Trendviertel 2013

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Trendviertel 2013
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TRENDVIERTEL

Texte: Christian Hunziker, Stefan Menzel, Claudia Rometsch, Reiner Reichel, Anne Wiktorin

Impressum

Trendviertel 2013

Texte: Christian Hunziker, Stefan Menzel, Claudia Rometsch, Reiner Reichel, Anne Wiktorin

Copyright: © 2013 Handelsblatt GmbH - ein Unternehmen der Verlagsgruppe Handelsblatt GmbH & Co. KG

published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

ISBN 978-3-8442-6680-1

Verlags-Services für Werbung: www.iqm.de (Mediadaten)

Verlags-Services für Content: Content Sales Center

Die letzten Oasen für Immobilienkäufer
Die Preise für Häuser und Wohnungen steigen, in den Großstädten wird das Angebot knapp. Wer aber richtig hinschaut, kann auch in Berlin, München, Freiburg oder Hamburg noch gute Geschäfte machen.

Für Hajo Koch, den windigen Immobilienhai der preisgekrönten Hannoveraner "Tatort"-Folge "Wegwerfmädchen", ist die Welt des Geldes sonnenklar: "Immobilien, Immobilien, Immobilien, das ist die Zukunft." Auch wenn Koch Fernsehfiktion ist - seine Prognose ist längst deutsche Realität 2013: Anlageberater, Kapitalanleger, Inflationsbekämpfer kennen derzeit nur ein Mantra: Kauft! Immobilien! Jetzt! Beton ist das neue Gold!

Und es fällt schwer zu widersprechen, trotz stark gestiegener Preise.

Steigende Einkommen, niedrige Zinsen und die Aussicht auf unablässig kletternde Wohnungspreise und Mieten - selten gab es bessere Argumente, sein Geld in Immobilien zu investieren. Und zwar egal, ob sie vermietet oder selbst genutzt werden. "Sowohl in diesem als auch im nächsten Jahr werden die Preise und Mieten in den von Wirtschaftskraft gezeichneten deutschen Städten weiter ansteigen; in den Top-Städten auch wieder über die Marke von drei Prozent hinaus", sagt zum Beispiel Andreas Schulten. Er ist Vorstand der Firma Bulwien Gesa, die seit Jahren den Immobilienmarkt analysiert.

Das gilt auf jeden Fall für die 15 Metropolen und regionalen Oberzentren, die das Handelsblatt in Zusammenarbeit mit vdp Research, dem Analysehaus des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (vdp), als attraktive Ziele für Investoren ausgewählt hat: Städte wie Hamburg, München und Berlin, aber auch Freiburg, Potsdam oder Augsburg. Zwar steigen hier die Preise schon seit einigen Monaten, zum Teil um zweistellige Prozentraten im Jahresvergleich. Aber - es ist wie im Kasino: Der Gewinn kann sich durchaus lohnen, das Risiko ist nicht zu leugnen - wer sich aber eine klare Strategie zurechtlegt und genau hinschaut, der hat gute Chancen, sozusagen den Jackpot zu knacken.

So haben etwa alle Städte und Stadtviertel, in denen sich Investitionen lohnen, eines gemeinsam: Die Bevölkerung wächst. Gleichzeitig wird weniger gebaut als nötig. Der wichtigste Blick von Investoren geht also auf die Mietstruktur einer Stadt, am besten eines Viertels. Je knapper dort das Angebot an freien Wohnungen, je deutlicher dort die Mieten steigen, desto mehr Wertsteigerungen sind zu erwarten.

"Die Leerstandsquote ist ein wichtiger Indikator für Investoren", betont Reiner Braun, Vorstandsmitglied des Immobilienmarktforschers Empirica. "Zwischen steigenden Mieten und sinkenden Leerständen besteht ein direkter Zusammenhang." Besonders aussichtsreich für Investoren - und im Umkehrschluss dramatisch für Mieter - ist die Situation nach Zahlen von Empirica in München mit 0,6 Prozent Leerstand, Hamburg (0,7 Prozent) und Frankfurt am Main (ein Prozent). In Berlin hingegen können immerhin noch gut zwei Prozent der Geschosswohnungen kurzfristig bezogen werden. Damit liegt der Berliner Wert ziemlich genau auf der Höhe der durchschnittlichen Leerstandsquote von 2,2 Prozent in Gebieten mit Bevölkerungswachstum. Bundesweit beträgt die Leerstandsquote 3,4 Prozent.

Wo die Mieten hoch gehen, gehen die Preise mit. "In Hamburg sind die Preise für neue Eigentumswohnungen in jedem der vergangenen fünf Jahre um zehn Prozent gestiegen", berichtet Frank Stolz, Leiter des Neubaugeschäfts beim Hamburger Makler Grossmann & Berger. Doch was für Hamburg gilt, gilt nicht überall und nicht für jede Art von Wohnraum. So ermittelte vdp Research für Eigentumswohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser über das ganze Land hinweg im Jahr 2012 "gut drei Prozent" Preiszuwachs. Die Zahlen von vdp Research basieren auf Kaufpreisen, die den Experten von den finanzierenden Banken anonymisiert übermittelt werden.

Das bedeutet nichts anderes, als dass außerhalb prosperierender Ballungszentren die Preise kaum steigen. Wo Menschen mangels Arbeit wegziehen, fallen sie sogar - wie in Gelsenkirchen: Dort kletterte der Leerstand um 33 Prozent, die Mieten verbilligten sich um drei Prozent. Kein Grund, dort zu investieren.

Doch es sind nicht nur geldgierige Verkäufer, die die Preise treiben. Die Baukosten für Eigentumswohnungen sind zwischen 1991 und 2011 (neuere Zahlen liegen nicht vor) um rund ein Drittel gestiegen. Anleger, die die hohen Neubaupreise nicht mitgehen wollen, können auf dem Markt für gebrauchte Wohnungen billiger kaufen. Reinfallen können sie so oder so.

Dass windige Verkäufer die Situation nutzen und Schrottimmobilien teuer verhökern wollen, ändert nichts daran, dass Immobilienprofis raten: Besser heute kaufen als morgen. "Noch sind die Rahmenbedingungen gut", sagt Bulwien-Gesa-Vorstand Schulten. Er gibt lediglich zu bedenken, dass es auf den Wohnungsmärkten in den nächsten zehn Jahren stärker auf und ab gehen wird als in früheren Jahren. "Das sollte man einplanen."

Außerdem sind Wohnungen gemessen an der Kaufkraft heute billiger als 1995. Ein Grund, warum Immobilienwissenschaftler von überhitzten Preisen in manchen Großstädten sprechen, aber von einer Immobilienblase nichts wissen wollen.

Zudem sind die Zinsen für Baugeld heute so niedrig wie nie. "Die Zinsen sind verlockend und werden von den Vertrieben auch als Argument für den Kauf bereits überstrapaziert", beobachtet Schulten. Bleibt die Frage: Zehn oder 15 Jahre feste Zinsen vereinbaren? Für besonders günstige Baudarlehen mit zehn Jahren Zinsbindung verlangen Banken zurzeit 2,1 Prozent Zinsen, für solche mit 15 Jahren festem Zinssatz 2,7 Prozent. Bei gleichen Raten und gleicher Restschuld darf der Zins ab dem elften Jahr auf 4,6 Prozent steigen, hat Finanzierungsexperte Max Herbst ausgerechnet. Anders ausgedrückt: "Wer also meint, die Zinsen werden in zehn Jahren über diesem Wert liegen, sollte sich für 15 Jahre fest entscheiden."

Die gute Nachricht: Die Zinsen bleiben verlockend, auch wenn Experte Herbst nicht mit weiteren Zinssenkungen rechnet. Sein Fazit: "Es ist also eine gute Zeit, gezielt und wohlüberlegt das passende Objekt und die Finanzierung dazu zu suchen."

So wurde gerechnet

Datenbasis der Trendviertel-Erhebung sind reale Kaufpreise für Eigenheime und Eigentumswohnungen, die von einem der 38 Mitgliedsinstitute des Verbands deutscher Pfandbriefbanken finanziert wurden. Die Banken übermitteln die anonymisierten Verkehrswerte ihrer Kreditgutachten an das Analysehaus vdp Research. Exklusiv ausgewertet und statistisch bereinigt wurden diese Daten für jeden Postleitzahlbereich der ausgewählten 15 Städte. Trendviertel, so die Definition, sind Stadtteile, in denen die Preise für Wohneigentum zwischen 2009 und 2012 stärker als im Durchschnitt der Gesamtstadt gestiegen sind.

Interview mit Franz Eilers, wissenschaftlicher Leiter von vdp Research
"Eine Blase ist nicht zu erwarten"

Warum steigen die Preise für Wohneigentum so stark?

Die Preise steigen nur dort stark, wo Wohnraum knapp ist, also in Großstädten mit zunehmender Bevölkerung. Dort trifft zu geringe Neubautätigkeit auf hohe Nachfrage, die durch steigende Einkommen und sehr niedrige Zinsen begünstigt wird.

Wie geht es weiter?

Deutschlandweit sind die Preise für Wohnungen und Einfamilienhäuser 2012 im Schnitt um gut drei Prozent gestiegen. Ich glaube, dass die Preisentwicklung 2013 so weitergeht.

Müssen wir mit einer Wohnimmobilienblase rechnen?

Eine Blase ist nicht zu erwarten, weil die Neubautätigkeit hinter dem Wohnungsbedarf herhinkt. Verhältnisse wie in Spanien, wo viele Menschen die Kredite für zu teuer gekaufte Wohnungen nicht mehr bezahlen können, sind in Deutschland nicht zu erwarten. In Deutschland steigt trotz niedriger Zinsen die Eigenkapitalquote in der Hausfinanzierung. Selbst wenn die Einkommen wegen eines Konjunktureinbruchs sinken und die Zinsen stark steigen sollten, käme es nicht zu massenhaften Notverkäufen von Immobilien.

Der Staat versucht, den Anstieg der Mieten zu bremsen. Verschreckt er damit Wohnungsbau-Investoren?

Nein, die Bestandsmieten stiegen selbst in einem so dynamischen Markt wie in Berlin geringer als der neue Mietendeckel erlaubt. Ob ein Investor baut, hängt nicht nur von der aktuellen Mietentwicklung ab, sondern auch davon, welche Wertsteigerung er erwartet. Auch als die Bestandsmieten nicht begrenzt waren, wurde zu wenig gebaut.

Was muss geschehen, damit Mieten und Preise sinken?

Die Bautätigkeit müsste rapide steigen, während die Einkommen nur noch schwach zunehmen und gleichzeitig die Zinsen hochgehen. Dass diese Umstände in den nächsten zwei bis drei Jahren zusammentreffen, halte ich für wenig wahrscheinlich.

AUGSBURG
Mehr Brücken als Venedig

In der Fuggerstadt lässt es sich eine halbe Stunde Fahrtzeit von München entfernt zum halben Preis wohnen.

Zwei Zimmer, Küche, Bad, 60 Quadratmeter, Jahresmiete ohne Heiz- und Nebenkosten: 88 Cent. Ein Druckfehler? Nein! Ein Traum? Nicht in Augsburg, sondern Wirklichkeit für 150 Menschen. Sie leben in der ältesten Sozialsiedlung der Welt. Gestiftet hat das 1521 erbaute und über die Jahrhunderte immer wieder modernisierte Quartier Jakob Fugger, seinerzeit einer der reichsten Männer Europas. Seine Stiftung hält bis heute die Miete von umgerechnet einem Rheinischen Gulden stabil. Einziehen darf jedoch nur, wer unverschuldet in Not geraten ist und verspricht, dreimal am Tag für den verstorbenen Stifter zu beten.

 

Allen anderen Wohnungssuchenden bleibt nichts anderes übrig, als ein Vielfaches an Miete zu zahlen. Doch wer das Preisniveau in deutschen Millionenstädten kennt, wird über Mieten in Bayerns drittgrößter Stadt milde lächeln. Die sind zwar 2012 um sieben Prozent gestiegen. Doch in den teuersten Straßenzügen um die Basilika St. Ulrich kostete die Wohnung laut vdp Research im Schnitt nur 7,75 Euro pro Quadratmeter Monatsmiete.

"Wir vergleichen uns gern mit München, dabei haben auch wir einen erstklassigen Fußballverein, eine erstklassige Eishockey-Mannschaft, wir haben eine historische Innenstadt, große Festivals, und im Sommer laden zahlreiche Badeseen zum Schwimmen ein", preist Andreas Klein, Leiter des Immobiliencenters der Stadtsparkasse Augsburg, seine Heimat. Was er sagen will: Das Selbstbewusstsein der bayerischen Schwaben leidet unnötigerweise unter dem "Mia-san-mia"-Gehabe der Oberbayern in der Landeshauptstadt.

Dabei gilt: Vergleichen lohnt sich. "Ich verstehe nicht, warum im Speckgürtel von München 700 000 Euro für ein Reihenhaus gezahlt werden, wenn man es in Augsburg für fast die Hälfte bekommen kann", rechnet Klein vor. Die Augsburger, die in München arbeiten, rechnen auf jeden Fall und fahren in einer halben Stunde mit dem ICE in die Münchener Innenstadt. Denn 2012 bezahlten sie für Einfamilienhäuser - nicht alle in Reihe und auch gebrauchte darunter - im Schnitt nicht ganz 2 500 Euro pro Quadratmeter. Allerdings sind Neubauten auch eher in der 4 000-Euro-Region zu finden.

Zum Wohnen kommen die Münchener vielleicht nicht nach Augsburg, inzwischen legen einige aber ihr Geld in der Stadt an, die einmal ein Zentrum der deutschen Textilindustrie war. "Wir haben viele Kapitalanleger aus München", sagt Jürgen Kolper, Geschäftsführer von Patrizia Projektentwicklung, über das eigene Projekt "Provinopark" mit 220 Wohnungen zu Preisen zwischen 2 900 und 3 800 Euro pro Quadratmeter. Es entsteht auf dem Brachland, das die Augsburger Kammgarn Spinnerei hinterlassen hat.

Echte Schnäppchenpreise sind das zumindest nach Münchener Maßstäben - doch obwohl die Stadtsparkasse Augsburg jetzt sogar eigene Objekte in Münchener Zeitungen inseriert, wollen die Oberbayern offenbar nicht recht heimisch werden bei ihren schwäbischen Nachbarn. "Die gehen zum Lachen in den Keller", behaupten die Landeshauptstädter. Die Augsburger nehmen's mit Humor - und erzählen selbst die Anekdote, dass der Komiker Rick Kavanian ein neues Programm unter Pseudonym erst in Augsburg testet, weil er weiß: Wenn die Augsburger lachen, lacht später ganz Deutschland.

Alles andere als witzig ging es lange Zeit auf dem Augsburger Immobilienmarkt zu. Als vor 15 Jahren die US-Armee abzog, standen plötzlich viele Wohnungen leer. Heute erweist sich der Abzug als Glücksfall: Die ehemals von den Soldaten und ihren Familien bewohnten Wohnungen sind modernisiert und wieder bewohnt. Auf den Grundstücken der früheren Sheridan- und der Reese-Kasernen entstehen Wohnparks mit Wohnungen, die Andreas Klein Zwei-Personen-Haushalten empfehlen würde. Der jungen Familie mit zwei Kindern rät er, sich im Stadtteil Lechhausen umzusehen.

"Für mich hat die Stadt die richtige Größe", sagt Patrizia-Manager Kolper und verspricht, dass man aus den meisten Wohnvierteln die Innenstadt mit dem Fahrrad in 15 Minuten erreicht. Das geht in München nicht. Und sein Chef, Wolfgang Egger, Vorstandsvorsitzender des Immobilienkonzerns und begeisterter Läufer, kann sich einen letzten Vergleich nicht verkneifen: "Der Sieben-Tische-Wald in Augsburg ist viel schöner als der Englische Garten in München." Also Augsburger: Mehr Selbstbewusstsein! Zumal sich noch nicht einmal herumgesprochen hat, dass die Stadt an Lech, Wertach und Singold mehr Brücken hat als Venedig.

Augsburg in Zahlen

Einwohner: Fast 268 000 Menschen leben laut jüngster Volkszählung heute in der Stadt. In 17 Jahren werden es rund 12 000 mehr sein, schätzt das Amt für Statistik der Stadt.

Geschichte: Gegründet wurde die Stadt schon im Jahr 15 v. Chr. von Römern - und gehört damit zu den ältesten deutschen Städten. Im Mittelalter prägten Patrizier den Ort, der sich im 14. Jahrhundert dem schwäbischen Städtebund anschloss. Später machten Färber und Weber sowie die Fugger Augsburg groß und berühmt. Als Maschinenbau-Zentrum wurde Augsburg im Zweiten Weltkrieg stark zerstört - die Wunden sind in der heutigen Bebauung noch deutlich erkennbar.

BERLIN
Die Welt kauft in dieser Stadt

Berlin zieht viele internationale Investoren an. Dadurch sind mittlerweile auch Stadtteile außerhalb des Zentrums attraktiv.

Es sind gute Zeiten für Menschen, die mit dem Bau oder dem Verkauf von Berliner Wohnungen ihr Geld verdienen. "Die Berlin-Rallye ist noch nicht vorbei", freut sich der Wohnungsmakler Nikolaus Ziegert. "Die Nachfrage nach Eigentumswohnungen ist enorm groß", konstatiert Philipp C. Tabert vom Immobilienunternehmen Winters & Hirsch. Und Michael Ries von der Pantera AG, die mittlerweile jede vierte Wohnung an einen Kunden mit Wohnsitz im Ausland veräußert, wird geradezu pathetisch: "Die Welt schaut auf Berlin."

Ist das alles Zweckoptimismus mit dem Ziel, das Geschäft anzukurbeln?

Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Nach den Statistiken des Verbands Deutscher Pfandbriefbanken haben die Preise für Eigentumswohnungen im Jahr 2012 um 9,1 Prozent angezogen, während die Mieten um 8,2 Prozent gestiegen sind. Sprich: Käufer zahlen mehr, bekommen aber auch mehr. Von Blase also keine Spur.

Das hängt mit dem knapper werdenden Angebot zusammen: Laut einer Untersuchung der Beratungsunternehmen Empirica und CBRE stehen nur noch gut zwei Prozent aller Wohnungen in Berlin leer.

Von der Entwicklung profitieren vor allem die Innenstadt, die durch den S-Bahn-Ring begrenzt wird, sowie der als Wohnort traditionell beliebte Südwesten. Weil dort die Preise stark gestiegen sind, stehen Kapitalanleger allmählich vor einem Problem. "Sie müssen sich fragen, ob die Rendite noch ausreicht", sagt Jürgen Kriegisch von der Maklerfirma Part-B Immobilien. Er schaut kritisch auf die hohen Preise beispielsweise in Mitte, Prenzlauer Berg und Friedrichshain. Experte Kriegisch empfiehlt, auch andere Bezirke näher zu betrachten, und gibt Investoren einen überraschenden Tipp: "Reinickendorf, Spandau und andere Randlagen stehen am Anfang ihrer Entwicklung."

Tatsächlich, das zeigen Zahlen des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), ist in den Randlagen der Leerstand besonders deutlich zurückgegangen. "Im Endeffekt ist ganz Berlin ein Trendviertel", sagt Maren Kern, die Chefin des Verbands BBU, dessen Mitgliedsunternehmen 40 Prozent der Berliner Mietwohnungen verwalten. Auch André Adami, Niederlassungsleiter Berlin des Beratungsunternehmens Bulwien Gesa, rät, sich nicht auf das Stadtzentrum zu beschränken: "Alle Lagen, die nicht weiter als 500 Meter von einem S- oder U-Bahnhof entfernt sind, sollten von Investoren stärker beachtet werden."

Eine andere Meinung vertritt Makler Nikolaus Ziegert. "Kapitalanleger sollten sich vor allem innerhalb des S-Bahn-Rings und darüber hinaus vielleicht noch in Zehlendorf und Steglitz umsehen." Seine Begründung: "Wenn sich das Geschehen wieder entspannt, werden Abstriche bei der Lage sofort bestraft."

Entspannen könnte sich das Geschehen vor allem deshalb, weil der Wohnungsneubau anzieht. Bis 2020 will der Senat jährlich 11 500 neue Wohnungen gebaut sehen und dafür erstmals seit Jahren wieder ein Förderprogramm auflegen. Bereits 2012 genehmigten die Behörden den Bau von gut 9 900 Wohnungen, über ein Drittel mehr als 2011. Unübersehbar sind die Baustellen im Stadtbild: in Seitenstraßen des Kurfürstendamms, auf dem ehemaligen Mauerstreifen in Mitte, im Umfeld des Neubaus des Bundesnachrichtendienstes, aber auch außerhalb der traditionell begehrten Lagen - etwa in Lichtenberg, in Karlshorst und im Umfeld des Wissenschaftsparks Adlershof.

Allerdings will der Berliner Senat nicht nur den Wohnungsbau fördern, sondern auch Mietsteigerungen begrenzen. So hat er sofort von der neuen gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Mieterhöhungsspielraum innerhalb von drei Jahren auf 15 Prozent zu deckeln. Zudem hat die Landesregierung angekündigt, teils Ferienwohnungen zu verbieten und den Bestand landeseigener Wohnungen deutlich zu erhöhen.

Mieten und Preise werden nach Ansicht vieler Experten trotzdem weiter steigen. Beflügelt wird diese Hoffnung der Eigentümer vor allem von dem noch immer niedrigen Preisniveau der Hauptstadt.

Der neue Mietspiegel weist einen Durchschnittswert von gerade mal 5,54 Euro pro Quadratmeter aus - in München ist er fast doppelt so hoch. Auch seien die Kaufpreise "im Vergleich zu anderen Hauptstädten sehr günstig", sagt Thomas Zabel vom Maklerunternehmen Berlin Capital Investments.

Im Übrigen, berichtet Zabel, sei jeder ausländische Kaufinteressent, der zum ersten Mal nach Berlin komme, begeistert von der Stadt. Nicht nur Zabel ist deshalb überzeugt davon, dass der Aufschwung auf dem Berliner Wohnungsmarkt noch nicht vorbei ist. "Die Stadt", sagt BBU-Chefin Maren Kern, "ist ein Mekka der Kulturszene und der Start-ups und deshalb gerade für junge Menschen enorm attraktiv."

Die Folge: "Der Zuzug wird mindestens für die nächsten zehn Jahre anhalten."

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