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Wortbildung im Deutschen

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5.4 Vierter Erklärungsansatz: Finalbetonung als verallgemeinerter Marker der ToponymizitätToponymizität?

Es bleiben Namenkomposita übrig, die weder FügungenFügung mit einer Personenbezeichnung oder einem Adjektiv im Bestimmungsteil noch Erweiterungen eines bestehenden Namens um ein zusätzliches rechtes Element sind, die auch kein typisches toponymisches Grundwort aufweisen und dennoch den Hauptakzent auf dem letzten Element tragen.


(69)
(70)Bei der Rewág, einer Stelle, die ursprünglich ein Widerwasser beim Zusammenfluss von Aare und Saane bezeichnete (Waag ‚Wasser in Bewegung‘; Idiotikon 1999 [Bd. 15] : 662–667), ist das Bestimmungswort ganz unklarer Herkunft (Hentschel et al. unpubliziert).

Die einzig mögliche Erklärung für die Akzentverhältnisse solcher Namen scheint zu sein, dass dieser Akzent sich ausgehend von den oben beschriebenen Fällen gewissermaßen verselbständigt hat und auf andere Arten mehrgliedriger Toponyme übertragen wurde, ganz unabhängig von ihrer Bildungsweise und den außersprachlichen Bedingungen wie Clusterbildung.

Es würde vielleicht zu weit führen, von einem eigentlichen Marker für ToponymizitätToponymizität zu sprechen oder von einem Prozess der OnymisierungOnymisierung von Wörtern, die ursprünglich onymischonymisch wie appellativisch interpretierbar waren. Immerhin stellt aber schon Kuryłowicz (1956, zit. nach Benware 2012: 401) fest, dass die Betonung ein Merkmal sei, mit dem sich je nach Sprache zwischen Appellativa und Propria unterscheiden lasse, und Nübling (2005: 29) weist – insbesondere anhand von Personennamen wie schwedisch Mankéll und deutsch Áufderheide – nach, dass eine Akzentverschiebung geradezu onymische Markierung anzeigen könne. Nübling verweist außerdem auf die Akzentverhältnisse bei typisch toponymischen Elementen, die selbst bei Fantasienamen wie


(71)Entenháusen

angewendet werde. Benware (2012: 400) weist schließlich darauf hin, dass Propria und Appellative im mentalen Lexikonmentales Lexikon unabhängig verarbeitet werden, was einem Toponymizitätsmarker zusätzliche Wahrscheinlichkeit verleiht.

Dass es sich dabei jedoch nicht um ein allgemein gültiges Prinzip handelt, zeigt schon der Blick auf Namencluster:


(72)Zum Schloss Rállige, auch Rálligschloss, stellen sich als erweiterten Namen Rallighólz, Rálligmatte und Rálligstöck, von denen nur einer abweichenden Akzent aufweist.
(73)Und im Sinn der spezifizierenden Erweiterung würde es sich geradezu anbieten, dass der neben dem Séerain gelegene Séerainwald auf dem Grundwort betont wäre.
(74)Dagegen weisen die beiden benachbarten Namen Díckried und Grossríed unerklärlicherweise abweichende Akzentverhältnisse auf.

Dagegen sprechen auch zwei Varianten für einen einzigen Namen wie


(75)Móusisried und Mousisríed oder
(76)Schwaderéy und Schwáderey,

ebenso das Nebeneinander zweier (räumlich getrennter) Namen desselben Typs in einer Gemeinde mit unterschiedlichem Akzent wie


(77)Róssbode und Rossbóde.

Ganz zu schweigen davon, dass Initial- wie Finalbetonung natürlich auch situativ im Sinn der Kontrastbetonung verwendet werden können:


(78)Von zwei parallel dokumentierten Formen für einen Namen ist Seewségg wohl als ‚das Gelände beim Grimselsee, das Eggform hat‘ zu verstehen, während Séewsegg wohl ‚die Egg, die beim Grimselsee und nicht anderswo liegt‘ ist.

Tendenziell keine Finalbetonung weisen auch Namen auf, deren rechtes Element zwar in anderen Namenkomposita betont ist, die im aktuellen Fall aber auch gesamthaft als nichtonymisches KompositumZusammensetzung (siehe auch Kompositum)Kompositum aktualisierbar sind. Beispielsweise ist Scháttsite ‚Schattenseite‘ (Idiotikon 1920 [Bd. 8]: 1457–1458) auch außerhalb der Toponymie verwendbar und es fehlen daher Namenbelege der Art Schattsíte. Solche Namen wären von der Analyse als Komposita wohl eher auszuschließen, weil es sich vermutlich um lexikalisierte Elemente handelt. Die Schmálzgruebe ist eine metaphorische Benennung mit einem Wort aus der Lutherbibel, das hier ‚fettes, fruchtbares Land‘ bedeutet. Auch hier liegt ein lexikalisiertes Element vor, was den Namen unterscheidet vom


(79)Schmalzbóde,

in dessen Namen Schmalz ‚tierisches Fett‘ metaphorisch ebenfalls für ‚saftige Wiese, fetter Boden‘ steht, aber eben auch allein analysierbar ist (Idiotikon 1929 [Bd. 9]: 937–949).

Insgesamt dürfte es aber nicht verfehlt sein, von einer Tendenz der Toponymizitätsmarkierung mittels Grundwortbetonung zu sprechen, wobei vielleicht weniger eine konstante Grundwortbetonung als eine gewisse Flexibilisierung der Akzentverhältnisse anzusetzen ist.

5.5 Zur regionalen Ausbreitung

Allerdings gibt es dabei regionale Unterschiede, wie ein Vergleich der Namen aus den ehemaligen Ämtern Signau und Trachselwald mit einigen weiteren Gemeinden zeigt. Als erstes Vergleichsgebiet dient das ehemalige Amt Fraubrunnen westlich des nördlichen Emmentals in einem Gebiet, das weniger gebirgig ist als das obere und mittlere Emmental, aufgrund seiner Hügellage abseits der Hauptverkehrswege aber dennoch vergleichbar. Das zweite Vergleichsgebiet besteht aus den beiden Gemeinden Kandersteg und Lenk im gebirgigen Berner Oberland. Das dritte Vergleichsgebiet liegt im Berner Seeland und umfasst das ehemalige Amt Erlach am Westufer des Bielersees sowie die Gemeinden Ligerz und Tüscherz-Twann am Nordufer des Sees direkt an der Sprachgrenze. Das vierte Vergleichsgebiet entspricht dem ehemaligen Amt Saanen in der Südwestecke des Kantons.

Der Vergleich des Akzents über alle Namen dieser Regionen einerseits und über die tatsächlich um ein rechtes Element erweiterten Namen (gegliedert nach Komplexitätsgrad) andererseits ergibt folgendes Bild:


RegionNamen totaltatsächlich rechts erweitert
zweigliedrigmehrgliedrigtotal
Akzent:BWAkzent:GWAkzent:BWAkzent:GWAkzent:BWAkzent:GWAkzent:BWAkzent:GW
Emmental (Signau, Trachselwald)55476 von 223 = 34.1 %123 von 129 = 95.3 %199 von 353 = 56.4 %
41.4 %59.7 %13.2 %86.820.3 %82.1 %17.6 %83.9 %
Fraubrunnen16830 von 109 = 27.5 %7 von 16 = 43.8 %37 von 125 = 29.6 %
68.5 %34.5 %60.0 %40 %85.7 %14.3 %64.9 %35.1 %
Kandersteg, Lenk13335 von 80 =44.3 %21 von 25 =84.0 %56 von 104 = 53.8 %
76.0 %24.8 %85.7 %14.3 %61.9 %38.1 %76.9 %23.2 %
Seeland20556 von 130 =43.1 %19 von 24 =79.2 %75 von 153 =49.0 %
73.1 %26.8 %89.2 %10.7 %78.9 %21.1 %86.7 %13.3 %
Saanen14827 von 84 =32.1 %9 von 15 =60.0 %36 von 99 =36.9 %
79.7 %20.3 %81.5 %18.5 %66.7 %33.3 %77.8 %22.2 %

Ohne Unterscheidung der Namenzusammensetzung ist im Emmental die Mehrheit der Namenkomposita auf dem letzten Element betont. Keine andere Region erreicht auch nur annähernd hohe Zahlen, nirgends machen die entsprechend betonten KompositaKompositum mehr als ein Viertel bis ein Drittel aus. Der Unterschied lässt sich nicht dadurch erklären, dass im Emmental ein besonders großer Teil der Namen tatsächlich Erweiterungen weniger komplexer Namen sind: Kandersteg und Lenk haben praktisch den gleichen Anteil erweiterter Namen, und auch im Seeland ist er kaum geringer. Die nachweislich erweiterten Namen werden aber nur im Emmental zu vier Fünfteln auf der Erweiterung betont, während dieser Wert im Seeland bei nur ungefähr einem Achtel aller erweiterten Namen liegt.

Über die Gründe dafür lässt sich nur spekulieren. Das ländliche Emmental gilt als Ursprung der sich bis heute ausbreitenden westschweizerdeutschen Eigenheit der l-Vokalisierung (Haas 1973: 68, Anm. 17; Christen 2001). Ob sich daraus aber ableiten lässt, das Emmental übernehme mit dem Finalakzent als Toponymizitätsmarkierung erneut eine Vorbildfunktion und diese werde sich in Zukunft weiter ausbreiten, ist fraglich.

 

Ein Zusammenhang könnte eher bestehen zwischen dem Zeitpunkt des Sprachwechsels und der Finalbetonung: Während im Emmental voralemannische Besiedlungsspuren praktisch fehlen und entsprechende Substratnamen auch in Fraubrunnen sehr selten sind, nehmen sie in Kandersteg und an der Lenk zu und machen am Bielersee und in Saanen einen relativ großen Anteil aus.

Für ein eng umgrenztes Gebiet im St. Galler und Liechtensteiner Rheintal weist Stricker (1976) nach, dass der Sprachwechsel in einem Zeitfenster ungefähr im 13. Jahrhundert dazu führte, dass die dortigen auffälligen rätoromanischen Namen mit vom Alemannischen abweichenden Akzentverhältnissen sehr häufig eine agglutinierte alemannische Präposition aufweisen. Diese weist einen Nebenakzent auf und trägt so zu einem Ausgleich der Akzentverhältnisse bei. Dazu gehört z.B. der Name Isisíz < alemannisch in + rätoromanisch *Sisítz < lateinisch saxum ‚Fels‘ + -îceu/-îtiu/-ittu + -s oder + rätoromanisch *Sasétz < lateinisch super ‚über‘ + saxum ‚Fels‘ + -s (Stricker 1974: 162–165). In Gegenden mit späterem Sprachwechsel blieben dann die romanischen Akzentverhältnisse erhalten.

Da im Berner Untersuchungsgebiet der Sprachwechsel jedoch fast überall vor dem 13. Jahrhundert und in vordokumentarischer Zeit anzusetzen ist, dürften die alemannischen Akzentverhältnisse ohne Umweg über die Agglutination übernommen worden sein (vgl. Glatthard 1977: 127–176). Tatsächlich weisen romanische Substratnamen hier fast durchgehend alemannische Erstsilbenbetonung auf, wie die folgenden Beispiele zeigen:


(80)Sáanen für die Gemeinde und Landschaft direkt an der Sprachgrenze sowie für den gleichnamigen Fluss Saane, romanisch Sarine, der die Sprachgrenze mehrfach quert, < *Sanona ‚Sumpfbach‘ oder ‚tobender Bach‘ (Kristol 2005: 775–776; Hentschel et al. unpubliziert).
(81)Die Gemeinde Műntschemier zwischen Bieler- und Neuenburgersee < romanisch *Monte Camérii o.Ä. ‚Berg des Camerius‘ (Kristol 2005: 630; Hentschel/Schneider/Blatter 2008: 379–380; Besse 1997: 210).
(82)Die Gemeinde Sáfnern östlich des Bielersees < romanisch *Sabinária ‚Stinkwacholdergestrüpp‘ (Kristol 2005: 779; Hentschel et al. unpubliziert).
(83)Die Schafweide Práttels in Kandersteg < romanisch *pradéllas o.ä. ‚Wiese(n)‘ (Hentschel/Schneider/Blatter 2011: 509–511; Glatthard 1977: 95, 276)
(84)Die Gemeinde Wíchtrach im Aaretal zwischen Bern und Thun < romanisch *Victoriácum o.ä. ‚Landgut des Vitorius o.ä.‘ (Kristol 2005: 650, 672; Besse 1997: 734).
(85)Die Gemeinde Rűtschelen im Schweizer Mittelland im östlichen Kanton Bern < romanisch *rivuscéllum ‚kleiner Bach‘ (Kristol 2005: 774; Hentschel et al. unpubliziert).

Eine Aussage zum Einfluss des Sprachwechsels auf die hiesigen Akzentverhältnisse ist kaum möglich, auch wenn der Gedanke verlockend ist, die Sprecherinnen und Sprecher in Sprachwechselgebieten könnten die für sie auffällige Initialbetonung so generalisiert haben, dass sie kaum Abweichungen davon zuließen.

Ein später Sprachwechsel könnte überdies bedeuten, dass die Bildung von Namenclustern mittels spezifizierender Rechtserweiterungen von Namen ausblieb, weil die Namenlandschaft über den Sprachwechsel hinaus relativ stabil blieb. Dagegen spricht allerdings, dass Namencluster in allen untersuchten Gegenden ungefähr gleich häufig waren, ausgenommen das ehemalige Amt Fraubrunnen, das sprachhistorisch am ehesten mit dem Emmental vergleichbar ist.

6 Fazit

Finalbetonung toponymischer KompositaKompositum kann wohl regional als Toponymizitätsmarker angesehen werden. Diese eher sekundär zu nennende Funktion der Akzentverhältnisse tritt jedoch nicht überall auf. Dass sich solche Phänomene gerade kleinräumig-regional ausbreiten, hat schon Etz (1969 231) festgestellt. Im Gegensatz zum von Benware Festgestellten scheint Finalbetonung nicht nur auf ursprüngliche FügungenFügung (mit flektierter Personenbezeichnung oder Adjektiv) zurückzugehen, die später bei bestimmten Grundwörtern (Topofixen) verallgemeinert wurde. Vielmehr überlagern sich mehrere Prinzipien: Fügungen mit ursprünglichem Finalakzent, Clusterbildungen mittels determinierender RechtserweiterungRechtserweiterung (LinksköpfigkeitLinksköpfigkeit mit Betonung des rechts liegenden Bestimmungsteils) sowie Grundwortbetonung von Komposita mit typisch toponymischen Grundwörtern führen zu einer gewissen Verallgemeinerung des Finalakzents. Insgesamt führen diese Faktoren mehr zu einer allgemeinen „Ungeregeltheit“ des toponymischen Akzents.

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Neue Wörter als Grundlage für hessische FlurnamenFlurname?

Ergebnisse aus dem südlichen Gladenbacher Bergland

David Gerhardt

Abstract

For the last 40 years Hessian agriculture has been in an extreme process of transformation. This is inter alia the result of a blanket mechanization that first started very slowly in the second half of the 19th century and has accelerated since the 1950s. During the last four years I have investigated how these developments have influenced the current set of used field names. This paper focuses on the appearance of new field name types in the last 200 years. The research question is if new German words (defined below) were used to create new field names.

 

1 Einleitung und Hintergrund der Abhandlung

Der vorliegende Text entstand im Rahmen meines Promotionsvorhabens über aktuellen Flurnamengebrauch. In den sechs mittelhessischen Dörfern Damm, Mudersbach, Rollshausen, Roßbach, Seelbach und Wilsbach erhob ich – unabhängig von schriftlichen Quellen – mündliche FlurnamenFlurname mittels einer neuen Methode: Pro Dorf wanderten je sechs Gewährspersonen aus dem bäuerlichen Umfeld (Ø 53 Jahre alt) jeweils einzeln in Begleitung des Explorators durch die jeweilige Dorfflur, nannten die Flurnamen, die sie kannten und verwiesen auf die zugehörigen Flächen im Gelände. Die Gewährspersonen sprachen die Namen noch während der Wanderung in ein Tonaufnahmegerät ein, damit die Beleglautungen später transkribiert werden konnten. Zudem wurden die Verortungen aller 1431 mündlichen Flurnamenbelege während der Begehungen auf Karten verzeichnet und später miteinander verglichen.

Das zu einem Dorf gehörige Umland wird u.a. im westmitteldeutschen Sprachraum gemeinhin als Gemarkung bezeichnet. Die erhobenen FlurnamenFlurname beziehen sich auf Landflächen innerhalb von Gemarkungen. Manchmal benennen die Namen auch Flächen, die in zwei oder drei Gemarkungen hineinreichen, weil die Flurorte in Grenzbereichen liegen. Die Gemarkungen der genannten Dörfer grenzen in Reihe aneinander und bilden so ein 31 km2 großes, längliches, west-östlich ausgerichtetes Gebiet. Es reicht vom Aartalsee im Lahn-Dill-Kreis bis fast an den Rand des Lahntales im Landkreis Marburg-Biedenkopf. Die 36 Gewährspersonen wanderten also in sechs verschiedenen, nebeneinanderliegenden, doch kommunalpolitisch als solche nicht zusammengehörigen Bereichen. Die Distanz zwischen den am weitesten voneinander entfernten Wanderstrecken (jeweils ca. acht km) beträgt 14 km. Das hier behandelte Material basiert auf den Ergebnissen dieser 36 Wanderungen. Jeder einzelne mündlich erhobene Flurname hat somit eine Nennungsfrequenz zwischen eins und sechs; je nachdem, wie viele der sechs Personen eines Dorfes ihn während der Wanderungen, deren Wegstrecke pro Gemarkung immer nahezu gleich war, gebrauchten. Zusätzlich wurden die amtlich für das Gebiet geltenden Flurnamen des Amtes für Bodenmanagement Marburg (Katasteramt) aufgenommen und mit der mündlichen Situation verglichen. Im Rahmen der Verarbeitung des erhobenen Materials in einem Flurnamenlexikon mit 443 Namenartikeln erfuhren alle 885 Flurnamen1 eine Lemmatisierung in FlurnamentypenFlurnamentyp. Ein Flurnamentyp, z.B. Holz n., ist im Verständnis der Untersuchung eine normalisierte Nameneinheit, die etymologischetymologisch und in den meisten Fällen auch morphologisch mit den darunter versammelten Flurnamen, z.B. Jungholz, in Zusammenhang steht. Dabei kann es sich auch um mehrteilige Gebilde, wie z.B. Obstbaum m., handeln, wenn diese schon vor der Namenwerdung als KompositaKompositum bestanden (vgl. dazu auch HFA,2 21–22). Der Begriff bezieht sich somit kaum auf die eigentliche Funktion eines Flurnamens (dies nur insofern, als Gruppen einzelner Flurnamen die Grundlage der Kategorie bilden). Stattdessen stehen etymologische und morphologische – also trägerunabhängige (vgl. Brendler 2008: 50; Debus 2002: 23) – Aspekte im Vordergrund. Daher wäre die präzisierte Formulierung „Flurnamen(bildungs)typ[…]“ (Brendler 2008: 224) statt Flurnamentyp noch treffender.

Es soll im vorliegenden Aufsatz um die Frage gehen, ob in jüngerer Zeit neue FlurnamentypenFlurnamentyp entstanden sind.