Der Heilige Geist und das Auto

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Eine neue Gesinnung

Angesichts dieser Situation müssen wir heute um neue Gesinnungen beten. Um eine neue Ehrfurcht, die sich auf alles Lebendige erstreckt. Um eine neue Bescheidenheit, die um der Schöpfung willen auf überzogene Ansprüche verzichtet. Und wir müssen um eine neue Klugheit bitten, die sich mit Gefühl und Behutsamkeit der Natur verbindet.

Wenn man die Sorge um Gottes Schöpfung ernst nimmt, dann muss auch ein Wort über den Stand gesagt werden, der seit Jahrhunderten den Umgang mit der Schöpfung eingeübt hat und der nun europaweit bedroht ist. Es ist der Bauer. In den Weisheitsbüchern des Alten Testaments habe ich das Wort gefunden: „Der Gerechte weiß, was sein Vieh braucht, doch das Herz der Frevler ist hart“ (Spr 12, 10). Dabei ist mir in Erinnerung gekommen – zurück bis in die Tage der Kindheit –, was für eine Zuwendung der Bauer unseres Landes zu seinem Vieh hatte – und hat. Wie leidet er mit, wenn Schneewolken im Juli über die Almen hereinfahren! Prof. Bernhard Grzimek, der große Anwalt der Tierwelt, hat nach einer erschütternden Dokumentation über die Viehmastmethoden in einigen Ländern Europas am Ende des Films einen Tiroler Almabtrieb gezeigt und dazu gesagt: „Das ist ein Musterbeispiel dafür, wie der Mensch mit seinem Nutztier umgehen sollte!“ „… Der Gerechte weiß, was sein Vieh braucht.“ Wie aktuell kann eine 2500-jährige Weisheit der Heiligen Schrift sein! Die drohende Beseitigung des Bauern ist nicht nur das Auslöschen eines Standes und einer Kultur, es ist auch ein weiterer Schritt zur Schöpfungsverachtung. Wem mit der Schöpfung ernst ist, muss heute als Christ mit dem Bauernstand Solidarität üben. Wir würden es alle bitter büßen, wenn er den Technokraten weichen müsste!

Der Segen

Ein Trost in allen diesen Sorgen sollte uns dennoch bleiben: Gott, der Herr, hat nach dem Wort der Genesis (Gen 1,22) die Schöpfung gesegnet.

Gesegnet seien alle Eltern, die es verstehen, ihren Kindern Staunen und Ehrfurcht vor der Schöpfung ins Herz zu senken.

Gesegnet seien alle Wissenschaftler, Forscher und Fachleute, die bessere Alternativen entwickeln, schonendere Techniken ersinnen, Ersatzlösungen für Tierversuche anbieten, Energiekonzepte und Abfallstrategien erarbeiten, die die Schäden begrenzen.

Gesegnet seien alle, die dem kostbarsten und hilflosesten Leben in der Schöpfung dienen, dem des Ungeborenen im Mutterleib, alle Ärzte und alle Organisationen und Einrichtungen, die sich dafür einsetzen.

Gesegnet seien alle, die zur Neuorientierung der Schöpfungsgesinnung in der Gesellschaft beitragen: Biologielehrer, Erzieher, Film- und Fernsehfachleute, Künstler, Literaten und Journalisten.

Gesegnet seien alle, die im politischen Bereich um realistische Lösungen ringen und sich oft mächtigen Interessen gegenübersehen.

Gesegnet seien alle, die der Erhaltung unserer Wälder dienen, und alle oft so wenig bedankten Mitarbeiter der Berg- und der Wasserwacht.

Und weil die Kirche so viele Dinge gesegnet hat, die der Mensch gebaut hat, möchte ich einen besonderen Segen für das anfügen, wo er nicht mehr eingreifen will: Gesegnet seien die Reservate und Erholungsräume, die Biotope und Quellschutzgebiete, alle Initiativen zum Schutz gefährdeter Pflanzen- und Tierarten und der Nationalpark!

Der Segen Gottes soll uns alle ermuntern, wach zu werden für die Würde des Lebens und die Kostbarkeiten der Natur, die uns der Herr gerade in unserer Heimat in so großer Fülle geschenkt hat.

Der Gang zur Quelle

Die meisten Tiroler sind mit gutem Quellwasser verwöhnt. Aber wenn irgendwo dem sauberen Wasser Gefahr droht, wird Alarm geschlagen. Man weiß heute, was diese Gabe Gottes wert ist. Und jede Gemeinschaft schätzt sich glücklich, wenn sie über eine reine, ergiebige Quelle verfügt.

Auch die Gemeinde Gottes hat eine reine, ergiebige Quelle: Das ist die Heilige Schrift, das Wort Gottes. Wenn wir das Bachbett der Kirche zurückgehen, über dessen Steine und Stufen das Heil Christi in die Welt strömt, finden wir die wunderbare Quelle ganz am Beginn. Als Kinder sind wir oft zur Quelle unseres Dorfbaches hinaufgewandert, um dann fasziniert vor der dunklen Höhle zu sitzen, aus der das Wasser herausgesprudelt ist. So möchte ich einladen, zur Quelle zurückzuwandern, sich vor sie hinzusetzen, still zu werden, zu staunen, zu horchen, zu schauen und zu trinken und dann mit neuer Glaubensfreude weiterzugehen. Denn diese Quelle der Heiligen Schrift bricht aus den unfassbaren, unergründlichen Tiefen der Ewigkeit hervor: In ihr und in ihren Worten ist Gottes Geist am Werk.

Es scheint mir aktuell zu sein, wieder einmal über diese wunderbare Quelle zu reden. Viele verlieren nämlich den Zugang zu ihr.

Problemanzeigen

Die einen vergessen und übersehen die Heilige Schrift in den tausend Angeboten unserer Zeit. Anderen ist der Zugang zu mühsam. Auch wenn man durchaus kein Gelehrter sein muss, um die Bibel lesen zu können, so kann man mit ihr doch nicht so oberflächlich umgehen wie mit Kriminalromanen, Sportberichten, Fernsehserien und Modeschauen. Schriftworte sind keine Billigware.

Wieder andere lassen das Wort Gottes beiseite und begnügen sich mit Ersatz. Die kühle, reine Quelle des Evangeliums genügt nicht, man greift lieber zu einem künstlichen Getränk mit dem prickelnden Kohlensäurezusatz der Sensation. Die Worte Christi verdienen dann bei weitem nicht so viel Aufmerksamkeit wie irgendeine Erscheinung. Die Verheißungen des Herrn sind zu dürftig – geheime Botschaften müssen her, irgendein noch nie gehörtes Wissen, das sich angeblich irgendeine fromme Seele hinter dem großen Vorhang beschafft hat, den der offenbarende Gott über den jenseitigen Dingen belassen und nicht gelüftet hat. Das vom Heiligen Geist inspirierte Wort Gottes hat für manche lange nicht so viel Bedeutung wie irgendein Traktätchen, das in einem obskuren Verlag erscheint und eine krause Frömmigkeit verbreitet. Und die Gebote Gottes und die wunderbaren Weisungen des Herrn reichen manchen auch nicht – man muss neue Forderungen und Regeln erfinden und mit angsteinflößenden Drohbotschaften versehen, von denen der Heiland der Welt kein Wort gesagt hat.

Manchmal wird die Heilige Schrift auch missbraucht. Schließlich hat jeder Sektierer und Fanatiker der letzten zweitausend Jahre mit der Bibel herumgefuchtelt. Und immer wieder besteht die Versuchung, in die Heilige Schrift das hinein- und aus ihr das herauszulesen, was einem gerade passt. Vor der Eigenmächtigkeit der Schriftauslegung musste ja schon der heilige Petrus warnen (2 Petr 1,20). Darum – um beim oben genannten Bild zu bleiben – muss man im Bachbett der Kirche bleiben, wenn man zur Quelle der Schrift zurückwill. Ohne die Kirche verirrt man sich leicht.

Freilich braucht der Umgang mit der Heiligen Schrift auch Gelehrte, Spezialisten, die uns bei schwierigen Fragen helfen. Und man muss zugeben, dass diese Gelehrsamkeit hie und da auch, wie alle Wissenschaft, kompliziert und unverständlich geworden ist und mit ihrer Sprache manche Leser der Schrift entfremdet hat.

Die verschiedenen Adressaten

Die Heilige Schrift ist aber keineswegs nur eine Spielwiese für Gelehrte. Ich habe Vierjährige in einem Dorfkindergarten angetroffen, die die Erzählung vom verlorenen Sohn so gut und lebendig verstanden hatten, dass sie dazu eindrucksvolle Zeichnungen verfertigen konnten, die sie mir selbst erklärt haben. In der Volksschule kann die biblische Geschichte wirklich zum „erzählten Heil“ werden, das seine Bilder tief in die Seele senkt. Es gibt auch Familienrunden und Gruppierungen verschiedener Art, in denen man das Wort Gottes neu entdeckt hat. (Dazu gehören auch die vielen Gruppen, welche sich Jahr für Jahr zu „Exerzitien im Alltag“ treffen.) So wird das Wort der Heiligen Schrift zur Motivation für das Handeln, zur Richtschnur der Lebensgestaltung. Für den Kranken und Bedrängten spendet es Trost und Hoffnung. Der Verunsicherte trifft in der Heiligen Schrift das Wort, das nicht vergeht. Bei Besinnungstagen und in der Meditation vermittelt Gottes Wort die hohe Schule des Betens. Und durch die ganze Geschichte herauf war die Bibel für den Künstler die Fundgrube, in der er Anregung für sein Gestalten fand. In der heiligen Liturgie wird in Lesung und Evangelium der lehrende Christus gegenwärtig. Und so ist für die ganze Kirche Gottes Wort die ursprüngliche, fundamentale Botschaft des Heiligen Geistes. Bei einem ökumenischen Konzil liegt die Bibel nicht umsonst in der Mitte der versammelten Bischöfe.


Bach im Waldviertel

So hat das Wort Gottes viele Adressaten und viele Weisen der Fruchtbarkeit – eben wie eine Quelle, die ihr lebenspendendes und reinigendes Wasser in viele Richtungen verströmt. Immer wieder gilt es, durch das Bachbett Kirche, das heißt mit ihrer Lehre und Führung, zurückzuwandern bis zur Quelle, aus der das Leben strömt, „auf dass das Wort Christi mit seinem ganzen Reichtum bei euch wohne“ (Kol 3,16).

 

Sinnvoller Sonntag

Es ist kein Geheimnis, dass die Feier des Sonntags bei vielen ins Wanken gerät. Das sagen die Statistiken, und das wissen wir sicher aus so mancher Debatte, die mit der jungen Generation in der eigenen Familie läuft. Es gibt verschiedene Bedrohungen des Sonntags, seiner Feier und seiner ganzen Kultur: Die einen kommen mehr von außen, wie etwa die wirtschaftlichen und beruflichen Zwänge eines Tourismuslandes, oder weltweite Versuche, das menschliche Leben nur nach dem rationelleren Einsatz der Maschinen und den vollen Kassen zu gestalten. Und andere Bedrohungen kommen mehr von innen: „Was soll denn der Trott einer Tradition, die für die Welt unserer Großeltern gegolten haben mag? Meine Frömmigkeit braucht keinen Fahrplan! Ich bete, wenn mir wieder einmal danach zumute ist. Alles andere ist eigentlich Heuchelei …“ Und wieder gibt es manche, denen die Art der gottesdienstlichen Feier einfach zu fad ist und die – vielleicht mit Recht – mehr Lebendigkeit wünschen. Dem steht der Wunsch anderer entgegen, die ihn am liebsten so hätten, wie er zur Zeit ihrer Kindheit war. Und manchmal stirbt der Sonntag einfach im weichen Polstersitz der Bequemlichkeit, im stundenlangen Starren auf den Bildschirm und in einer ausufernden Langeweile …

Der Sonntag ist vielfach bedroht. In so manchen Herzen und Hirnen existiert er sogar noch als lästige Pflichterfüllung. Und doch ist er für ein christliches Leben und eine menschliche Entfaltung unverzichtbar. Und bei diesem letztgenannten Punkt, der Entfaltung des Menschlichen, möchte ich eigentlich beginnen. Mir scheint, dass man in unserer Zeit im religiösen Bereich manchmal Lebensgesetze übersieht. Und eines davon heißt:

Das Leben braucht Rhythmus

Das ganze Leben in der Schöpfung, das uns heute alle so fasziniert, hat immer zwei Seiten: Die erste ist das Unberechenbare, Spontane, Außerordentliche. Und die zweite ist das Rhythmische, Selbstverständliche, die Wiederholung.

Diese zweite Seite wird in einer hektischen, unruhigen Zeit sehr leicht missachtet. Aber es ist doch so: Alles in der Natur ist neben Bewegtheit und Buntheit auch auf Rhythmen angelegt: auf Tag und Nacht, Sommer und Winter, Atem und Herzschlag. Die Tiere haben ihre Rhythmen – das weiß jeder Jäger und Bauer. Jedes gesunde Kind braucht neben seiner Freiheit und dem Umhertollen auch eine gewisse Ordnung, vom Essen bis zum Gute-Nacht-Kuss. Wenn alles nur der Laune und der Stimmung überlassen wäre, stockt das Leben. Die Hausfrau kann doch nicht nur dann kochen, wenn sie wieder einmal dazu aufgelegt ist, der Lehrer kann nicht nur dann unterrichten, wenn er einen pädagogischen Anfall hat, und der Lokführer kann nicht nur dann fahren, wenn der Geschwindigkeitsrausch über ihn kommt. Alles Leben wird von Selbstverständlichkeiten und Wiederholungen getragen, die man nicht jedes Mal diskutieren kann.

Warum soll das im religiösen Leben anders sein? Sicher gehören die spontane Herzlichkeit, die einmalige Stunde der Ergriffenheit, das große Erlebnis auch dazu. Aber ebenso wichtig sind auch diese selbstverständlichen, rhythmischen Vollzüge, die von der augenblicklichen Stimmung unabhängig sein müssen. Das Leben ist wie unsere Vorhänge und Teppiche nach Mustern gewoben.

Ein Ruhe- und Festtag, sechs Werktage … das ist ein uraltes Strickmuster der Menschheit, und es ist zutiefst sinnvoll. Denn das Leben braucht Rhythmus. Und das göttliche Gebot entspricht dem Wesen des Menschen.

Die Gemeinde braucht die Mitte

Jede Familie, in der eine gewisse Kultur des Miteinander blühen soll, braucht dieses Sich-Versammeln um den Tisch. Christus hat für seine Familie, seine Gemeinde, auch diese Versammlung um den Tisch des Wortes und der heiligen Eucharistie vorgesehen. Er ist selbst diese Mitte. Und wenn eine Gemeinde diese Mitte verliert, wird sie bald zu einem Verein von Karteileichen absinken. Dann lösen sich die Bindungen auf. Darum müssen wir auch in einer Zeit des Priestermangels darauf schauen, dass nach Möglichkeit in jeder Gemeinde die sonntägliche Versammlung um den Altar bleibt. Wenn wir das nicht mehr in einem Überangebot zu beliebiger persönlicher Auswahl anbieten können, begreifen wir vielleicht gerade in einer solchen Situation etwas deutlicher: Die Gemeinde braucht eine Mitte.

Aber es soll – bei aller Treue und rhythmischen Regelmäßigkeit – eine lebendige Mitte sein. Die Liturgie der Kirche ist ehrwürdig und sie unterliegt in ihren wesentlichen Riten nicht der persönlichen Willkür. Aber andererseits ist sie auch keine Museumsabteilung für Versteinerungen. Das Konzil bietet viele Möglichkeiten lebendiger Gestaltung. Der Sonntag hat eine weite Ausstrahlung, bis hinaus in die Kultur von Gemeinschaft und Erholung. Aber die Gemeinde braucht die lebendige Mitte. Und das Innerste dieser Mitte ist der Herr.

Der Mensch braucht Gott

Vor einiger Zeit bin ich am frühen Morgen von Innsbruck nach Wien geflogen. Auf dem Flugplatz war eine richtige Waschküche, mit tiefhängenden Wolken. Das Flugzeug hat dann die dichte Wolkendecke durchstoßen und auf einmal hat sich ein wunderbares Bild geboten. Aus dem weiten Wolkenmeer, das sich bis zum Horizont erstreckte, haben nur die höchsten Dreitausender in die Sonne geragt …

Das ist eigentlich der innerste Sinn des christlichen Sonntags. Unser Leben braucht, wie ein großes Atemholen, das Durchstoßen des Wolkenmeeres, hinein in den Glanz der ewigen Auferstehung. Wir müssen verhindern, dass die Waschküche des Alltags, die Nebelschwaden der Diesseitigkeit, des reinen Gewinn- und Konsumdenkens und unserer persönlichen Sorgen immer höher steigen und alles zudecken. Wir brauchen den Durchstoß zum Ewigen, wie die hohen Gipfel über dem Nebelmeer.

Auch heute und morgen gilt:

Das Leben braucht Rhythmus,

die Gemeinde braucht die lebendige Mitte,

und wir alle brauchen den erlösenden Gott.

STATIONEN AUF DEM WEG

In der Silvesterpredigt von 1993 hat Bischof Stecher von einer „jagenden“ und einer „verweilenden“ Zeit gesprochen. Da heißt es:

„Wir müssen fast alle auf der Hut sein, dass wir nicht Gehetzte werden. Darum brauchen wir als Menschen und Christen die verweilende Zeit. Wir brauchen Stunden, in denen der Bergbach ‚Zeit‘ stehen bleibt wie in einem kleinen Stausee, wo es keine aufgeregte Gischt mehr gibt und sich ein Stück Himmel spiegeln kann.“

Wir brauchen auch im Ablauf eines Jahres Rast- und Verweilstationen, in denen sich ein Stück Himmel spiegeln kann. Ein kostbares Angebot dazu sind die großen und kleinen Feste im Ablauf des Kirchenjahres. Ist es nicht erstaunlich, in welch hohem Maß Feste wie Weihnachten und Ostern auch in unserer säkularisierten Welt als Verweilstationen geschätzt sind? Reinhold Stecher nimmt dies in seinen Ansprachen zum Anlass, ein Stück Himmel in unserer so oft jagenden Zeit aufleuchten zu lassen.

Das Kirchenjahr möchte dazu einladen, in der Feier heiliger Zeiten und Feste die wahre Größe und Schönheit unseres Lebens zu verkosten. Advent und Weihnachten, Fastenzeit und Ostern sowie die Zeit von Pfingsten bis Allerheiligen bieten dafür reichlich Gelegenheit.

In diesen Ansprachen wird Bischof Stecher durch die sehr persönliche Art, wie er seine Zuhörer in ihrer Lebenswelt abholt und zum Geheimnis der Liebe Gottes hinführt, zu einem geistlichen Bergführer, der seinen Seilschaften wahre Gipfelerlebnisse schenkt. Raststationen werden dann zu Kraftstationen.

Die Türen zum Heil

ADVENT

In unzähligen adventlichen Gottesdiensten klingt in diesen Tagen die Melodie auf: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit …!“ – Das merkwürdige Bild stammt aus dem 24. Psalm und ist in der Bauweise des Alten Orients begründet, Tore zum Schutz vor räuberischen Überfällen möglichst nieder zu halten und schmal. Tore sind die verwundbarsten Punkte der Stadt. Man öffnet zurückhaltend. Man ist in Abwehrstellung. Die Zeiten waren ungut, unsicher, gewalttätig.

Wenn ich an unsere Situation denke – halten wir Menschen in der jetzigen Zeit nicht auch die Tore „niedrig“? – Ich meine die Tore unseres Herzens. Ist diese Welt, in der wir leben, nicht voller Verwirrung, Geschrei, Manipulation, wollen sich nicht Unzählige in unsere Seele drängen, tun wir uns nicht schwer – um es in der Sprache unserer Zeit zu sagen – unsere Identität zu bewahren? Wir selber zu bleiben? Müssen wir nicht die Tore des Herzens niedrig halten wie die bedrohten Städte des Alten Orients?

Und trotzdem: Es gilt in gewisser Hinsicht auch für uns der Appell: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit …!“

Es muss Türen geben, durch die das Entscheidende, Gültige, Unvergängliche, Ewige zu uns kommt, durch die der Herr eintritt. Und es ist sicher so: In diesen Jahren, liebe Freunde, die Sie hier an der Pädagogischen Akademie verleben, geschehen entscheidende Prägungen fürs ganze Leben. Die Türen, die in diesen Jahren bei Ihnen aufgehen, bleiben wahrscheinlich ein ganzes Leben offen, oder sagen wir, sie bleiben wahrscheinlich höchstens angelehnt, so dass sie sich immer wieder rasch öffnen. Durch welche Tore kommt ER zu uns?

Das Tor des Schweigens

Viele weise Menschen der Welt geleiten uns zu diesem Tor, von Laotse bis Ludwig Wittgenstein, dem Philosophen des Schweigens. In unserer Zeit brauchen wir den Hinweis auf dieses adventliche Tor deshalb in besonderer Weise, weil wir ein lärmendes Jahrhundert sind, eine Multiphon- oder Knallfroschgesellschaft, die die lauten Sensationen liebt. Dabei hätten wir Motivationen, vor dieses Tor des Schweigens zu treten, die noch eindrucksvoller sind als in früheren Zeiten. Ich erinnere nur daran, dass einmal Blaise Pascal ganz überwältigt und zutiefst ergriffen war vom Schweigen des Weltraums, von dessen Ungeheuerlichkeit wir eigentlich mehr angetan sein müssten, weil unser Geist auf den Lichtjahrmilliarden durch die endlosen Räume reitet. Es gibt ganz einfache Menschen, denen das Tor des Schweigens aufgegangen ist, und ich bin überzeugt, dass auch hier in der Kirche viele sind, die den Segen der Stille verspürt haben.

Wie heißt der Text aus den Weisheitsbüchern (Weish 18,14.15), der auf Weihnachten angewandt wird? „Als tiefes Schweigen das All umfing und die Nacht bis zur Mitte gelangt war, da sprang dein allmächtiges Wort vom Himmel.“

Das Tor des Staunens

Fast bin ich versucht zu sagen: Wer dieses Tor mit den Riegeln der Blasiertheit und der Indolenz versperrt hat, zu dem kann nicht nur Gott nicht kommen, der kann auch nicht zum Kind kommen. Staunen können ist die Voraussetzung für das Staunen-lehren-Können. Am Anfang aller großen Dinge der Menschheit steht das Staunen.

Der staunende Mensch anerkennt das Größere, das Überlegene, das Überwältigende, das Faszinierende und das Tremendum, das Erschütternde, das Heilige. Und darum ist für Atheisten das Staunen geradezu gefährlich. Es untergräbt die Fundamente ihrer Position.


Advent in Schwaz

Sie haben das wahrscheinlich auch in vielen Kinderzeichnungen gesehen, jetzt um die Weihnachtszeit, wie Kinder das Staunen der Hirten zeichnen. Das Staunen webt durch hundert schlichte Weihnachtslieder. Staunen ist eine Türe, durch die Gott in unsere Existenz tritt.

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