Neue Medien - neuer Unterricht? (E-Book)

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Timeline

Ist in der betreffenden Lerneinheit auch eine historische Sicht auf die Sachverhalte bedeutsam, so können die Schüler*innen einen Zeitstrahl erstellen. Dabei wählen sie selbst, mit welchem Tool ( Zeitleisten) sie arbeiten wollen. Die Schwierigkeit für die Schüler*innen besteht in dieser Aufgabe darin, aus einer Fülle von Ereignissen die zentralen Elemente auszuwählen und sie auf der Timeline abzubilden. Je nach Aufgabenstellung ist es sinnvoll, die Auswahl der Ereignisse einzuschränken, bspw. auf die sieben wichtigsten Ereignisse im Spanischen Bürgerkrieg oder die fünf wichtigsten Momente in einem bestimmten Entwicklungsroman. Der Vergleich der verschiedenen Arbeiten zeigt am Ende auf, welche Elemente die Schüler*innen ausgewählt haben. Falls die Resultate sehr unterschiedlich ausfallen, sollen die Schüler*innen ihre Auswahl erklären und begründen.

Die Zeitleisten können einfach oder aufwändig gestaltet sein; so lässt sich zum Beispiel zusätzliche Informationen (Text, Bild, Video) mit den einzelnen Ereignissen verknüpfen. Ebenso kann die grafische Darstellung (Übersichtlichkeit, Verständlichkeit) der verschiedenen Visualisierungen sich unterscheiden, was in die Schlussüberlegungen einfließen soll.

Vom Glossar zum Mindmap-Run

Um den Einstieg in das Thema zu erleichtern, gibt die Lehrkraft im Zusammenhang mit einem Thema verschiedene Begriffe vor. Jede Schülerin und jeder Schüler erhält nun einen solchen Begriff zugewiesen und muss in einem gemeinsam erstellten Glossar ( Kollaboratives Arbeiten) den Begriff kurz definieren und erläutern, eventuell auch unterstützt durch Bild und Video. Auf diese Weise erarbeiten sich die Schüler*innen ein thematisch abgestimmtes Glossar, das während der ganzen Lerneinheit allen zur Verfügung steht und das sich fortwährend ergänzen lässt.

In einem zweiten Schritt erstellen die Schüler*innen mit den in der Klasse erarbeiteten Begriffen ein Mindmap und strukturieren und vernetzen so die Begriffe. Danach werden die Produkte ausgetauscht: Die Schüler*innen erklären sich nun gegenseitig das fremde Mindmap. Damit ist ein Grundstein für eine differenzierte Weiterarbeit am Thema gelegt. Zum Schluss wird mit Hilfe einiger gelungener Mindmaps ein Mindmap-Run durchgeführt. Hierfür werden kleinere Gruppen gebildet, die alle ein Mindmap aussuchen. Nun würfelt jemand aus dem Kreis. Die gewürfelte Augenzahl wird auf dem Mindmap vorwärts gerückt. Die Schüler*innen müssen jeweils den Begriff erklären, auf dem sie gelandet sind. Wird er richtig erklärt, bleiben Sie auf dem betreffenden Begriff stehen, falls nicht, nehmen sie das Spiel beim Ausgangspunkt wieder auf. Wer nach einem Durchgang an der Spitze steht, hat den Run gewonnen.

Ein bestimmtes Unterrichtsthema kann auf diese Weise umfassend dargestellt und strukturiert werden. Zudem sind alle Schüler*innen in die Gestaltung eines Mindmaps und in der Wettbewerbssituation in den Erklärungsprozess eingebunden; dies wirkt sich positiv auf die Leistungsbereitschaft der Schüler*innen aus. Die elektronischen Versionen der Mindmaps werden am Ende allen Schüler*innen zugestellt und zur Repetition des Stoffes genutzt; oder die Lehrkraft verwendet sie im Sinne eines Advance Organizers zur Gestaltung einer Folgelektion.

Speech to text

Häufig werden die Schüler*innen nach einer Arbeitsphase oder nach dem Abschluss eines Projektes gebeten, sich Gedanken darüber zu machen, was sie gelernt haben, wie sie vorgegangen sind, warum welche Probleme aufgetaucht sind, wie sie diese gelöst haben und was sie das nächste Mal anders machen würden. Die schriftliche Darlegung einer solchen Reflexion ist bei den Schüler*innen nicht immer beliebt; als attraktive Alternative bietet es sich an, die eigenen Gedanken über den Projektverlauf oder die Arbeit jemandem mündlich zu erzählen. Dies kann gut in Zweierteams durchgeführt werden; allerdings bleibt dieser Austausch dann flüchtig. Daher werden die Schüler*innen aufgefordert, die Funktion «Speech to Text» zu aktivieren und die eigenen Erfahrungen ins Handy zu diktieren, das gewissermaßen den Platz des Zuhörers bzw. der Zuhörerin einnimmt. Diese Form, schriftliche Notizen zu erstellen und Erarbeitetes zu strukturieren, ist sehr einfach, schnell und unkompliziert. Der resultierende Text kann anschließend am richtigen Ort gespeichert und weiter genutzt werden. Gerade bei größeren Gruppenarbeiten lassen sich auf diese Weise gut Zwischenergebnisse und Berichte über den Stand der Dinge und die Arbeitsschritte, die als nächste anstehen, verfassen. Auf diese Weise wird der Projektverlauf dokumentiert und kann später erneut beigezogen werden, wenn der Arbeitsprozess beleuchtet werden soll.

2.2.3 Präsentationen korrigieren und verbessern

Die folgenden Szenarien zeichnen sich dadurch aus, dass den Schüler*innen eine unfertige PowerPoint-Präsentation ausgehändigt wird. Dies kann eine Präsentation aus dem realen Unterrichtskontext sein, die noch unfertig ist oder von der Lehrkraft gezielt manipuliert wurde, oder aber eine aus dem Netz gefischte Präsentation, die verbesserungsbedürftig ist. Die Grundidee besteht darin, dass die Lehrkraft ihr Material nochmals zum Üben und Repetieren einsetzt, indem es den Schüler*innen in abgeänderter Form zur Verfügung gestellt wird. Dieses Vorgehen ermöglicht den Lernenden, sich aktiv mit den Inhalten zu beschäftigen, indem Informationen korrigiert, neu strukturiert, ergänzt oder verbessert werden. Und weil die Schüler*innen dabei ihre individuellen Produkte gestalten, wird damit der Lernprozess aktiv gefördert.

Foliensalat

In der Vorbereitung verändert die Lehrkraft mit Hilfe des Modus «Foliensortierung» von PowerPoint die Reihenfolge der Folien in ihrer Präsentation; eventuell müssen beim Verändern die Titel der einzelnen Folien angepasst werden. Die Schüler*innen werden anschließend darüber informiert, dass ein Computervirus ausgerechnet in dieser PowerPoint-Datei sein Unwesen getrieben hat; und sie erhalten die Aufgabe, die Folien in die richtige Reihenfolge zu bringen. Nach dieser Arbeitsphase werden die Lösung in der Lerngruppe oder der ganzen Klasse präsentiert. Derart zeigen die Schüler*innen, dass sie den betreffenden Ablauf durchschaut und begriffen haben; und über den Austausch im Plenum wird klar, wo einzelne Aspekte noch vertieft behandelt werden müssen.

Es ist in der Umsetzung hilfreich, in der korrekten Darstellung anstelle von Seitenzahlen Buchstaben einzufügen, die einen sinnvollen Satz ergeben. Wenn die Lernenden den Foliensalat entwirren und in die richtige Reihenfolge bringen, so bilden die Buchstaben einen Lösungssatz, was die (Selbst-)Kontrolle erleichtert.

Mit Hilfe dieser Übung lassen sich spezifische Inhalte, in denen Abläufe im Zentrum stehen, mit Blick auf chronologische, kausale oder andere verbindenden Strukturen vertiefen. Die Methode bietet sich daher dann als Werkzeug an, wenn es um korrekte Abfolgen geht.


Abbildung 6: Im Modus «Foliensortierung» von PowerPoint werden die Folien per Drag-and-drop verschoben

Pimp my presentation

Die Schüler*innen erhalten den Auftrag, die von der Lehrkraft vorbereitete, aber noch wenig überzeugende PowerPoint-Präsentation sowohl inhaltlich wie auch formal attraktiver zu gestalten, das heißt nach allen Regeln der (Präsentations-)Kunst zu verbessern. «Erstellen Sie aus den vorhandenen Folien eine spannende und anschauliche Präsentation!», so oder ähnlich kann der Arbeitsauftrag an die Klasse lauten. Alternativ dazu können die Schüler*innen auch selbst im Netz nach PowerPoint-Präsentationen zum vorgegebenen Thema suchen und diese als Arbeitsgrundlage für die Bearbeitung wählen.

Die Schüler*innen sollten dabei auf Kriterien für gute PowerPoint-Präsentationen zurückgreifen können, die zuvor in der Klasse definiert worden waren. Mit Farben, Bildern, Animationen sowie präzis formulierten Texten wird dann die ungenügende Präsentation aktiv bearbeitet und gezielt verbessert. Der Auftrag eröffnet zum einen Raum für Kreativität und Gestaltungsfreiraum, weil die Schüler*innen – basierend auf einer Vorlage – selbst ein Produkt erstellen, das ihre persönliche Handschrift trägt und mit dem sie sich also ein Stück weit identifizieren. Zum anderen ist der Auftrag herausfordernd. Denn eine Verbesserung wird nur dann tatsächlich auch erreicht, wenn die Inhalte und die Art der Präsentation derselben verstanden und auf einer Metaebene – mit Bezug auf den Vermittlungsprozess – eingehend bedacht worden sind. Damit ist diese Aufgabenstellung nicht zuletzt auch mit Blick auf Vorträge, Referate und Präsentation der Schüler*innen wertvoll und lernwirksam. In der Diskussion der Produkte sollte der Fokus daher auf diese Aspekte gelenkt werden.

 

Abbildung 7: Multimediale und interaktive PowerPoint-Präsentation zur Bürgerrechtsbewegung in den USA

Quelle: Schülerarbeit von William Schäppi (10. Schuljahr)

Inhalte visualisieren

In diesem Szenario hat die Lehrkraft im Vorfeld die Bilder aus ihrer Präsentation gelöscht. Sie erteilt den Schüler*innen den Auftrag, den Inhalt nachträglich mit passenden Bildern zu visualisieren. Diese Aufgabe ist daher so anspruchsvoll wie motivierend, weil sich die Schüler*innen selbstständig auf die Bildersuche begeben können und dabei zielführende Suchbegriffe kennen und einsetzen müssen; und danach gilt es, aus der Flut von Suchergebnissen aussagekräftige Bilder auszuwählen und die eigene Wahl in der Arbeitsgruppe argumentativ zu vertreten. Herausfordernd und potenziell spannend ist dieses Vorgehen vor allem dann, wenn auf den betreffenden Folien auch abstrakte Begriffe behandelt werden, die Freiraum in der Bildauswahl lassen und eine sorgfältige Argumentation verlangen.

Die Suche nach passenden Visualisierungen fördert den Lernprozess, weil Bilder nachweislich besser im Gedächtnis haften bleiben als reiner Text. Zudem wird mit dieser Aufgabe ein komplexer Inhalt, der als Text vorhanden ist, visualisiert, womit ein medialer Transfer stattfindet; auch dadurch wird die Erinnerungsleistung gesteigert.

Die Aufgabe lässt sich dahingehend einschränken, dass nur Bilder mit einer CC-Lizenz[4] verwendet werden dürfen. In diesem Zusammenhang können gut auch allgemeine Fragen des Copyrights im Internet besprochen werden. Digitale Medien werden dann nicht nur als Instrument genutzt, sondern auch im Sinne eines Lerngegenstandes im Unterricht thematisiert. Derart trägt dieses Szenario wesentlich zur Medienkompetenz der Schüler*innen bei.


Abbildung 8: Unfertige PowerPoint-Präsentation zum Kalten Krieg: Bilder müssen gesucht und eingefügt werden

PowerPoint-Podcast

Auch in diesem Szenario stellt die Lehrkraft ihre Präsentation der Klasse zur Verfügung. Die Schüler*innen erhalten die Aufgabe, die wichtigsten zehn Folien aus der Präsentation auszuwählen und diese Folien mit einem Audiokommentar zu versehen; derart wird die Präsentation zu einem PowerPoint-Podcast umgearbeitet und kann danach betrachtet und gleichzeitig angehört werden.

Audiokommentare lassen sich mit PowerPoint ohne zusätzlichen Aufwand aufnehmen; denn das Programm hat die notwendigen Funktionen bereits integriert. Am einfachsten sucht man im Netz nach «Aufzeichnen Kommentare PowerPoint»; in den Suchergebnissen sollte die aktuellste Beschreibung für dieses Vorgehen erscheinen.

Die Folien müssen in diesem Szenario nicht nur beschrieben, sondern analysiert und damit in inhaltlicher Hinsicht durchdrungen werden. Das derart ergänzte Produkt lässt sich anschließend als selbsterklärende PowerPoint-Präsentation einsetzen, z. B. zur Prüfungsvorbereitung. Und weil dieses Vorgehen das (eingeübte) Sprechen in besonderer Weise fokussiert, eignet es sich potenziell als Leistungsausweis im Bereich Mündlichkeit, nicht zuletzt auch im Sprachunterricht.


Abbildung 9: Kommentierte PowerPoint-Präsentation zu Anne Frank

Quelle: Schülerinnenarbeit von Selina Bärtschi und Claudia Mazan (12. Schuljahr)

2.3 Netzressourcen nutzen

Das Netz ist ein enormer Wissensspeicher und voll von Ressourcen. Es wäre schade, diese nicht im Unterricht zu nutzen. Angesichts der Tatsache, dass heute grundsätzlich alle Dinge ins Netz hochladen können, und in Zeiten von Fake-News, will der Umgang mit diesem Wissensspeicher aber gelernt sein. Dafür eignet sich Wikipedia besonders gut. Denn zum einen handelt es sich dabei um die umfassendeste Online-Enzyklopädie, die entsprechend viel Wissen versammelt. Zum anderen ist Wikipedia ein Mitschreibeprojekt und damit auch ein Wissensgenerator – wie das Netz insgesamt –, an dem mitgearbeitet werden kann. Das wirft Fragen auf, etwa jene nach der Verlässlichkeit und Neutralität der Artikel.

Wikipedia wählen wir also deshalb als Lernressource, weil sich an dieser Online-Enzyklopädie verschiedene wichtige Aspekte eines kritischen Netzgebrauchs exemplarisch zeigen und erarbeiten lassen. Da Wikipedia zum Mitschreiben einlädt, können darüber hinaus einige wichtige Kompetenzen gezielt eingeübt werden. Die Schüler*innen sollen dabei den Mehrwert, aber auch die Grenzen dieser Enzyklopädie erkennen und fallweise einschätzen lernen. Und sie sollen befähigt werden, das erarbeitete Wissen auf die Nutzung jeder Netzressource zu übertragen und derart wichtige Schritte hin zu kritischen Nutzer*innen des Internets zu machen.

Schulisches Alltagsszenario: Im Geschichtsunterricht wird der Nahostkonflikt besprochen. Die Schüler*innen sitzen vor ihren Computern und haben die Aufgabe erhalten, sich über den Jom-Kippur-Krieg zu informieren. Sie sollen herausfinden, warum der Krieg begonnen hat, wer als Sieger aus dem Konflikt hervorging und welche kurz-, mittel- und langfristigen Folgen dieser Krieg hatte. Die Schüler*innen beginnen mit der Recherche, indem sie den Suchbegriff eingeben; sie öffnen den obersten Link, d. h. jenen von Wikipedia, und lesen den entsprechenden Eintrag. Anschließend werden die Ergebnisse der Recherche im Plenum diskutiert und der Konflikt wird in einen größeren Zusammenhang eingeordnet.

Die folgenden Szenarien variieren dieses Unterrichtssetting, indem die Schüler*innen in 2.3.1 Wikipedia-Artikel durchleuchten und kriteriengeleitet analysieren, in 2.3.2 einen Wikipedia-Eintrag bearbeiten, überarbeiten und verändern sowie in 2.3.3 eigene Wikipedia-Einträge verfassen.

2.3.1 Wikipedia-Einträge analysieren
Horizonterweiterung

Die Ausgangslage aus dem obigen Standardszenario wird beibehalten: Die Schüler*innen erhalten also die gleiche Aufgabe, werden dabei aber in verschiedene Recherchegruppen aufgeteilt:

Gruppe 1: Recherche auf der deutschen Wikipedia-Seite

Gruppe 2: Recherche auf der englischen Wikipedia-Seite

Gruppe 3: Recherche auf der französischen Wikipedia-Seite

Gruppe 4: Recherche auf der hebräischen Wikipedia-Seite (unter Hinzuziehung von DeepL ( Übersetzen))

Gruppe 5: Recherche auf der arabischen Wikipedia-Seite ( Übersetzen)

Gruppe 6: Recherche ohne Wikipedia

Gruppe 7: Recherche auf der Wikipedia-Seite der jeweiligen Heimatsprache eines Schülers oder einer Schülerin

Der jeweilige Artikel soll inhaltlich analysiert werden. Die Schüler*innen orientieren sich dazu an Leitfragen der Lehrkraft, hier beispielsweise Ursachen des Krieges, Schuldfrage, Opferzahlen, Folgen des Krieges; aber auch die Bilder oder Grafiken sowie der Aufbau und die Gestaltung mit Hilfe von Abschnitten oder Zwischentiteln sind in der Analyse zu berücksichtigen.

Die Ergebnisse werden zusammengetragen, vorgestellt und die sieben verschiedenen Sichtweisen auf dieses historische Ereignis im Plenum diskutiert. Die Schüler*innen erkennen dabei, dass die Darstellung je nach Sprachversion sehr unterschiedlich ausfällt. Diese wesentliche Erkenntnis lässt sich für den weiteren Verlauf der Einheit nutzen, die sich in zwei Richtungen entwickeln lässt: Der betreffende Konflikt kann vor diesem Hintergrund vertieft analysiert oder die Objektivität von Wikipedia eingehend diskutiert werden.

Sprachliche Nuancen

Auch hier werden zwei Wikipedia-Seiten zum gleichen Eintrag, die in unterschiedlichen Sprachen verfasst sind, vergleichend analysiert. In diesem Fall wird eine noch tiefergehende Analyse angestrebt. Die Schüler*innen arbeiten in Zweierteams und schauen sich die zwei betreffenden Sprachversionen des Artikels – z. B. in Englisch und Deutsch oder in Deutsch und Französisch – sehr genau an. Es geht darum, Nuancen und Unterschiede zu erkennen, die sich nicht auf den ersten Blick erschließen; und im Anschluss daran darum, zu diskutieren, inwiefern diesen Unterschieden und Nuancen spezifisches Gewicht in der Darstellung des Sachverhaltes zukommen.

Dieses Szenario bietet sich in erster Linie für die Fremdsprachen an: Der betreffende Artikel in Deutsch wird mit jenem in der zu erlernenden Sprache verglichen. Das Szenario lässt sich aber gut auch bei Wikipedia-Einträgen einsetzen, die inhaltlich auf den ersten Blick nicht groß auseinanderliegen, weil gerade auf diese Weise der Blick für die sprachlichen Differenzen besonders geschärft werden kann. Alternativ dazu kann der deutsche Eintrag auch automatisch in die Fremdsprache übersetzt werden ( Übersetzen). Anschließend vergleicht man die automatisiert erstellte Übersetzung mit dem Original. Oder die Schüler*innen übersetzen einen Artikel, der bisher nur in einer der beiden gewählten Sprachen vorliegt, selbst in die andere Sprache.

Tiefenbohrung

Die Schüler*innen lesen in diesem Szenario[5] den Jom-Kippur-Artikel auf Wikipedia nicht nur sehr genau auf den Inhalt hin. Zusätzlich wird der Artikel auch statistisch ausgewertet. Folgenden Leitfragen sind hierbei hilfreich:

 –Wie umfangreich ist der Eintrag?

 –Wie viele Fußnoten, Bilder und Links auf externe Quellen enthält er?

 –Wie ist das Verhältnis der Anzahl Quellenangaben pro Textlänge?

 –Wie viele andere Wikipedia-Artikel verweisen auf diesen Artikel?

 –Wie groß ist die Anzahl der Beiträge auf den Diskussionsseiten?

 –Was wird in den Diskussionsseiten thematisiert?

 –Wer sind die Autoren*innen des Artikels?

 –Wie viele Autor*innen haben den Artikel verfasst und bearbeitet?

Die Schüler*innen versuchen, so viel Information zum Artikel und zu seiner Entstehung zusammenzutragen wie möglich. Dazu nutzen sie die Diskussionsseite des Artikels, die Versionsgeschichte, die Seiten mit Angaben zu den Autor*innen sowie das Online-Tool «Wikibu» (www.wikibu.ch), das eine automatisierte statistische Auswertung von Wikipedia-Einträgen ermöglicht.


Abbildung 10: Auswertung des Wikipedia-Artikels zu E. T. A. Hoffmanns Erzählung «Der Sandmann» auf Wikibu

Die Ergebnisse werden verglichen und im Plenum diskutiert. Welches Fazit lässt sich daraus mit Blick auf die Qualität des Artikels ziehen?

Alternativ dazu kann auch ein Oberthema bestimmt werden, zu dem die Schüler*innen dann selbst Wikipedia-Artikel auswählen und analysieren. Im hier gewählten Beispiel wäre dies das Oberthema «Nahostkonflikt», der Jom-Kippur-Krieg dann ein Artikel unter vielen möglichen.

Medienvergleich

In diesem Szenario diskutiert die Klasse zuerst die Frage, welche Qualitätsansprüche an einen Beitrag über den Jom-Kippur-Krieg angelegt werden sollen. Daraus wird ein Kriterienkatalog mit Leitfragen zusammengestellt. Hilfreich sind die folgenden[6]:

 

 –Informiert der Beitrag sachlich?

 –Werden unterschiedliche Standpunkte dargestellt?

 –Ist die Darstellung ausgewogen?

 –Ist die Darstellung glaubwürdig oder wirkt sie übertrieben und unrealistisch?

 –Welche sprachlichen Ausdrücke und Bilder werden verwendet?

 –Sind inhaltliche Widersprüche vorhanden?

 –Werden Quellen genannt?

 –Kommen Expert*innen zu Wort?

Anschließend erhalten die Schüler*innen den Auftrag, sich mit dem Jom-Kippur-Krieg zu beschäftigen. Neben dem Wikipedia-Artikel werden dabei weitere Medien eingespielt, etwa ein Artikel aus einem Lehrmittel, ein Lernvideo, ein Fachbuch, ein Ausschnitt aus einer TV-Nachrichtensendung, ein Zeitungsartikel und ein Radiobeitrag. Die Schüler*innen sichten allein oder in Gruppen die jeweiligen Beiträge und beurteilen sie. Dabei nutzen sie die Kriterienliste, die zuvor gemeinsam in der Klasse zusammengestellt und die von der Lehrkraft in der Zwischenzeit zu einem Raster ausgearbeitet und in die Klasse gespielt worden ist.

Nach der Durchsicht aller Beiträge werden diese miteinander verglichen. Dabei sollen die Schüler*innen einerseits vor allem darauf achten, ob und wo sich Informationen widersprechen. Andererseits achten sie auf die Wirkung des entsprechenden Beitrags und überlegen, wie diese Wirkung zustande kommt und woher sie rührt. Am Ende der Vergleichsarbeit setzen die Schüler*innen jedem Beitrag eine Note. Diese werden ins Plenum getragen und dienen als Basis für die Diskussion der Resultate in der Klasse.

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