Die Hirntod-Falle

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1992: Die Leichen leben noch



Spätestens der Fall des »Erlanger Babys« hätte auch Kirchenvertretern die Augen öffnen können. Denn 1992 entbrannte erstmals die öffentliche Diskussion um die Transplantationsmedizin. Mit der 40-tägigen »posthumen« Schwangerschaft der 18-jährigen Marion P. in der Universitätsklinik Erlangen wurde plötzlich klar, was Transplantationsmediziner Jahre verschwiegen hatten: Die Leichen leben noch. »Hirntod«, ein Vierteljahrhundert als Tod des Menschen propagiert, war nun ein viel diskutiertes Thema in den Medien und in der Öffentlichkeit. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass für die noch lebende schwangere Frau am 8. Oktober 1992 drei Tage nach der Einlieferung der Totenschein ausgestellt wurde – zunächst mit der Option auf Entnahme der Organe. Prof. W. Höfling schreibt hierzu: »Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass im Fall des sog. Erlanger Babys nach Feststellung des Hirntodes die Mutter Marion P. im strafrechtlichen und – da ein Leichenschauschein ausgestellt war – auch im bestattungsrechtlichen Sinne als tot galt. D. h.: eine – mit intensivmedizinischer Hilfe – atmende Leiche war formell zur Bestattung freigegeben. Der zuständige Standesbeamte weigerte sich jedoch, den Tod personenstandsrechtlich zu beurkunden mit der Begründung, ›er stehe dann später vor der Notwendigkeit, die Geburt eines Menschen zu beurkunden, der keine Mutter habe, und das könne er nicht‹ (so der seinerseits am Geschehen mitbeteiligte Rechtsmediziner Hans-Bernhard Wuermeling, in: G. Bockenheimer-Lucius/E. Seidler (Hrsg), Hirntod und Schwangerschaft, 1993, S. 21.)

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Der Philosoph Hans Jonas schrieb damals an seinen Freund Prof. H.-B. Wuermeling: »Keiner von Euch und keiner, der Euren Versuch gut geheißen hat, darf hinfort dafür sein, einem Gehirntoten unter Beatmung, also ›bei lebendigem Leib‹, Organe zu entnehmen.«

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Vermuteter Hirntod, mutmaßlicher Wille



Wenn nun eine Person selber einen Organ- und Gewebespende-Ausweis unterschreibt, bleibt in dem mehr als oberflächlich und irreführend abgefassten Dokument offen, was den »Gutgläubigen« vor und während einer Hirntoddiagnose erwartet. Auch an dieser Stelle ist die Frage erlaubt: Ist das Oberflächlichkeit oder was viel schwerer wiegen würde, Absicht? Die Bevölkerung in Deutschland ist relativ wenig aufgeklärt über die Zusammenhänge zwischen Organspende und Hirntoddiagnostik. Wann immer mir Menschen begegnen, die einen Organspende-Ausweis besitzen, stelle ich in Gesprächen zu meinem Erstaunen fest, dass sie in der Regel gutgläubig und uninformiert sind – und das bei einem Thema, bei dem es um elementare Fragen des Lebens und Sterbens geht.



Deshalb haben die Aussteller von Organspende-Ausweisen eine Bringeschuld, indem nicht nur die Zustimmung zur »Hirntod«-Diagnostik dokumentiert wird, sondern auch eine Aufklärung darüber erfolgt, was das bedeutet. Denn jemanden ohne Zustimmung ausschließlich oder in sonst bedenklicher Weise für fremde Zwecke zu »benutzen«, ist ethisch strikt unzulässig. Wer in eine Organspende einwillige, stimme zugleich auch den dazu erforderlichen Maßnahmen zu, würde nur insoweit gelten, solange diese Maßnahmen keine Belastung und Risiken für ihn darstellen. Dies ist aber im Zusammenhang mit einer Hirntoddiagnose nicht sicherzustellen.



Bleibt zum Schluss: Vor fremdnützigen Eingriffen kann sich letztlich nur der schützen, der durch eine Patientenverfügung oder eine Bevollmächtigung sicherstellt, dass lebensverlängernde Maßnahmen bei einer terminalen Erkrankung unterbleiben, bei gleichzeitiger Basis- und eventueller Palliativ-Versorgung.






HAT DER »HIRNTOTE« PATIENT NOCH SCHMERZEMPFINDUNG?



»Nach dem Hirntod gibt es keine Schmerzempfindung mehr. Deshalb sind nach dem Hirntod bei Organentnahme keine Maßnahmen zur Schmerzverhütung (zum Beispiel Narkose) nötig.«



»Erklärung zum Hirntod« der Bundesärztekammer 2001.



»Es ist in der Tat nicht zu belegen, dass eine für hirntot erklärte Person tatsächlich über keinerlei Wahrnehmungsvermögen, insbesondere Schmerzempfindlichkeit verfügt.«



Prof. Dr. med. Werner Lauchert, damaliger Geschäftsführender Arzt der DSO-Region Baden Württemberg in einem Schreiben vom 25. 9. 2000 an die Pastorin Ines Odaischi (†).



Diese Frage ist so lange im Sinne der Humanität von großer Bedeutung, solange sie nicht eindeutig beantwortet ist. Denn es handelt sich zu Beginn einer Explantation um einen noch lebenden komatösen Patienten, der letztlich durch den schweren Eingriff einer Organentnahme getötet wird. Während bei jeder anderen Operation Patienten zur Abwehr von Schmerzen narkotisiert werden, soll laut einer Erklärung der Bundesärztekammer bei Organentnahmen darauf verzichtet werden. Dabei ist keineswegs auszuschließen, dass der wehrlose Patient Schmerzen empfindet. Er wird bis zur Entnahme des letzten Organs beatmet. Als besonders belastend beschrieb eine Anästhesistin im Deutschen Ärzteblatt (Dr. Friederike Schlemmer, 16. 07. 2001) die undankbare, belastende und schwierige Aufgabe, den Herzkreislaufstillstand nach erfolgter Explantation herbeizuführen.



Bei einer Organentnahme bleibt es dem Anästhesisten überlassen, ob er Schmerzmittel gibt oder nicht. Weder das Transplantationsgesetz von 1997 noch die BÄK kennt an dieser Stelle eine Regel. Letztere hat aber – ungeachtet jeglicher wissenschaftlichen Fundierung – eine eindeutige Meinung dazu. In der »Erklärung zum Hirntod« der BÄK aus dem Jahr 2001 heißt es: »Nach dem Hirntod gibt es keine Schmerzempfindung mehr. Deshalb sind nach dem Hirntod bei Organentnahme eine Maßnahmen zur Schmerzverhütung (zum Beispiel Narkose) nötig.«



Fakten belegen: Werden zur Organentnahme lediglich Muskelrelaxantien gegeben, um mögliche Abwehrbewegungen zu unterdrücken – das dient im Übrigen dem Schutz des Chirurgen – lassen bei dem Opfer Lebenszeichen wie Anstieg des Blutdrucks, Transpiration, Rötung der Haut und Abwehrbewegungen möglicherweise auf Schmerz- und Angstreaktionen schließen. Sollte sich bestätigen, dass das Opfer bei Verzicht auf Narkose tatsächlich Schmerzen erleidet, würde das den Tatbestand eines Verbrechens gegen die Menschheit

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 bedeuten – wie es im Nürnberger Ärzteprozess hieß.



Selbst der ehemalige geschäftsführende Arzt der DSO, Professor Lauchert, gibt schriftlich zu: »Es ist in der Tat nicht zu belegen, dass eine für hirntot erklärte Person tatsächlich über keinerlei Wahrnehmungsvermögen, insbesondere Schmerzempfindlichkeit, verfügt.«

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Der »Erklärung zum Hirntod« der Bundesärztekammer waren Anfragen und Klagen von der Pastorin Ines Odaischi in ihrer Eigenschaft als potenzielle Organspenderin vorausgegangen, u. a. vor dem Verwaltungsgericht in Berlin und wie vorhin erwähnt vor dem Bundesverfassungsgericht, das die Bundesregierung zwingen sollte, das Transplantationsgesetz dahingehend zu ändern, dass eine Narkose für Organspender zwingend geboten ist. Das Problem für die BÄK war, mit einer befürwortenden Erklärung zur Narkose hätte man zugeben müssen, es handele sich bei den hirntoten Menschen um noch Lebende. Also nimmt man eher in Kauf, dass die Menschen während der OP eventuell Schmerzen erleiden. Man stelle sich vor, ein Mensch, der sich nicht mehr zu wehren vermag, wird ohne Narkose zum Zweck einer Multiorganentnahme vom Hals bis zum Schambein aufgeschnitten.





Eine Leiche spendet nicht



Was in der Erklärung der BÄK folgt, ist sprachlich entlarvend: Hier heißt es: »Die Tätigkeit eines Anästhesisten bei der Organentnahme – Maßnahmen wie zum Beispiel die künstliche Beatmung, die Kontrolle der Herztätigkeit und des Kreislaufs sowie die notwendige Ruhigstellung der Muskulatur – dient ausschließlich der Erhaltung der Funktionsfähigkeit der zu entnehmenden Organe.« Ist das die angemessene Versorgung bzw. Behandlung einer Leiche? Dennoch ist »Leichenspende« der Terminus technicus in Abgrenzung zur Lebendspende.



Bei aufmerksamem Studium der offiziellen Informations-Broschüren der BZgA für ein allgemeines Publikum ist zu Fragen des Schmerzempfindens bei Hirntoten Gegensätzliches zu erfahren. In der Broschüre »Wie ein zweites Leben« der BZgA (S. 26) ist zu lesen: »… Trotz künstlicher Beatmung und aufrechterhaltender Herztätigkeit kann dann gegebenenfalls ihre Hirntätigkeit für immer erloschen sein. Der Organismus ist dann zu einer Selbststeuerung nicht mehr in der Lage. Jede Möglichkeit der bewussten Wahrnehmung, d. h. auch der Schmerzempfindung, des Denkens, der Steuerung der Atmung, der Stoffwechselregulation usw. ist unwiderruflich verloren.« Auch die Lazarus-Zeichen, Bewegung der Arme oder Gehbewegungen würden nicht auf Schmerzempfindungen hinweisen (S. 36). Daraus folgt, wo kein Schmerzempfinden, da sind Schmerzmittel überflüssig.



Eine weitere Broschüre an Professionelle, »Organspende – eine persönliche und berufliche Herausforderung«, erweckt den Eindruck, dass es dennoch obligatorisch sei Schmerzmittel vor der Organentnahme zu verabreichen, wenn dort die Frage gestellt wird (S. 21): »Warum erhalten Hirntote bei der Organentnahme häufig Schmerzmittel und Medikamente zur Muskelrelaxation, obwohl sie angeblich keine Schmerzen mehr empfinden können?« Die Antwort: »… um rückenmarksvermittelte Bewegungen zu verhindern.« D. h. meines Erachtens, der Chirurg könnte irritiert und in seiner Arbeit gestört werden.





HAT DER »HIRNTOTE« PATIENT VOR DER OP EIN RECHT AUF NARKOSE?



»Mit Muskelrelaxantien werden zwar die lästigen Abwehrbewegungen unterdrückt, nicht aber die Adrenalinausschüttung mit Blutanstieg und Tachykardie. Der Hirntote reagiert also exakt wie ein normaler Patient mit unzureichender Narkose, nur kann er den Narkosearzt später nicht zur Rechenschaft ziehen, denn er überlebt den Eingriff planmäßig nicht.«

 



Dr. Hans-Joachim Ritz, Leserbrief im Deutschen Ärzteblatt vom 12. 09. 1997



Es ist zweifelsfrei dokumentiert

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, dass Patienten, die als hirnstammtot diagnostiziert worden sind (Brain Stem Death), auf das Trauma des chirurgischen Eingriffs wie bei jeder anderen Operation mit erhöhtem Blutdruck, mit Herzrasen und Bewegungen reagieren, paralysiert werden und mit einer Art Anästhesie zur Sicherheit ruhiggestellt werden können. Ob dies geschieht, bleibt ungeregelt und damit dem Zufall überlassen. Weder die »Spender« noch ihre Angehörigen müssen darüber informiert werden, noch wird auf dem Organspende-Ausweis oder im Organspende-Register in Ländern mit einer gesetzlich geregelten Widerspruchslösung Anästhesie angeboten oder garantiert. Familienmitgliedern, die mit der Transplantationsmedizin konfrontiert sind, wird die Wahrheit über diese fragwürdige Vorgehensweise bei einer Organentnahme vorenthalten, obwohl sie einen Anspruch darauf hätten. Das entspricht dem Tatbestand der vorsätzlichen Täuschung. Die ethischen Probleme liegen nicht so sehr darin, dass menschliche Organe für die Transplantation genutzt werden, als vielmehr in der Weise, wie lebenswichtige Organe gewonnen werden.





EINE OPERATION MIT PLANMÄßIG TÖDLICHEN FOLGEN



»Das Leben des Menschen gehört Gott, und der Mensch hat kein Recht, darüber frei zu verfügen. Nichts also darf geschehen, was das Leben um eine einzige Sekunde verkürzen könnte, um dadurch das Leben eines anderen zu retten.«



Joel Berger im Auftrag des Zentralrats der Juden in Deutschland, in Ausschussdrucksache des Deutschen Bundestages 582/13, Bonn 5. 9. 1996.



Ist der Hirntod festgestellt und der Patient hat einen Organspende-Ausweis oder die Angehörigen haben einer Organ-/Gewebe-Entnahme zugestimmt, kann die Operation beginnen. Und das bedeutet im Einzelnen: Zur Organentnahme ist der beatmete »Hirntote« auf dem OP-Tisch fixiert und bekommt unter Aufrechterhaltung der Homöostase (Regelung des Kreislaufs, der Körpertemperatur, des pH-Werts, des Wasser- und Elektrolythaushalts, u. a.) Muskelrelaxantien zugeführt. Ob der Patient auch Schmerzmittel erhält, liegt im Ermessen des Anästhesisten, da es dafür keine gesetzlichen Vorschriften gibt.



Dann wird dem Patienten zum Zweck einer Multiorganentnahme die Bauchdecke vom Hals bis zur Symphyse (Schambeinfuge) aufgeschnitten. Zwei weitere Schnitte folgen vom Brustbein aus zum rechten und linken Beckenkamm.

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 Mit den ersten Schnitten steigt oftmals der Blutdruck. Blutdruckanstieg, Schwitzen, Rötungen der Haut während des Eingriffs mit Elektromesser und Säge

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 bei dem noch lebenden Patienten, lassen unter Umständen auf Schmerz- und Angstreaktionen schließen, wie selbst der medizinischen Literatur zu entnehmen ist.



Die spitzwinkligen Bauchdeckenlappen werden mit Klemmen seitlich fixiert. Eine große Öffnung entsteht, und im Verlauf der OP werden dann die Hautlappen so gehalten, dass ein »Gefäß« entsteht, das bis zu 15 Liter Eiswasser fasst, mit dem die Organe gekühlt werden sollen. Ein Spezialteam legt die Abdominalorgane, die große Schlagader (Aorta) und die große Hohlvene (Vena cava) frei. Dann wird das Brustbein mit einer Säge der Länge nach durchtrennt. Mit einer Sperre wird der Thorax (Brustraum) ausgedehnt. Mit dem Öffnen des Herzbeutels wird das noch schlagende Herz sichtbar.



Um die Organe für den Zeitraum zwischen Entnahme und Übertragen für den Transport zu konservieren, wird bei laufendem Beatmungsgerät und bei schlagendem Herzen mittels Kochsalzspülung (Perfusionslösung mit Ernährungs- und Konservierungszusätzen, konstante Temperatur von 4 ˚C) das Blut aus dem Kreislauf gespült. Die Perfusionslösung wird über die Aorta zu- und über ein künstliches Leck in der vena cava wieder abgeleitet. Auf diese Weise wird der Patient völlig entblutet und seine Organe zugleich unterkühlt und konserviert. Zur externen Kühlung der Organe werden Thorax und Bauchhöhle erneut mit eisgekühlter Kochsalzlösung aufgefüllt.



Diesen Vorgang überlebt der Patient nicht. Erst jetzt wird die Beatmung eingestellt. Der »Hirntote« ist nun wirklich gestorben. Bei einer Multiorganentnahme können mehrere Teams beteiligt sein. Von den jeweiligen Spezialistenteams werden nun die blutleeren und gekühlten Organsysteme, denen immer noch ein Rest Leben innewohnen muss, in der Reihenfolge Herz, Lunge, Leber, Pankreas, Nieren und Augen entnommen, verpackt und in speziellen Kühlbehältern so rasch wie möglich zu ihren Verwertungsorten transportiert. Auch Gelenkteile, Knorpel, Gehörknöchelchen, Haut und Knochen u. a. werden entnommen und weiterverwendet. Für eine offene Aufbahrung für Angehörige bleibt da nicht viel übrig.



Letztlich wird der zu Beginn einer Organentnahme noch lebende komatöse Patient während der OP mit oder ohne Narkose bzw. Schmerzmittel getötet.



Während Nieren auch noch nach klinischem Tod entnommen werden könnten und ihre Funktion nach kürzerer Zeit wieder aufnehmen, müssen andere Organe, wie Herz, Lunge, Leber, Bauchspeicheldrüse entnommen werden, während die lebenserhaltenden Maßnahmen aufrecht erhalten werden und Lebenszeichen (Herzschlag, Kreislauf, Atmung (obwohl mit Hilfe eines Beatmungsgeräts), Verdauung, Ausscheidung, sogar Austragen einer Schwangerschaft und u. U. Reaktionen auf Schmerzreize weiter vorhanden sind.



Nach der Organentnahme müssen die Organe möglichst schnell zu den entsprechenden Transplantationszentren transportiert werden. Schnelle Verteilung und schneller Transport sind wegen der unterschiedlichen Ischämietoleranz der Organe wichtig. Sie beträgt durchschnittlich bei der Niere 24 bis 30, der Leber 12, dem Pankreas 12, dem Herzen 4 und der Lunge 6 Stunden.






Der voyeuristische Blick eines Arztes



Peter Berning, ein Arzt und Koordinator für Organtransplantation in Berlin, der es wissen muss, beschreibt die makaberen Situation einer Organentnahme von einer jungen Frau in dem Buch „Sehnsucht Berlin (Konkursbuch Verlag Claudia Gehrke, Tübingen 2000) mit voyeuristischem Blick:



„Erst nach Einsetzen der Perfusion war sie wieder schön, das Gesicht schmal und blass. Natürlich. So hatte sie auch auf dem Passbild ausgesehen, jung, den Blick auf das Kommende gerichtet. (…)



Die da liegt, deren Gesicht so aufdringlich leuchtet, weil zu vulgär geschminkt, die ist tot. Sie ist dennoch beatmet, immer noch durch einen Kreislauf mit Blut versorgt, kopfabwärts, richtiger müsste man sagen hirnabwärts. Ihr Thorax ist eigentümlich breit, so dass die Brüste wie Schutzschilder erscheinen, obwohl sie sie wahrscheinlich überdurchschnittlich groß sind, Der ganze Körper ist von tiefer und unnatürlicher Bräune. Sie ist rasiert, das Gesicht hat etwas Maskenhaftes, Fremdes…“






ENDLOSES BEWUSSTSEIN, SELBST WENN DAS GEHIRN NICHT MEHR DURCHBLUTET IST



Ich persönlich bin mehr denn je davon überzeugt, dass der größte Feind des wissenschaftlichen Fortschritts die Haltung ist, unverständliche, fremde und unbekannte Tatsachen bereits im Vorfeld aufgrund von Vorurteilen abzulehnen und zu verneinen.



Frederik van Eeden (1860 – 1932), berühmter holländischer Arzt und Psychologe, zitiert nach: Pim van Lommel: Endloses Bewusstsein. Neue medizinische Fakten zur Nahtoderfahrung.



Die Sparte der Transplantationsmedizin lebt von Glaubenssätzen, die nicht immer mit dem Anspruch der medizinischen Wissenschaft in Einklang zu bringen sind. Das kam mir bereits zu Ohren, als ich 1996 mein erstes Buch verfasste. In einer Diskussionsveranstaltung im WDR-Rundfunkgebäude sagte ein Düsseldorfer Professor der Nephrologe: »Ich glaube an den Hirntod.« Das klang theologisch und auch redlich. Denn er stützte sich nicht auf scheinbar gesichertes Wissen wie andere seiner ärztlichen Zunft, sondern auf seinen Glauben.



Vertreter des Glaubens wie Bischof Karl Lehmann weiß wiederum, »Der Hirntod ist in gewisserweise ein unsichtbarer Tod«.

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 Im Gegensatz zu ihm muss sich der Vertreter der anderen großen Kirche nicht mehr auf den Glauben verlassen. Der ehemalige Ratsvorsitzende der EKD, Bischof Wolfgang Huber hat gleich die irreführende Sprachregelung der Transplantationsmedizin übernommen und spricht von »postmortalen Organspenden«.

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Der Neurologe Prof. Dr. H. Angstwurm dagegen behauptet zu wissen:



»Der Tod des Gehirns bedeutet den völligen und endgültigen Ausfall seiner Tätigkeit für den übrigen Körper und für den Menschen als Ganzes einschließlich Wahrnehmung und Schmerzempfinden.«

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 Die hirntote Leiche sehe wie ein bewusstloser beatmeter Lebender aus. Ein anderer Neurologe, Dr. Johann