Perspektive Unternehmensberatung 2020

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Strategien aus dem Unternehmen für das Unternehmen

Analog zu externen Beratungen erarbeiten und bewerten Inhouse-Beratungen projektbasiert Handlungsempfehlungen und Strategien für entscheidende Fragestellungen im Unternehmen. Das Entwickeln von Wachstumsstrategien für verschiedene Unternehmensbereiche und Märkte, die Bewertung großer Investitionsentscheidungen, die Vorbereitung und Begleitung von Portfoliomaßnahmen und Integration neuer Geschäftsteile sowie die Reorganisation oder Restrukturierung von Unternehmensteilen sind nur einige Beispiele für typische Beratungsprojekte. Eine wesentliche Stärke interner Beratungen liegt dabei in dem tiefgreifenden Verständnis des eigenen Unternehmens, das die Entwicklung maßgeschneiderter Lösungen ermöglicht. Dabei steht immer auch die praktische Implementierbarkeit der entwickelten Lösungen im Vordergrund. Als feste Mitarbeiter im Unternehmen erleben interne Berater die Umsetzung der entwickelten Maßnahmen und deren langfristige Erfolge auch nach Ende eines Projekts mit. Gerade diese Praxisnähe und das Wissen um die unternehmensspezifischen Besonderheiten verleihen ihnen hohe Glaubwürdigkeit und Akzeptanz im Topmanagement. Da Inhouse-Beratungen selbst Teil des Konzerns sind, kann in der Zusammenarbeit mit den Unternehmenslenkern, die Kunde und Kollege in einem sind, zudem auf einer gemeinsamen Kultur und denselben Werten aufgebaut werden.

Sprungbrett ins Management

Aufgabe der internen Beratungen ist es aber nicht nur, durch erstklassige Beratungsleistungen Wert für das Unternehmen zu generieren. Als nicht weniger relevantes Ziel steht auch die Entwicklung von Führungsnachwuchs für den Konzern im Fokus. Neben methodischem Beratungs-Know-how eignen sich Inhouse Consultants im Laufe ihrer Tätigkeit auch umfangreiches Wissen über die verschiedenen Bereiche des Unternehmens an. Die Erfahrungen, die sie während ihrer Projekte sammeln sowie das interne Netzwerk und die Kontakte zum Topmanagement, die sie im Zuge ihrer Arbeit knüpfen, bieten eine optimale Vorbereitung auf eine verantwortungsvolle Position im Konzern. Um diese wertvollen Ressourcen zu bewahren und auszubauen, fördern Unternehmen wie Bayer und Co. ihre Berater mit systematischen Entwicklungsplänen, Trainings und Coachings. Durch Mentoring und gezielte Einsätze in entsprechenden Funktionen können interne Berater zielgerichtet bei der Vorbereitung auf die Rotation in einen angestrebten Bereich des Konzerns unterstützt werden.

Beratungserfahrung trifft Industrieexpertise

Wesentlicher Erfolgsfaktor für interne Beratungen ist es, methodisches Know-how und Beratungserfahrung mit spezifischem Wissen der jeweiligen Industrie zusammenzubringen. Das spiegelt sich auch in den Profilen der Berater wider. Bei der Auswahl von Hochschulabsolventen etwa können neben den für die Beratung typischen Fähigkeiten in den Bereichen Analytik, Problemlösung und Kommunikation auch relevante Branchenkenntnisse und Industrieerfahrung eine wichtige Rolle spielen. Insbesondere für Absolventen, die sich ihrer bevorzugten Branche bereits bewusst sind, bieten Inhouse-Beratungen große Entwicklungschancen. In kürzester Zeit können die jungen Berater in den oft internationalen Projekten ein fundiertes Branchenverständnis und Expertenwissen aufbauen, Projekt- und Beratungserfahrung sammeln und verschiedene Facetten des Unternehmens kennenlernen. Von dem Wissen und dem Netzwerk, das sie während dieser Zeit aufbauen, profitieren sie nicht nur während ihrer Karriere als Consultants. Auch später, in einer Managementfunktion im Unternehmen, ist beides von unschätzbarem Wert. Gerade auf höheren Positionen finden sich zudem meist auch Kollegen, die bereits über langjährige Erfahrung in der externen Beratung oder der jeweiligen Industrie verfügen. Sie bringen ihr methodisches und branchenspezifisches Wissen in die Projektarbeit ein und profitieren ihrerseits davon, tiefe Einblicke in die verschiedenen Bereiche des Unternehmens zu gewinnen, wertvolle Kontakte zu knüpfen, und sich so beste Voraussetzungen für den Übergang in eine Führungsposition im Konzern zu schaffen.

2. Beruf(ung) Unternehmensberater
Einstiegsoptionen

von Nadja Peters

Unternehmensberater ist ein Beruf sowohl für Absolventen, die sich gerne als Generalisten bezeichnen, als auch für ausgewiesene Spezialisten in unterschiedlichen Feldern. Das Studienfach spielt eine ebenso untergeordnete Rolle wie der Abschluss. Einstiegsmöglichkeiten gibt es zu jedem Zeitpunkt – egal, ob die Bewerber noch studieren, ob sie bereits graduiert oder promoviert sind oder schon Berufserfahrung mitbringen. Je nach Abschluss bieten die meisten Beratungen verschiedene Einstiegsmöglichkeiten an, die sich an den jeweiligen Voraussetzungen der Interessenten orientieren.

Während des Studiums: als Praktikant

Eine hervorragende Gelegenheit, das Berufsfeld der Unternehmensberatung kennenzulernen und den Berateralltag einmal live zu erleben, ist das Praktikum. Meist arbeiten Praktikanten als vollwertiges Teammitglied Seite an Seite mit erfahrenen Beratern beim Klienten vor Ort. Oft übernehmen sie sogar einen eigenen Aufgabenbereich. In der Regel dauern Praktika acht bis zwölf Wochen und bieten Karrierecoaching durch einen persönlichen Betreuer, aber auch die Möglichkeit zur Teilnahme an Veranstaltungen und den Zugang zu diversen Recherche- und Informationsquellen.

Nach dem Bachelor-Studium

Speziell für Bachelor-Absolventen haben viele Unternehmensberatungen besondere Programme ins Leben gerufen. Näheres zu diesem Thema finden Sie auch im Artikel „Mit Bachelor in die Unternehmensberatung“.

Nach dem Diplom-, Magister- oder Master-Studium

Der Einstieg nach einem Diplom-, Magister- oder Master-Studium ist der klassische Start in die Consulting-Laufbahn. Die Berater sind in Projektteams beim Klienten im Einsatz. Ihre Aufgaben können das gesamte Spektrum industrieller und institutioneller Bereiche sowie funktionaler Themen abdecken. In Teams arbeiten die Berater an der Lösung komplexer Probleme: Sie erstellen Analysen, entwickeln in enger Zusammenarbeit mit den Führungskräften des Klienten Empfehlungen und unterstützen deren Umsetzung. Dabei werden junge Berater fortlaufend von erfahrenen Kollegen gecoacht. Parallel zur Projektarbeit absolvieren Berater verschiedene Trainings und individuelle Coachings, die sie auf neue Aufgaben vorbereiten.

Weiterbildung und -entwicklung sind in der Beratung zentrale Elemente. So besteht zum Beispiel bei großen Beratungen oft die Möglichkeit, nach einer gewissen Arbeitsphase freigestellt zu werden, um einen weiteren akademischen Abschluss zu erlangen. In dieser Zeit können die Berater ihre Doktorarbeit schreiben oder einen MBA machen – dabei erhalten sie zudem häufig Unterstützung bei der Finanzierung des Studiums. Bei McKinsey gibt es auch die Alternative, sich während seines Leave für eine soziale Einrichtung zu engagieren. In beiden Fällen beziehen Berater ein Jahr ihr volles Gehalt weiter. Nach der Auszeit steigen die Berater mit zusätzlicher Qualifikation und Expertise wieder in ihrem Beratungsunternehmen ein und übernehmen mehr Verantwortung in ihren Teams.

Nach der Promotion

Einsteiger mit einem zweiten akademischen Abschluss (meist Promotion oder MBA) starten als Berater, die direkt im Team das Topmanagement von Unternehmen oder öffentlichen Institutionen beraten. Bereits nach kurzer Zeit können sie meist schon selbst Führungsaufgaben übernehmen, was sich einige Zeit später in der Beförderung zum Projektleiter widerspiegeln kann.

Mit Berufserfahrung

Beratungen schätzen Bewerber, die durch relevante Berufserfahrung bereits gezielte Fachkenntnisse und Praxisexpertise mitbringen. Diese erlaubt ihnen oft den direkten Einstieg in die Beratertätigkeit spezieller Industriesektoren oder funktionaler Practices wie Marketing oder Operations. Viele Unternehmensberatungen bieten Quereinsteigern mit Berufserfahrung individuelle Vereinbarungen mit attraktiven Konditionen und Karrierechancen. Selbstverständlich erhalten auch sie maßgeschneiderte Trainingsprogramme und kontinuierliche Coachings.

What’s in it for me? – Einstieg in die Unternehmensberatung als langfristiger Karriereschub

von Rolf Pfeiffer

Unternehmensberatungen erfreuen sich großer Beliebtheit als Arbeitgeber erstklassig ausgebildeter Absolventen. Dafür gibt es sehr offensichtliche Gründe wie anspruchsvolle Aufgaben, hoch qualifizierte Kollegen, spannende Projekte sowie eine steile Lernkurve. Die Betrachtung der Frage, welchem Beratungsunternehmen man den Vorzug geben soll, enthüllt aus einer Langzeit-Karriereperspektive noch ganz andere Gründe, die für die Entscheidung eines Absolventen relevant werden können.

Die Ausgangssituation

Wir gehen von e-fellows.net-Stipendiaten oder generell besonders leistungsstarken Studierenden aus, die gut ausgebildet, ambitioniert, praxiserfahren, leistungsbereit und anspruchsvoll sind. Sie haben viele Informationen gesammelt, die ihnen die Entscheidung über den Berufseinstieg ermöglichen bzw. erleichtern sollen. Sie haben mehr Möglichkeiten als andere Studenten, an die „weichen“ Informationen zu gelangen, die von den Unternehmen nicht offiziell kommuniziert, sondern von den Mitarbeitern im persönlichen Gespräch weitergegeben werden. Sie haben sich bei mehreren Beratungen beworben und mehr als ein Vertragsangebot unterschriftsreif auf dem Tisch liegen. Wie können sie die Angebote bewerten und zu einer Entscheidung kommen?

 

Die Herausforderung

Die meisten Absolventen können für einen Zeitraum von ca. zwei bis fünf Jahren relativ genau sagen, was sie machen möchten. Fast jeder kann sagen, was er nicht machen möchte (aber das will in einem Einstellungsinterview keiner hören). Nur sind die erste und die zweite berufliche Entscheidung in der Regel von sehr viel größerer Tragweite, als das den meisten im Moment der Entscheidung bewusst ist. Denn es kommen Aspekte zum Tragen, von denen im Bewerbungsprozess kaum bis gar nicht gesprochen wird und die unterschiedliche Beratungsunternehmen auch höchst unterschiedlich bedienen.

Zur Strukturierung der Ausführungen dient eine erfahrungsbasierte Klassifizierung von Beratungsunternehmen. Wer sich damit vertieft befassen will, sei auf die einschlägige Lünendonk-Liste verwiesen, in der seit vielen Jahren Beratungsunternehmen nach Umsätzen und Mitarbeiterzahlen aufgelistet werden. Sie finden sie im Einführungsartikel. Die nachfolgende Klassifizierung orientiert sich an der Ausrichtung/Größe der Beratung sowie an den typischen Projekten.

Ausrichtung/Größe der Beratung

Man kann Beratungen anhand von zwei wesentlichen Merkmalen unterscheiden: die eher strategische oder (erheblich) IT-lastig-implementierende Ausrichtung der Beratungsleistung einerseits und die auf eine/wenige oder viele Branchen bzw. Funktionen ausgerichtete Beratung andererseits. Diese beiden Merkmale führen in ihrer Kombination zu folgenden Profilen:


1 die auf mehrere Branchen und Funktionen ausgerichtete Strategieberatung (z. B. McKinsey, Boston Consulting Group, Bain & Company)

2 die auf mehrere Branchen und Funktionen ausgerichtete implementierende/realisierende Beratung (z. B. Accenture, IBM, Capgemini)

3 die auf eine/wenige Branchen oder Funktionen ausgerichtete, eher strategische Projekte bearbeitende Beratung (z. B. Simon-Kucher, Horváth)

4 die auf eine/wenige Branchen oder Funktionen ausgerichtete implementierende/realisierende Beratung (z. B. Towers Watson, zeb.rolfes.schierenbeck.associates, Nagler & Company)

Hierin kann man die Grundstruktur einer bei Beratern so beliebten Vier-Felder-Matrix erkennen. Daraus lassen sich in gewisser Hinsicht die typischen Projekte ableiten, die man unterscheiden kann nach der Größe der Projektteams, der Dauer, der Intensität der Interaktion mit den Klienten bzw. deren Einbindung in die Projektstrukturen. Damit hängen auch die durchschnittlichen Tagessätze zusammen, die wiederum Aufschluss über die Verdienstmöglichkeiten geben können.

Einige Faustregeln dazu: je strategischer die Ausrichtung eines Projekts, desto kleiner das Projektteam und desto kürzer die Projektlaufzeit (Faustregel: klassisches Strategieprojekt = drei bis fünf Berater; drei Monate Projektdauer; meistens reine Beraterteams mit sehr vereinzelt integrierten Klientenmitarbeitern; typisches Endergebnis: Konzept und Präsentation), je operativer und umsetzender die Ausrichtung des Projekts, desto größer die Teams (Faustregel: klassisches Implementierungsprojekt = fünf bis fünfzig Berater, teilweise sogar noch mehr; Laufzeit: sechs bis zwölf Monate, teilweise auch länger; häufig gemischte Projektteams mit einem Verhältnis von Beratern zu Klientenmitarbeitern von 1 zu >1; teilweise temporäre Übernahme operativer Managementfunktionen beim Klienten durch Berater; typisches Endergebnis: ein funktionierender Prozess bzw. ein funktionierendes System).

Die Frage(n)

Welche Kriterien sind es nun, anhand derer man die Bedeutung der Tätigkeit in einer Beratung für die langfristige Karriereplanung bewerten kann? Wie kann ich das Vorhandensein dieser Kriterien erkennen bzw. erahnen? Woher bekomme ich Informationen über ihre Ausprägung? Welche Bewertungsmaßstäbe sollte ich ansetzen, um mir meine Meinung zu bilden? Wie fälle ich auf Basis dieser Kriterien eine fundierte Entscheidung?

Die Antwort kann – mit Ausnahme der Einstiegsmöglichkeiten – zusammengefasst als persönliches Erfahrungsprofil, als Resultat der Tätigkeit in der Unternehmensberatung bezeichnet werden. Sie unterteilt sich in mehrere Elemente, die im Folgenden näher beschrieben werden. Um folgende Faktoren geht es hauptsächlich:

 Einstiegsmöglichkeiten

 fachliche/funktionale Erfahrungen

 methodische Erfahrungen

 Interaktionserfahrungen

 Ausstiegsmöglichkeiten und Netzwerk/Commercial Signalling

Es mag sein, dass der eine oder die andere noch weitere entscheidungsrelevante Kriterien für sich identifiziert – das ist der Nachweis, dass man sich intensiv mit der Fragestellung auseinandergesetzt hat. Die Reihenfolge der Beschreibung der Kriterien orientiert sich an dem normalen Tätigkeitszyklus eines Beraters. Mehr als 90 Prozent aller Absolventen, die in der Beratung starten, werden nicht Partner. Deshalb ist das Betrachten der Ausstiegsmöglichkeiten und -zeitpunkte eminent wichtig, auch wenn beim Berufseinstieg nur ungern daran gedacht wird.

Einstiegsmöglichkeiten

Die meisten Beratungen haben ein pyramidales Modell von Projekt- und Unternehmensstrukturen und damit zumindest theoretisch vielfältige Einstiegsmöglichkeiten. Einzelne Vertreter der zuvor aufgeführten Gruppen c und d tun sich mit Absolventen schwerer. Es gibt allerdings noch eine zweite, weit weniger transparente Einschränkung: Einige Vertreter der Gruppe a tun sich sehr schwer damit, Mitarbeiter einige Jahre nach Abschluss eines Studiums als Experienced Hire einzustellen. Der Grund dafür liegt darin, dass sie als einen wesentlichen Bestandteil ihrer USP auf eine Kultur setzen, in die hineinzufinden sehr schwer sein kann. Vor allem, wenn man die erste berufliche Sozialisation außerhalb der Beratung, des M&A-orientierten Investment Bankings oder der Private-Equity-Welt erfahren hat. Wer also in einer Beratung der Gruppe a einen Teil seiner Karriere sieht, sollte den Einstieg möglichst bald nach Abschluss des Studiums suchen. Wer als Experienced Hire in die Beratung einsteigen will, der sollte sich darauf gefasst machen, dass nur ein Teil der bisherigen Erfahrung – etwa bei der Gehaltsfindung – berücksichtigt wird. Das hängt mit den unterschiedlichen beruflichen Erfahrungen und der Steilheit der Lernkurve in der Beratung zusammen.

Fachliche/funktionale Erfahrungen

Die fachliche bzw. funktionale Erfahrung ist eines der wesentlichen Argumente für die Arbeit in Beratungen, denn hier ist in der Regel die Lernkurve viel steiler als in den meisten Nicht-Beratungspositionen. Wer seinen bevorzugten Tätigkeitsbereich (z. B. Finanzen, Marketing etc.) gefunden hat und sich dort rasant weiterentwickeln will, dem kann wahrscheinlich nichts Besseres passieren, als einige Jahre in einer einschlägig anerkannten Beratung zu arbeiten. Wer sich dann umentscheiden will, steht vor dem gleichen Dilemma wie der Mitarbeiter in einem Konzern, der bislang eine Schornsteinkarriere gemacht hat und nun feststellt, dass das Gras in einer anderen Funktion/Position grüner ist, er für diese aber nicht die passende Erfahrung hat.

Zwischenfazit

In den ersten vier, fünf Jahren nach Studienende ist die fachliche/funktionale Lernkurve in einer guten Beratung fast unschlagbar, aber bei den später erstrebenswert erscheinenden Positionen kommt es nur zum Teil auf die Tiefe und Breite dieser Erfahrung an. Der Vorteil der Beratungsunternehmen aus den Kategorien a und b liegt hier in der Breite der möglichen Erfahrungen. Die fachliche Einschränkung ist umgekehrt der Nachteil der Unternehmen in den Kategorien c und d. Wenn auch die Expertise, gerade in diesen beiden letztgenannten Gruppen, sehr ausgeprägt sein kann, so ist sie doch auch sehr speziell und damit weniger breit verwertbar als in den Gruppen a und b (siehe auch Ausstiegsmöglichkeiten).

Methodische Erfahrungen

Bei der methodischen Erfahrung schlägt in der Regel die große Stunde der Beratungen. Wer über mehrere Jahre hinweg erfolgreich in einer guten Beratung gearbeitet hat, verfügt über einen persönlichen Methoden-Werkzeugkasten, der für die allermeisten anspruchsvollen Management- und Führungsaufgaben wappnet. Man lernt strukturiertes Arbeiten in unvergleichlicher Weise, und es kann passieren, dass man vor allem von nicht beratungserfahrenen Kollegen den ehrfürchtigen, nicht immer freundlich gemeinten Kommentar hört: „Der arbeitet ja immer so strukturiert.“ Einziger Nachteil: Es gibt schon ein paar Tausend Alumni der etablierten Beratungsunternehmen, man ist also nicht allein. Sinnvoll ist diese Erfahrung aber allemal. Tendenziell gilt hier: Die Methoden der Beratungsunternehmen aus der Kategorie a sind universeller einsetzbar, dafür aber weniger spezifisch auf die Lösung von Fragestellungen ausgerichtet, die eher eine „Tiefenbohrung“ verlangen. Hier sind die Erfahrungen aus Beratungen der Gruppe c unter Umständen hilfreicher. Die Beratungsunternehmen der Gruppen b und d arbeiten selbstverständlich auch methodengestützt. Hier wird man ebenfalls sehr wertvolle Erfahrungen mitnehmen, die einem gute Dienste leisten können.

Interaktionserfahrungen

Die Interaktionserfahrungen sind ein sehr spannendes Gebiet, auf dem man viel lernen kann, das aber auch die Achillesferse vieler Beratungen ist. Interaktion meint in diesem Zusammenhang die Kommunikation mit anderen Menschen, individuell oder in Gruppen, um diese zu informieren, zu überzeugen, zu motivieren, zu führen. Strukturierte Kommunikation lernt man in den meisten Beratungen. Je etablierter die Beratung ist, desto eher gibt es ein formalisiertes Entwicklungsprogramm. Bei jungen Beratungen schaut man sich die Vorgehensweise eher bei den Kollegen ab. Mit dem Überzeugen, dem Motivieren und dem Führen hingegen ist das so eine Sache. Was das Überzeugen angeht, so fühlen sich Berater in aller Regel wohl, wenn sie auf Basis von Analysen und fachlich soliden Fakten argumentieren können. Die dafür nötigen Techniken lernen sie. Problematisch wird es, wenn nicht fachliche oder schwierig zu analysierende Fakten oder gar Emotionen hinzukommen. Das bringt viele Berater in Schwierigkeiten, weil es sich ihren Analysemethoden entzieht. Umgangssprachlich „menschelt“ es, fachlich gesprochen gibt es „systemische Gründe“, die plötzlich eine große Rolle spielen.

Beim Motivieren und Führen setzt sich das fort. Beratungsunternehmen unterscheiden sich u. a. in einem Punkt sehr deutlich von den meisten anderen Unternehmen: in der Homogenität der Motivstrukturen ihrer Mitarbeiter. Platt formuliert wollen fast alle schnell Karriere machen, sind hoch qualifiziert, zeigen überdurchschnittlichen Einsatz und reagieren auf ähnliche Belohnungs- und Anreizsysteme. In den meisten anderen Unternehmen ist das grundlegend anders: Je größer und älter die Unternehmen, desto ausgeprägter sind in der Regel die Unterschiede. Je früher und je intensiver man mit diesen Umständen zu tun hatte, desto leichter fällt später der Wechsel in eine Linienführungsposition bei einem anderen Unternehmen. Das Problem wird noch verschärft durch die Tatsache, dass in immer mehr großen Unternehmen die Strukturen zunehmend unklarer werden. Das wiederum bedeutet, dass klassische „Command and Control“-Ansagen ausgedient haben und es immer häufiger gilt, Kollegen von Ideen oder Vorgehensweisen zu überzeugen, auch und gerade ohne hierarchisch begründete Machtposition. In diesem Umfeld sind die Mitarbeiter der Beratungsunternehmen der Kategorien b und d klar im Vorteil, denn sie haben die Situation des Führens, Überzeugens und Beeinflussens ohne formale hierarchische Machtposition schon häufig im Projektkontext erlebt.