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Z serii: ide-extra #14
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Diese Art von spezieller Literaturlehrforschung, jedenfalls in ihrem Selbstverständnis einer erweiterten literaturbezogenen Kulturdidaktik, ist folglich an einer Berücksichtigung der Bedingungen und Formen des literarischen Umgangs aller Lebensalter in ihrem Zusammenspiel und in ihren generativen Bezügen interessiert. Folglich muss sie sich und entsprechend ihre Curricula dahingehend umtun und kritisch befragen lassen, um neben der Fürsorge um die Adoleszenten auch literarisch kulturelle Aspekte unserer schon jetzt und künftig langen Seneszenz aufzugreifen.

Das bedeutet, um es gleich vorweg zu nehmen, auch wenn es der Start aktueller Feuilletonserien zu Gehirnjogging-Verfahren anders suggerieren mag, nicht allein Verfallserscheinungen aufzuhalten und ihnen mit kompensatorischer Alten(nach)-schulung (Spätförderung wie Frühförderung) zu begegnen, Arbeitsfähigkeit zu verlängern und Fitnesstrainingseinheiten für das Gedächtnis bereitzustellen. Es bedeutet vielmehr auch, dass eine literaturgestützte, lebenslang veränderbare und reflektierte Auseinandersetzung mit den Phänomenen des lesenden und lernenden Alters und Alterns bereits ab den frühesten Unterrichtsklassen einen festen Platz im Curriculum des Deutschunterrichts und Literaturstudiums einnehmen sollte.

Eine Parallele zu dem angedeuteten frühzeitigen Handlungsbedarf ist etwa in der Diskussion um die Modi der Leseförderung vorgezeichnet, die in der Vergangenheit weitgehend an die frühkindliche Lesesozialisation geknüpft blieben, wohingegen generative und gerontologische Aspekte weitgehend ausgeschlossen wurden. Das muss sich ändern!

Es scheint über aller fraglosen Relevanz der aktuellen Kompetenzdiskussionen (was befähigt mich wozu und wie lässt es sich standardisiert auf unterschiedlichen Ebenen erwerbbar, beschreibbar und überprüfbar machen) der letzten Jahre etwas Entscheidendes in Vergessenheit geraten zu sein. Ich meine die ebenso schlichte wie zutreffende Erkenntnis, dass Lehr- und Lernkultur immer auch ein Stück weit durch ein begleitendes Literaturstudium, ja literarisches Leben vermittelte Lebenskultur bedeutet, in der nie auszulernen ist, und die neben allen fachlich fundierten deklarativen Wissensbeständen von Orientierungswissen auch nach didaktischen Kompetenzmustern sowie nach einer über und in Institutionen vermittelten Anleitung und Unterstützung zum optimalen Lektüre- und orientierenden Lebensgenuss verlangen. Gerade die wachsende Nachfrage nach Leseempfehlungen, Lektüreleitfäden und Ratgeberliteraturen offenbart hier einen erheblichen Bedarf an Vergewisserung und Stärkung, auf den Literaturlehrforschung zu reagieren hat. Und auch das Fachdidaktiker-Team Greiner/Abraham betonte seinerzeit den aktuellen Stellenwert »lehrhafter Literatur«, wonach eigene »Wissensbestände und Werthaltungen beim Lesen prinzipiell immer zur Disposition« (Greiner/Abraham 2002, S. 58) zu halten seien. Erste Ansätze zu einer sinnvollen Einbettung dieser Thematik von »InnovatAging« (so das Programmwort einer Hannoveraner Initiative zum Lernen im Alter, gemeinsam von Universität und Volkshochschule initiiert) in kulturgerontologischen wie altersübergreifenden Curricula zeichnen sich im Bereich von Hochschul- und Erwachsenenbildung bereits ab.

Während sich hingegen Literaturwissenschaft und ihre Fachdidaktikwissenschaft mit herausfordernden Themenaspekten wie Tod und Sterben gelegentlich beschäftigt haben (vgl. Liessmann 2004), ist das Thema der Alternsprozesse und der Folgen für Lesen und Lernen weitgehend doch ein unbeschriebenes Blatt geblieben. Sowohl fachdidaktische Überlegungen zu generativen Bezügen im Sinne von Age Studies als auch regionale Aspekte im Sinne von Area Studies sind dazu eher noch eine Seltenheit geblieben.

4. Alter: na(t)iv oder schon im allerfrühsten Schulalter werden unsere Vorstellungen vom Leben und Lernen im Alter hartnäckig vorgebildet

Belange des Alterns sind also fachdidaktisch weitgehend unbekannte und unbeachtete Größen. Auch Lesen und Lernen als Life Science ist bislang zu wenig in fachdidaktisches Denken und Handeln eingedrungen. Dabei ergibt sich die Schwierigkeit divergenter Zielgruppen mit abweichenden Interessenlagen. Ab wann sollen unser Wissen über Alter und unsere fachdidaktische Aufmerksamkeit, gar Intervention, greifen: ab 30plus, 50plus, 65plus oder 80plus etc.? Sollen jeweils Eigenprofile, gar Teilcurricula des Alters erstellt und markiert werden oder soll didaktisch gleichsam nachentlastet werden, indem gerade immer wieder kolportierte, zunehmend obsolet gewordene, reine Abfolgemodelle der Lebensalter konsequent durchbrochen bzw. vernachlässigt werden?

1927 konnte noch der deutsche Schriftsteller Thomas Mann in einer amerikanischen Zeitschrift den Zeitgeist bedienen und sich mit dem Altersfaktor 50 greisenhafter Koketterie hingeben. Heute werden um dieselbe, immer noch durchaus als sensibel empfundene Markierung der Lebenszeit herum allerdings ganz veränderte und weittragende Lebensentwürfe entwickelt und – frühere Vorstellungen und Schemata umstülpend – als notwendig erachtet:

Die Fünfzig überschritten, hat man meiner Erfahrung nach manchmal noch große Lust zu schreiben; mit dem Lesen aber, leider, ist es seit Jahr und Tag schon nicht mehr wie ehedem. Erinnert man sich des literarischen Appetits seiner Jugend, gedenkt man, was alles einem gefallen konnte, woraus man noch Nahrung zu ziehen wußte, so schämt man sich seines mürrischen Greisenalters. Immer heikler macht einen die Zeit, was Lektüre betrifft, je reichlicher diese sich anbietet und aufdrängt; immer seltener wird, was uns halten kann, und das wäre trauriger, als es ist, wenn nicht dem Nachlassen der rezeptiven Lust eine gesteigerte Dankbarkeit entspräche für das, was sie gelegentlich in alter Frische wiederherzustellen scheint. (Mann 1990, S. 678)

Das lange und nicht mehr sukzessiv retrograd empfundene Altern wird, wie wir heute ahnen, schon nach wenigen Lebensjahren offenbar und die Tatsache, dass es dräut, bleibt ab da keinem verborgen, es lässt sich eine Zeitlang ausblenden, aber eben auch gestalten. Selbst eine immer länger gewordene Adoleszenz kann nicht darüber hinweg täuschen, und das ist paradox, dass wir schon kurz darauf und immer früher dem (unwissenden) Alter zugeschlagen werden. Die Ausmusterung beginnt oftmals erstaunlich früh, derzeit erlebt eine ganze Studierendengeneration, erst um Mitte zwanzig, das beruflich am eigenen Leibe, wer nicht Bachelor- und Masterstudiengänge anvisiert oder durchläuft, der gehört bereits in den »alten«, d.h. vormaligen Studiengängen zum alten Eisen und steht unter Veralterungsverdacht!

Müssen wir also Kinder und Jugendliche auf die Vielkorrigierbarkeit und zwar nicht als einsinniges Ablaufprocedere des Alterns besser – und ganz anders als dies seit Jahrhunderten geschah – vorbereiten? Wie wir über Alter/n denken und es empfinden, das wird in den frühen Lebensjahren geprägt, in der Adoleszenz verfestigt und danach als Falle im Sinne eines Archeologems erfahren. Ist also manche Spätförderung ebenso wichtig, wie umgekehrt auch Frühförderung und Frühinformation nötig sind?

5. Literatur als wandlungs- und leistungsfähige Universalie des Lebens erfahren

Didaktikforschung muss im Blick auf eine good cultural practice dann von der starren Tendenz, Anteile der Subjektbezüglichkeit zu Gunsten des Objektivierbaren zurückzudrängen, Abschied nehmen. Nicht allein perpetuierte formale Bildung gilt es zu erlangen, sondern es geht stärker um Vorstellungen von »Humanontogenese« (vgl. Lenzen 1997), wie Dieter Lenzen das begrifflich fokussiert und ausgeführt hat. Gewiss geht es der Fachdidaktik wohl um eine doppelte Adressierung und natürlich auch um das alte Gebildet- und Erzogensein als Dimensionierungen (Osterloh 2008, S. 8), die genuin mit der Literaturdidaktik als einer Kulturdidaktik und ihren Vermittlungsstrategien ins Spiel gelangen.

Subjektive Momente wurden und werden traditionell gern in eine intime literarische (meist frühe) Sozialisation dispensiert, regulierend ins Leseprivatleben verlegt, sie sind seither noch zu wenig als variable Vollzugsgrößen im Umgang mit Literatur etabliert, geschweige denn reflektiert. Daraus ergibt sich meines Erachtens die Notwendigkeit, hier Distanz zu verringern und Kooperation weiterzudenken:

Sollte man nicht bei der lehrenden Vermittlung von Literatur deren eigener Erscheinungsweise insofern besondere Aufmerksamkeit widmen als es gerade ihre suggestive Mischung von Vermitteltheit und Unmittelbarkeit ist, die die Verbindung von Distanz und Anteilnahme zur Vorbedingung eines jeden Zugangs zu ihrem vollen Wirkungspotenzial macht? (Greiner/Abraham 2002, S. 56f.)

Ein so verstandener Umgang mit Literatur als ausgewiesener Gegenstand der Unterrichts- und Hochschullehrforschung müsste zunächst in den eigenen, internen und internalisierten Vermittlungsdimensionen begriffen werden, wonach sich selbst »Strategien für eine literaturexterne Vermittlung ableiten ließen« (Greiner/Abraham 2002, S. 57). Es lässt sich daraus eine durchaus optimistische Kernthese ableiten, die in ihrer Konsequenz frappant erscheint, dass nämlich in der Lehre von Literatur am besten gelehrt und gelernt werden kann, »wenn sie die Literatur selbst als eine besonders gelungene Form der Wissensvermittlung auffasst und sich an ihren Zielen, Inhalten und Verfahren orientiert« (Greiner/Abraham 2002, S. 57).

Die besondere Struktur literarischen Wissens, die zwischen dem Mythos und den Wissenschaften vermittelt, ja die die subversive Aufgabe übernimmt, sich hier in den Zwischenräumen von Wissenschaft und Lebensgestaltung produktiv aufzuhalten, beweist einmal mehr ihr enzyklopädisches Vermögen. So hat Roland Barthes die Unverzichtbarkeit des Literaturunterrichts in Schulen deutlich gemacht mit dem Hinweis, schließlich seien »im literarischen Monument […] alle Wissenschaften präsent« (Barthes 1980, S. 27). Literatur in ihrer eigentümlichen Schwebelage hat demzufolge die Möglichkeit, ›Wissenschaftliches‹ poetisch und indirekt zu präsentieren. Didaktisch interessieren dabei die Aspekte der Aneignung, Veränderung, Überformung; was tun Lektüren mit uns in allen Lebensphasen und sind wir nach Vollzug noch die Gleichen?

 

So neu ist der Immanenzgedanke einer bestmöglichen Selbstreferenzialität nicht: Die Agentin Literatur erscheint als probate Wissensvermittlerin in eigener Sache, die für sich selbst einstehen und über sich hinaus länger wirkende Prozesse zu initiieren vermag. Um das Feuerfangen gegenüber dem lebenslangen Literaturwissen geht es der Literaturdidaktik bzw. Literaturlehrforschung wohl zentral – für jedes Alter. Und um die Erkenntnis, dass man diese Flammen auch aus kleinstem Feuer schüren kann, so sehr und immer wieder, dass man mit dem dann statthabenden Lesen gar nicht mehr fertig werden will, und dass es, wenn es köstlich ist, eine lebenslängliche Arbeits- und Genusskompetenz verleiht, die siebzig, achtzig Jahre (und heute sogar noch länger) währen mag und sich als öffentliche, private und schulische Tätigkeit von Life Science anbietet – vom ersten bis zum letzten Buch.

Literatur

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Anmerkung

1 Wiener Universitätsvorlesung »√vorlesung2«, WS 2006/07: http://ringvorlesung.univie.ac.at/index.php?id=2 [6.4.2008].

Nicola Mitterer, Werner Wintersteiner
»Einen Stein in den Teich werfen …«
Annäherungen an die Praxis der Transkulturellen Literaturdidaktik
1. Vorbemerkung zur Methode

Dieser Artikel setzt sich nicht einfach zur Aufgabe, das Konzept der Transkulturellen Literaturdidaktik zu skizzieren, sondern hat den Anspruch, anhand einiger erster Untersuchungen auch Auskünfte über die Chancen und Schwierigkeiten seiner Umsetzung in die schulische Unterrichtspraxis zu geben. Die Arbeitsweise, die den in diesem Artikel dargestellten Forschungsergebnissen beziehungsweise deren Auswertung zu Grunde liegt, bedingt eine enge Verschränkung von Theorie und Praxis. Einerseits basieren die Analysen der SchülerInnentexte und des Unterrichtsgeschehens an sich auf einer intensiven theoretischen Auseinandersetzung mit den Themen »Fremdheit« und »Transkulturelle Literaturdidaktik«. Diese theoretische Auseinandersetzung hatte stets vorläufigen Charakter und es wurden auf dieser Ebene keine konkreten (Unterrichts)Ziele festgelegt – dazu ist das Konzept des »Transkulturellen« zu sehr der Idee des Übergangs und der permanenten Wandlung von Identitäten und (vermeintlich) absoluten Wahrheiten verpflichtet. Den theoretischen Rahmen unserer Arbeit bildete folglich eine Art Koordinatensystem, innerhalb dessen die idealen Bedingungen für die Vermittlung transkultureller literarischer Bildung festgelegt wurden.

Die zweite Ebene, die diese theoretische Auseinandersetzung immer begleitet und beeinflusst hat, bildete die Praxis des Unterrichtens. So vielfältig und weit dieser Rahmen des Praktischen auch scheinen mag, so sehr wirkt er doch in mancher Hinsicht einschränkend auf die theoretischen Überlegungen, die dadurch weit mehr als nur die Grenzen ihres eigenen Systems berücksichtigen müssen. Zugleich können die theoretischen Ansätze nur Gestalt gewinnen, wenn sie nicht bloß auf eine Praxis hin konzipiert werden, sondern wenn sie sich dieser Praxis auch aussetzen, die ja durch die Theorie nicht bloß verändert wird, sondern selbst die Theorie verändert – ganz im Sinne von Paulo Freires Praxis-Begriff, der als Synthese von theoretischen und praktischen Anstrengungen gedacht ist.

Die Forschungsergebnisse, die in diesem Artikel verwendet werden, sind in der Anfangsphase eines größeren literaturdidaktischen Forschungsprojekts entstanden, das eine enge Verbindung zwischen Theorie, bildungspolitischen Rahmenbedingungen (Lehrpläne, Schulbücher, didaktisches ›Brauchtum‹, Unterrichtskultur) und Unterrichtspraxis herstellen soll. In einer ersten Phase haben wir als einen vorbereitenden Schritt bei der systematischen Erforschung des Feldes im Studienjahr 2007/2008 Kooperationen mit Hauptschulen in Klagenfurt, Südkärnten und Wien hergestellt. Einblick in die realistischen Möglichkeiten des Funktionierens einer »Transkulturellen Literaturdidaktik« gaben nicht nur zahlreiche Unterrichtsbesuche und das Studium von Unterrichtsmaterialien, sondern auch Interviews mit LehrerInnen und SchülerInnen, persönliche Gespräche, sowie einige Workshops mit LehrerInnen im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen. Diese ersten Schritte reichen sicher nicht, um die praktischen Möglichkeiten Transkultureller Literaturdidaktik umfassend darzustellen, skizzieren aber doch einige Ansätze, die weiter verfolgt werden können.1