Umweltstrafsachen

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V. Die Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten

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Eine Strafbarkeit nach § 324a StGB kann nur dann vorliegen, wenn die Bodenverunreinigung „unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten“ erfolgt. Was hierunter zu verstehen ist, beschreibt § 330d Abs. 1 Nr. 4 StGB, der in seiner ab 1.11.1994 gültigen Fassung die Begriffsdefinitionen in Form einer Rahmenregelung[595] auch auf die „verwaltungsrechtliche Pflicht“ erweitert hat (in § 330d Nr. 4 StGB). Die verwaltungsrechtliche Pflicht kann sich danach ergeben aus einer Rechtsvorschrift, einer gerichtlichen Entscheidung, einem vollziehbaren Verwaltungsakt, einer vollziehbaren Auflage oder einem öffentlich-rechtlichen Vertrag (soweit die Pflichten auch durch einen Verwaltungsakt hätten auferlegt werden können). Sie muss dem Schutz vor Gefahren oder schädlichen Einwirkungen auf die Umwelt, insbesondere auf Menschen, Tiere oder Pflanzen, Gewässer, die Luft oder den Boden, dienen (§ 330d Abs. 1 Nr. 4)[596] und ausreichend bestimmt sein (Art. 103 Abs. 2 GG).[597] Der Bürger muss von vornherein erkennen können, wogegen er nicht verstoßen darf, ohne sich strafbar zu machen. Vergleichsweise unproblematisch ist dies in Fällen, in denen sich die Pflicht an den Bürger unmittelbar – als den Normadressaten – richtet und ihm eine konkrete Verhaltensanweisung aufgibt, typischerweise durch einen Verwaltungsakt i.S.d. § 35 VwVfG.[598]

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Problematisch ist es, die Verletzung einer verwaltungsrechtlichen Pflicht, z.B. i.S.d. § 324a StGB, direkt aus einer Rechtsnorm eines Umweltverwaltungsgesetzes, z.B. dem Bundesbodenschutzgesetz, herzuleiten, insbesondere, wenn es sich lediglich um allgemeine „Programmsätze“ handelt; denn diese sind gerade nicht hinreichend bestimmt. Adressat des Bundesbodenschutzgesetzes (wie auch der meisten anderen Umweltverwaltungsgesetze) ist grundsätzlich nicht der einzelne Bürger (etwa als Grundstückseigentümer), sondern zum einen die Verwaltung und zum anderen der Gesetz- oder Verordnungsgeber. Wenn z.B. in § 7 BBodSchG die Verpflichtung des Grundstückseigentümers normiert ist, Vorsorge gegen das Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen zu treffen, bedeutet dies noch nicht, dass sich strafbar macht, wer derartiges (nämlich was?) unterlässt. Es fehlt der gesetzlichen Bestimmung an einer hinreichenden Konkretisierung, welche genauen Maßnahmen der Bürger im Einzelfall ergreifen muss. Der Bürger, dessen Grundstück im Industriegebiet liegt, hat zur Verhinderung schädlicher Umwelteinwirkungen andere Vorkehrungen zu treffen als der Eigentümer eines Waldgrundstücks. Vor allem darf er im Interesse eines einheitlichen Bodenschutzes nicht selbständig entscheiden, wie er gedenkt, Vorsorge zur Erhaltung einer möglichst optimalen Bodenqualität treffen zu können. Es bedarf zur Begründung einer individuellen Pflicht auf Seiten des Bürgers eines konkreten Gestaltungsaktes durch die Verwaltungsbehörden z.B. durch einen Verwaltungsakt, eine Anordnung oder einen öffentlich-rechtlichen Vertrag.[599] Erst wenn einer derartig konkretisierten Verpflichtung zuwidergehandelt wurde, können sich daraus strafrechtliche Konsequenzen ergeben. Unter Hinweis auf den Gesetzestext des Bundesbodenschutzgesetzes allein kann die Strafbarkeit nach § 324a StGB deshalb nicht begründet werden.[600]

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Etwas anderes gilt z.B. dann, wenn der Gesetzgeber aufgrund des Bundesbodenschutzgesetzes Verordnungen erlassen hat, die sich unmittelbar an den Bodenbenutzer richten. § 8 BBodSchG enthält eine solche Ermächtigung für den Gesetzgeber, Verordnungen zu erlassen, in denen z.B. Belastungsparameter des Erdreichs („Maßnahmewerte“, § 8 Abs. 1 Nr. 2 BBodSchG) festgesetzt werden, die auf eine schädliche Bodenveränderung schließen lassen.[601] Auch in einem solchen Fall kann § 8 BBodSchG zwar nicht unmittelbar zur Ausfüllung des Tatbestandsmerkmals der „verwaltungsrechtlichen Pflichten“ i.S.d. § 324a StGB herangezogen werden. Es können jedoch die entsprechenden Rechtsverordnungen eingreifen, soweit diese ihrerseits hinsichtlich ihres Adressaten- und Pflichtenkreises ausreichend konkretisiert sind.

Achten sollte man z.B. auf folgende (aufgrund der ständigen auch europarechtlichen Änderungen gar nicht so seltene) rechtliche „Dissonanzen“: Die teilweisen Konkretisierungen aufgrund der BBodSchV führen aufgrund zwischenzeitlicher Änderungen der GefStoffV z.T. aber wieder ins Leere: Beispielsweise gilt § 10 BBodSchV insbesondere für „Stoffe, die nach der Gefahrstoffverordnung als krebserzeugend, erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend eingestuft sind.“ Die Gefahrenklassen lauten nun nach Anpassung an die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 „Keimzellmutagenität“, „Karzinogenität“ und „Reproduktionstoxizität“. Wer also nach den in der BBodSchV definierten Begriffen krebserzeugend, erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend sucht, wird als Normadressat nicht ohne Weiteres fündig. Auf einer derartigen defizitären gesetzlichen Grundlage kann ein strafrechtlicher Vorwurf aber nicht aufbauen.

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Auch außerhalb des Bundesbodenschutzgesetzes bestehende Rechtsnormen sollen bei § 324a StGB das Tatbestandsmerkmal der Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten ausfüllen können[602], z.B. Rechtsvorschriften, die dem Grundwasserschutz dienen, da dieser in einer Wechselbeziehung zum Schutz des Bodens steht.[603] Die Fülle der in Betracht zu ziehenden verwaltungsrechtlichen Vorgaben wird damit kaum überschaubar.[604] Der Gesetzgeber verweist in seiner Begründung zu § 324a StGB[605] namentlich auf § 7 PflSchG, § 2 DüngemittelG (beide in Verbindung mit konkretisierenden Verordnungen), § 17 ChemG i.V.m. der GefStoffV, die §§ 7, 23 BImSchG sowie die Normen des Wasserhaushaltsgesetzes und die Länderverordnungen über das Lagern wassergefährlicher Stoffe (beachte: in den damals jeweils geltenden Fassungen). Soweit es sich bei den entsprechenden Nachfolgevorschriften ohnehin nicht lediglich um ausfüllungsbedürftige Ermächtigungsnormen handelt, muss in jedem Fall sehr genau geprüft werden, ob in der entsprechenden aktuellen Rechtsnorm (Rechtsverordnung) der Bodenschutz tatsächlich in einer den Anforderungen des Strafrechts entsprechenden Weise konkretisiert und von seinem umweltverwaltungsrechtlichen Schutzziel unmittelbar bezweckt ist.[606] Dies verlangt das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot.

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Aufgrund der Gleichstellungsklausel des § 330d Abs. 2 StGB können zudem auch Rechtsnormen oder verwaltungsbehördliche Entscheidungen anderer EU-Staaten zu beachten sein.[607] Zur gebotenen Anwendung mitgliedsstaatlicher – und nur solcher – Rechtsvorschriften auf § 324a StGB bei Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts (§§ 5 ff. StGB) siehe unten, Rn. 469.[608]

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In der Praxis kommt es vor, dass Ermittlungsverfahren wegen § 324a StGB eingeleitet werden, ohne dass sich aus der Einleitungsverfügung oder den Vorermittlungen der Polizeibehörden ergibt, gegen welche verwaltungsrechtliche Norm verstoßen wurde. In der Regel bietet sich bereits in diesem Verfahrensstadium ein nicht zu unterschätzendes Verteidigungspotential.

VI. Rechtswidrigkeit

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Hier gelten die allgemeinen Regeln, z.B. hinsichtlich des Eingreifens des rechtfertigenden Notstands nach § 34 StGB.[609] Da der Bodenschutz nicht zur Disposition des Einzelnen steht, ist die Einwilligung eines Grundstückseigentümers in die Bodenverunreinigung ohne Belang.[610] Die Duldung durch die Behörde kann nach h.M. grundsätzlich nur dann rechtfertigend wirken, wenn sie einem positiven Gestattungsakt gleichgesetzt werden kann.[611] Es stellt sich dann allerdings die Frage, ob in einem solchen Fall überhaupt – vom Tatbestand her – eine Verletzung einer verwaltungsrechtlichen Pflicht vorliegt.[612]

VII. Schuld

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Der für Abs. 1 erforderliche Vorsatz muss sich auf alle Tatbestandsmerkmale beziehen und insbesondere die spezifische Eignung, die nachteilige Veränderung und den Widerspruch zum Verwaltungsrecht umfassen. Allerdings ist nach h.M. die genaue Kenntnis vom Schadstoffgehalt des Stoffes, den der Täter in den Boden einbringt, nicht erforderlich.[613] Es muss aber hinsichtlich seiner Vorstellung von der nachteiligen Wirkung für den Boden wenigstens eine laienhafte Vorstellung bestehen.[614]

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Ein Verbotsirrtum kommt dann in Betracht, wenn der Täter zum Beispiel irrig annimmt, dass der Boden nicht geschützt oder dass er für die durch einen anderen (z.B. Mitarbeiter eines Betriebes) verursachte Bodenverunreinigung nicht verantwortlich ist.[615] Es ist eine Frage der Vermeidbarkeit, wie sich ein derartiger Irrtum auswirkt. Da das Merkmal der „Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten“ zum Tatbestand gehört, liegt ein Tatbestandsirrtum vor, wenn der Täter annimmt, dass eine in Wahrheit erforderliche behördliche Erlaubnis entbehrlich ist.[616] Das gleiche gilt, wenn er glaubt, die behördliche Duldung rechtfertige die Bodenverunreinigung.[617]

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Der Versuch ist nach Abs. 2 strafbar. Hier wird die Rechtsprechung noch Abgrenzungsfragen lösen müssen. Es ist im Prinzip nur der Fall denkbar, dass die Bodenverunreinigung ausbleibt, aber die nachteilige Bodenveränderung unter Verletzung der verwaltungsrechtlichen Pflichten unmittelbar bevorgestanden hat.[618] Dass Schadstoffe vorhanden sind, die aber nicht vom verunreinigten Boden ausgehen, reicht für den Versuch einer Bodenverunreinigung allein nicht aus.[619]

 

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Die Tat ist auch fahrlässig nach Abs. 3 begehbar. Hier dürften diejenigen Fälle eine Rolle spielen, in denen sich der Täter in einem Tatbestandsirrtum nach § 16 StGB befindet, d.h., wenn er irrtümlich annimmt, seine Tathandlung könne keine nachteilige Veränderung hervorrufen. An der Vorhersehbarkeit einer Bodenverunreinigung wird es regelmäßig dann fehlen, wenn für den Täter die Kumulation, Summation oder synergetische Wirkung durch andere nicht von ihm selbst gesetzte Ursachen nicht ersichtlich waren.[620]

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Was das Verhältnis zu anderen Straftatbeständen anbelangt, ist Tateinheit möglich mit Körperverletzungs- und Sachbeschädigungsdelikten und mit Straftatbeständen, die mittelbar Bezug zu dem Umweltmedium Boden haben, also die §§ 324, 325, 326, 329, 330a StGB.[621] Beim Zusammentreffen von § 326 Abs. 1 Nr. 4 StGB mit § 324a StGB tritt das Gefährdungsdelikt § 326 StGB hinter dem weitergehenden Erfolgsdelikt § 324a StGB zurück.[622]

C. § 325 StGB

§ 325 Luftverunreinigung [623]

(1) Wer beim Betrieb einer Anlage, insbesondere einer Betriebsstätte oder Maschine, unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten Veränderungen der Luft verursacht, die geeignet sind, außerhalb des zur Anlage gehörenden Bereichs die Gesundheit eines anderen, Tiere, Pflanzen oder andere Sachen von bedeutendem Wert zu schädigen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(2) Wer beim Betrieb einer Anlage, insbesondere einer Betriebsstätte oder Maschine, unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten Schadstoffe in bedeutendem Umfang in die Luft außerhalb des Betriebsgeländes freisetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Wer unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten Schadstoffe in bedeutendem Umfang in die Luft freisetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht nach Absatz 2 mit Strafe bedroht ist.

(4) Handelt der Täter in den Fällen der Absätze 1 und 2 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 3 leichtfertig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Schadstoffe im Sinne der Absätze 2 und 3 sind Stoffe, die geeignet sind,


1. die Gesundheit eines anderen, Tiere, Pflanzen oder andere Sachen von bedeutendem Wert zu schädigen oder
2. nachhaltig ein Gewässer, die Luft oder den Boden zu verunreinigen oder sonst nachteilig zu verändern.

(7) Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 4, gilt nicht für Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge.

§ 325 StGB [624]

(bis 13.12.2011)

Luftverunreinigung

(1) Wer beim Betrieb einer Anlage, insbesondere einer Betriebsstätte oder Maschine, unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten Veränderungen der Luft verursacht, die geeignet sind, außerhalb des zur Anlage gehörenden Bereichs die Gesundheit eines anderen, Tiere, Pflanzen oder andere Sachen von bedeutendem Wert zu schädigen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(2) Wer beim Betrieb einer Anlage, insbesondere einer Betriebsstätte oder Maschine, unter grober Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten Schadstoffe in bedeutendem Umfang in die Luft außerhalb des Betriebsgeländes freisetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

(4) Schadstoffe im Sinne des Absatzes 2 sind Stoffe, die geeignet sind,


1. die Gesundheit eines anderen, Tiere, Pflanzen oder andere Sache von bedeutendem Wert zu schädigen oder
2. nachhaltig ein Gewässer, die Luft oder den Boden zu verunreinigen oder sonst nachteilig zu verändern.

(5) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge.

§ 325 StGB a.F. [625]

(bis 31.10.1994)

Luftverunreinigung und Lärm

(1) Wer beim Betrieb einer Anlage, insbesondere einer Betriebsstätte oder einer Maschine, unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten


1. Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Freisetzen von Staub, Gasen, Dämpfen oder Geruchsstoffen, verursacht, die geeignet sind, außerhalb des zur Anlage gehörenden Bereichs die Gesundheit eines anderen, Tiere, Pflanzen oder andere Sachen von bedeutendem Wert zu schädigen, oder
2. Lärm verursacht, der geeignet ist, außerhalb des zur Anlage gehörenden Bereichs die Gesundheit eines anderen zu schädigen,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

(4) Verwaltungsrechtliche Pflichten im Sinne des Absatzes 1 verletzt, wer grob pflichtwidrig gegen eine vollziehbare Anordnung oder Auflage verstößt, die dem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen dient, oder wer eine Anlage ohne die zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen erforderliche Genehmigung oder entgegen einer zu diesem Zweck erlassenen vollziehbaren Untersagung betreibt.

I. Allgemeines

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§ 325 StGB a.F. hat seinen Ursprung in Teilbereichen der ehemals gültigen, inzwischen aufgehobenen §§ 63, 64 BImSchG a.F.[626] Die Bestimmung hatte eine nur geringe praktische Bedeutung. Die Ermittlungsverfahren wegen strafrechtlich relevanter Lärmverursachung machten z.B. im Jahr 1986 bundesweit einen Anteil von 0,2 % gemessen an allen Umweltdelikten aus.[627]

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Für dieses Anwendungsdefizit wurde die Struktur und der Regelungsumfang des § 325 StGB a.F. verantwortlich gemacht.[628] § 325 StGB a.F. (1980) umfasste zwei vollkommen unterschiedliche Delikte, nämlich die Luftverunreinigung und die Verursachung gesundheitsschädlichen Lärms. Die Bestimmung war einerseits Erfolgsdelikt, weil es zu einer – in der Praxis nur schwer nachweisbaren – Luftverunreinigung oder Lärmentwicklung auch tatsächlich gekommen sein musste, andererseits abstraktes Gefährdungsdelikt, weil zur Tatbestandserfüllung bereits ausreichte, dass die Beeinträchtigungen von Luft und Ruhe lediglich „geeignet“ waren, die im Abs. 1 aufgeführten Rechtsgüter zu schädigen. Ein konkreter Schädigungserfolg musste nicht eingetreten sein.

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Das 2. UKG (1994) hat zu einer weitgehenden – jedenfalls äußerlichen – Umgestaltung der Vorschrift geführt. Aus dem ehemaligen § 325 StGB a.F. (1980), in dem sowohl die Luftverunreinigung als auch die Lärmverursachung geregelt waren, wurden zwei Vorschriften: § 325 StGB Luftverunreinigung und § 325a Lärmverursachung.

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Die Erwartungen des Gesetzgebers, dadurch eine Aufwertung der Vorschriften zu bewirken, haben sich allerdings nicht erfüllt; denn sowohl § 325 StGB als auch § 325a StGB waren in ihrer Struktur nicht geändert, weshalb die von Anbeginn an vorhandenen Probleme, die hauptsächlich in der Konturenlosigkeit der Tatbestandsmerkmale und der vollkommenen Abhängigkeit vom gerade aktuellen Stand der Naturwissenschaft anzusiedeln waren, in die damalige Novellierung hineintransportiert, z.T. sogar verstärkt wurden (z.B. mit dem Begriff der „Schadstoffe“ in § 325 Abs. 2 StGB[629]). Auch weiterhin blieben, was heftig kritisiert wurde,[630] die Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- und Wasserfahrzeuge als nicht unwesentliche Verursacher von tatbestandlichen Luftverunreinigungen und Lärm außer Betracht (§§ 325 Abs. 5, 325a Abs. 4 StGB).

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Der Tatbestand wurde erneut durch das 45. StrÄndG[631] (2011) überarbeitet und in seinem Regelungsumfang erweitert. An der Uneinheitlichkeit und Kompliziertheit seiner Tatbestände hat dies allerdings nichts geändert. Maßgeblich für die Novellierung war die Umsetzung der EU-Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt.[632] Diese führte dazu, dass die in der Vorfassung in Abs. 2 enthaltene Beschränkung auf die „grobe“ Verletzung der verwaltungsrechtlichen Pflichten gestrichen wurde. Eingeführt wurde im Abs. 3 ein nicht auf den Anlagebetrieb bezogener Emissionstatbestand, der (generell) an das Freisetzen von – in dem ebenfalls neuen Abs. 6 – bezeichneten „Schadstoffen“ in die Luft geknüpft war. Neben der Fahrlässigkeit (nun in Abs. 4) wurde in Abs. 5 die Leichtfertigkeit neu sanktioniert. Die Ausschlussklausel (nun in Abs. 7), mit der alle Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- und Wasserfahrzeuge von der Strafbarkeit ausgenommen sind, wurde allein auf die Absätze 1 und 4 bezogen. Der Gesetzgeber sah für eine Streichung dieser Beschränkung keinen Anlass, in der Meinung, dass die Richtlinie durch die zusätzlichen Emissionstatbestände ausreichend umgesetzt sei.[633] An „Dieselgate“ und die manipulativ erhöhten Schadstoffemissionen bei Kraftfahrzeugen dachte damals niemand.

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Der Tatbestand ist verwaltungsakzessorisch ausgerichtet. Die Tathandlung setzt in allen drei Absätzen (1 bis 3) die Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten voraus. Geschützt ist nicht die absolute, sondern allein die relative Reinheit der Luft[634] i.S.d. status quo.[635]

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Die Deliktsstruktur ist von Absatz zu Absatz unterschiedlich und nicht in jedem Fall unumstritten. Abs. 1 wird als „erfolgsbezogenes Eignungsdelikt“ angesehen, weil es auf der einen Seite den Erfolg der durch die Tathandlung bewirkten Veränderung der Luft erfordert und auf der anderen Seite deren Eignung zur Schädigung der Luft als Lebensgrundlage für Mensch, Tiere und Pflanzen.[636] Abs. 2 verlangt keinen Taterfolg im Sinne einer Luftveränderung und gilt als „tatmittelbezogenes Eignungsdelikt“[637]. Der Gesetzgeber hat sich bemüht, die Weite des Delikts durch Tatbestandseinschränkungen auszugleichen („außerhalb“ des Anlagenbereichs, „Sachen von bedeutendem Wert“). Der Tatbestand des nicht Anlagen bezogenen Freisetzens von Schadstoffen in Abs. 3 gilt als Eignungsdelikt, wobei die Form der Eignung der Schadstoffe durch Abs. 6 vorgegeben ist. Alles in allem wenig strukturiert und mannigfaltigen Interpretationsmöglichkeiten zugänglich.

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