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Wortbildung im Deutschen

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5 Der konstruktionsmorphologische Ansatz

Zu den großen Vorteilen der KonstruktionsmorphologieKonstruktionsmorphologie (Booij 2010) gehört, dass sie die SchematizitätSchematizität von Wortbildungsmustern theoretisch und empirisch fundiert konzeptualisieren kann, ohne dabei Begriffen wie KonfixKonfix oder AffixoidAffixoid einen Sonderstatus zuweisen zu müssen. Laut Booij/Hüning (2014) zeigt die Debatte um den theoretischen Status des Affixoidbegriffs vor allem, dass es keine scharfe Trennlinie zwischen KompositionKomposition und DerivationDerivation gibt: Freie Lexeme und AffixeAffix bilden die beiden Enden einer Skala, und zwischen Komposition und Derivation gibt es Wortbildungsprodukte mit Eigenschaften beider Prozesse. Wie u.a. auch schon Leuschner (2010) im Anschluss an Motsch (1996) betont, schließt dies keineswegs aus, dass derartige Terminologie deskriptiv nützlich sein kann, um WortbildungselementeWortbildungselement in diesem Übergangsbereich zu benennen, ohne deswegen gleich Kategorienstatus in Anspruch nehmen zu müssen. Unser Beispiel Top(-)/top(-) bietet sich als Paradebeispiel für dieses Einordnungsproblem an: Plausibler als eine Kategorisierung als Konfix (wie etwa phil-) wäre es, die lexikalische Einheit in Zusammensetzungen gemeinsam mit Präfixoiden wie Spitzen- zu gruppieren, nur eben mit der Besonderheit, dass es im DeutschenDeutsch kein substantivisches Ausgangslexem gibt. Den Gebrauch als „freies Adjektiv“ zur Grundlage einer Charakterisierung von substantivischen Zusammensetzungen mit Top- als AN-KompositaKompositum zu nehmen, erscheint angesichts der Feststellung, dass sich für ähnliche Fälle wie Bombe/bombe, Hammer/hammer, Spitze/spitze usw. als Prädikationsnomen ebenfalls ein Substantiv-Adjektiv-Kontinuum konstatieren lässt, gleichfalls fraglich. Top(-)/top(-) trägt demnach in vielfacher Hinsicht Züge eines Elements im Übergangsbereich.

KonstruktionsmorphologieKonstruktionsmorphologie basiert auf dem kognitiv orientierten Theoriemodells der Konstruktionsgrammatik (vgl. Goldberg 1995, 2006); als Konstruktion bzw. Schemata gelten systematische Form-Bedeutungs-Paare, d.h. Form und Semantik sind im mentalen Lexikonmentales Lexikon „koindiziert“. Das Sprachwissen der Sprecher/innen lässt sich als eine netzwerkartige Hierarchie von Konstruktionen konzeptualisieren, die komplett abstrakt oder sehr spezifisch sein können:

Any linguistic pattern is recognized as a construction as long as some aspect of its form or function is not strictly predictable from its component parts or from other constructions recognized to exist. In addition, patterns are stored as constructions even if they are fully predictable as long as they occur with sufficient frequency.

(Goldberg 2006: 5)

Hieraus ergibt sich, dass es ein graduelles Kontinuum zwischen Grammatik und Lexikon gibt, die gemeinsam ein „Konstruktikon“ bilden (ibd.). Konstruktionen sind erlernt und basieren auf Generalisierungen, die das individuelle sprachliche Wissen eines jeweiligen Sprechers reflektieren. Ebenso wie es keine strikte Trennung von Grammatik und Lexikon gibt, ist es nicht zwingend notwendig, eine absolute Trennung zwischen KompositionKomposition und DerivationDerivation vorzunehmen (Booij 2009, 2010); vielmehr lässt sich ein Kontinuum zwischen Wörtern und Affixen annehmen. Dies bietet ganz offensichtlich interessante neue Perspektiven in Bezug auf das zuvor besprochene Material.

KonstruktionsmorphologieKonstruktionsmorphologie ist ein outputorientierter und wortbasierter Ansatz, d.h. die minimale Konstruktion ist das Wort. AffixeAffix stellen keine eigenen Konstruktionen dar, da sie nur innerhalb eines Wortbildungsschemas und nicht an sich eine Bedeutung tragen. Das Suffix dt. -er kann beispielsweise eine Vielzahl von Funktionen haben (z.B. Pluralbildung, Komparation), aber erst in einem speziellen Wortbildungsschema trägt es eine – freilich abstrakte – Bedeutung, z.B. zur Bildung von nomina agentis. Das Wortbildungsschema in (28) basiert wiederum auf einer identifizierbaren paradigmatischen Beziehung zwischen Lexemen wie denken und Denker, schwimmen und Schwimmer, fahrenfahren und Fahrer:


(28)[[x]V er]N ‚jemand der Vt‘ (nach Booij 2010: 2)

Einmal etabliert, kann ein Wortbildungsschema zur Bildung neuer Lexeme dienen. Ebenso problemlos bildbar wie verständlich wäre beispielsweise das Substantiv Skyper, das mit dem rezent ins Deutsche gekommenen VerbVerb skypen zusammenhängt (vgl. Booij 2010: 2). Wortbildungskonstruktionen oder -schemata verfügen über vernetzte Informationen in Bezug auf ihre phonologische Form, ihre morphosyntaktischen Eigenschaften (beide Aspekte ergeben die Form-Seite einer Konstruktion) und ihre Bedeutung, die auch pragmatischen Gehalt haben kann (vgl. Jackendoff 2002). Je abstrakter ein SchemaSchema, desto abstrakter ist die zugrundeliegende Bedeutung, was sich anhand des im Folgenden relevanten Schemas für KompositaKompositum in den germanischen Sprachen illustrieren und dementsprechend auch im SprachvergleichSprachvergleich nutzen lässt:


(29)[[a]Xk [b]Yi]Yj ↔ [SEMi mit Relation R zu SEMk]j (nach Booij 2010: 51)

Eine der wichtigsten Annahmen der KonstruktionsmorphologieKonstruktionsmorphologie ist das Konzept eines „hierarchischen Lexikons“: Zwischen den Schemata und ihren Subschemata besteht eine Vererbungsrelation, d.h. konstruktionelle Eigenschaften werden von der abstraktesten Konstruktion bis zur konkreten Realisierung „weitergereicht“. Im Fall der germanischen KompositaKompositum geschieht dies u.a. derart, dass immer das Zweitglied die Wortart bestimmt. Dabei kommt es zwangsläufig zu Redundanz: Alle Schemata bis hin zu den einzelnen Wortbildungsprodukten können Teil des Lexikons sein.

Wortbildungsschemata können auch teilspezifiziert sein, d.h. über sowohl offene als auch bereits besetzte Positionen verfügen. Dies lässt sich beispielsweise am PräfixoidPräfixoid Haupt- darlegen (Leuschner 2010; Booij/Hüning 2014; Elsen 2014). Als freies Substantiv ist Haupt eine heute archaische Form von Kopf; diese Bedeutung ist in substantivischen ZusammensetzungZusammensetzung (siehe auch Kompositum) sehr unüblich und vielleicht gänzlich auf das KompositumKompositum Haupthaar beschränkt. Sehr frequent (und produktiv) ist Haupt- dagegen als Erstglied mit der Semantik ‚von großer Bedeutung, an der Spitze einer Hierarchie‘ (Haupteingang). Entscheidend ist, dass diese Bedeutung von Haupt- auf Komposita beschränkt ist, d.h. die Gesamtbedeutung des Kompositums ergibt sich erst durch die Existenz eines teilweise gefüllten SchemasSchema:


(30)G. [Haupt [y]Ni]Nj ‚Ni von großer Bedeutung/Ni an der Spitze einer Hierarchie‘

Bei solchen teilweise instanziierten Wortbildungsschemata kann man mit Langacker (1987) von „konstruktionellen Idiomen“ sprechen (vgl. Booij 2010); wegen der Gefahr der Verwechslung mit dem phraseologischen Idiombegriff spricht Michel (2013) lieber von „partiell instanziierter Konstruktion“ oder „PIK“. Essentiell ist hierbei die Feststellung, dass sich kompositionelle und derivationelle Prozesse überlappen können. Genauso wie ein Suffix -er erst als Teil eines speziellen Wortbildungsschemas eine Bedeutung trägt, kann Haupt- seine heutige Hauptbedeutung, die deutlich von der des freien Lexems Haupt ‚Kopf‘ abweicht, nur als Teil eines Wortbildungsschemas tragen. Damit sollte auch offensichtlich sein, warum die deskriptive Einordnung solcher Elemente als AffixoideAffixoid durchaus sinnvoll sein kann, denn wie der Terminus schon andeutet, zeichnen sich diese (ehemals gewöhnlichen) Kompositionsglieder durch eine besondere Nähe zu Affixen aus.

In substantivischen Zusammensetzungen mit dem Erstglied Top- können wir in unserem Korpusmaterial drei Lesarten feststellen, von denen die zweite und die dritte deutlich dominieren: 1. physisch mit Bezug auf eine ‚Spitze‘ oder ‚Oberseite‘ (z.B. Topbegehung im Klettersport, Topcase beim Motorrad); 2. hierarchisch-relativ: ‚Spitze einer Hierachie, hoher/höchster Grad‘ (Topspieler, Topmodel, Topqualität); 3. qualitativ-absolut: ‚von hoher/höchster Qualität‘ (Topwetter, Top-Film, Topwochenende). Da wir davon ausgehen, dass Top- als kompositionelles Erstglied zunächst in Zusammensetzungen ins Deutsche importiert wurde, wurden solche KompositaKompositum nicht nach dem abstrakten SchemaSchema für Komposita gebildet; ihre Bildeweise ist jedoch transparent und lässt sich mit jenem Schema ohne Weiteres in Verbindung bringen. Als mit der Zeit genug entlehnte Vorbilder mit Top- als Erstglied zur Verfügung standen, konnte sich ein konstruktionelles Idiom (bzw. eine PIK) mit Top- als ausgefülltem Slot herausbilden, das inzwischen äußerst produktiv genutzt werden kann. Dieses Schema hat sich semantisch ausdifferenziert, so dass bei einzelnen Bildungen oft AmbiguitätAmbiguität vorliegt.


Die Bedeutung von Top- in substantivischen KompositaKompositum hängt vom Auftreten in einem teilspezifizierten Wortbildungsschema ab. Die Tatsache, dass top inzwischen auch (defektiv) adjektivisch verwendet werden kann, ist somit noch kein Grund zu der Annahme, dass in diesen Fällen AN-Komposita vorlägen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich das freie top aufgrund der sekundären, qualitativ-absoluten Semantik des Erstglieds Top- etablieren konnte.

 

Nochmals hingewiesen sei auf die Tatsache, dass man bei Augmentativa bisweilen auf Betonungsmuster stößt, die von der gewöhnlichen Prosodie substantivischer KompositaKompositum abweichen (siehe unter 4): Nicht das Erstglied, sondern das Zweitglied trägt dann den Hauptakzent. Schlücker (2014: 95–99) erwägt im Zusammenhang mit adjektivischen und substantivischen Steigerungsbildungen (u.a. Bomben-, Hammer-, Mords-) die Existenz eines abstrakten SchemasSchema für Komposita mit augmentativem, unbetontem Erstglied (Schlücker 2014: 98–99): „Evidenz für das Bestehen der beiden Schemata AUG-EV[N N]N und AUG-EV[N A]A wäre dann gegeben, wenn neue Belege für augmentativ-evaluative N+N- und N+A-Komposita produktiv gebildet werden würden (…)“.

Unserer Ansicht nach macht das Fallbeispiel Top(-)/top(-) die Annahme eines solchen abstrakten Unterschemas plausibel: Ein vorangestelltes attributives und unbetontes top zeigt gewöhnlich keine Flexion – auch wenn durchaus denkbar ist, dass top im Laufe der Zeit einen vollständigen KategorienwechselKategorienwechsel zum Adjektiv durchläuft. Nominalphrasen mit unflektiertem Adjektiv (z.B. gut Ding, täglich Brot, (auf) gut Glück) sind jedoch Archaismen und gehen keineswegs auf ein produktives SchemaSchema zurück. Die kompositionellen Augmentativbildungen, die oft vom regulären Betonungsmuster abweichen, können hingegen produktiv genutzt werden. Unterschiedliche abstrakte Wortbildungsschemata hängen dementsprechend mit der – wohlgemerkt identifizierbaren – SchematizitätSchematizität von Zusammensetzungen mit dem Erstglied Top- zusammen, strukturelle AmbiguitätAmbiguität und Bedeutungsdifferenzierung sind eng miteinander verknüpft. Hilfreich ist in diesem Zusammenhang auch das Konzept der „semantischen Fragmentierung“ (Rainer 2003), das zuerst im Hinblick auf Derivationsaffixe entwickelt wurde: Aus ursprünglich homogenen Kompositionsparadigmen entstehen unterschiedliche, semantisch in sich jedoch kohärente Unterparadigmen (vgl. Hüning 2012 sowie Hüning/Schlücker 2010 zum deutsch-niederländischen Wortbildungsvergleich im Allgemeinen). Diese semantische Kohärenz kann auch mit formaler Kohärenz einhergehen, in diesem Fall etwa in Gestalt charakteristischer, deutlich unterscheidbarer Betonungsmuster.

Das adjektivische top im DeutschenDeutsch ist in dem Sinne defektiv, dass es gewöhnlich keine Flexion zeigt, die meist sogar als stark markiert bewertet würde. Bei Belegen wie top Verfassung lässt sich jedoch nicht mit Sicherheit bestimmen, ob lediglich „fehlerhafte“ Getrenntschreibung eines KompositumsZusammensetzung (siehe auch Kompositum)Kompositum vorliegt, ein attributives unflektiertes AdjektivAdjektiv, unflektiertes oder aber eine Augmentativbildung (dies gilt besonders für das unserer Darstellung zugrunde liegende, tendenziell informelle Sprachmaterial). Für die Entstehung des freien, beispielsweise als Prädikatsnomen gebrauchten top ist ein Prozess plausibel, den man mit Norde (2009) als „debondingDebonding“ bezeichnen kann: Ein gebundenes Morphem in einem spezifischen linguistischen Kontext wird zu einem freien Morphem. Ausgehend vom zunächst (bis auf wenige eher unsystematische Ausnahmen) nur gebunden auftretenden Top- lassen sich folgende Schritte auf dem Weg zum freien Lexem annehmen:


(31)Topmanager (entlehnt; hierarchisch) > Topqualität (ambig) > Topabend (qualitativ)
> top Abend / der Abend war top

Während sich Topqualität und Topabend durchaus mit ‚Qualität, die top ist‘ bzw. ‚Abend, der top ist/war‘ umschreiben lassen, erscheint eine analoge Umschreibung für Topmanager ‚Manager, der top ist‘ vielleicht nicht unmöglich, top würde dann jedoch nicht die übliche qualitative Bedeutung ‚besonders/sehr gut‘ tragen. Die Semantik des adjektivischen top hängt somit vom Auftreten des Morphems in KompositaKompositum ab.

6 ‚top‘ im SprachvergleichSprachvergleich

Im NiederländischenNiederländisch und SchwedischenSchwedisch, zwei eng verwandten Schwestersprachen des DeutschenDeutsch, sind die Kognaten von engl. ‚top‘ nicht entlehnte, sondern native Elemente; deren Gebrauchsweisen weisen jedoch erstaunliche Parallelen zum Deutschen auf. Insbesondere nl. top bereitet bei der kategorialen Einordnung nahezu identische Probleme; die Tatsache, dass es sich dabei auch um ein gewöhnliches Substantiv (‚Spitze‘ usw.) handelt, bestätigt die These einer paradigmatischen Relation zwischen augmentativ-evaluativen Elementen als kompositionelles Erstglied und in prädikativer Position (6.1). Zusätzlich liefert schw. topp bzw. toppen aufgrund formaler Ausdifferenzierung Argumente für die oben vorgenommene Zweiteilung in eine hierarchische und eine qualitative Lesart.

6.1 NiederländischNiederländisch

In zwei Studien zum niederländischen top (Van Goethem 2014; Van Goethem/Hüning im Erscheinen) geht es vor allem um die Frage nach der Herkunft des Adjektivs top, das auch im NiederländischenNiederländisch defektiv ist: Wie im DeutschenDeutsch gibt es seltene Belege für flektierte Formen des Adjektivs, gewöhnlich trägt ein attributiv gebrauchtes top jedoch keine Deklinationsendung. Anders als im Deutschen ist nl. top jedoch auch ein autochthones Substantiv mit der Bedeutung ‚Spitze‘; deshalb ist die Frage berechtigt, ob, wie im Deutschen, die Ursache für die Existenz eines adjektivischen top in einem „debondingDebonding“-Prozess eines Kompositionsglieds (vgl. Norde 2009) zu suchen ist oder ob es sich eher um Konversion in der prädikativen Position handelt (vgl. Pittner/Berman 2006; Berman 2009).

Insgesamt lassen sich für nl. top einige dem DeutschenDeutsch sehr ähnliche Verwendungsweisen ausmachen: substantivisch wie in (32), Verbindungen vom Typ Top Ten (33), in Kombination mit Substantiv (34–37) und mit Adjektiv (38), in prädikativer Position (39), adverbial (40) und parenthetisch bzw. als Interjektion (41). Die Belege entstammen wieder den COW-Korpora (Unterkorpus NLCOW2012–00X):


(32)Fantastisch uitzicht en we waren alleen op de top. (22291809)
‚Fantastische Aussicht und wir waren allein auf der Spitze.‘
(33)Een paar restaurants moeten de top 100 uit. (162920739)
‚Ein paar Restaurant müssen die Top 100 verlassen.‘
(34)Bij de NOS groeide het aantal topverdieners naar acht, drie meer dan het jaar ervoor. (56178732)
‚Beim NOS (Niederländische Rundfunkstiftung) stieg die Anzahl der Topverdiener auf acht, drei mehr als im Jahr zuvor.‘
(35)Klinkt als een topdag! (23476044)
‚Klingt wie ein Toptag!‘
(36)Tegen de absolute Amsterdamse top-prijs zou het dus niet meer dan 2,6 miljoen moeten kosten. (134225564)
‚Zum absoluten Amsterdamer Top-Preis müsste es also nicht mehr als 2,6 Millionen kosten.‘
(37)Dan maar een top hypotheek en allebij meer werken. (15361829)
‚Dann eben eine top Hypothek und beide mehr arbeiten.‘
(38)Ik heb schoenmaat 36 en mijn zoon was al een halve viking bij geboorte, dus ik was topzwaar als een waterballon die op een golf tee balanceerde. (90198203)
‚Ich habe Schuhgröße 36 und mein Sohn war schon ein halber Wikinger bei der Geburt, also war ich topschwer wie ein Wasserballon, der auf einem Golftee balancierte.‘
(39)Dit jaar zal werkelijk helemaal top zijn gezien de hoeveelheden. (105901356)
‚Dieses Jahr wird wirklich gänzlich top sein, angesichts der Mengen.‘
(40)Als gevolg van de internationale verontwaardiging werd Alouni, die hartproblemen heeft, op borgtocht losgelaten uit de topbeveiligde gevangenis. (152317464)
‚Als Folge der internationalen Entrüstung wurde Alouni, der Herzprobleme hat, gegen Kaution aus dem topgesichterten Gefängnis entlassen.‘
(41)Kortom: TOP. (20114283)
‚Kurz gesagt: TOP.‘

Anders als im DeutschenDeutsch ist das Substantiv top im NiederländischenNiederländisch keineswegs eine marginale Erscheinung. Vielmehr ist es das semantische Äquivalent von ‚Spitze‘: In (32) ist die Rede von der Spitze eines Berges, ansonsten wird es abstrakt/metaphorisch verwendet (hard werken om de top de bereiken ‚hart arbeiten um die Spitze/höchste Stufe zu erreichen‘). Dementsprechend sind substantivische top-KompositaKompositum grundsätzlich auch als NN-Komposita zu betrachten; allerdings finden sich neben nominalen ZusammensetzungZusammensetzung (siehe auch Kompositum), in denen das Erstglied top- eine physische (toplaag ‚oberste Schicht‘) oder hierarchische Bedeutung trägt (topverdieners ‚Spitzenverdiener‘), auch augmentative Bildungen wie im Deutschen, z.B. in (35) und (37). Bemerkenswert ist auch eine ähnliche Vielfalt in der Schreibung sowie die Tatsache, dass man – wenn auch nicht ganz so oft wie im Deutschen – auch auf komplexe EntlehnungenEntlehnung aus dem Englischen stößt (z.B. topact, tophit, topscorer).

Während wir bei der Herkunft des (defektiv) adjektivischen top im DeutschenDeutsch von „debondingDebonding“ ausgehen können, zeigen Van Goethem/Hüning (im Erscheinen), dass Konversion in prädikativer Position ebenfalls ein gewichtiger Faktor sein muss. Ein Grund hierfür ist, dass top de facto auch Substantiv ist und auch als solches eindeutig eine augmentativ-evaluative Semantik tragen kann:


(42)Thailand is ALTIJD gezellig, warm of regen. mij maakt het niet uit, er zijn is de top! (NLCOW2012–00X: 58816; Beispiel aus Van Goethem/Hüning im Erscheinen)
‚Thailand ist IMMER nett, warm oder Regen. mir macht es nichts aus, dort sein ist top!‘

Außerdem ist die qualitative Lesart (‚sehr gut‘) im Vergleich zur hierarchischen Lesart bei top- in substantivischen Zusammensetzungen vergleichsweise selten. Zusammenfassend gehen Van Goethem/Hüning (im Erscheinen) davon aus, dass das freie nl. top nicht einer einzigen Konstruktion entstammt, sondern dass eine komplexe Interaktion verschiedener Strukturen die Entstehung dieser Form gefördert hat, d.h. sowohl debondingDebonding des Kompositionsglieds als auch Konversion des Substantivs top in der prädikativen Position.

Wie für ähnliche Fälle im DeutschenDeutsch gezeigt wurde (Bombe/bombe, Hammer/hammer, Spitze/spitze), lässt sich für nl. top als Prädikatsnomen ebenfalls nicht immer mit Sicherheit bestimmen, ob ein Substantiv oder ein Adjektiv vorliegt, da wir ein Kontinuum annehmen müssen (Berman 2009). Ebenso wie man im Deutschen auf Belege stößt, in denen Flexion eindeutig für den Adjektivstatus des betreffenden Elements spricht, lassen sich im NiederländischenNiederländisch derartige Fälle belegen, gleichfalls recht selten. Gemein ist beiden Sprachen damit jedoch die Beobachtung, dass Flexion – und damit vollständiger KategorienwechselKategorienwechsel (besonders im Niederländischen: N > A) – tendenziell möglich ist:


(43)Zaten wel toppe plaatjes bij. (NLCOW14AX01: 679969589; Beispiel aus Van Goethem/Hüning im Erscheinen)
‚(Da) Waren schon toppe Bilder dabei.‘