Musikdramaturgie im Film

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Musikdramaturgie im Film
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Musikdramaturgie im Film

Wie Filmmusik Erzählformen

und Filmwirkung beeinflusst

Robert Rabenalt


Robert Rabenalt, geb. in Berlin, Studium der Musikwissenschaft und Musiktheorie in Berlin, Lehrtätigkeit im Bereich Musiktheorie an der Hochschule für Musik und Theater Leipzig, daneben Tätigkeit als Komponist für Ensembles und Film, Lehrbeauftragter für Musik- und Tondramaturgie an der Filmuniversität Babelsberg und als Mitherausgeber der Onlinezeitschrift Kieler Beiträge zur Filmmusikforschung. Weitere Tätigkeit als Mitherausgeber, Autor von Artikeln, Lexikonbeiträgen, Leiter und Organisator von Workshops, Fachtagungen im Bereich Musiktheorie, Filmmusik und zur Didaktik im Spannungsfeld künstlerisch-wissenschaftlicher Arbeit sowie Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen und im Rahmen von Erasmus+ (Lissabon). 2019 Promotion an der Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

Print ISBN 978-3-86916-785-5

E-ISBN 978-3-96707-102-3

Umschlagabbildung: LE VIOLON ROUGE (DIE ROTE VIOLINE, CAN/USA/I/GB/AT 1998, R. François Girard, M. John Corigliano). Screenshot DVD (125 Min.) Concorde, München, 1999

E-Book-Umsetzung: Datagroup int. SRL, Timisoara

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

© edition text + kritik im Richard Boorberg Verlag GmbH & Co KG, München 2020

Levelingstraße 6a, 81673 München

www.etk-muenchen.de

Inhalt

Einleitung

Vorhaben, Prämissen und Methodik

Medientechnische Hinweise

Danksagung

Teil I

Grundlagen und interdisziplinäre Umgebung

1. Dramaturgie und Musik

1.1 Dramaturgie

1.1.1 Begriffsbestimmung Dramaturgie

1.1.2 Filmdramaturgie

1.1.3 Explizite Dramaturgie

1.1.4 Implizite Dramaturgie

1.1.5 Narratologie, narration und Filmdramaturgie

1.1.6 Die »Fabel« (mythos, story)

1.1.7 Das Fabel-Sujet-Begriffspaar

1.2 Musikästhetische Perspektiven auf Musik und Erzählen

1.2.1 »Absolute« und autonome Musik als musikalische Poesie

1.2.2 Programmmusik oder Ideenkunstwerk?

1.2.3 Narrative Metaphern und Formmodelle für Musik

1.3 Zusammenfassung Kapitel 1

2. Ästhetik und Affekt

2.1 Filmästhetische Überlegungen zur Einheit von Klang und Bild

2.1.1 Die äußeren Bedingungen zur Wahrnehmung der auditiven Schicht

2.1.2 Prozessualität und Räumlichkeit von Bild und Musik

2.1.3 Filmische Montage

2.1.4 Rezeptionsästhetische Modellvorstellungen zu Musik im Film

2.2 Einfühlung und Distanz

2.2.1 Brechts Kritik der Einfühlung

2.2.2 Strategien der Subjektivierung

2.2.3 Ernste und komische Effekte der Verfremdung

2.3 Filmmusik und Emotion

2.3.1 Thesen zur emotiven Wirkung von Filmmusik

2.3.2 Musik, Affekt und musikalischer Gestus

2.3.3 »Psychische Erholung« durch fiktive Lösungen

2.3.4 Einfühlung und Kontemplation als doppelte Basis der Affekte

2.3.5 Mitaffekt und Eigenaffekt

2.4 Zusammenfassung Kapitel 2

3. Musikdramaturgie und Film

3.1 Praxisorientierte und theoretische Ansätze

3.2 Abgrenzung zur Musiktheater-Dramaturgie

3.3 Zusammenfassung konkreter Aspekte der Musikdramaturgie im Film

Teil II

Methoden und Anwendung der musikdramaturgischen Analyse

4. Filmmusik und Analyse

4.1. Vorüberlegungen zum Themenbereich Filmmusik und Analyse

4.2 Kritik der Modelle und Kataloge filmmusikalischer Funktionen

4.3 Möglichkeiten und Grenzen der musikalischen Analyse von Filmmusik

4.3.1 Filmmusikalische Topologien

4.3.2 Musikalischer Ausdruck des Filmthemas und Einfluss auf narrative Strukturelemente

4.3.3 Grenzen der musikalischen Analyse

4.4 Fabelzusammenhang der Filmmusik

4.4.1 Definition Fabelzusammenhang der Filmmusik

4.4.2 Thesen zum Fabelzusammenhang der Filmmusik

4.4.3 Aristotelische Fabel und geschlossene Form

4.4.4 Heldenreise

4.4.5 Analytische Fabel

4.4.6 Episierende Fabel

4.4.7 Offene (dedramatisierte, sujetlose, episodische) Fabeltypen

4.5 Sujetbezug der Filmmusik

4.5.1 Thesen zum Sujetbezug der Filmmusik

4.5.2 Sujetbezug und narrative Funktionen

4.5.3 Das Zusammenwirken von Sujetbezug und Fabelzusammenhang

4.6 Die dramaturgische Dimension von Musik-Bild-Kopplungen

4.6.1 Klangperspektive

4.6.2 Extension

4.6.3 Synchrese

4.6.4 valeur ajoutée

4.6.5 Audiovisueller Kontrapunkt (»Kontrastierende Vertikalmontage« nach Eisenstein)

4.6.6 Sich bestätigende Beziehungen (Affirmation)

 

4.6.7 Sich ergänzende Beziehungen (»Dramaturgischer Kontrapunkt« nach Adorno / Eisler)

4.6.8 Filmmusikalisches Leitmotiv

4.6.9 Affirmation und Kontrapunkt als dramaturgisch vermittelte Beziehungen

4.7 Die auditiven Gestaltungs- und Wahrnehmungsebenen

4.7.1 Instrumentarium zur Analyse der auditiven Schicht

4.7.2 Erste und zweite auditive Ebene als kategoriales Gerüst

4.7.3 Mittelbarer auditiver Darstellungs- und Wahrnehmungsraum (mittelbare Ebene)

4.7.4 Modell der auditiven Ebenen

4.8 Zusammenfassung Kapitel 4

5. Zusammenfassung und Ausblick

6. Anhang

6.1 Verzeichnis der Filme

6.2 Verzeichnis der Abbildungen und Noten

6.3 Verzeichnis der Personen

6.4 Verzeichnis der Musikstücke und literarischen Werke

6.5 Internetquellen

6.6 Literaturverzeichnis

6.7 Glossar

Einleitung
Vorhaben, Prämissen und Methodik

Das Vorhandensein einer Musikdramaturgie im Film sollte zunächst begründet werden, weil Musik im Film nicht zwangsläufig vorhanden sein muss, um einen Film wirkungsvoll, inhaltlich und ästhetisch wertvoll zu gestalten. Musik ist nicht selten ein Auslöser und Anstoß von Filmen, Begleiter bei der Arbeit am Film oder gewohntes Beiwerk. Entgegen zahlloser Filmbeispiele, in denen nicht nur viel, sondern auch virtuos und kunstvoll Musik eingesetzt wird, ist es dennoch möglich, Filme ohne Musik – zumindest ohne hinzumontierte, nicht durch die gezeigte Szene begründete Musik – zu erschaffen. Doch schon hier beginnt eines der viel diskutierten Probleme der Musikdramaturgie im Film: Ist die gezeigte Musik lediglich in solchen Einstellungen zu hören, wo sie auch zu sehen ist? Wird Musik in der Szene nicht immer ein Kommentar, eine Vertiefung oder eine Interpretationshilfe sein wie externe Musik, z. B. wenn wir durch Montage gleichzeitig die Reaktionen auf das Erklingen der Musik sehen? Wenn uns diese Musik auch weiter in die folgende Szene begleitet, bedeutet sie dann nicht mehr, als nur die Ausstattung der Szene zu bereichern oder Übergänge fließend wirken zu lassen?

Die Musikdramaturgie im Film beschäftigt sich sowohl mit Musik, die in vielerlei Form Teil der Handlung sein kann, als auch mit der Zuordnung von Musik zu einem filmisch organisierten Handlungsablauf. Als analoger Begriff zur Musikdramaturgie des Musiktheaters taugt der Begriff aufgrund mediumspezifischer und ästhetischer Unterschiede zwischen Film und Oper nicht ohne Weiteres, vor allem aber, weil Film keine im eigentlichen Sinne musikalische Gattung ist. Gemeinsamkeiten zwischen den sich in der Zeit entfaltenden Kunstformen Musik und Film erlauben aber, filmische Anordnungen durchaus als »musikalisch« zu bezeichnen, z. B. in Fragen des Rhythmus und Timings oder der Komposition und Anordnung der Ebenen und Teile. Wenn Filmdramaturgie die für die Gattung des narrativen Films kaum zu überschätzende Bedeutung der Bilder und das darstellende Spiel der Figuren ordnet, dann wird sie diese Ordnungskraft auch auf die hinzugefügte Musik übertragen. Eine unmittelbar führende Rolle nimmt Musik dabei selten ein.

Dennoch scheint der Einfluss von Musik auf Dramaturgie und Filmwirkung enorm zu sein. In der vorliegenden Studie wird der Frage nachgegangen, wie vielfältig und wie konkret Musik als dramaturgisches Mittel zum Einsatz kommt und wie Musik die Filmform und die Filmwirkung beeinflusst. Unter Wirkung wird dabei nicht eine messbare physiologische oder psychologische Wirkung, sondern die Erlebnisqualität (Unterhaltung, Anregung) verstanden, die ein in Dramaturgie enthaltener Aspekt ist. Unter der Vorgabe, die bestmögliche Wirkung zu erreichen, organisiert Dramaturgie als Werkzeug der Konstruktion und Reflexion Struktur und Inhalt und setzt als zugleich praxisbezogene Disziplin Thema und filmische Präsentation einer Geschichte mit den zur Verfügung stehenden Mitteln und Aufführungsarten um.

Ziel dieser Untersuchung ist es, die oft benannte, aber selten ausführlich behandelte, zeitgemäße Bedeutung der Dramaturgie für die Gestaltung, den Einsatz und die Wirkung der Filmmusik konkret und systematisch darzustellen. Es soll untersucht werden, wie Musik eigene Wirkungsmechanismen und Merkmale zugunsten einer Geschichte und ihrer filmischen Präsentation einbringt und mit Hinblick auf die kognitive und emotionale Anteilnahme eines anvisierten, idealen Publikums eingesetzt wird. Es sollen neue Thesen für die genannten Bereiche entwickelt und Musikdramaturgie als essenzieller Bestandteil einer Filmmusiktheorie ausgebaut werden. Hierfür wird ein zum Teil neues terminologisches und kategoriales Modell zur Beschreibung und Analyse von Filmmusik zur Diskussion gestellt.

Als Prämissen für dieses Vorhaben, die in der Arbeit an geeigneter Stelle näher erläutert werden, gelten folgende Punkte:

 – Es existiert eine Musikdramaturgie außerhalb des Musiktheaters.

 – Dramaturgie ist zugleich Theorie und Praxis.

 – Zur Filmspezifik gehören ästhetisch eigene Formen der Repräsentation und Präsentation mit den Mitteln der filmischen Montage sowie die Synthese von Wahrnehmung und Wirkungen unterschiedlicher, schon existierender Kunstformen.

 – Filmmusik wird als poetisches Gestaltungsmittel verstanden, das einen Film unverwechselbar werden lässt.

 – Film dient als Kunst und Unterhaltung zur Erfassung der Welt und ist vielfach ebenso bedeutsam wie die Welterfahrung selbst oder eine Vorstufe davon.

 – Kunstwissenschaft muss nicht normativ sein, leitet Thesen und Instrumentarium aus den Werken selbst ab und respektiert dabei einen stets verbleibenden, nicht übersetzbaren Rest.

Aus den Zielen und Prämissen ergibt sich, dass Dramaturgie als Methode zum Einsatz kommt, d. h. als Instrument der Reflexion, Analyse und der wissenschaftlichen Auseinandersetzung und des kreativen Durchdenkens von Phänomenen des darstellenden Erzählens und der Filmmusik. In der Filmmusikforschung ist Dramaturgie noch nicht systematisch als Methode genutzt worden, obwohl sie – von bestimmten kommerziellen Erwägungen abgesehen – die wohl wichtigste Instanz darstellt, vor der sich alle zum Einsatz kommenden Mittel im Film, darunter die Filmmusik, direkt oder indirekt rechtfertigen können und meist auch müssen. Ziel dieser Studie ist es daher auch, Dramaturgie als wissenschaftliches Werkzeug zur Annäherung an künstlerische, sich in der Zeit entfaltende, multimediale Werke zu erschließen.

Konkrete Fragen, die die Untersuchung leiten, sind:

 – Wie kann eine zeitgemäße Definition von Dramaturgie aussehen, die für tradierte Erzählformen im Film und für neuere Formen des filmischen Erzählens geeignet ist?

 – Wie unterscheidet sich Musikdramaturgie im Film von Musikdramaturgie im Musiktheater?

 – Wie lassen sich Filmformen, Stile oder Gattungen musikdramaturgisch differenzieren?

 – Hat Musik bereits eigene narrative oder semantische Implikationen, und falls ja, wie werden sie in eine filmisch erzählte Geschichte integriert?

 – Wie hält Musik das Interesse am Erzählten wach oder beeinflusst die Lesarten der erzählten Geschichte?

 – Wie wirken sich die Verabredungen und Bedingungen zur Gestaltung und Wahrnehmung der auditiven Schicht im Film auf die dramaturgische Bedeutung von im Film eingesetzter Musik aus?

 – Unter welchen Umständen gehört Musik zur Filmspezifik und trägt substanziell zur Filmsprache und Dramaturgie des Films bei, und wann und warum bleibt Musik entbehrlich oder lediglich akzidentielle Zutat?

 – Wann sind die musikalisch-kompositorischen Mittel ausschlaggebend für die Wirkung von Filmmusik und wann vielmehr die Art, wie Musik im Film zum Einsatz kommt?

 – Wie kann existierende Terminologie zur Beschreibung und Analyse von Filmmusik geschärft oder eine neue Terminologie gefunden werden, sodass in dem weiten Spannungsfeld von Ästhetik und Pragmatik (Filmpraxis, Filmtheorie, Medienwissenschaft, Filmkunst, Filmwahrnehmung und kommerzielle Massenverwertung) ein Vokabular und eine Methodik bereitstehen, die der Eigenheit und Wirkungsweise von Filmmusik so umfassend wie möglich gerecht werden?

Daraus ergibt sich, dass ein interdisziplinärer Ansatz notwendig ist, um die grundlegenden und breit gefächerten dramaturgischen Aspekte der Gestaltung und Wirkung von Filmmusik zu untersuchen. Die Gliederung des Buches und der Umfang der einzelnen Kapitel nimmt darauf Rücksicht. Vonseiten der beteiligten wissenschaftlichen und künstlerischen Disziplinen Theater, Literatur, Musik (Theorie und Komposition), Musikwissenschaft, Film und Filmtheorie existiert keine universell anerkannte Definition von Dramaturgie. Auffällig in den zahlreich vorliegenden Veröffentlichungen zu Filmmusik ist eine Diskrepanz zwischen dem durchaus vorhandenen Bewusstsein von der Bedeutung der Dramaturgie für die Filmmusik einerseits und andererseits dem nicht selten eingeengten oder ungenauen Blick darauf, was Dramaturgie genau sei. Die Begriffsbestimmung steht daher am Anfang der Betrachtungen und ersetzt eine noch häufig anzutreffende reduzierte Auffassung, nach der Dramaturgie lediglich den Handlungsaufbau oder einen nicht näher definierten Spannungsaufbau betrifft, manchmal nur Worthülse für die Ansammlung von Strukturmustern ist oder allein das In-Szene-Setzen meint und überdies implizite, nicht offensichtliche Dramaturgieanteile vernachlässigt.

Die Untersuchungen zur Musikästhetik, Filmästhetik, Kunst- und Emotionspsychologie werden auf jene Aspekte eingegrenzt, die für die dramaturgische Bedeutung von Filmmusik und ihre Rezeption wichtig erscheinen. Somit kann zwar keine als vollständig geltende Ästhetik der Filmmusik entwickelt werden, jedoch steht diese mehr als in anderen Veröffentlichungen zur Filmmusik am Anfang der Betrachtungen, und im Verlauf treten wesentliche Merkmale einer Ästhetik der Filmmusik hervor. Querverbindungen zwischen den Disziplinen und die für Filmmusik spezifisch geltenden Bedingungen bei der Filmherstellung und Aufführung führen die unterschiedlichen Perspektiven immer wieder zusammen, sodass auch hier die Frage nach der dramaturgischen Bedeutung von Filmmusik ins Zentrum gerückt werden kann. Die kritische Reflexion des Vokabulars und eine Aufstellung der konkreten Aspekte der Musikdramaturgie im Film bilden die Grundlage für das letzte Kapitel. Dort werden konkrete Thesen zur Theorie der dramaturgischen Einbindung von Musik sowie das Instrumentarium zur musikdramaturgischen Analyse präsentiert und mit zahlreichen Beispielen untermauert.

Wenn Begriffe und Zusammenhänge von Grund auf neu überdacht werden, ist meist auch eine Kritik an der Terminologie oder ihrem Gebrauch die Folge. Diese Kritik richtet sich aber nicht an Personen, die mit solcher Terminologie arbeiten. Erkenntnisse oder neue Begriffe sollen zum Weiterdenken anregen und stehen im besten Fall auch für hier nicht diskutierte Gegebenheiten, Gattungen und Formen zur Verfügung.

Der Korpus der Studie erwächst aus Filmen, die entweder durch ihr ästhetisches Konzept, ihre Dramaturgie und Erzählstruktur, ihre musikalischen Mittel und kommunikativen Codes oder aufgrund ihrer unterstellten Publikumswirksamkeit tief greifende Erkenntnisse zum Forschungsschwerpunkt erwarten lassen. Das gewählte Spektrum zeigt neben der dramaturgischen Dimension filmmusikalischer Arbeit auch, wie Musik für unterschiedliche Erzählformen eingesetzt wird bzw. wie sie diese beeinflusst, sowie die filmspezifischen Erscheinungsweisen von Musik im Film. Es handelt sich um exemplarisch gewählte Filme, die durch ihren Musikeinsatz prägend waren oder noch sind, unabhängig davon, ob die Filme zu ihrer Zeit oder heute massenwirksam geworden sind oder eher in Kreisen von Filmschaffenden, an Filmhochschulen, von der Filmkritik oder Filmwissenschaft diskutiert wurden. Manche Beispiele können für die Regel stehen, andere für die Ausnahme. Meistens zeigen die Beispiele die vielfältigen Möglichkeiten der musikdramaturgischen Arbeit im Film. Diese Methodik erlaubt es, anders als bei einer an Genres, einzelnen Personen, Epochen oder Markterfolg orientierten Studie, dem Anspruch nach einem umfassenden Spektrum musikdramaturgischer Konzepte und Wirkungsweisen der Filmmusik gerecht zu werden.

 

Medientechnische Hinweise

Die angegebenen Zeiten der Filmausschnitte von untersuchten Beispielen sind kein Timecode. Dazu fehlt nicht nur die letzte Angabe (frame), sondern auch eine einheitliche Grundlage für die unterschiedlichen zur Verfügung stehenden Videoformate. Die meisten Quellen haben keinen eingeschriebenen Timecode. Die meisten physischen und nativen Player geben nur berechnete Werte (gewissermaßen Schätzungen) zur Laufzeit bzw. Position an und keine absoluten, nicht zu löschenden Zuordnungen zu jedem einzelnen Frame wie bei einem Timecode. Die angegebenen Zeiten sind daher nur ungefähre Werte, erhalten in dieser Form bestehend aus Stunden: Minuten: Sekunden aber eine Übersichtlichkeit, z. B. 1:26:50 (h:mm:ss) im Gegensatz zum Timecode 01:26:50:24 (h:mm:ss:frame). Bei Abweichungen der in den Analysen angegebenen Zeiten von mehr als ein bis zwei Minuten (am Ende eines ca. zweistündigen Films sogar von bis zu zehn Minuten) liegt der Grund in den unterschiedlichen Standards von 24 oder 25 Bildern/Sekunde, d. h. der Unterschied zwischen schneller laufender DVD und Kinofilm bzw. Streamingdiensten. Dieser Unterschied kann sich auch bei höheren frame-Raten moderner Videoformate bemerkbar machen, die diese Standards rekonstruieren. Je nach Format, Gerät und Software müssen beim Abspielen der Filme Abweichungen in Kauf genommen werden, selbst bei einer identischen Quelle und besonders bei unterschiedlichen Editionen. Vor diesem Hintergrund wurde auf eine sekundengenaue Angabe verzichtet und zumeist in Fünf-Sekunden-Schritten »gerundet«.

Die durch unterschiedliche Bild- und Tonformate entstehenden Unterschiede der Tonhöhen ergeben das Problem, dass Filmmusik auf DVDs und vergleichbaren Formaten annähernd eine kleine Sekunde höher erklingt, als sie komponiert, notiert und aufgenommen wurde. Ein Musikstück in a-Moll erklingt dann in b-Moll, C-Dur klingt als Cis-Dur oder Des-Dur. Die hier vorliegenden Transkriptionen wurden durch den Autor vorgenommen und gleichen diese Differenz in der Regel aus. Mitunter ist aber nicht eindeutig zu bestimmten, in welcher Tonart eine im jeweiligen Videoformat klingende Musik steht oder komponiert wurde. Dieser Sachverhalt kann hier vernachlässigt werden, zumal im Arbeitsprozess musikalisch oder technisch nicht selten und für Außenstehende kaum nachzuprüfen transponiert wird und der Schwerpunkt hier nicht auf der Analyse von originalem Notenmaterial liegt.