Eine relative Abhandlung über das Absolute

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Wir sind nicht dazu da, um die Welt zu verstehen, sondern die Welt ist dazu da, dass wir uns selbst besser verstehen, um dadurch über unser Selbstkonstrukt hinauszuwachsen. Alle indigenen (Natur)Völker lebten und leben das Verhältnis von Ich-in-der-Welt auf diese Weise und wissen um den (transzendenten) Sinn des Lebens. Der moderne Mensch glaubt, er sei die Spitze der menschlichen Entwicklung in seinem fortgeschrittensten Stadium, doch diese Art Fortschritt ist ein Rückschritt, der immer mehr zurückschreitet von einer bereits viel fortschrittlicheren Lebensführung. Wir entwickeln uns und halten Rückschritt für Fortschritt, Innerlichkeit für Äußerlichkeit, denn alles, was in diesem Prozess vorantreibt, ist Ausdruck eines kopfstehenden Weltbildes. Über die Innerlichkeit hinaus gibt es nichts, was von außen auf Innerlichkeit wirken könnte, da du die Innerlichkeit bist, die alles ist, was ist. Es ist unabhängig, ob die Aussage “du bist alles, was ist“, als richtig oder falsch gesehen wird, denn für die Psychohygiene ist sie heilsam, und hilft dabei, Veränderungen zu bewirken. Solange du meinst, jemand anderes hätte Schuld an dem, was dir widerfährt, solange kannst du dich nicht in der Lage sehen, daran etwas zu verändern. Übernimm folglich deshalb die volle Verantwortung für alles, was dir widerfährt, damit du die Veränderungsmöglichkeit wieder innerhalb deiner selbst erkennst. Wenn noch etwas anderes, als das, was du bist, als die Ursache für etwas innerhab deiner selbst gesehen wird, dann scheint Beeinflussung von außen nach innen möglich. Erst in dem Empfinden, alles zu sein, was einen umgibt und widerfährt, kann gesehen werden, dass Beeinflussung immer aus dem Innen heraus geschieht, auch wenn es scheinbar die äußere Rückspiegelung ist, die wirkt. Die Innerlichkeit, die du bist, ist die Innerlichkeit, die auch allem anderen innewohnt, oder mit anderen Worten: du bist alles, was ist, und alles was du siehst, bist du. Doch du, als alles was ist, bist nicht in der Lage, dich als ungebrochenes Ganzes selbst zu erkennen. Du kannst nicht sein, was du bist, und gleichzeitig wissen, was du bist. Erst dadurch, dass du zu dem wirst, was du nicht bist, kannst du die Erfahrung deiner selbst einholen. Um das sein zu können, was man nicht ist, muss man Ich- Gleiches als Ich-Fremdes sehen, um dann Ich-Fremdes wieder ich-gleich zu machen. Das, was überall Ich- Fremdes sieht, ist das, was du nicht bist und braucht häufig genau das, was dir am meisten schadet . Damit wird Selbsterkenntnis von Innerlichkeit zwangsläufig zu etwas Leidvollem, denn es ist das Gift, das dir zur Heilung gereicht wird. Das, was du nicht bist, träumt von seiner Existenz, seinem Anderssein und seiner Trennung von dem, was du bist. Durch das Anderssein-Wollen träumt das, was du nicht bist, davon, einer Vielzahl an anderen zu begegnen, wobei sowohl das eigene Anderssein, als auch das Anderssein der anderen beängstigend sein kann. Die konstruierte innere Äußerlichkeit hat Angst um ihre Konstruktion und füttert diese immer weiter mit der Bestätigung eigener Innerlichkeit. Die Innerlichkeit, die du bist, ist nichts Konstruiertes, sie ist ein selbstloses Aus- Sich- Heraus- Sein. Erst durch die Selbstlosigkeit, dadurch, dass du nicht bist, wurde dir ermöglicht, alles sein zu können. Die selbstlose Innerlichkeit erkennt, was sie ist, indem sie erkennt, was sie nicht ist, nämlich Verschiedenheit von Äußerlichkeiten. Das, was du bist, hat ein Wissen darum, was du nicht bist. Doch das, was du nicht bist, kann eben weil es nicht sein will, wie es ist, nicht wissen, wie es ist, und dadurch auch wie du bist. Oder mit anderen Worten: Äußerlichkeit ist als Äußerlichkeit blind gegenüber seiner eigenen Innerlichkeit, demgegenüber, was es eigentlich ist. Aus der Innerlichkeit heraus gesprochen passiert alles nur so für sich/ für dich, und jeder, dem du begegnest, bist du. Eine von allen Äußerlichkeiten sowie den damit einhergehenden Bedingtheiten und Bestimmungen frei gemachte Innerlichkeit, hat sich geweitet und umspannt alles, was ist. Auch wenn es nichts gibt, was den Zugang zu allem, was ist, nicht hat (sprich: alles verfügt über eine gewisse Innerlichkeit ), so ist dieser Zugang doch nur über die Innerlichkeit gegeben. Die Innerlichkeit, die andere Innerlichkeit als eigene Innerlichkeit erkennt, hat alles in sich aufgenommen und für sich zugelassen, sie befindet sich in einer übergeordneten Übereinstimmung mit der Soheit. Sie ist eingefügt in einem “Ort“, an dem alle Dinge alles sind. Das Eingefügtsein der Innerlichkeit erlaubt es, den Fügungen die Führung zu überlassen. Dinge fallen dir dann zu, wenn du sie aufzufangen weißt, sie fügen sich so ein, wie Platz für sie geschaffen worden ist. Erst dann kann sich etwas fügen, wenn sich die Einfügung von dem, was sich darin einfügen soll, gebildet hat und die Fläche von dem, was sich einfügen soll, freigehalten wird. Ist diese Fläche bereits mit Äußerlichkeiten zugestellt, dann kann sich nichts fügen, und Fügungen werden nicht als solche erkannt. Wenn du als geschaffene Innerlichkeit deine geschaffenen Äußerlichkeiten nicht als solche erkennst, dann erkennst du dich selbst nicht als erschaffene Innerlichkeit. Erst wer seine eigene Schöpfungen erkennt, erkennt sich selbst als geschaffenes Geschöpf. Und erst, wer seinen Schöpfer erkennt, erkennt seine eigenen Schöpfungen. Für eine veräußerlichte Innerlichkeit ist die beste Schöpfung, die eigne Innerlichkeit aus den Äußerlichkeiten abzuschöpfen. Eine Innerlichkeit, die sich für ihre Äußerlichkeit hält, erkennt weder den Schöpfer der Innerlichkeit, noch die eigenen Innerlichkeitsschöpfungen, die sich als Äußerlichkeiten manifestieren. Jeder Sprössling aus der Innerlichkeit ist vollkommen, kann aber durch die Bestimmtheit der Erschaffung nicht anders, als zu einer Fehlschöpfung zu werden, sobald sich Innerlichkeit in Äußerlichkeiten kleidet. Die Innerlichkeit weiß über die von ihr geschaffene Äußerlichkeit Bescheid, nicht aber zwingenderweise andersherum, weil die Äußerlichkeit gerade in ihrem Anderssein- Wollen nicht mehr erkennt, was sie eigentlich ist. Das, was du bist hingegen, weiß genauestens, ab wann das Anderssein von dem, was du nicht bist, beginnt, und in welches Anderssein es sich hinein begibt. Du kannst nicht sein, was du bist, und gleichzeitig existieren, denn die reine Innerlichkeit, die du bist, ist nicht, wenn sie sich nicht veräußerlicht. Das ist die Tragik der Existenz, in der du, egal mit welcher Äußerlichkeit du dich anreicherst, dir deiner unwürdig wirst. Alle Äußerlichkeiten sind Verwicklungen von Innerlichkeit, die für sich meint, dass eine solche Verwicklung in irgendeiner Weise lohnenswert für sie wäre. Jede Entwicklung ist das Herausentwickeln von einer in eine Äußerlichkeit verwickelten Innerlichkeit. Wenn die Innerlichkeit ihren Glauben in etwas Äußeres setzt, muss sie dadurch den Glauben an sich selbst verlieren. Was die Innerlichkeit in etwas Äußerem sieht, das kann sie langsam in sich sehen, und sieht sie es in sich, dann wird sie in keinem Anderen mehr etwas anderes sehen, als das, was sie in sich sieht. So gewinnt die Innerlichkeit wieder ihren Glauben an sich zurück, wobei die Innerlichkeit in ihrem Wesen nie geringer als vollkommen war, auch dann, als sie sich vollständig veräußerlichte. Innerlichkeit beginnt dann sich zu veräußerlichen, wenn sich eine Innerlichkeit sich selbst vorstellt. Die Vorstellung über sich ist eine Vorstellung, die etwas vor das, was du bist, vorstellt. Stellt sich eine Vorstellung vor etwas, wie es ist, dann verdeckt die Vorstellung das, was ist.

Eine äußerlichkeitsorientierte Vorstellung bildet einen Sichtschutz vor dem So- Sein der Innerlichkeit, wobei die Vorstellung das imitiert, das nachstellt, was sie sich bereits vorgestellt hat. Sie stellt nicht das eigentliche So-Sein nach, sondern baut auf bereits Vorgestelltes auf. Verdichtet sich eine Vorstellung zu einer Einstellung, dann ist der Grad der Flexibilität noch geringer, und die Innerlichkeit ist so weit eingefasst, dass sie nur voreingestellte Konditionierungen abspielen kann. Wer seine Vorstellungen abzustellen und seine Einstellungen einzustellen weiß, anstatt sie öffentlich auszustellen, der kann mit Offenheit dem begegnen, was kommt. Das, was du nicht bist, ist ein komplexer Reflex, ein reagierendes, reaktives Ich, das auf das, was es ist und aus sich heraus geschaffen hat, auf verdrehte Weise reagiert. Wenn nichts mehr reagiert, bist du das, was du bist, denn das, was du bist, ist unbedingt und kann nur agieren nicht aber reagieren, unabhängig davon, mit welcher Äußerlichkeit es sich konfrontiert sieht. Die Äußerlichkeit hat sich eine konventionelle Realität geschaffen, in der nur innerhalb gewohnter Denkpfade gedacht wird. Was sich dort immer und immer wiederholt, ist die Verselbstständigung von dem, was du nicht bist, aber einmal sein wolltest. Das, was du nicht bist, hat deiner Meinung nach mehr mit dir zu tun als das, was du bist, denn das transpersonale Wesen, was du bist, kann mit nichts etwas zu tun haben. Würde es doch mit etwas zu tun haben, würde es zu etwas, was es nicht ist. Die Identität, die du bist, ist identisch allen anderen Identitäten, deshalb hat das, was du bist, nichts mit dir zu tun. Um zu dem zu werden, was man ist, braucht man nichts zu tun, man muss “nur“ die Verstrickung in Äußerlichkeiten lösen, was die einfachste und schwierigste Aufgabe zugleich ist. Denn Äußerlichkeit kleidet sich gerne gedanklich ein, und alles andere gedanklich aus. Damit hängt sie sich den Mantel der Entfremdung um und entmystifiziert und profaniert alles um sie herum. Eine außenperspektivischen Betrachtung sieht viel und ist doch blind gegenüber genau dem, was ihr wichtig ist, nämlich sich und anderes zu kennen. Sie benennt und bestimmt alles, um es entweder als sich zugehörig, oder von sich verschieden einzuteilen. Die Innerlichkeit hingegen lässt allen Dingen Ehre zuteilwerden, dadurch, dass sie keine Bestimmungen und Benennungen vornimmt. Sie kleidet sich ohne äußere Formgebung, nur von innen heraus aus. Äußerlichkeit ist eine über sich nachdenkende Innerlichkeit, die sich für das hält, worüber sie nachdenkt. Die Persönlichkeit, die Ich-Vorstellung, ist ein von einem Gedanken gemachter Gedanke, denn das, was du bist, ist ein Gedanke, ein Gedanke, der in der Lage ist, Gedanken über sich zu denken und sich damit von sich selbst wegzudenken und sich auszudenken, was er nicht ist. Du glaubst, du bist, was du denkst, was du bist, womit du beständig zu deinen eigenen Selbstzuschreibungen wirst. Hält sich ein Gedanke für das, worüber er nachdenkt, so verwechselt er sein eigenes Wesen, seine eigene gedankliche Struktur mit dem in die Struktur eingefüllten Inhalt. Das, was du bist, ist unbeschriebene Geistigkeit, die potenziell jede Gedankenzuschreibung für sich an- und in sich aufnehmen kann. Das Nachdenken über das, was man ist, konstruiert zwangsweise eine Ich-Vorstellung. Oder lateinisch ausgedrückt: “Cogito ergo Ego“. Ich denke, also bin ich, würde sich damit umkehren in: Ich denke, also bin ich das, was ich nicht bin, da ich mich als Gedanke mit all dem, worüber ich nachgedacht habe, von mir selbst weggedacht habe. Wenn das, was du bist, über sich nachdenkt, verändert es das, von wo aus die Gedankenoperation gestartet ist, zu etwas, was du nicht bist. Die Gedankenoperation versucht es nicht einmal in dem, was es ausdrückt, eine Selbstähnlichkeit zu dem, von wo aus gedacht worden ist, aufzubauen. Mit anderen Worten, die Abkehr des Egos von dem, was du bist, orientiert sich gerade nicht an dem, was du bist, sondern versucht ein diametral entgegengesetztes, eigenes Regime in der Äußerlichkeit zu errichten. Denkt sich eine Innerlichkeit eine Äußerlichkeit aus, dann hat diese Äußerlichkeit keine getrennte Existenz von ihrer Innerlichkeitsquelle, noch kann die Äußerlichkeit auf die Innerlichkeit zurückwirken. Oder mit anderen Worten: Kein Gedanke kann auf den Denkenden zurückwirken oder ihn in irgendeiner Weise beeinflussen, es sei denn, der Denkende denkt aus seinem Persönlichkeitskonstrukt heraus, dass er sein eigener Gedanke sei. Alles, was ist, ist aus der Innerlichkeit heraus

 

geschaffen, und trotzdem kann die Innerlichkeit nichts aus sich heraus schaffen, da keine Äußerlichkeit ihre Innerlichkeitsquelle verlässt. Kein Gedanke verlässt den Ort, von dem aus er gedacht wird. Es gibt dort kein Anderes, Äußeres, das ein Gedanke erreichen kann, womit jeder Gedanke ein Denken innerhalb deiner selbst ist. Dabei sind Gedanken keineswegs Privatsache, da das, was du bist, keine isolierte Privatsache ist, denn es ist alles, was ist. Erst durch den Wunsch, etwas zu deiner Privatsache zu machen, existiert die gesamte Situation Welt. Das unter Verschlusshalten des eigenen Denkens gleicht einem Einschluss innerhalb deines winzig kleinen Persönlichkeitsgefängnisses, denn erst mit einem Offenlegen und Teilen der Gedanken wird ihre Erfahrbarmachung ermöglicht. Die Gedanken sind frei und nur an den gebunden, der sie denkt. Dieses Bündnis zwischen Denker und Gedanken, zwischen Innerlichkeit und Äußerlichkeit, ist ein sich nie auflösendes, da sich alles innerhalb der Innerlichkeit abspielt, und die Innerlichkeit so lange von äußeren Formen innerhalb ihrer selbst träumt, bis sie sich wieder in sich zurückzieht. Der “Raum“ geistiger Innerlichkeit ist grenzenlos, nichts kann aus ihm heraustreten, denn außerhalb dessen ist nichts und kann nie etwas sein. Innerlichkeit kennt alles innerhalb ihrer selbst und damit alles, was ist, und doch erkennt sie als Innerlichkeit keine Form, keine Äußerlichkeit. Sie muss sich erst veräußerlichen und der Separation des Veräußerlichten Glauben schenken, um etwas Existierendes hervorzubringen und wahrzunehmen. Trennung und Absonderung ist die Entscheidung, das, was du bist zu fragmentieren und zu Äußerlichkeiten werden zu lassen. Das Persönlichkeitskonstrukt, was du nicht bist, lebt vom Gedanken der Abgrenzung, der Individuation. Und da Abgrenzung nicht in der Innerlichkeit vollzogen werden kann, hast du die Ebene der Form erschaffen, indem scheinbare Grenzziehungen möglich sind und dich alles, was du siehst, an die nie geschehende Abtrennung erinnert. Die allererste Veränderung, die jemals geschehen ist, war Trennung, wobei jede weitere Veränderung an erstere Trennung und die damit einhergehende Angst erinnern muss, auch wenn die Veränderung anstatt auf Trennung auf Heilung abzielt. Dies macht jede Veränderung für den, der sich getrennt glaubt, zu etwas Angstbesetztem. Das, was du bist, kann nicht verändert werden, und die illusionäre Selbstsicht beginnt dort, wo geglaubt wird, dass das, was man ist, von sich verändernden Dingen verändert werden kann, denn auf höchster Ebene kann nichts, was sich verändert, wirklich verändern. Die Trennung und die damit einhergehende Veränderung, die als Basis unserer Existenz herhält, und auf der alles Weitere aufbaut, ist für das, was wir sind, nie geschehen.

Um zu existieren, müssen wir uns zu etwas machen, was wir nicht sind und das, was wir sind, verzerren und auf das Gröbste deformieren, damit wir uns für das halten können, zu dem wir uns gemacht haben. Doch anstatt die Verzerrungsversuche und die Beeinflussung in der entfremdeten Innerlichkeit zu sehen, wird diese in die Erscheinung des Außen projiziert, womit es nun so scheint, als sei es das Außen, das uns beeinflusst und prägt. Äußerlichkeiten, Formen jeder Form sind nicht, sie haben kein Sein für sich und damit keine Wirkung auf das, was wir sind. Sie können nur durch fortwährende Bestätigung ihrer Absonderung in der Existenz gehalten werden. Ohne einen ständigen Bestätigungsfluss durch Aufmerksamkeitsausrichtung und ohne die Verdinglichung durch Namensgebung wäre nichts als getrennte Erscheinung erfassbar. Nur das, was ich in dem Moment durch meine Aufmerksamkeitsrichtung hervorrufe, existiert, und ohne eine rezeptive Innerlichkeit wäre nichts, da alles, was in der Formenwelt konstruiert wurde, nur für das existent ist, was es konstruiert hat. Das Persönlichkeitskonstrukt nimmt alles in sich auf, was das Konstrukt in seiner Existenz bestätigt. Es ist beständig auf der Suche nach Haftungsfutter, an dem sich das auf Sand gebaute Konstrukt festzuhalten versucht, wobei unterschiedslos alles, was eine identitätsstiftende Funktion besitzt, potenzielle Ego-Nahrung darstellt. Und gerade die leidvollen Formen (Gedanken) sind in hohem Maße identitätsstiftend. Der Begriff “Ich“ bedeutet in seiner lateinischen Entsprechung nicht mehr und nicht weniger als der Begriff “Ego“, und genau in dieser begrifflichen Spannweite sollte er auch gefasst werden. Die übliche Verwendungsart stellt das Ego als einen abgrenzbaren inneren Anteil dar, dem man gerne die Rolle eines Bösewichts anhängt. Das Ego ist das Problem, es ist schuld an diesem oder jenem, aber ich bin ja nicht mein Ego, doch genau dieses Ich ist dann das Ego. Jede Persönlichkeitsansicht, jedes Ich, jedes Selbst, jede Meinheitsvorstellung ist Ego, das sich schichtweise um unsere geistige Natur, das was wir sind, hüllt, diese verdeckt und ihre Wesenshaftigkeit unterdrückt. Benennt man nur einen Persönlichkeitsbereich als Ego und baut diesen ab, so wird das Ego auf einem anderen Weg zutage treten. Der einzige Weg, um signifikant etwas am Ego zu verändern, ist der Weg einer ganzheitlich angelegten Selbstaufgabe, und selbst dort kann sich das Ego stolz auf den Ego -Abbau setzen. Es prahlt damit, wie toll es es geschafft hat, sich zu reduzieren. Wenn das Ego mit seiner Demut protzt, wenn das, was man nicht ist, sein Sein als Nicht-Sein feiert, dann sollte man sich doch noch einmal fragen, ob es sich hierbei um eine wahrhaftige Selbstwerdung handelt. Das, was einen dann charakterisiert und an was man dann haftet, ist das Konstrukt der Persönlichkeitslosigkeit selbst. Das Ego lebt von kategorialen Bewertungsmustern, wobei es sich zu großen Teilen darüber aufwertet, indem es andere abwertet, es macht sich einen Kopf größer, indem es alle anderen einen Kopf kürzer macht. Das Ego, das an der Formenwelt orientiert ist, meint nur darüber etwas gewinnen zu können, wenn jemand anderes etwas verliert, denn in der äußerlichkeitsorientierten Formenwelt kann es nur Gewinn-Verlust -Situationen geben. Es unterliegt dem Glaubenssatz, dass sich das, was geteilt wird, verringert. Die Innerlichkeit hingegen geht weder verloren noch verringert sie sich, wenn sie geteilt wird. Im Gegenteil: Sie lebt erst dadurch auf und dehnt sich aus, dass sie geteilt wird. Wobei Innerlichkeit als solche immer maximal ist und damit keinen qualitativen Zuwachs hat, denn was soll man der Vollkommenheit noch hinzufügen? Wenn die Äußerlichkeit Gewinn erzielt über eine Gewinn-Verlust-Situation, dann ist dies für die formbefreite Innerlichkeit eine Verlust-Verlust-Situation, da die Innerlichkeit keine Trennung von der verlusttragenden Innerlichkeit kennt. Für sie kann es deshalb nur Gewinn-Gewinn- oder Verlust-Verlust-Situationen geben.

Agiert Äußerlichkeit, zwingt es andere Äußerlichkeiten zu reagieren, doch Innerlichkeit muss sich davon nicht angesprochen fühlen. Die beste Reaktion auf einen scheinbar destruktiven Äußerlichkeitsimpuls ist, erst einmal nicht zu reagieren, und dann den Impuls als einen Ruf nach Heilung aufzufassen. Reagiert eine veräußerlichte Innerlichkeit sofort auf einen destruktiven Äußerlichkeitsimpuls, dann hat sie sich sofort in das Spiel äußerer Erscheinungen mit hineinziehen lassen und macht das, worauf sie reagiert, erst durch ihr Reagieren zu etwas Wirklichem. Reagiert man mit Trauer auf Trauer, oder mit Wut auf Wut, so bestätigt man die Wirklichkeit bzw. die Angebrachtheit ersterer Traurigkeit bzw. Wut. Wenn man sich in das Persönlichkeitsspiel verwickeln lässt, dann potenziert jede Reaktion häufig genau das, was man eigentlich abzumildern erhofft. Eine Ego-Aussage provoziert weitere Ego-Aussagen, in die Egomuster greifen und sich automatisch abspielen, womit es zu keinen bewussten Entscheidungen kommen kann. Dies führt nicht selten zu einer Konflikteskalation. Um deeskalierend einzulenken, bedarf es nicht mehr, als eines Verweilens in der Innerlichkeit, die sich nicht angegriffen fühlt, weil sie selbst nicht angreift und keiner Verteidigung bedarf, da sie ihre Stärke aus sich selbst und nicht aus den äußeren Verteidigungsmechanismen bezieht. Eigentlich sind diejenigen, die sich noch mit Äußerlichkeitsmauern und Abwehrmechanismen zu schützen versuchen, auf der Suche nach dem Schutz, der Sicherheit und der Geborgenheit, die die Innerlichkeit ihnen bietet, doch scheint es schwer zu sein, für eine äußerlichkeitsangefüllte Innerlichkeit, das, was sie ist, unbedingt zuzulassen. Jede Äußerlichkeit ist auf der Suche nach der ihr innewohnenden Innerlichkeit. Doch da Äußerlichkeit Innerlichkeit nicht erkennt, weiß sie nicht, wonach sie sucht und sucht deshalb in dem Bereich der Formen, wo sie zwar sehen, aber nicht finden kann. Die Suche ist davon angestachelt, dass immer noch etwas fehlt, doch kein Hinzufügen an Äußerlichkeit kann das Fehlen an Innerlichkeit ausgleichen. Das Mangelerleben im Bereich der Form, in der immer noch etwas fehlt, offenbart sich in einer ständigen Fehlersuche an sich und an anderen. Alles scheint einer Korrektur zu bedürfen, und nichts kann so angenommen werden, wie es ist.

Die Innerlichkeit ist Vollkommenheit und braucht keine Korrektur, weshalb sich das Geschriebene an das richtet, was du nicht bist. Was du bist, braucht nicht zu lernen, alles Lernen richtet sich folglich an das, was du nicht bist, damit es die Vorstellung über das, was es meint zu sein, niederlegt. Eine Innerlichkeit zu lehren sie sei eine Äußerlichkeit, ist ein Meisterwerk des Lehrens, dagegen ist die Rückbesinnung der Innerlichkeit auf sich selbst die einfachste und natürlichste zu lernende Lektion. Nicht aber so aus Sicht der Äußerlichkeit, versteht sich. Das, was dem, was du bist, zusteht, wird dir zukommen, wenn du bereit bist, das, was du nicht bist, niederzulegen und dem, was du nicht bist, zu überbringen. Denn begibt sich das, was du nicht bist, offen in die Hände von dem, was du bist, dann wird sich alles auflösen, was du nicht bist. In der Rückbesinnung auf das, was du bist, muss sich zunächst die Innerlichkeit viel mit sich selbst beschäftigen, um Äußerlichkeiten aus sich herauszuschaffen. Doch der letzte große Schritt in der Selbstwerdung kann nicht über eine Selbstbeschäftigung gelingen, denn sobald du dich auf dich selbst beziehst, implizierst du Trennung innerhalb deiner untrennbaren Innerlichkeit. So wie sich die Innerlichkeit mit sich beschäftigen kann, kann sich auch konstruierte Äußerlichkeit mit sich beschäftigen.

Ein Persönlichkeitskonstrukt liebt es, sich mit sich selbst zu beschäftigen und Zeugen für sein Existieren aufzurufen. Dabei geht es der Persönlichkeitsvorstellung darum, sich auszukleiden und zu schmücken. Nichts aber darf das Persönlichkeitskonstrukt an sich und dessen Fundament auf ganzheitliche Art hinterfragen, denn diese Frage kann nur aus einer persönlichkeitslosen Innerlichkeit heraus gestellt werden. Im Allgemeinen kann Ganzheitlichkeit aus von der ständig auf Begrenzungssuche seienden Ich-Vorstellung heraus erfasst werden, da sie sich gerade durch ihre Perspektive zu dem macht, was sie glaubt, dass sie sei. Anstatt von der Überprüfung der Ich-Zäune, in denen Ich und Äußerlichkeiten festgesetzt werden, zu leben, lebt das, was du bist, durch die Selbstausdehnung über alle Formgrenzen hinaus . Die Innerlichkeit in dir ist der Ort, in dem weltliche Belange verblassen und Friede über alle Grenzen geschlossen wird. Dieser Innerlichkeitsort ist angefüllt mit die Verbundenheit mit allem, was ist, und das Verweilen an diesem Ort ist ein Ruhen in einer formlosen Allverbundenheit. Dieser Ort ist deine geistige Heimat, und die Sprache, die dort gesprochen wird, ist die Sprache der Stille, die deine Muttersprache ist. Wie jede andere Muttersprache auch verlernt sie die Innerlichkeit, die du bist, nie, egal wie einnehmend die Fremdsprache der Äußerlichkeit einmal war. Es bedurfte Zeit, die Fremdsprache der Äußerlichkeit zu lernen, doch es bedarf keiner Zeit, zur symbolbefreiten Muttersprache zurückzukehren. Ja, gerade die Zeit und das Festhalten an den Dimensionen sind es, die eine vollständige Rückbesinnung auf die Innerlichkeit verwehren. Alle aus der Soheit herausgemeißelten Symbole, die sich zu metaphysischen Konstruktionen zusammensetzen und über die natürliche Innerlichkeit hinausreichen, sind illusionäre Ersatzwirklichkeiten, angefüllt mit einem Haufen chaotisch angeordneter Äußerlichkeiten. Du wertschätzt das, wozu du dich gemacht hast und die daraus entstandene äußere Spiegelung, die Ersatzwirklichkeit, mehr, als die dir gegebene Innerlichkeit. Alles Eigen-Konstruierte, über das hinaus, was du bist, schmälert das, was du bist und enteignet dir deine Potenzialität, da kein Konstrukt die gleiche Qualität haben kann, wie das, worüber es sich gebildet hat. Du scheinst dem Persönlichkeitskonstrukt mehr Wert beizumessen, als deiner transpersonalen Persönlichkeit, denn sonst wärst du nicht der, der du nicht bist. Das Make-up der Ich-Identität, mit der wir meinen, imponieren zu müssen, indem wir uns schöner, größer und stärker zeigen, bewirkt nicht selten genau das Gegenteil von dem, was es intentioniert, wenn das Make-up als der verzweifelte Versuch der Selbstinszenierung durchschaut wird. Persönlichkeits-Make-up wird nur dann gebraucht, wenn man die natürliche Schönheit von dem, was man ist, nicht sehen kann. Kein in unseren Augen noch so gutes Persönlichkeitsprofil, das wir uns als Lebensskript geschrieben haben, kommt auch nur im Entferntesten an das ran, was wir sind. Das, was du bist, kann Seinesgleichen weder über-, noch unterschätzen, denn es befindet sich jenseits von Wert und Urteil. Um die sich abspielende Lebensgeschichte, die Aneinanderreihung äußerer Situationen und das Persönlichkeitskonstrukt, zu dem ich mich gemacht habe, aufzuwerten, findet eine Bedeutungsverschiebung von innen nach außen statt, in der Hoffnung, aus Illusionen doch einmal eine wahre Wirklichkeit, außerhalb und getrennt von mir, entstehen zu lassen. Dies geht sogar so weit, dass das Ich nur noch reagiert auf das, was es gemacht hat, um zu zeigen, wie wirklich seine eigenen Schöpfungen sind. Jedes Zur-Schau-Stellen, dass etwas Äußeres auf etwas Inneres einwirkt, wird als Beweis hergehalten, dass Trennung wahr sei, und dass ich wirklich das sei, zu dem ich mich gemacht habe. Umso mehr Äußerlichkeiten mich angreifen, desto gerechtfertigter kann ich das sein, was ich nicht bin, denn das, was ich nicht bin, ist ein einziger Schutzmechanismus, der alleinig um sein eigenes Fortbestehen kämpft. Mehr als die sich immer wiederholende Instandsetzung und Beschützung seiner selbst hat es nicht zum Ziel. Gäbe es nichts, wovor sich das Ich schützen müsste, müsste es bei einer Innenschau einsehen, dass die gesamte Persönlichkeitsrüstung keinen Zweck hat und nur einen, in die Entfremdung ziehenden Ballast darstellt. In der Innenschau wird das festgelegt, was man im Außen sehen möchte. Bilden sich innere Bilder außen ab, dann wird in der Außenschau beständig danach Ausschau gehalten, dass scheinbar andere Zeugen die inneren Festlegungen bestätigen. Das Außen ist ein Ausschauhalten nach dem, was Innerlichkeit bestätigen kann. Und dadurch, dass das Außen ein Abbild des Innen ist, kann nichts anderes als Selbstbestätigung gesehen werden. Eine Selbstbestätigung für die, die sind, was sie nicht sind, kann als wenig angenehm erlebt werden. Nur das, was nicht ist, braucht Selbstbestätigung und tut alles dafür, um diese zu erhalten. Der Preis, den es dafür zahlen muss, ist unsagbar hoch, gibt es doch alles auf, um ein Häufchen Elend sein eigen nennen zu dürfen. Wenn du nicht bist, was du bist, dann wird die bekannte dir innewohnende Wahrheit zu etwas Furchteinflößendem. Ist das Unbekannte das einzige dir Bekannte, dann musst du erst wieder mit dem Bekannten Bekanntschaft schließen. Für jedes Konzept ist das konzeptbefreite So-Sein etwas Gemeingefährliches, Lebensbedrohliches, denn für äußerliche Formen kommt Innerlichkeit einer Auflösung gleich. Innerlichkeit und Äußerlichkeit können sich nicht gegenseitig erkennen, dadurch kann zwischen ihnen keine direkte Kommunikation stattfinden. Doch gerade um die Kommunikation zwischen Form und Formlosem geht es innerhalb des kosmischen Wechselspiels von Innerlichkeit und Äußerlichkeit. Für die Immanenzlehre ist das äußerlich Stoffliche das, was kommuniziert, was sendet. Dabei wird verkannt, dass alleinig der Empfänger, das Bewusstsein, darüber entscheidet, was es empfängt. Keine Äußerlichkeit wirkt direkt, oder kann für sich sprechen, und alles, was erst über unsere Deutung zu uns sprechen kann, muss dem, was wir sind, wesensfremd sein. An sich ist äußerlich Seiendes nichts weiter als leere Symbole, die für das stehen, für was sie die Innerlichkeit setzt.

 

In dem Interpretationsspielraum, in dem alles zu dem wird, wie es für uns ist, liegt der Schlüssel zur Freiheit. An sich sind Formen neutral, doch dadurch, dass Formen nie an sich, sondern nur im Verbund mit einer bewussten Innerlichkeit bestehen können, besitzen sie stets die Tönung des ihr zugrundeliegenden Denksystems. Die Deutungen einer veräußerlichten Innerlichkeit entspringen einem derart verzerrten Denksystem, dass sie Leben als Tod, Tod als Leben, Licht als Dunkelheit, Dunkelheit als Licht, Träumen als Wachen und das Wachen als Träumen fehldeuten. Das Deuten, die in die Innerlichkeit ziehende Mentalisierung, kommt einem hermeneutischen Herauslesen gleich, indem man etwas Abgefasstes in etwas Erfassbares verwandelt. Eine sich in ein Außen eingefaltete Idee, muss erst ausgelegt werden, damit sie sich entfalten kann, denn etwas Seiendes stellt alleinig den Gedanken dar, den es gemacht hat. Es ist Gleichnis für etwas, für das es steht. Etwas, was für etwas steht, bestimmt sich nicht aus sich heraus, sondern eröffnet erst dann seinen symbolischen Gehalt, wenn diesem eine mentale Rahmensetzung zukommt.