Umweltstrafsachen

Tekst
0
Recenzje
Przeczytaj fragment
Oznacz jako przeczytane
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

III. Der Boden



130



Die Frage, was unter dem Boden i.S.d. § 324a StGB zu verstehen ist, beantwortet das StGB nicht. Es findet sich weder in § 324a StGB noch in den Begriffsbestimmungen des § 330d StGB eine Definition zum „Boden“. Analog der Begriffsdefinition im Bundesbodenschutzgesetz (§ 2 Abs. 1 und 2 BBodSchG) wird deshalb die Auffassung vertreten, dass das Erdreich nicht nur als Fläche geschützt ist, sondern auch in der Erfüllung seiner verschiedenen Funktionen, z.B. als Standort für belastungsempfindliche Nutzungen, als Lebensraum und Lebensgrundlage für Menschen, Pflanzen und Tiere, als Klimastabilisator oder als Filter, Speicher und Puffer zur Regelung und Reinigung des Naturhaushaltes. Ob allen diesen Funktionsträgerschaften in der Praxis der Strafverfahren eine eigene Bedeutung zukommt, erscheint allerdings zweifelhaft. Um zur Feststellung eines derartigen Schutzzweckes gelangen zu können, bedarf es im Einzelfall der Klärung

hochkomplexer naturwissenschaftlicher Zusammenhänge

. Man denke nur daran, mit welchem naturwissenschaftlichen Aufwand es verbunden wäre, z.B. den Nachweis zu erbringen, dass durch den Eintrag eines Stoffes in das Erdreich die Klimafunktion des Bodens oder der Lebensraum für den Menschen i.S.des – in dieser Weite des Schutzzwecks verstandenen – § 324a Abs. 1 Nr. 2 StGB nachteilig verändert worden ist.



131



Die Beschränkung des verwaltungsrechtlichen Bundesbodenschutzgesetzes auf die

obere Schicht der Erdkruste

soll nicht übernommen werden. Dies wird damit begründet, dass der vom Gesetzgeber gewünschte umfassende Bodenschutz nur durch die Einbeziehung des gesamten Bodens einschließlich der tieferen, unbelebten Schichten gewährleistet werden kann. Allerdings ist nirgends verbindlich festgehalten, wie sich im konkreten Fall die Dicke der Schicht bemessen soll.



132



Von größerer praktischer Bedeutung sind die Abgrenzungsfragen, vor allem im Hinblick auf die übrigen Umweltstrafnormen. So soll zum Boden i.S.d. § 324a StGB nicht das Grundwasser gehören, das (und weil es) von § 324 StGB geschützt wird. Umstritten ist, ob dies auch für den Boden unter dem Meer, den Flüssen und Seen gilt. Dagegen wird eingewandt, dass der Schutz des Bodens unter dem Meer und den Gewässern durch § 324 StGB ausreichend gewährleistet sei.



Als Boden wird auch das „Bodenwasser“ (sog. „Bodenlösung“) und die „Bodenluft“ angesehen, beides Begriffe aus der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 BBodSchG. Unter dem

„Bodenwasser“

 versteht man das festgehaltene oder an festen Bodenbestandteilen hängende Sickerwasser im Erdreich, das nicht mit den fließenden Gewässern i.S.d. § 324 StGB in Verbindung steht. Die „Bodenluft“ befindet sich in den nicht mit Wasser gefüllten Bodenporen. Die atmosphärische Luft außerhalb der Materialschicht des Erdreichs wird von § 325 StGB geschützt.



133



Die Funktion des Bodens als

Lagerstätte für Abfall

 ist vom Schutzzweck des § 324a StGB nicht umfasst. Dies bedeutet, dass beispielsweise der in einer Grube verfüllte Abfall als solcher, auch wenn er Bestandteile von Erde enthält, nicht vom Schutzzweck erfasst wird. Durch die unbefugte Abfallablagerung kann aber der Tatbestand des § 324a StGB erfüllt werden, wenn durch den schadstoffhaltigen Abfall eine Verunreinigung des Erdreichs in bedeutendem Umfang verursacht wurde (§ 324a Abs. 1 Nr. 2 StGB). Abfalldeponien unterliegen bis zu ihrer Stilllegung (§ 40 Abs. 3 KrWG) dem Abfallrecht, erst danach greift das Bodenschutzrecht ein.



134



Der Bewuchs des Erdreichs zählt nicht zum Boden i.S.d. § 324a StGB ebenso wenig wie beispielsweise die Teerdecke einer Straße.






IV. Die Tathandlungen

1. § 324a Abs. 1 Nr. 1 StGB



135



§ 324a StGB ist in der 1. Alternative des Abs. 1 als ein kombiniertes Verletzungs- und potenzielles Gefährdungsdelikt konstruiert. Der Verletzungserfolg besteht im Verursachen der Verunreinigung oder nachteiligen Veränderung des Bodens. Die Tathandlung (Einbringen, Eindringen-Lassen oder Freisetzen von Stoffen) muss in einer Weise geschehen, die geeignet ist, „

die Gesundheit eines anderen, Tiere, Pflanzen oder andere Sachen von bedeutendem Wert oder ein Gewässer zu schädigen

“.



136



Zwischen den Tathandlungen Einbringen, Eindringen-Lassen und Freisetzen will der Gesetzgeber wie folgt unterschieden wissen:

Einbringen

 bedeutet den finalen Stoffeintrag, d.h. die bewusste, zweckgerichtete Tätigkeit, die auf das Hineingelangen von Stoffen in den Boden gerichtet ist. Hierunter fällt z.B. das Ausschütten flüssiger Schadstoffe oder das Aufbringen von Dünge- oder Pflanzenschutzmitteln oder auch das Einleiten solcher Stoffe.



137



Beim

Eindringen-Lassen

 verhindert der Täter pflichtwidrig nicht, dass der Boden durch Stoffe verunreinigt wird. Es handelt sich hierbei um ein unechtes Unterlassungsdelikt, was zur Folge hat, dass für die Tatbestandserfüllung alle Voraussetzungen einer Garantenstellung i.S.d. § 13 StGB vorliegen müssen.



138



Unter der Tathandlungsalternative Eindringen-Lassen dürften die Fälle der sog. Altlasten zu diskutieren sein. Als eine

Altlast

 im „klassischen“ Sinn gilt eine alte Produktionsstätte oder Altablagerung, die vor dem Inkrafttreten des Abfallgesetzes am 11.6.1972 abgelagert wurde. Daneben besteht die verwaltungsrechtliche Legaldefinition des § 2 Abs. 5 BBodSchG, wonach Altlasten sind: stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen sowie sonstige Grundstücke, auf denen Abfälle behandelt, gelagert oder abgelagert worden sind (Altablagerungen) sowie Grundstücke stillgelegter Anlagen und sonstige Grundstücke, auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden ist, ausgenommen Anlagen, deren Stilllegung einer Genehmigung nach dem Atomgesetz bedürfen (Altstandorte), weil durch sie schädliche Bodenveränderungen oder sonstige Gefahren für den einzelnen oder die Allgemeinheit hervorgerufen werden. Was die Handlung der Ablagerung als solche – durch aktives Tun – anbelangt, besteht im Allgemeinen keine strafrechtliche Handhabe (mehr), da jedenfalls, soweit Straftatbestände des jetzigen oder früheren Abfallrechts überhaupt zum Tragen kämen (ab dem 1.11.1994), Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist. Ebenso verhält es sich mit denjenigen Altlasten, die nach 1972, aber wenigstens fünf Jahre vor ihrer Entdeckung abschließend verursacht wurden. Sowohl § 326 StGB als auch § 324a StGB verjähren nach fünf Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB).



In strafrechtlicher Hinsicht zu diskutieren sind zum einen die verhältnismäßig unproblematischen Altlasten-Fälle, in denen die Tathandlung vor Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist vorgenommen wurde (wobei es sich dann aber weniger um „alte“ Lasten handelt). Zum anderen werden die um ein Vielfaches komplizierteren Fallkonstellationen betroffen sein, in denen aus einer vor langen Jahren entstandenen Altlast im Boden fortlaufend schädliche Einwirkungen, die nicht unerheblich sein können, auf das umliegende Erdreich oder in das Grundwasser ausgehen. Hier stellt sich die Frage einer

Unterlassenstäterschaft

, wobei im Wesentlichen zwei Varianten zu unterscheiden sind:





Fall 1:





Ein Grundstückseigentümer, der die Altlast in verjährter Zeit auf seinem Grundstück verursacht hat (z.B. durch Versickern-Lassen größerer Mengen Öl), wird im Zuge eines behördlichen Sanierungsplans zur Beseitigung der Altlast oder, wenn dies nicht möglich oder nicht sinnvoll ist, zur Eindämmung des Austrags der Schadstoffe aus der Ablagerung verpflichtet. Er

unternimmt aber nichts.





Fall 2:





Der Grundstückseigentümer, der zur Sanierung der Altlast, aus der Schadstoffe austreten, verpflichtet wird, hat die Altlast nicht verursacht, sondern das betreffende Grundstück nichtsahnend erst kürzlich erworben. Er lehnt es – nicht zuletzt aus Kostengründen – ab, Sanierungsmaßnahmen zu ergreifen.



139



Ob eine Strafbarkeit bei

sanierungsbedürftigen Altlasten

 überhaupt in Frage kommt, ist umstritten. Maßgeblich ist in erster Linie, ob (bereits) eine verwaltungsrechtliche Sanierungsanordnung erlassen worden ist; denn ohne diese fehlt es bereits an einer zu verletzenden verwaltungsrechtlichen Pflicht. Dass in § 4 Abs. 3 BBodSchG eine allgemeine Sanierungsverpflichtung normiert ist, reicht nicht aus, da es an einer behördlichen Konkretisierung gegenüber dem Bürger (als dem strafrechtlichen Normadressaten) fehlt. Dies gilt auch dann, wenn er Kenntnis von dem sanierungsbedürftigen Schadensfall hat.



140



Ein strafrechtlich relevantes Unterlassen ist aber auch bei einer behördlich aufgegebenen Sanierung jedenfalls nicht ohne Einschränkungen anzunehmen. Hat der Grundstückseigentümer selbst (vor Jahren) den Schadstoffeintrag vorgenommen („einbringt“), kann er nicht strafrechtlich dafür zur Verantwortung gezogen werden, dass er sein eigenes früheres Tuns nicht rückgängig macht. Die Annahme, es gäbe im Strafrecht eine an die Eigentümerpflicht anknüpfende Garantenpflicht ähnlich dem

„Zustandsstörers“

, ist zwar eine dem Verwaltungsrecht vertraute Rechtskonstruktion. Das Verwaltungsrecht dient aber auch – anders als das Strafrecht – im weitesten Sinne der Vorsorge vor Gefahren, weshalb es grundsätzlich verwaltungsrechtlich legitim sein kann, einen bloßen „Zustand“ zur Grundlage von verwaltungsrechtlichen Pflichten zu machen. Da das Strafrecht aber nicht der Gefahrenvorsorge dient, ist eine Unterlassensstrafbarkeit qua Eigentümerstellung nicht ohne Weiteres zu begründen. Hierzu nur Folgendes:

 



Gehen von der Altlast

„weiterfressende“ Schadstoffe

 in das Erdreich über („

eindringen lässt

“) und ist das Unterlassen des Grundstückseigentümers ursächlich für eine über die Altlast hinausgehende weitere Bodenverunreinigung, kann eine strafrechtliche Haftung aus der Überwachung von Gefahrenquellen in Betracht kommen (Überwachergarantenstellung). Die überwiegende Auffassung in der Literatur geht davon, dass es sich bei dem Merkmal des Eindringen-Lassens um ein unechtes Unterlassungsdelikt handelt, sodass Voraussetzung für die Tatbestandsverwirklichung eine Garantenstellung ist. Allerdings ist erforderlich, dass auch in dieser Fallkonstellation der Verantwortliche eine konkret ihn treffende verwaltungsrechtliche (Sanierungs-)Pflicht verletzt, er also einem wirksamen und vollziehbaren Verwaltungsakt zuwiderhandelt.



141



Wenn der Grundstückseigentümer, der zur Sanierung der Altlast, aus der Schadstoffe austreten, verpflichtet ist, die Altlast nicht verursacht, sondern das betreffende Grundstück nichtsahnend erworben hat (

Fall 2

) oder Opfer wilder Ablagerungen geworden ist, ist eine Garantenstellung aus Sachherrschaft über die Gefahrenquelle „verunreinigtes Grundstück“ abzulehnen. Der Grundstückseigentümer hat sich unversehens in die Strafbarkeit „eingekauft“. Er ist praktisch durch den Eigentumsübergang (als einem eigentlich neutralen Handlungsakt) in eine Situation geraten, die ihm keine Möglichkeit lässt,

nicht

 tatbestandsmäßig i.S.d. § 324a StGB zu handeln („

Opferposition

“). Hierauf die Strafbarkeit zu gründen, wäre mit dem strafrechtlichen Handlungsbegriff nicht in Einklang zu bringen, da dies auf eine Strafbarkeit aufgrund eines bloßen Zustandes und nicht aufgrund einer gewillkürten Handlung hinausliefe.



Selbst wenn in einem solchen Fall eine Garantenstellung entgegen der hier vertretenen Auffassung angenommen würde, wäre ein Einschreiten gegen die Verunreinigung jedenfalls dann unzumutbar, wenn die Sanierungskosten die Erwerbskosten des Grundstücks überschreiten.



142



Die Garantenpflicht endet spätestens dann, wenn das Grundstück aufgegeben oder aus der Insolvenzmasse freigegeben wird, da dann

keine Sachherrschaft

 mehr zu begründen ist, die für eine Überwachergarantenstellung erforderlich ist.



143



Einer Garantenstellung aus Ingerenz bezüglich desjenigen, der viele Jahre zuvor die Altlast verursacht hat (oben Fall 1), wird wenig praktische Bedeutung beigemessen. Zum einen werden die Fälle selten sein, in denen man noch nach Jahren auf den unmittelbaren Altlastenverursacher zurückgreifen kann. Zum anderen besteht die Möglichkeit einer verwaltungsrechtlichen legalisierenden Wirkung alter wasser- oder abfallrechtlicher Rechte und Befugnisse, die das verwaltungsakzessorische Umweltstrafrecht zu berücksichtigen hat.



Gerade bei den langen Zeiträumen zwischen Verunreinigung eines Grundstücks und möglicher strafrechtlicher Aufarbeitung der Altlasten-Frage bleibt zu beachten, dass sich die o.g. Grundsätze nicht – auch nicht zwischenzeitlich – durch die Entscheidung des

EuGH

 in Sachen

Van de Walle/Texaco

geändert haben. Der

EuGH

 sah in dieser für das deutsche Umweltverwaltungsrecht bahnbrechenden Entscheidung auch verunreinigten – unbeweglichen – Boden als Abfall i.S.d. Art. 1a der Abfallrahmenrichtlinie 1975 an. Bei Altlasten hätte es sich in richtlinienkonformer Auslegung dann in aller Regel um gefährliche Abfälle (§ 326 Abs. 1 StGB) gehandelt, die aufgrund der Subsidiarität in § 3 Abs. 1 Nr. 2 BBodSchG vorrangig dem KrW-/AbfG unterfallen wären. Glücklicherweise nahm der deutsche Gesetzgeber das Zepter in die Hand und fügte in das 2012 neugefasste KrWG § 2 Abs. 2 Nr. 10 ein, wonach das Abfallrecht auf altlastenverseuchte Böden in situ keine Anwendung findet. Damit gilt ununterbrochen, das bodenschutzrechtliche Regime für kontaminierte Böden und der Abfallbegriff wurde (entgegen der Entscheidung des

EuGH

) faktisch auf bewegliche Sachen beschränkt.



144



Freisetzen

 i.S.d. § 324a StGB bedeutet (wie auch in § 330a StGB), dass eine Lage geschaffen wird, in der sich der Stoff ganz oder teilweise unkontrollierbar in die Umwelt ausbreiten kann. Diese Einwirkungen können unmittelbar z.B. durch Ablassen oder mittelbar durch Immission industrieller Anlagen oder durch Abgase in die Luft oder das Gewässer (z.B. bei Hochwasser) geschehen. Es muss im Ergebnis jedoch der Boden betroffen sein. In den Fällen eines mittelbaren Schadstoffeintrags wird es in der Praxis mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein, die Ursächlichkeit eines bestimmten Verhaltens einer Person für die gesundheitsgefährdende oder bedeutende Bodenveränderung nachzuweisen. Dabei dürften Summations- oder Synergieeffekte eine nicht unerhebliche Rolle spielen.



145



Die „Stoffe“ i.S.d. § 324a StGB,

die eingebracht, eindringen gelassen oder freigesetzt

 werden, sollen nach dem Willen des Gesetzgebers in Übereinstimmung mit § 229 StGB a.F. (jetzt § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB, „Vergiftung“) weit ausgelegt werden. § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB benennt

Gift

 und andere

gesundheitsschädliche Stoffe

 als Tatmittel. Unter „Stoffe“ – in § 324a wie in § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB – werden bedenklich weitgehend und undifferenziert sämtliche organische und anorganische Substanzen erfasst, unabhängig davon, ob sie sich chemisch, physikalisch, mechanisch oder in sonstiger Weise auswirken. Strahlen werden nicht erfasst. Die Stoffe i.S.d. § 324a StGB müssen selbst keine „Schadstoffe“ sein und auch keine Eignung zur Gesundheitszerstörung aufweisen. Dies ist nach dem Gesetzeswortlaut allein im Hinblick auf die Art und Weise des Einbringens der Stoffe in den Boden erforderlich. Auch ein

harmloser Stoff

 soll die Strafbarkeit des § 324a StGB eröffnen können, wenn er erst in Verbindung mit dem Boden, in den er konkret eingebracht wird, zu einer bedeutenden Verunreinigung führen kann. Ob dieser Fallkonstellation eine praktische Bedeutung beizumessen ist, erscheint fraglich. Wenn ein harmloser Stoff in den Boden eingebracht wird, wird in aller Regel die Erfüllung der 1. Tathandlungsalternative des Abs. 1 Nr. 1 (Eignung zur Gesundheitsschädigung etc.) ausgeschlossen sein. Die Literatur verweist hier zwar auf eine tatbestandsmäßige Eignung auch durch eine große Menge an harmlosen Stoffen. Dies kann aber mit der Systematik der Bestimmung nicht in Einklang gebracht werden; denn dann bliebe kein Raum mehr für eine Verunreinigung „in bedeutendem Umfang“ i.S.d. 2. Handlungsalternative des Abs. 1.



146








Die in Abs. 1 Nr. 1 genannte

Eignung

 zur Gesundheitsschädigung oder Schädigung einer Sache von bedeutendem Wert bezieht sich auf die Art und Weise der durch die Tathandlung bewirkten (tatsächlichen) Bodenverunreinigung. Dies bedeutet, dass die Verunreinigung im Boden die entsprechende Eignung aufweisen muss. Gedacht ist daran, dass Stoffe (auch Gifte) als Bestandteil des durch den Täter veränderten Bodens z.B. über die Nahrungskette in den menschlichen Körper gelangen und dort ihre gesundheitsschädigende Wirkung entfalten. Wie bei allen Eignungsdelikten reicht die bloße (theoretische) Möglichkeit der Gefährdung von Menschen, Tieren oder Sachen allerdings allein nicht aus. Die Gefährdungseignung muss vielmehr naturwissenschaftlich feststehen, d.h. wenigstens schon einmal naturwissenschaftlich nachgewiesen worden sein. Etwas anderes ist auch der Entscheidung des

BGH

 im

Holzschutzmittelverfahren

nicht zu entnehmen. Der

BGH

 stellt hier klar, dass sich ein Gericht gerade nicht ohne weiteres einer wissenschaftlichen Mindermeinung anschließen kann, wenn es sich nicht erschöpfend im Urteil mit der herrschenden wissenschaftlichen Auffassung (im entschiedenen Fall: der Schulmedizin) auseinandergesetzt hat. Dies bedeutet nichts anderes, als dass der

BGH

 die gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse als Grundlage der Beurteilung und damit einer regelgerechten Beweiswürdigung ansieht, die nur in begründeten, d.h. wissenschaftlich erfahrbaren Ausnahmefällen, widerlegt werden können.



147



Die Eignung muss nach

Qualität und Menge

 des Stoffes bestimmt werden und darf auch die konkreten Bodenverhältnisse nicht außer Acht lassen. Kann aufgrund der örtlichen Gegebenheiten ausgeschlossen werden, dass eine Gefährdung eintreten kann (z.B. dadurch, dass die Filterfunktion des Bodens an der betreffenden Stelle so hoch ist, dass sich die punktuelle Bodenveränderung nicht fortsetzen kann), ist die Eignung nicht vorhanden. Die Eignung verneint hat das

OLG Celle

bei einer Ablagerung von Putenmist, die zu einer nicht wesentlichen Erhöhung von Stickstoffwerten im Boden geführt hat, was sich aber weder auf das Grundwasser noch auf das Erdreich nachteilig auswirkte.



148



Gefahren-, Maßnahme- oder Belastungswerte der (auch landesrechtlichen) Bodenschutzgesetze können deshalb als Indikatoren allein nicht ausreichen, da das Verwaltungsrecht z.B. aus Gründen der Bodenbewirtschaftung unter ganz anderen Aspekten als denen der Gesundheitsvorsorge Grenzwerte festlegen kann. Dies macht deutlich, dass man auch im Bodenstrafrecht schwerlich ohne Sachverständigen auskommt.



149



Vom Schutz des § 324a StGB nicht erfasst sind Tiere, Pflanzen oder andere (nicht notwendigerweise fremde) Sachen

ohne oder von nur unbedeutendem Wert

. Die Frage des Wertes bestimmt sich nicht nur nach wirtschaftlichen, sondern u.U. auch nach ökologischen Kriterien.






2. § 324a Abs. 1 Nr. 2 StGB



150



In der 2. Alternative des Abs. 1 ist § 324a StGB als Verletzungsdelikt konstruiert; Taterfolg ist die Verunreinigung oder sonst nachteilige Veränderung des Bodens in bedeutendem Umfang. Die Tathandlung der Nr. 2 besteht in der Verursachung des Taterfolges dadurch, dass der Täter Stoffe in den Boden einbringt, eindringen lässt oder freisetzt. Der Bodenschutzstraftatbestand in dieser Alternative ist der Gewässerverunreinigung gem. § 324 StGB nachgebildet. Er gilt als Auffangtatbestand für diejenigen Fälle, in denen es nicht gelingt, die Gefährdungseignung des Tatbestandes der Nr. 1 nachzuweisen. Das Merkmal des

bedeutenden Umfangs

 in § 324a Abs. 1 Nr. 2 StGB soll Bagatellfälle ausschließen und eine Einengung des Tatbestands insgesamt bewirken. Eine Vorschrift, die die Verunreinigung des Bodens generell pönalisiert, überschreitet nach der Auffassung des Gesetzgebers die notwendige Grenze des Strafrechts.



151



Es ist juristisch unklar, welche

strafwürdigen Fälle

 nicht von der Nr. 1, sondern erst von Nr. 2 erfasst werden, und auch naturwissenschaftlich dürfte die Abgrenzung der Tatbestandsvariante der Nr. 2 (Verunreinigung in bedeutendem Umfang) von der der Nr. 1 (Geeignetheit zur Gefährdung von Mensch, Tier und Sachen von bedeutendem Wert) nur schwierig möglich sein. Daher ist fraglich, ob der Begriff des bedeutenden Umfangs in der 2. Tatalternative ausreichend bestimmt und praktikabel ist.



152



Schall

 ist der Meinung, dass der Begriff

„reichlich vage“

 ist, aber nicht gegen Art. 103 Abs. 2 GG verstößt, da er in Anlehnung an Nr. 1 ausgelegt werden könne. Dass Art. 103 Abs. 2 GG nicht verletzt ist, weil man Nr. 2 in Anlehnung an Nr. 1 auslegen könnte, ist wenig hilfreich, weil der Umstand, dass in Abs. 1 zwei Alternativen geregelt sind, (mehr als) nahelegt, dass es einen Grund hierfür geben muss, der freilich nicht ersichtlich ist. Es ist denkbar, dass die Praxis dem schon sprachlich griffigeren Erfolgsmerkmal der Verunreinigung „

in bedeutendem Umfang

“ den Vorzug einräumt vor dem im Vergleich hierzu sehr mittelbaren Moment einer Geeignetheit zur Schädigung über den Bodeneintrag und von dort aus hin zu Mensch und Tier. Der Tatbestand des § 324 StGB (Gewässerverunreinigung), der ähnlich wie der Bodenstraftatbestand der Nr. 2 aufgebaut ist, hat sich nicht von ungefähr in den 80er Jahren zu der am häufigsten von allen Umweltstrafbestimmungen angewandten Vorschrift entwickelt. Dies lag an seiner im Vergleich zu anderen Umweltstraftatbeständen sprachlichen Kürze und Verständlichkeit, was die praktische Handhabbarkeit sehr erleichterte. Über das Vorliegen einer Verunreinigung als sichtbarer oder messbarer Tatbestands

erfolg

 lässt sich sicherlich eher eine einvernehmliche Übereinkunft erzielen als über abstrakte wissenschaftliche Eignungstheorien im Hinblick auf vage mögliche Gefährdungslagen.

 



153








Die Verunreinigung des Bodens in der Nr. 2 ist – wie auch bei § 324 StGB – lediglich ein Unterfall der nachteiligen Veränderung, der sich insbesondere auf die sichtbaren Verunreinigungen bezieht. Die nachteilige Veränderung liegt vor, wenn der Boden hierdurch in seinen ökologischen Funktionen (z.B. Lebensraum-, Klima-, Regelungs-, Rohstofflagerungsfunktion) in bedeutendem Umfang beeinträchtigt wurde. Teilweise wird angenommen, dass es sich d