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Der rote Komet

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John Crofton, seiner Stimme kaum mehr mächtig, entgegnete:

»Der Friede steht bevor, kleine Katze! Die Franzosen werden allerdings übel abschneiden. Ja, wenn sie wüssten, dass Deutschland von Amerika vollständig im Stich gelassen wird! Wenn sie wüssten, dass Deutschland finanziell und ökonomisch durch diesen Krieg vollständig ruiniert ist, so würden sie allerdings kaum die Bedingungen eingehen, die man ihnen gemacht hat!«

»Die Sache steht also für Frankreich weit besser, als man annimmt?« entgegnete Happy Head-Divina hastig, indem sie ihrem Freunde von neuem das Sektglas füllte. Der Inhalt sah diesmal etwas trüber aus als sonst. —

»So ist es! Auch Englands Chancen sind weit größer, als die Briten annehmen!«

»Und du kennst bereits alle näheren Pläne?«

Er lachte.

»Ich habe die Entwürfe in meiner Tasche, göttliche Happy! Sprach ich doch erst heute in langer Audienz mit dem deutschen Minister des Auswärtigen! Ja, wenn man es so nimmt – das Schicksal Frankreichs liegt jetzt eigentlich ebenso in meiner Hand wie das der Briten!«

Er sah nicht, dass die Augen der Sängerin sich geweitet hatten. Sah nicht, dass sie ihn mit den Blicken förmlich verschlang! Er setzte das Sektglas an die Lippen und trank es aus auf einen einzigen Zug. –

Miss Happy begann ein anderes Thema. Sie sprach von dem und jenem, bis John Crofton sich endlich erheben wollte. Aber es ging nicht. Seine Glieder waren wie Blei, sein Atem ging schwer, und so krampfhaft er auch die Augen zu öffnen versuchte, ebenso unwiderstehlich fielen sie ihm zu.

»Also du trägst die Entwürfe bei dir!« meinte Miss Happy plötzlich, indem sie wieder auf das alte Thema zurückkam. Mit einem Blick, in dem sich nicht die geringste Teilnahme spiegelte, der so kalt war wie Eis, beobachtete sie die vergeblichen Anstrengungen ihres Freundes, der Betäubung zu entgehen.

Die Worte der Sängerin drangen wie aus weiter Ferne an sein Ohr. Ohne bei klarer Besinnung zu sein, entgegnete er dumpf:

»Ja, ja, so ist es! Aber ich möchte mich jetzt – ich möchte mich – entfern —«

Er konnte das Wort nicht aussprechen. Die Hände, die sich gegen einen Stuhl gestützt hatten, fielen schlaff herab, und John sank in das große Eisbärenfell.

In diesem Augenblick tönte hastiges Klopfen an der Tür. Der Inspizient steckte den Kopf herein und rief:

»Schnell, es ist die höchste Zeit, Miss Head-Divina! Ihr Stichwort fällt in einer Minute!«

Sie nickte lächelnd und drückte auf eine zweite Klingel. Augenblicklich stürzte der Groom herbei.

»Laufe in die Kanzlei, mein Junge, und benachrichtige Dr. Diabel, der sich zufällig dort aufhält. Sage ihm, er möchte auf der Stelle kommen. Sir Crofton wurde von einem Unwohlsein befallen und liegt in meiner Garderobe.«

Dann ging sie hinaus, betrat im nächsten Augenblick die Bühne und sang ihre Partie mit so bezaubernden Wohlklang, mit solcher Kraft und Frische, dass mitten in die Szene hinein ein Beifallssturm des Publikums brauste. – —

Der Groom hatte inzwischen den Befehl der Herrin ausgerichtet. Er traf Dr. Diabel tatsächlich in der Kanzlei, wo er mit dem Direktor des Theaters gerade eine Unterredung hatte, und führte ihn, der bei der Nachricht nicht sonderlich erstaunt gewesen war, in die Garderobe seiner Herrin.

Dr. Diabel trat ein.

»Du kannst gehen«, wandte er sich an den Groom. »Lass’ mich allein!«

Der Schwarze kreuzte die Arme über der Brust, verneigte sich und verließ die Garderobe.

Dr. Diabel war allein mit dem bewusstlosen John Crofton, dessen Antlitz gelb war wie die Schale einer Zitrone. Das Gesicht des Arztes erschien in diesem Augenblick noch unsympathischer, als es sonst schon wirkte. Die bleichen Züge waren förmlich durchsichtig geworden; die großen, dunklen Augen lagen tief in den Höhlen, und schwarze Schatten ringelten sich um seine Schläfen, während das Gesicht ganz zurücktrat in den spitz zulaufenden Rahmen des Bartes.

Dr. Diabel drehte zunächst das elektrische Licht aus, dass durch den Reflektor, der an der Decke angebracht war, nur mehr das Purpurlicht des roten Kometen Zutritt in das Zimmer hatte. Dann schritt er auf den Tisch zu und goss das Glas John Croftons aus, in dem sich der Rest des Betäubungsmittels befand, das die Schauspielerin ihm gereicht hatte. Darauf riss er den Bewusstlosen brutal in die Höhe, warf ihn über einen Sessel, dass auf der einen Seite die Füße, auf der anderen der Kopf und die Schultern hinabhingen, und durchsuchte in fiebernder Eile seine Taschen.

Endlich schien er das Richtige gefunden zu haben. Im Scheine des roten Lichts entfaltete er ein Dokument, das eine Reihe von Korrekturen aufwies und teils in Hand-, teils in Maschinenschrift ausgefertigt war. Er ließ das Dokument in der Brusttasche verschwinden und goss dann auf einen kleinen Löffel einige Tropfen aus einem Fläschchen, das er in der Westentasche getragen hatte. Diese Flüssigkeit ließ er zwischen die Zähne des Bewusstlosen gleiten. Es dauerte keine drei Minuten, da schlug John Crofton die Augen auf und sah sich mit einem müden Blicke um.

Sein Auge fiel auf Dr. Diabel.

»Wo bin ich? Was ist geschehen?« fragte er hastig, indem er sich aufrichtete. Dr. Diabel musste ihn aber halten, sonst wäre er zu Boden gestürzt.

»Sie leiden an Schwindelanfällen, mein Freund«, meinte der Arzt. »Ich wurde eben gerufen, denn Sie sind in der Garderobe unserer göttlichen Happy bewusstlos zusammengestürzt!«

Bei diesen Worten kehrte John Crofton die Erinnerung zurück. Er begriff, was geschehen war, glättete seinen Frack und reichte Dr. Diabel die Hand.

»Ich danke Ihnen!« flüsterte er. »Ich werde mich bei Miss Head-Divina noch persönlich entschuldigen.« Und er eilte hinaus in die Loge seines Freundes Romulus Futurus, dem er in wenigen Worten sein Abenteuer erzählte, um sich wegen seines langen Ausbleibens zu entschuldigen.

Gleichzeitig fiel der große Vorhang auf der Bühne, denn die Oper war zu Ende.

Romulus Futurus hatte kein Wort auf die Erzählung seines Freundes erwidert. Als sie in seiner Wohnung angelangt waren und Frau Fabia sich zurückgezogen, sagte der Kultusminister:

»Sieh einmal nach, John, ob du den Entwurf der Alliance-Pläne noch in deiner Tasche hast!«

John Crofton erbleichte. Ja, er zitterte wie Espenlaub im Winde, so furchtbar hatte ihn die Möglichkeit getroffen, die Romulus Futurus andeutete. Hing doch nicht nur seine Stellung und seine Zukunft, sondern sogar seine Freiheit von diesem Schriftstück ab. Die amerikanischen Zeitungen pflegten kurzen Prozess mit ihren auswärtigen Vertretern zu machen, wenn diese sich ein Vergehen zuschulden kommen ließen. Sie wurden ganz einfach entlassen und nie wieder eingestellt; da sämtliche Zeitungen Amerikas einen großen Ring bildeten und eigentlich nur mehr ein Trust waren, so konnte der betreffende Journalist nie wieder hoffen, in irgend einem amerikanischen Blatte Unterschlupf zu finden.

Die Regierung aber pflegte Leute, die ihre Interessen im Auslande nicht genügend gewahrt hatten, obendrein noch auf einige Jahre ins Gefängnis zu schicken. Wenn nun John Crofton gar das wichtigste Dokument, das einem Vertreter seit Jahrzehnten anvertraut gewesen war, preisgegeben hatte, so wäre sein Schicksal wahrlich ein wenig beneidenswertes gewesen.

Darum war er so furchtbar erschrocken und kramte nun fieberhaft in allen Taschen. Sein Gesicht überzog eine wächserne Farbe.

Romulus Futurus hatte die Brauen in die Höhe gezogen und sah ihm schweigend zu.

»Du bist sicher, John, dass du den Entwurf bei dir gehabt hast, nicht wahr?«

»Aber ja! Ganz gewiss! Ich habe mit dir doch noch in der Loge davon gesprochen!«

»So hat man ihn dir gestohlen, wie ich sofort vermutet habe! Ich kenne deine Natur, John! Dein plötzliches Unwohlsein ist verdächtig!«

Nun fielen auch John Crofton alle Einzelheiten mit klarer Deutlichkeit wieder ein und der Verdacht, dass er das Opfer eines schändlichen Komplotts geworden sei, stieg in ihm auf. Er erinnerte sich, dass Dr. Diabel der letzte war, der ihn untersucht hatte. Rasend vor Wut, ergriff er Hut und Mantel und beschloss, sofort zu ihm zu eilen und ihn zur Rechenschaft zu ziehen.

Aber Romulus Futurus hielt ihn zurück.

»Das ist eine öffentliche Angelegenheit, mein Freund!« sagte er ruhig. »Ich werde Dr. Diabel verhaften lassen!«

Damit begab sich der Kultusminister ans Telefon und setzte sich mit der Polizeizentrale in Verbindung. Dort erfuhr er, dass Dr. Diabel gerade am Krankenbett der Fürstin Angelika weile, die bereits seit Wochen an einer schweren Krankheit daniederlag. Romulus Futurus gab den Auftrag, den Leibarzt der Fürstin und des Regenten in Haft zu nehmen.

Sein Einfluss war so groß, dass die Polizeibehörde nicht den geringsten Widerspruch wagte, und eine halbe Stunde später befand sich Dr. Diabel in dem großen Untersuchungsgefängnis am Spittelmarkt.

Der Untersuchungsrichter ließ den berühmten Arzt, der eine große Rolle in der Gesellschaft spielte, nach Mitternacht noch vorführen und unterzog ihn einem langen, eingehenden und scharfen Verhör. Jedes einzelne Wort, das der Untersuchungsrichter sprach, jede Antwort, die der Gefangene gab, wurde von einem Phonographen selbsttätig aufgenommen und durch einen eigenen Stift auf ein Blatt Papier übertragen. So war jedes Protokoll überflüssig, und der Gefangene konnte sich nie mehr beklagen, dass seine Antworten von dem Untersuchungsrichter falsch aufgefasst worden seien und sich mit dem Protokoll nicht deckten.

Bereits um vier Uhr morgens überbrachte ein Bote das Protokoll. John Crofton rang verzweifelt die Hände, als er es gelesen.

»Ich bin verloren! Verloren, Romulus!« rief er. »Dr. Diabel leugnet hartnäckig und weder die körperliche, noch die Hausdurchsuchung hat irgendetwas ergeben, was zu seinen Ungunsten gesprochen hätte!«

Inzwischen hatte Romulus Futurus auch bei der Schauspielerin eine Haussuchung vornehmen lassen, aber auch dort war der Vertrag nicht gefunden worden. Die Situation war ernst, denn wenn es inzwischen gelang, den Inhalt des Vertrages auf elektrischem Wege nach Paris und London zu übermitteln, so befand sich Deutschland in einer sehr schwierigen Situation und John Crofton konnte darauf rechnen, als Verräter nach Amerika zurückgeschickt zu werden. Vor diesem Schicksal hätte ihn auch Romulus Futurus nicht bewahren können.

 

Der Kultusminister gab also Befehl, dass alle elektrischen Stationen gesperrt würden und drei Tage lang unter persönlicher Kontrolle des Ministers ständen.

Aber John Crofton war dadurch nicht mehr getröstet. Er begriff sehr wohl, dass, wenn wirklich Dr. Diabel den Vertrag besaß, er oder seine Helfershelfer schon Mittel und Wege finden würden, ihn nach Paris zu übermitteln. Dass Miss Happy Head-Divina die Komplicin des Doktor Diabel war, wollte John Crofton nicht glauben.

Auf alle Fälle leugneten beide standhaft.

So vergingen kostbare Stunden, und das Schicksal John Croftons schien besiegelt.

Er, der gegen seinen Freund so schmählich gehandelt hatte, scheute sich nicht, ihn jetzt beinahe auf den Knien zu bitten, alles zu tun, um ihn zu retten.

Romulus Futurus verlor keinen Augenblick seine Sicherheit.

»In einer Stunde werden wir wissen, wer den Vertrag gestohlen hat und wo er sich befindet!« sagte er ruhig.

John Crofton hob den Kopf.

»Wie willst du das machen? Es gibt keine Folter mehr, durch die du Dr. Diabel sein Geheimnis entreißen könntest!«

»Ich brauche keine Folter! Merke dir, mein Freund: von jetzt ab wird es keinen Verbrecher mehr auf Erden geben, der imstande ist, zu leugnen. Von jetzt ab werden alle Untersuchungsrichter der Welt überflüssig sein, es wird keine Ungerechtigkeit mehr geben und jedes Verbrechen wird nach seinen Ursachen, nicht nach seinen Wirkungen bestraft werden!«

»Ich verstehe dich nicht!« entgegnete John Crofton.

Romulus Futurus aber befahl seinem Diener, den photographischen Apparat in sein Coupé zu bringen, fuhr mit John Crofton in das Untersuchungsgefängnis.

Die Zelle, in der man Dr. Diabel untergebracht hatte, war groß und geräumig und besaß zwei Fenster: eines, das auf die Straße zeigte, und eines, das einen andern kleinen Raum von seiner Zelle abschloss.

Hier hinein traten John Crofton und Romulus Futurus. Letzterer stellte dort seinen photographischen Apparat auf und schob die empfindliche ›Lumen‹-Platte ein.

Dann setzte er den Verschluss in Tätigkeit.

Der Gelehrte hatte nämlich in den letzten Wochen seine Erfindung noch vervollständigt, und zwar in einer Weise, die niemand ahnte und die ohne Zweifel einschneidend in das Rechts- und Kulturleben aller Völker wirken musste.

Nachdem er sich überzeugt, dass die ›Lumen‹-Platte die menschlichen Physiognomien so fotografierte, wie sie waren, und nicht, wie sie schienen, hatte er seinen Apparat kinematographisch eingerichtet und so vervollständigt, dass er in einer Sekunde mindestens zwanzig Aufnahmen bewerkstelligte. Auf diese Weise war die ›Lumen‹-Platte noch zwanzigmal verfeinert worden, denn die menschlichen Physiognomien zeigten sich jetzt nicht nur in einem bestimmten Augenblick, wie sie waren, sondern sie zeigten sich in diesem Augenblick zwanzigmal vervielfältigt, in ihren geheimsten Regungen, und damit war eine tatsächliche Gedankenfotografie geschaffen worden. Man brauchte sich nur wenig Mühe zu geben, nur die einzelnen Mienenbewegungen zu studieren. Romulus Futurus hatte hierfür bereits einen Schlüssel entworfen, denn auch die Bewegungen des menschlichen Gesichts sind bestimmten Gesetzen unterworfen. Es gibt eben auch da nur eine bestimmte Anzahl von Veränderungen, von denen jede einen bestimmten Gedanken ausprägt.

Nachdem also Romulus Futurus seinen Apparat in Bewegung gesetzt, trat er mit John Crofton in die Zelle des Dr. Diabel ein; der hatte selbstverständlich die Vorbereitungen beobachtet, welche gemacht worden waren, und sah so deutlich den Apparat, dessen weißes Auge vom Fenster auf ihn gerichtet war.

Er lachte, als die beiden Männer eintraten.

»Ihr werdet euch täuschen«, dachte er: »Von mir werdet ihr nichts erfahren!« Zu gleicher Zeit überlegte er sich, dass er nun auf keinen Fall an Miss Happy Head-Divina denken durfte, denn die Eigenschaften der ›Lumen‹-Platte waren ihm natürlich längst bekannt.

»Ich werde weder an Miss Happy denken, noch daran, dass der Vertrag sich in ihren Händen befindet und dass sie ihn unter dem Sitzleder eines Plüschsessels in ihrem Saale verborgen hält«, dachte er. Und wirklich gab er seinen Gedanken eine ganz andere Richtung, als die beiden Männer eingetreten waren und Romulus Futurus, in seiner Eigenschaft als oberster Polizeibeamter, ihn einem eingehenden Verhör unterzog.

Dieses verlief ebenso ergebnislos wie das durch den Untersuchungsrichter vorgenommene, und Romulus verließ mit seinem Freunde Crofton die Zelle, während ein geheimnisvolles Lächeln auf den Lippen des großen Menschenkenners lag.

Hinter ihnen gellte das Lachen des Dr. Diabel.

»Ihr werdet euch täuschen«, dachte der Arzt. »Ihr werdet euch täuschen! Ich habe weder an Miss Happy noch an die Pläne, noch an alles andere gedacht, und deine Maschine, Romulus Futurus, wird nichts wissen!«

Romulus Futurus nahm ruhig die ›Lumen‹-Platte aus dem Apparat, nachdem er diesen abgestellt hatte, und fuhr mit John Crofton nach Hause.

Aber ungeahnte Hindernisse stellten sich den beiden Männern in den Weg. Sie brauchten nicht weniger als sieben Stunden, um in ihre Wohnung zurück zu gelangen. Inzwischen war es wieder Nacht geworden, denn die Tage wurden immer kürzer und dauerten seit einiger Zeit nur noch sieben Stunden.

In den Straßen nämlich sammelten sich ungeheure Menschenmengen. Das Volk, das zusammenlief, mit elektrischen Gewehren bewaffnet, wusste eigentlich nicht, was es wollte. Man war unzufrieden mit dem System, mit der Regierung, mit allem. —

Aber man wusste nicht, warum. – —

Man hatte im Laufe der Jahrhunderte gelernt, dass Revolutionen nichts ändern, dass alles seinen gleichen Gang weiter geht und dass immer dasselbe kommt und niemals etwas anderes.

Und doch wollte das Volk die Revolution, aufgestachelt durch das rotglühende Licht des Kometen, dessen entsetzliches Antlitz sich förmlich hohnlachend über die Erde neigte.

Blut – hieß die Losung! Blut wollten sie alle! Blut sollte fließen!

Und da die Volksmassen sich selbst nicht morden wollten, so richteten sie ihr Augenmerk auf die, welche der Pöbel immer hasst, auf die Reichen, auf die Regierenden.

Hätten sich Romulus Futurus und John Crofton nicht in ein Flugcoupé gerettet, so wären sie beide verloren gewesen, denn alle elektrischen Coupés auf den Straßen wurden angehalten, zertrümmert und die Insassen ermordet.

Der Augenblick für das Losbrechen der Revolution war günstig gewählt worden, denn das Militär war noch nicht da und die Truppen, die sich in Berlin befanden, reichten nicht hin, die Aufständischen zu zügeln, die mit jeder Minute zahlreicher wurden.

Der im Jahre 1908 gebaute Eispalast war als Standquartier der Revolutionäre eingerichtet worden. Dort weilten die Anführer, unter denen sich einer befand, der ganz besonderes Ansehen genoss: Peter Cornelius, der Student.

Endlich aber gelang es Romulus Futurus doch, in seine Wohnung zu kommen. Er entwickelte sofort die Platte und ließ die Fotografien kinematografenartig ablaufen.

John Crofton beobachtete staunend die Maßnahmen seines Freundes, und zum ersten Male begriff er ganz und gar dessen gigantische Größe, die fabelhaften Vorteile, die diese Erfindung der deutschen Nation sicherte.

Folgendes erfuhr Romulus Futurus aus dem Apparat:

»Ihr werdet euch täuschen! Von mir werdet ihr nichts erfahren! Ich werde weder an Miss Happy Head-Divina denken, noch daran, dass sich der Vertrag in ihren Händen befindet und dass sie ihn unter dem Sitzleder eines Plüschsessels in ihrem Salon verborgen hält! Ihr werdet euch täuschen! Ich habe weder an Miss Happy, noch an die Pläne, noch an alles andere gedacht, und deine Maschine, Romulus Futurus, wird nichts wissen!«

»Nun wissen wir ja alles, was wir wissen wollten!« sagte Romulus Futurus lächelnd, drückte auf eine elektrische Klingel und setzte sich wieder mit der Polizeizentrale in Verbindung.

»Die Schauspielerin Miss Happy Head-Divina ist zu verhaften!« befahl er. Gleichzeitig gab er Auftrag, dass ein hoher Polizeibeamter sich in die Wohnung der Schauspielerin begeben sollte, um das Dokument in Besitz zu nehmen und es John Crofton zurückzugeben. Inzwischen war Frau Fabia, erschreckt durch das lange Ausbleiben ihres Gatten, in das Turmzimmer der Sternwarte gekommen. Sie warf zufällig einen Blick auf die vielen Fotografien, die in kurzer Zeit von Dr. Diabel aufgenommen worden waren. Kaum aber hatte sie hingesehen, da stieß sie einen wahnsinnigen Entsetzensschrei aus.

»Er ist es!« rief sie. »Er ist ein Verbrecher! Er hat mich getötet!« Dann sank sie in Ohnmacht.

John Crofton und Romulus Futurus sahen sich entsetzt an.

»Was bedeutet das?« fragte John Crofton.

»Wir werden es wohl bald erfahren«, sagte Romulus Futurus nachdenklich.

* * *

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