm stand, wurde ihm bewusst: Dies ist der versproche-
ne Retter und Richter der Welt, der Sohn Gottes, „der größer ist als ich, denn er war
da, lange bevor es mich gab“ (Joh 1,29-34 NL). Widerwillig gab er dessen Wunsch
nach, ebenfalls getauft zu werden. Hätte es nicht eher umgekehrt sein sollen? Doch
dann geschah etwas Unerwartetes: „Da tat sich der Himmel auf, und der Heilige
Geist fuhr hernieder auf ihn in leiblicher Gestalt wie eine Taube, und eine Stimme
kam aus dem Himmel: Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen.“ (Lk
3,21.22) Gott, der Vater, bekannte sich zu seinem geliebten Sohn, berief ihn zu sei-
ner einzigartigen Mission und rüstete ihn dafür mit dem Heiligen Geist aus.
Gottes ewige Liebe ist offenbart
und doch verborgen
Hoffnung, die uns trägt
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Kapitel
2
Auch heute sind bei einer christlichen Taufe Gott-Vater, Jesus Christus und der
Heilige Geist beteiligt. Nach seiner Auferstehung befahl Jesus seinen Jüngern:
„Geht hinaus in die ganze Welt und ruft alle Menschen in meine Nachfolge! Tauft
sie und führt sie hinein in die Gemeinschaft mit dem Vater, dem Sohn und dem
Heiligen Geist!“ (Mt 28,19 Hfa) Menschen nicht nur „im Namen Gottes“, sondern
„in seinen Namen hinein“ zu taufen heißt nach dem Grundtext, sie in eine persön-
liche Verbindung mit ihm zu führen. Nachfolge Jesu schließt eine vertrauens- und
liebevolle Beziehung zu Gott ein – dem Vater, dem Sohn und dem Geist. An dieser
Stelle wird deutlich: Christen reden anders von Gott als dies im Judentum und Is-
lam, den beiden anderen großen monotheistischen Religionen, der Fall ist. Obwohl
sich alle drei zu einem einzigen Gott bekennen, ist der Gott der Christen ein dreiei-
niger, das heißt „dreifach-einziger“ Gott.
Ein dreieiniger Gott
Hier scheiden sich die Geister: Während die einen die Lehre von der „Trinität“ als
heidnische bzw. christliche Irrlehre verwerfen, machen die anderen darauf auf-
merksam, dass bereits das Neue Testament – die verbindliche Glaubensurkunde
der Christenheit – von Gott in zweifacher, ja in dreifacher Form redet. Jesu Auftre-
ten, sein quasi-göttlicher Anspruch (Mk 2,5-12; Joh 10,1-30; 14,6-11) und sein inti-
mes Vater-Sohn-Verhältnis zu Jahwe (Mk 14,36) prägten und veränderten das
Gottesbild der Jünger und späteren Apostel. Die biblische Lehre vom „einzig-einen“
Gott wurde zwar aufrechterhalten und bestätigt (5 Mo 6,4f.; Mk 12,29; 1 Tim 1,17),
gleichzeitig jedoch zum Glauben an den „drei-einen“ Gott erweitert und vertieft.
Das Wort „Trinität“ kommt in der Bibel zwar nicht vor, doch findet sich eine
ganze Reihe von Aussagen, die in diese Richtung weisen. So schließt beispielswei-
se Paulus den zweiten Korintherbrief mit folgendem Segensspruch: „Die Gnade
unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des
Heiligen Geistes sei mit euch allen!“ (2 Kor 13,13; vgl. Mt 28,19; 1 Kor 12,4-6; Eph
4,4-6; 2 Ths 2,13f.; 1 Ptr 1,2) „Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist“? – das ist mehr
Bei der Taufe Jesu bekannte sich Gott-Vater zu
seinem geliebten Sohn, berief ihn zu seiner ein-
zigartigen Mission und rüstete ihn dafür mit dem
Heiligen Geist aus.
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Hoffnung, die uns trägt
als die Verbindung mit einer göttlichen Kraft oder Energie. Es ist die direkte Bezie-
hung zum persönlichen Stellvertreter von Jesus Christus auf Erden, in dem sich
Gottes Gegenwart verbirgt und zugleich enthüllt (Joh 14,16.26; 15,26; 16,7-15).
Wie die Taufe Jesu zeigt, sind Vater, Sohn und Geist deutlich zu unterscheiden,
doch sie können und dürfen nicht voneinander getrennt werden. Was von Gott, dem
Vater, zu sagen ist, gilt deshalb auch vom Sohn und vom Geist. Die Wesens-
eigenschaften Gottes – Ewigkeit, Unsterblichkeit, Unendlichkeit, Schöpfermacht,
Allwissenheit, Allgegenwart etc. – lassen sich nicht auf den himmlischen Vater be-
grenzen, sondern sie gelten ebenso für den Sohn und den Heiligen Geist. Von die-
sem dreieinigen Gott bezeugen Adventisten mit unzähligen anderen Christen aus
Vergangenheit und Gegenwart:
Ein offenbartes Geheimnis
Wie anders sollten wir von Gott reden als in Worten,
die dem menschlichen Verstand widersprüchlich
erscheinen? Versuchen wir das Geheimnis der „Drei-
einigkeit“ mit unserer Logik, vernünftigen Argu-
menten und Bildern aus unserer Erfahrungswelt zu
erklären, ziehen wir ihn auf die geschöpfliche Ebene
herunter und machen uns damit schuldig (2 Mo 20,4).
Bekennen wir dagegen unsere Unwissenheit und
schweigen ehrfürchtig vor dem göttlichen Geheimnis,
dann versäumen wir weiterzugeben, was Gott über
sich selbst offenbart hat. Das Beste, was wir deshalb
tun können, ist, das gläubig zu bezeugen, was die
Heilige Schrift über ihn bezeugt, und ehrfürchtig zu
schweigen, worüber sie schweigt.
Eines der ältesten christlichen Glaubensbekenntnisse lautet: „Groß und einzigar-
tig ist die geheimnisvolle Wahrheit unseres Glaubens: In der Welt erschienen als
Liebe braucht ein Gegenüber,
dem sie sich mitteilen und an
das sie sich verschenken kann.
Es ist ein Gott: Vater, Sohn und Heiliger Geist – drei in Einheit verbunden, von Ewigkeit
her. Gott ist unsterblich, allmächtig und allwissend; er steht über allem und ist allgegen-
wärtig. Er ist unendlich und jenseits aller menschlichen Vorstellungskraft. Dennoch
kann er erkannt werden, weil er sich selbst offenbart hat. In alle Ewigkeit gebührt ihm
Ehre, Anbetung und der Dienst der ganzen Schöpfung.
(Glaubensüberzeugungen der Siebenten-Tags-Adventisten, Nr. 2)
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Die Dreieinigkeit
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Wie die Trinitätslehre entstand und was sie (nicht) lehrt
Zu allen Zeiten haben gläubige Menschen
versucht, die unterschiedlichen Aussagen
der Bibel über den einen Gott, seinen Sohn
Jesus Christus und den Heiligen Geist zu
verstehen. Besonders im 3. bis 5. Jahrhun-
dert kam es zu anhaltenden Lehrstreitig-
keiten, aber auch zu grundlegenden Klärun-
gen in dieser zentralen Frage des christli-
chen Glaubens.
Manche Bibelleser und -ausleger betonten die
ewige Unterordnung Jesu unter seinen Vater
(Subordinatianismus), während andere in Jesus
eine Erscheinungsform des Vaters sahen
(Modalismus). In diesem Sinn und in Anspielung
an die von den Schauspielern vor das Gesicht
gehaltenen Masken im Theater der damaligen
Zeit bezeichnete Sabellius (3. Jh.) Jesus als das
Gesicht (griech.: prósôpon; lat.: persona) Gottes
auf dieser Erde. Der Vater habe im Erlösungs-
drama zunächst die Rolle bzw. Gestalt des Sohnes
und anschließend die des Geistes übernommen
bzw. angenommen (Sabellianismus).
Dagegen lehrte Tertullian (3. Jh.), dass die drei
göttlichen Gestalten (lat.: personae) gleichzei-
tig existieren, aber auch gleichen Wesens (lat.:
substantia) sind. „Diese drei sind eins, nicht
einer.“ Um die Einheit Gottes in der Unter-
schiedenheit der drei Personen deutlich zu
machen, verwendete er erstmals den Begriff
„Dreieinigkeit“ (lat.: trinitas, von triunitas).
Der vom platonischen Dualismus geprägte
Presbyter Arius (4. Jh.) sah in Jesus lediglich
ein halbgöttliches Zwischenwesen (Arianis-
mus). Daraufhin betonten die Konzilien von
Nizäa (325) und Konstantinopel (381) die gött-
liche Wesensgleichheit von Vater, Sohn und
Geist. Der dafür verwendete Ausdruck „einge-
borener Sohn“ (lat.: unigenitus) sollte gerade
nicht die Geschöpflichkeit, sondern die
Wesenseinheit Jesu mit Gott, dem Vater, zum
Ausdruck bringen.
Augustinus (5. Jh.) zog dem missverständli-
chen Begriff „Person“ – das Wort hat einen indi-
vidualistischen Klang – das Wort „Relation“
vor, um die ewige Beziehung des dreieinen
Gottes nach innen (zu sich selbst) wie auch
nach außen (zu uns Menschen) zum Ausdruck
zu bringen.
Zusammengefasst: Die Trinitätslehre ist nicht
das Ergebnis philosophischer Spekulationen
oder der Versuch, Gott rational-logisch zu erfas-
sen und zu ergründen. Im Gegenteil, sie will
alle Versuche abwehren, die das göttliche
Geheimnis für den menschlichen Verstand ein-
sichtig und akzeptabel machen sollen. Darüber
hinaus geht es ihr darum, die biblische Offen-
barung vor Verfälschung zu schützen und das
Handeln des dreieinen Gottes zu unserer Erlö-
sung zu betonen. Gott – Vater, Sohn und Geist –
hat stets und ständig das Heil der Menschen im
Auge. Er setzt alles im Himmel (Vater) und auf
Erden (Sohn) sowie in und um uns (Heiliger
Geist) in Bewegung, um uns aus unserer Verlo-
renheit zu retten und für immer zurückzuge-
winnen.
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Weiterführendes, ausführliches Material zum Thema Dreieinigkeit im Internet: