Sprachliche Mittel im Unterricht der romanischen Sprachen

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Für die Anfangsphase sind im weitesten Sinn spielerische Übungen unter Einbezug motorischer Elemente besonders geeignet. Wenn die Schüler beispielsweise vom Oralvokal ausgehend den Kopf in den Nacken legen, erleichtert dies die am Anfang ungewohnte Artikulation der französischen Nasale. Die Opposition stimmlos – stimmhaft ([s] vs [z], [ʒ] vs [ʃ]) kann mit der Hand am Kehlkopf eingeübt werden. Richtig ist die Aussprache, wenn bei den stimmhaften Varianten eine Vibration spürbar ist. Der Hinweis, dass man nur auf die stimmhaften Konsonanten summen kann, ist hilfreich und kann einzeln oder im Klassenverband umgesetzt werden. Spielerische Elemente enthält auch der Einsatz von Zungenbrechern oder von Comptines (z.B. Dans ta tente ta tante t’attend oder 1, 2, 3, nous avons un gros chat/ 4, 5, 6, il a de longues griffes/ usw.) oder von Videoclips (u.a. von Alain le Lait auf YouTube zu den Zahlen), die zum Nachsprechen bzw. rhythmischen Übungen anregen.

10: Sprachlernbewusstheit

Eine kognitivierende Schulung von Aussprache und Intonation sowie (rezeptive) Grundkenntnisse der Lautschrift (API) sind Voraussetzungen für Sprachlernbewusstheit, die ihrerseits dazu beiträgt, den Erwerb von Sprachkompetenz effizienter zu gestalten. Sie stärkt die gewünschte Autonomie der Lerner, nicht zuletzt auch in Hinblick auf die Selbstevaluation der Aussprache.

6. Fazit und Ausblick

Die Zielsetzung des Unterrichts hängt einerseits vom zeitlichen Rahmen und damit der Intensität des Lehrgangs, andererseits auch von den Bedürfnissen der Lerner ab, d.h. ein Lehrgang für Französisch als spätbeginnende Sprache kann nicht die gleichen Absichten verfolgen wie ein Lehrgang für Französisch als erste Fremdsprache, ein Volkshochschulkurs bedient mit hoher Wahrscheinlichkeit andere Interessen der Teilnehmer als Französischunterricht im Gymnasium.

Für alle Lehrgänge gilt aber gleichermaßen, dass das primäre Ziel die grundsätzliche Befähigung zur Verständigung im Französischen ist. Dazu bedarf es einer fundierten Ausspracheschulung, denn eine mangelhafte Aussprache eines Französischlernenden kann, wie eingangs betont, ein Hindernis für die (interkulturelle) Kommunikationsfähigkeit und für gut funktionierende Kontakte sein.

Eine Rückbesinnung auf eine systematische und konsequente Ausspracheschulung scheint insbesondere vor dem Hintergrund der von den Bildungsstandards vorgegebenen Leitlinie des Sprachunterrichts notwendig. So sehr das dort angestrebte Ziel der Kommunikationsfähigkeit auch dem Ansehen von Fremdsprachenunterricht und damit der Motivation der Lerner zuträglich ist, so bedenklich ist doch, dass damit die sprachliche Genauigkeit der kommunikativen Kompetenz und dem Gelingen des Gedankenaustauschs untergeordnet wird, was dazu führen kann, dass Exaktheit im sprachlichen Bereich in der Unterrichtspraxis vernachlässigt wird und fundierte Fachkenntnisse zu oft durch Kompetenzen ersetzt werden, die im zeitlich beschränkten Unterricht jedoch nicht vertieft aufgebaut werden können.

Mit Leupold 2007 wird deshalb davor gewarnt, dass durch die Betonung von Kompetenzen das klassische Verständnis des Sprachenlernens (durch Grammatik und Wortschatz) einem breiten Anwendungsfächer (Alltag, Realität) weicht. Durch das mit der Kompetenzorientierung eng verbundene Konzept des Tasked based language learning (TBLL) werden vorrangig Aufgaben in den Blick genommen, die hauptsächlich kommunikative Fertigkeiten, selten aber konkret einzelne sprachliche Mittel überprüfen. Die Steigerung der Qualität des Französischunterrichts kann aber nur mit einer Rückbesinnung auf elementare Belange gelingen, die der „Komplexität“ des Unterrichts (Leupold 2007, 19) Rechnung tragen. Dieser sollte bei aller Wertschätzung der Kompetenz- und Aufgabenorientierung das Spannungsverhältnis von Sprachwissen und Sprachkönnen im Auge behalten.

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Die Entwicklung der Aussprachekompetenz von Lernenden im Französischunterricht

Über den Stellenwert der Aussprache in der mündlichen Kommunikation und die Relevanz von bestimmten phonetischen Aspekten

Isabelle Mordellet-Roggenbuck

1. Einleitung

Im besten Fall werden in der Schule die Phonetik/Phonologie als Unterrichtsinhalt und das Lernziel „gute Aussprache“ gelegentlich verfolgt, oftmals aber ganz ausgeblendet. Die gängigen Begründungsmotive für diese zurückhaltende Haltung seitens der Lehrenden lauten: Phonetik als solche ist zu technisch, eine gute Aussprache wird sowieso mitgelernt oder auch nicht, alles hängt von der Begabung der Lernenden ab, eine gute Aussprache ist nicht so wichtig etc. Die defizitäre Ausbildung der Lehrkräfte in diesem Bereich ist als eine der Ursachen dieser Nichtbeachtung anzuführen. Zudem besitzen die Lehrenden mangelnde Kenntnis darüber, dass eine gut ausgebaute phonetisch-phonologische Kompetenz die Basis für eine gute Lese- und Schreibkompetenz ist. Und dennoch wird die Beherrschung der Aussprache und Intonation als wichtige Kompetenz durchgehend in den Fremdsprachenlernprogrammen genannt. Wie kann man die Aussprachekompetenz also definieren? Wie lassen sich für eine gelungene Kommunikation relevante phonetische Hör- und Sprechfertigkeiten eingrenzen? Gibt es einen Kriterienkatalog, nach dem beurteilt werden kann, was eine gute Aussprache ausmacht und wie somit die entsprechenden Lerninhalte für den Französischunterricht abzugrenzen sind?

 

Die Beschreibung der Aussprachekompetenz, wie sie z.B. in der folgenden Tabelle (s. Tab.1) des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GeR) angegeben wird, erweist sich bei einer genaueren Analyse als nicht eindeutig genug, um einen Kriterienkatalog aufstellen zu können. Wie lassen sich z.B. die Formulierungen „mit einiger Mühe“, „klar genug“, „natürliche Aussprache“ für den Französischunterricht als Lernziele umsetzen?

Zudem geht aus dieser Tabelle nicht eindeutig hervor, warum ein Deskriptor einem Beherrschungsniveau zugeordnet wurde. Auf welchen theoretischen Grundlagen basiert die Behauptung, dass im Niveau C1 die Lernenden in der Lage sein sollen, „Bedeutungsnuancen“ durch die Variation der Intonation zu erreichen? Kann ein Ziel des fremdsprachlichen Anfangsunterrichts wirklich darin bestehen, die Lernenden darauf vorzubereiten, ihren bzw. seinem potentiellen muttersprachlichen Gesprächspartner vollkommen ausgeliefert zu sein? Und wieso sollte nur die bzw. der kompetente Lernende über eine klare Aussprache verfügen? Wie ist es für Lernende machbar, bis zum Niveau B1 einen fremden Akzent zu haben, und diesen ab Niveau B2 abzulegen?


Beherrschung der Aussprache und Intonation
C2 Wie C1
C1 Kann die Intonation variieren und so betonen, dass Bedeutungsnuancen zum Ausdruck kommen.
B2 Hat eine klare, natürliche Aussprache und Intonation erworben.
B1 Die Aussprache ist gut verständlich, auch wenn ein fremder Akzent teilweise offensichtlich ist und manchmal etwas falsch ausgesprochen wird.
A2 Die Aussprache ist im Allgemeinen klar genug, um trotz eines merklichen Akzents verstanden zu werden; manchmal wird aber der Gesprächspartner um Wiederholung bitten müssen.
A1 Die Aussprache eines sehr begrenzten Repertoires auswendig gelernter Wörter und Redewendungen kann mit einiger Mühe von Muttersprachlern verstanden werden, die den Umgang mit Sprechern aus der Sprachengruppe des Nicht-Muttersprachlers gewöhnt sind.

Tab. 1: Beherrschung der Aussprache und Intonation (Europarat 2001, 117)

2. Dimensionen der Aussprachekompetenz

In den folgenden Ausführungen geht es zuerst darum, die Aussprachekompetenz als Bestandteil der kommunikativen Kompetenz zu definieren sowie über die Wirkung eines fremdsprachlichen Akzents zu reflektieren. Ferner werden wir am Beispiel des Liaison-Erwerbs veranschaulichen, inwiefern sich der Ausspracheerwerb in der Erst- und in der Fremdsprache unterscheidet und welche Implikationen sich daraus für die Ausspracheschulung ergeben.

2.1 Fremdsprachlicher Akzent und Kommunikation

Im Zusammenhang mit der Thematik der Aussprachevermittlung im Fremdsprachen- bzw. Französischunterricht kann man sich berechtigterweise die Frage stellen, inwiefern ein fremdsprachlicher Akzent für Fremdsprachenlernende problematisch sein kann, solange die kommunikativen Ziele erreicht werden. Der fremdsprachliche Akzent zeigt sich in eminenter Weise in der Prosodie, durch die die emotionale Seite der gesprochenen Sprache auch mit vermittelt wird. Nicht zuletzt wird die bzw. der L2-Lernende durch die Artikulation bestimmter Phoneme als Angehöriger einer anderen Sprachgemeinschaft erkannt. Typisch für den deutschen Akzent im Französischen sind z.B. die stimmlose Aussprache von Konsonanten im Anlaut eines Wortes (<brune> wird wie <prune> ausgesprochen) sowie die Übertragung des deutschen Rhythmus und der Wortakzentuierung auf das Französische. Nicht zu leugnen ist, dass der fremdsprachliche Akzent – gewollt oder ungewollt – einen Teil der Identität der Sprecherin bzw. des Sprechers verrät. Dies kann positive oder negative Konsequenzen für den weiteren Verlauf eines Gesprächs mit Muttersprachlerinnen und -sprachlern haben, wie empirische Studien aus den 80er Jahren bereits gezeigt haben. An dieser Stelle soll lediglich eine amerikanische Studie genannt werden, die gezeigt hat, dass Muttersprachlerinnen und -sprachler die Kommunikation z.T. sogar abbrechen, wenn sie den fremdsprachlichen Akzent wahrnehmen (Champagne-Muzar / Bourdages 1998, 25). Je nach Ausgangssprache kann dennoch die Akzeptanz unterschiedlich ausfallen, was auch mit dem sozialen Prestige einer Sprache zu tun hat oder mit den Vorurteilen einhergeht, die die Mehrheit von Sprecherinnen und Sprechern einer bestimmten Sprache gegenüber einer anderen fremden Sprache haben. Dass die lautlichen und prosodischen Abweichungen ihren Ursprung in der Erstsprache des Sprechers haben, ahnen Laien teilweise. Dennoch wird der fremdsprachliche Akzent öfter mit kulturellen Klischees assoziiert, was in der Werbebranche unter dem Begriff Foreign branding vielfach benutzt wird, um einem Produkt den Flair einer ausländischen Herkunft zu verleihen und dadurch mehr Umsatz zu erzielen. So werden weltweit zahlreiche Lebensmittel oder Kleidungsketten mit französischen Namen versehen, während technische Produkte gern deutsch klingen dürfen (Müller / Gelbrich 2015, 360). Nicht selten erfährt eine französische Studentin in Deutschland eine freundliche Bewertung ihres französischen Akzents, während eine deutsche Erasmus-Studentin in Frankreich auch mit negativen Kommentaren aufgrund ihres deutschen Akzents konfrontiert wird. Dieser Aspekt wird neuerdings wieder von der Forschung aufgegriffen. Als Beispiel kann die quantitative Querschnittstudie von Settinieri angeführt werden, in der es um die soziale Akzeptanz von typischen Fehlern von L1-Sprecherinnen und -Sprechern des Französischen bzw. des Russischen durch deutsche Muttersprachlerinnen und -sprachler geht. Die Studie konnte zeigen, dass „unterschiedliche phonetische Abweichungen von der L2-Norm signifikant unterschiedlich positiv bzw. negativ bewertet werden“ (Settinieri 2011, 76), sowie, dass „die Bewertung der einzelnen Ausspracheabweichungen tatsächlich mit der globalen Bewertung eines Akzents korreliert“. Ein Hauptergebnis der Studie ist, dass ein russischer Akzent im Deutschen als L2 signifikant negativer bewertet wird als ein französischer (Settinieri 2011, 69).1 Mir sind zurzeit keine wissenschaftlichen empirischen Studien bekannt, die sich mit der Bewertung des deutschen Akzents im Französischen als L2 befassen. Insofern fehlt eine wissenschaftliche Fundierung, um behaupten zu können, dass ein deutscher Akzent sich positiv oder negativ auf die Gesprächspartner auswirkt. Dennoch scheint es wichtig, diesen Aspekt der sozialen Akzeptanz zu erwähnen, weil er für die Gestaltung und für die Akzeptanz des Lerngegenstands „Aussprache“ von Relevanz sein könnte. Bei der Aussprachevermittlung sollte dementsprechend auf jeden Fall eine Aufklärung über die Vor- und Nachteile eines fremdsprachlichen Akzents erfolgen, um die Lernenden zum reflexiven Lernen anzuleiten, inwiefern eine adäquate Aussprachekompetenz erstrebenswert ist.

2.2 Aussprachekompetenz als Teil der kommunikativen Kompetenz

Die Entwicklung der Aussprachekompetenz der Lernenden im Fremdsprachenunterricht ist insofern wichtig, als die Aussprache für einen großen Teil der kommunikativen Handlung verantwortlich ist. Gesprochene Sprache besteht zwar nicht nur aus artikulierten Lauten oder Lautfolgen. Im Zusammenhang mit der lexikalischen / morphologischen Selektion und der syntaktischen Kombination ist aber eine adäquate phonetische / phonemische Realisation einschließlich Prosodie für eine gelungene mündliche Kommunikation ausschlaggebend. In Anlehnung an die „Taxonomie der Daten in der mündlichen Kommunikation“ von Henne / Rehbock (31995, 62) lassen sich vokale Grundelemente der mündlichen Kommunikation definieren. Die vokalen Elemente sind hörbar, einerseits individuell-anatomisch vorgegeben (die Stimme) und sprachbegleitend (Stimmgebung, wie z.B. ruhig oder ironisch), andererseits sprachlich vorgegeben (supra-segmental und segmental).

In einer authentischen Kommunikationssituation geht es außerdem immer um ein Miteinandersprechen, was impliziert, dass der kommunikative Prozess zwangsläufig auf Reziprozität und Reflexivität angewiesen ist (Mordellet-Roggenbuck 2002, 29). Aus diesem Grund ist in einer mündlichen Kommunikation das Hören genauso wichtig wie das Sprechen. Die vorher genannten vokalen Elemente werden in einer realen kommunikativen Situation durch Mimik, Gestik und Proxemik zusätzlich unterstützt (Mordellet-Roggenbuck 2002, 31). All dies sind Faktoren, die für eine gelungene Kommunikation im Idealfall kontextangemessen sein sollten. Geißner (1982, 15) unterstreicht, dass „es ‚ich spreche‘ außer in Simulationssituationen oder pathologischen Zuständen gar nicht gibt, sondern immer nur Miteinandersprechen“. Dies gilt ebenso für „ich höre“. Ich kann nur hören bzw. verstehen, was der andere mir sagt. Bezogen auf die mündlichen Sprachproduktionen der Lernenden im Fremdsprachenunterricht ist davon auszugehen, dass sie stets in kommunikative Lehr-Lern-Situationen eingebettet sind. Ein kurzer Blick in die Beschreibungen des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GeR) bestätigt diese Annahme. Als Beispiel kann die Beschreibung für das Niveau A1 im Kompetenzbereich „Verstehen/Hören“ aus der Tabelle 2 „Gemeinsame Referenzniveaus: Raster für die Selbstbeurteilung“ (Europarat 2001, 36) angeführt werden. Eine deutliche und langsame Aussprache des Gesprächspartners wird als Voraussetzung für das Hörverstehen des Zuhörers angegeben.


Niveau A1, Verstehen, Hören: Ich kann vertraute Wörter und ganz einfache Sätze verstehen, die sich auf mich selbst, meine Familie oder auf konkrete Dinge um mich herum beziehen, vorausgesetzt es wird langsam und deutlich gesprochen.

Tab. 2: „Gemeinsame Referenzniveaus: Raster für die Selbstbeurteilung“ (Europarat 2001, 36)

An dieser Stelle halten wir also fest, dass die Aussprache, verstanden als Produktion – Sprechen und Rezeption – Hören –, ein wichtiger Bestandteil der mündlichen Kommunikation unter anwesenden Gesprächspartnern ist. Insofern ist die Aussprachekompetenz ein Element der kommunikativen Kompetenz, die ihren Teil zum Gelingen oder Scheitern der Kommunikation beiträgt. Dementsprechend sollte die Aussprachekompetenz auch kontextgebunden in den Kompetenzteilen Hören, Sprechen und Hörverstehen gelehrt und gelernt werden. Die Lernenden sollten die Möglichkeit bekommen, in kommunikativen Situationen ihre Aussprachekompetenz zu üben. Dies bedeutet, dass die Aufmerksamkeit seitens der Lernenden wie seitens der Lehrkraft regelmäßig und gezielt auf phonetisch-phonologische Phänomene gerichtet werden sollte.