Milieusensible Pastoral

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c) Konsequenzen für Kirche als Institution

(1) Etablierung des Milieuthemas in kirchlichen Foren

Wir brauchen Orte, in denen die Frage der Milieubefangenheit der Kirche und der Notwendigkeit der Milieuüberschreitung und der Überwindung der Milieugrenzen des kirchlichen Lebens verfolgt und in ihrer ganzen Breite besprochen werden kann. Wir müssen darauf hinwirken, dass milieusensible missionarische Pastoral zu einer der Themenfragen von Kirche wird und auf ihren Marktplätzen so präsent ist, dass man sie nicht übersehen und nicht an ihr vorbei kann, auf Konventen und in Synoden, in Akademien und Fort- und Weiterbildungsprogrammen. Dazu gehört auch, dass die Frage der Milieusensibilisierung nicht zu früh abgehakt, im Sinne von wegdelegiert und als Spezialaufgabe einiger weniger damit Beauftragter zu früh „erledigt“ wird.

Die Debatte um die Milieuperspektive wird vielerorts noch dominiert durch apologetische Diskussionen und alte Ängste: Wird die Theologie nicht überfremdet durch die sozialwissenschaftliche Perspektive? Lässt sich Kirche durch die Milieuperspektive nicht fremdbestimmen und vorschreiben, was sie ist? Unterwirft sich Kirche und Glaube nicht marktwirtschaftlichem Denken? Verliert oder mindestens deformiert sie das Evangelium nicht, wenn sie danach fragt, wie die Menschen ticken und wie das Evangelium in den verschiedenen Lebenswelten Gestalt gewinnen kann?

Wir brauchen Orte und Gelegenheiten, diese Fragen zu klären, in der notwendigen Gründlichkeit, mit der notwendigen Zeit und mit ausreichender Geduld. Wir müssen dafür sorgen, dass es auf die Agenda der Leitungsgremien auf den verschiedenen Ebenen kommt.

(2) Gelegenheit zu kritischer Aneignung der Milieuperspektive

Schätzungsweise fühlen sich immer noch 70% der Pfarrerinnen und Pfarrer in den evangelischen Landeskirchen einer postmateriellen Prägung verbunden.31 Bei den über 50-Jährigen sind es sicher mehr, bei den nachwachsenden Generationen erleben wir einen Prozess einer Ausdifferenzierung. Dominant bleiben aber sicher bis auf weiteres Kritik und Kritikfähigkeit, analytische Reflexion und rationale Distanz. Sie bilden die Schlüsselkompetenzen mindestens für evangelische Theologen und Theologinnen. Milieusensible Beschäftigung und Durchsetzung von Milieusensibilität bedeuten darum für weite Teile mindestens protestantischen Kirchentums: Aneignung dieser Perspektive wird weithin nur – milieuspezifisch – möglich sein auf dem Wege einer kritischen Auseinandersetzung und einer analytisch verfahrenden Reflexion des hier angebotenen Werkzeugs. Zugespitzt formuliert: Kritik ist für den hauptamtlichen Berufsstand eine Form der Aneignung, kritische Distanz eine Form der Annäherung an diese Perspektive. D. h. aber

– es braucht die Foren, in denen Raum für solche kritische Aneignung gegeben ist,

– es wird bei dieser Klientel im Regelfall nicht zu enthusiastischer Zustimmung kommen; im Gegenteil! Je mehr wir in der Kirche etwa auch auf begeisterte Rezeption der Lebenswelt-tools treffen, umso skeptischer wird ein ideologiekritischer Blick die angebotene Perspektive anschauen. Die Rückfragen, die sich hieraus ergeben, muss sich ein Plädoyer für Milieusensibilisierung und die Aufnahme sozialempirischer Methoden gefallen lassen. Wichtig ist, dass es überhaupt zu Diskussion und Klärung kommt.

– Von der Milieulogik her müssen wir damit rechnen, dass es immer Pfarrerinnen und Pfarrer geben wird, die in Distanz bleiben. Das gehört zum Prozess dazu und ist nicht zu beklagen. Chancen ergeben sich vielmehr durch die in der Milieulogik ja angelegte Perspektive der Korrektur und rationalen Auseinandersetzung, auch mit der eigenen Haltung.

(3) Die Notwendigkeit einer Doppelstrategie: Aufklärung über lebensweltliche Fragmentierung und institutionelles Denken

Wir brauchen eine Doppelstrategie, die die ambivalenten Kennzeichen von Kirche berücksichtigt. Wer in einer Institution Veränderung will, muss sich auf sie und ihre Strukturen einlassen. Notwendig ist zwar einerseits ein Ringen um die Priorisierung der Lebensweltperspektive, um eine Präsenz der entsprechenden Fragestellungen, eine Verdeutlichung der Relevanz und Reichweite der Milieufragen. Das geschieht medial und inhaltlich. In einer Kirche, die durch festgelegte Entscheidungswege bestimmt ist, ist mit einer solchen Präsenz allein aber nur wenig gewonnen. Dauerhafte Wirkung entfaltet nur, was auch eine institutionelle, etwa haushaltsrechtliche Verankerung oder strukturelle Manifestation bekommt. Wir brauchen darum ebenso ein Procedere, das die Anliegen in einer Gestalt formatiert, die eine institutionelle Verankerung und Förderung erlaubt. Das geschieht im Ernstnehmen der Entscheidungswege einer altehrwürdigen Institution, die immer noch Veränderungen top down zu erreichen sucht; deren bei weitem dominierende ortskirchengemeindliche Struktur nicht ohne sachlichen Grund32 die stärkste Lobby hat. M.a.W., es reicht nicht, eine möglichst große Zahl von Menschen für die Lebensweltperspektive zu begeistern.

(4) Milieusensibilisierung, Ressourcenverteilung und Haushaltspläne

Teil dieser Doppelstrategie ist es, einerseits den Blick für Milieudifferenzen zu stärken und andererseits zu fragen, wie Kirche die von allen Kirchenmitgliedern erhobenen Kirchensteuern einsetzt; ob diese „gerecht“ verteilt werden, also in etwa in Relation der Verteilung der Kirchenmitglieder auf die verschiedenen Milieus diese Mittel auch wieder den unterschiedlichen Milieus zu Gute kommen. Wir brauchen dann auf institutioneller Ebene Haushaltsdebatten, in denen Milieusensibilisierung unter dem Gesichtspunkt der Ressourcenverteilung und -gerechtigkeit behandelt wird. In ihnen wird dann auch für Menschen, die vielleicht für kulturhermeneutische Gesichtspunkte ein weniger ausgebildetes Sensorium haben, abbildbar, dass diese Perspektive konkrete, finanziell und haushaltspolitisch fassbare Konsequenzen generiert. Inwieweit kommen die Milieus, die ihren erheblichen Beitrag zu den kirchlichen Finanzen leisten, angemessen in Haushaltsstellen vor? Inwieweit konzentrieren wir die Verwendung kirchlicher Mittel in einem ortsgemeindlichen Netz, von dem ganz vorwiegend eine prämoderne Klientel profitiert, die mit Kirche vor allem Versorgungserwartungen verbindet? Inwieweit müssen wir nicht offen über die Interessengegensätze sprechen, die sich durch das Gegenüber von Versorgungskirche einerseits und missionarisch und milieusensibel orientierter Kirche andererseits ergeben, das sich konkret in Haushaltsplänen von Synoden niederschlägt? Was geben wir beispielsweise als Kirche denen zurück, die Kirche durch ihre hohe Kirchensteuer ganz wesentlich finanzieren?

(5) Projekte – Innovationen Raum schaffen, plausibilisieren und durchsetzen

Wir brauchen theologische Foren, in denen über ergänzende Angebote zur Parochie nachgedacht werden kann, und finanzielle Mittel für Projekte, in denen diese ausprobiert, erprobt und konzeptioniert werden können. Wir brauchen kirchenleitende Strukturen, die fresh expressions of church ebenso fördern, wie sie sie einbinden; die sie ebenso segnen und gerade in der Wachstumsphase schützen, wie sie sie als Teil des Ganzen begreifen und ihnen so theologische Identität geben.

Kirche in ihrer gegenwärtigen Gestalt hat eine große, erfolgreiche Vergangenheit, bei allem, was auch kritisch zur Herkunft des parochialen Netzes zu sagen ist. Das dominierende ortsgemeindliche Gestaltungsschema33 hat sich sehr bewährt. Es hat lange Zeit auf eine sehr effektive Weise Kirche als Volkskirche organisiert. Es manifestiert sich in den gegenwärtigen Kirchen nicht nur mental, sondern eben auch juristisch und durch ein umfangreiches Regelwerk. Es ist kein Wunder, dass es mentale Widerstände und institutionelle Hindernisse gegen alles gibt, was seine Bedeutung einschränken könnte. Man kann sich Kirche mittlerweile kaum anders vorstellen denn als Gebilde, das ortskirchengemeindlich organisiert ist, mit einem/einer leitenden hauptamtlichen kirchlichen MitarbeiterIn an der Spitze.

Wer ergänzende und alternative Formate will, sollte, kann und will wahrscheinlich nicht darauf warten, bis auf dem Gang durch die Instanzen und Leitungsebenen vermutlich erst nach (zu) langer Zeit und in einer (zu) stark beschnittenen Form Strukturen gebildet und Rechtsräume geschaffen sind, die diese institutionell verankern. Es legen sich im Rahmen der oben beschriebenen Doppelstrategie folgende Verfahren nahe:

– Fresh expressions, alternative und ergänzende Formate von Kirche sollten wir nicht zuerst kirchenrechtlich zu sichern suchen, sondern als Projekte formatieren. Projekte haben nur eine begrenzte Laufzeit. Sie sind grundsätzlich provisorischer Natur. Sie müssen nicht funktionieren. Man kann sie beenden. Deshalb lösen sie auch weniger Angst und Abwehr aus. Für sie besteht kirchenleitend eine größere Offenheit. Wenn sie funktionieren und sich als sinnvoll erweisen, gewinnen sie für das hinter ihnen stehende Konzept Vertrauen und machen Mut, weitere, auch grundsätzliche Schritte zu gehen.

Vielfach ist es auch schon hilfreich, zu zeigen, dass das Neue so neu nicht ist, sondern schon lange existiert, etwa unter einem anderen Namen, und sich bereits gesamtkirchlich bewährt hat. In mannigfachen Sonderpfarrämtern, Spezialstellen und besonderen Einrichtungen dokumentiert sich eine bereits auch früher gegebene Sensibilität für Lebenswelten, die Kirche mit ihrem parochialen Netz und einer vorwiegend traditionsorientierten Mentalität und Kultur nicht oder kaum erreicht. Milieusensibilisierung kann freilich dazu beitragen, den Status dieser Einrichtungen und Provisorien zu stärken und ihre Logik, ihren Sinn, ihre Existenzberechtigung zu plausibilisieren.

 

Literatur

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1 Vgl. allerdings schon E. Lange, Kirche für die Welt. Aufsätze zur Theorie kirchlichen Handelns. München 1981, der das ganze kirchliche Handeln unter diesem Begriff fassen konnte. Gegenwärtig gibt es eine Renaissance dieses Ansatzes bei C. Grethlein, Die Kommunikation des Evangeliums in der Mediengesellschaft, Leipzig 2003. – Entsprechendes gilt wohl für den Bereich der katholischen Theologie, für die ich hier aber nicht sprechen kann und will (vgl. etwa T. Kläden, J. Könemann, D. Stoltmann (Hg.), Kommunikation des Evangeliums. Festschrift für Udo F. Schmälzle, Münster 2008. Zur Sache selbst vgl. vom Vf., Kommunikation des Evangeliums in postmodernen Zeiten – Zwischen Fanatismus und Wahrheitsanspruch, Gleichgültigkeit und Toleranz, in: C. Herrmann (Hg.), Rechenschaft des Glaubens. Festschrift für Rolf Hille zum 60. Geburtstag, Wuppertal 2007, 5–38.

2 Zur Sache vgl. G. Vattimo, Das Ende der Moderne, (Milano 1985) Stuttgart 1990, 8 ; zur Debatte: H. Hempelmann, „Wir haben den Horizont weggewischt“. Die Herausforderung: Postmoderner Wahrheitspluralismus und christliches Wahrheitszeugnis, Wuppertal 2008, 102–112.

3 Zum Begriff der Mentalität vgl. U. Köpff, Art. Mentalitätsgeschichte, in: RGG 4. Auflage, Band 5, 1102.

4 Vgl. etwa Michael Ebertz, Radio-Interview im Bayerischen Rundfunk (BR 2, 20. 2. 2000). Das Standardwerk zur Sache: P. Bourdieu, Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft, Frankfurt a. M. 1987 (dt. EA 1982) (stw; 658), 756–799.

5 Vgl. O. Marquard, Lob des Polytheismus, in: ders., Abschied vom Prinzipiellen. Philosophische Studien, Stuttgart 1978, 91–116.

6 Vgl. J. Assmann, Moses der Ägypter. Entzifferung einer Gedächtnisspur, München/Wien 1998 sowie J. Assmann, Die mosaische Unterscheidung oder der Preis des Monotheismus, München/Wien 2003.

7 Vgl. M. Walser, Ich vertraue. Querfeldein. Reden und Aufsätze, Frankfurt a. M. 2000 sowie ders., Über das Gift der Verachtung gegen das Nächste, in: NZZ vom 10. 10. 1998, 65.

8 Vgl. U. Beck, Der eigene Gott. Von der Friedensfähigkeit und dem Gewaltpotential der Religionen, Frankfurt a. M./Leipzig 2008.

9 F. Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft, Drittes Buch, Nr. 143, KSA Band 3, 490, 32.

10 Zur Sache vgl. meine beiden Aufsätze: Monotheismus – „vielleicht die grösste Gefahr der bisherigen Menschheit“ (F. Nietzsche). Zur neueren Diskussion um das Konflikt- und Gewaltpotenzial monotheistischer Religionen, in: ichthys 46/2008 –29; Kenotische Partizipation. Philosophisch begriffene Postmoderne als theologische Herausforderung, in: M. Reppenhagen, M. Herbst (Hg.), Kirche in der Postmoderne. Beiträge zu Evangelisation und Gemeindeent-wicklung, Band 6, Neukirchen-Vluyn 2008, S. 51–86.

11 Vgl. W. Thiede (Hg.), Glauben aus eigener Vernunft? Kants Religionsphilosophie und die Theologie, Göttingen 2004.

12 Vgl. zum Hintergrund: W. Stegmaier, Nietzsches Theologie. Perspektiven für Gott, Glaube und Gerechtigkeit, in: D. Mourkojannis/R. Schmidt-Grépály (Hg.), Nietzsche im Christentum. Theologische Perspektiven nach Nietzsches Proklamation des Todes Gottes, Basel 2004, 1–22.

13 Vgl. F. Nietzsche, Der tolle Mensch, in: Die fröhliche Wissenschaft, KSA Band 3, 481, 23 („Es gab nie eine grössere That“).

14 Vgl. Nietzsche, Der tolle Mensch, 481, 23.

15 Vgl. Aristoteles, Metaphysik Buch Lambda (12), 1072a19–1073a14.

16 „Die Natur ansehn, als ob sie ein Beweis für die Güte und Obhut eines Gottes sei; die Geschichte interpretieren zu Ehren einer göttlichen Vernunft, als ständiges Zeugnis einer sittlichen Weltordnung und sittlicher Schlussabsichten; die eignen Erlebnisse auslegen, wie sie fromme Menschen lange genug ausgelegt haben, wie als ob alles Fügung, alles Wink, alles dem Heil der Seele zuliebe ausgedacht und geschickt sei: das ist nunmehr vorbei, das hat das Gewissen gegen sich, das gilt allen feineren Gewissen als unanständig, unehrlich, als Lügnerei, Feminismus, Schwachheit, Feigheit […]. Indem wir die christliche Interpretation dergestalt von uns stoßen und ihren Sinn wie eine Falschmünzerei verurteilen, kommt nun sofort auf eine furchtbare Weise die Schopenhauersche Frage zu uns: hat denn das Dasein überhaupt einen Sinn ? jene Frage, die ein paar Jahrhunderte brauchen wird, um auch nur vollständig und in alle ihre Tiefe hinein gehört zu werden.“ (F. Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft, in: ders., Werke, hg. von K. Schlechta, Darmstadt/München 1954–1956, Band II, 228)

17 Vgl. Nietzsche, Der tolle Mensch, 481, 17.

18 Vgl. v. a. das sog. Milieuhandbuch: C. Wippermann/I. de Magalhaes, Zielgruppen-Handbuch. Religiöse und Kirchliche Orientierungen in den Sinus-Milieus® 2005. Eine qualitative Studie des Instituts Sinus Sociovision zur Unterstützung der publizistischen und pastoralen Arbeit der Katholischen Kirche in Deutsch-land im Auftrag der Medien-Dienstleistung GmbH und der Katholischen Sozialethischen Arbeitsstelle, Heidelberg 2006.

19 Vgl. das von Ingrid Eilers verantwortete Kapitel D: I. Eilers, Kurse zum Glauben für verschiedene Sinus-Milieus, in: Erwachsen Glauben. Missionarische Bildungsangebote. Grundlagen – Kontexte – Praxis, hg. von der Arbeitsgemeinschaft missionarischer Dienste (AMD) Berlin, Gütersloh 2011, 87 f.

20 Kirche meint hier zunächst katholische Kirche. Die Evangelische Landeskirche in Württemberg und die Evangelische Kirche in Baden führen zzt. eine Sinus-Studie durch, „Evangelisch in Baden und Württemberg“, und sind gespannt, ob sich für den evangelischen Bereich analoge Daten ergeben.

21 Einige Fragestellungen habe ich an anderen Orten bereits ausführlicher behandelt. Ich erlaube mir jeweils Hinweise in Anmerkungen.

22 Vgl. C. Schulz/E. Hauschildt/E. Kohler, Milieus praktisch. Analyse- und Planungshilfen für Kirche und Gemeinde, Göttingen 2008.

23 Wie oft habe ich bei der Auswertung von Microm-Geo-Milieus von Verantwortlichen für eine Gemeinde gehört: „Hedonisten – die gibt es im Bereich unserer Kirchengemeinde nicht.“

24 Vgl. H. Hempelmann/M. Herbst/M. Weimer (Hg.), Gemeinde 2.0. Frische Formen für die Kirche von heute, Neukirchen-Vluyn 2011 sowie P. Ehlhaus/C. Hennecke, Gottes Sehnsucht in der Stadt. Auf der Suche nach Gemeinden von Morgen, Würzburg 2011 sowie S. Croft, Jesus People/Format Jesus. Unterwegs zu einer neuen Kirche, Neukirchen-Vluyn 2012 sowie C. Moldenhauer/G. Warnecke (Hg.), Neue Ausdrucksformen gemeindlichen Lebens, NeukirchenVluyn 2012.

25 Vgl. dazu v. a. die niedrigkeitschristologischen Aussagen des Hebräerbriefes Kap. 2,9–18; 4,14–16; 5,7–10.

26 Vgl. zur Sache: H. Hempelmann, „Was sind denn diese Kirchen noch …?“ Christlicher Wahrheitsanspruch vor den Provokationen der Postmoderne, Wuppertal 2006, 46–61.

27 Vgl. die Analysen in H. Hempelmann: Kommunikation des Evangeliums in postmodernen Zeiten, a. a. O. (Anm. 1).

 

28 Vgl. G. Vattimo, Nihilismus und Postmoderne in der Philosophie, in: W. Welsch (Hg.), Wege aus der Moderne. Schlüsseltexte der Postmoderne-Diskussion, Weinheim 1988, 233–246.

29 Mindestens Paulus hätte man hier auf seiner Seite: 1 Kor 2,2.

30 Vgl. die erstaunlichen Aussagen, zu denen er im Antichrist über Jesus gefunden hat: F. Nietzsche, Der Antichrist, KSA Band 6, 201; vgl. dazu: W. Stegmaier, Nietzsches Kritik der Vernunft seines Lebens zur Deutung von „Der Antichrist“ und „Ecce homo“, in: Nietzsche-Studien 21/1992, 163–183, und D. Havemann, Der „Apostel der Rache“. Nietzsches Paulusdeutung, Berlin/New York 2002 [Monographien und Texte zur Nietzsche-Forschung; Band 46], 146–183, zuletzt in diesem Sinne: H. Detering, Der Antichrist und der Gekreuzigte. Friedrich Nietzsches letzte Texte, Göttingen 2010 – gegen A. U. Sommer, Friedrich Nietzsches „Der Antichrist“. Ein philosophisch-philologischer Kommentar, Basel 2000 [Beiträge zu Friedrich Nietzsche; Band 2]. Vgl. die Debatte bei Hempelmann: Kenotische Partizipation.

31 Vgl. J. Holz, Milieuverengung und Mission. Warum die Kirche viele Menschen nicht erreicht, in: Unerreichte erreichen. Bausteine für eine Gemeinde von morgen., hg. vom Amt für missionarische Dienste der Evangelischen Kirche von Westfalen, Dortmund 2008, 8–14.

32 Vgl. J. Hermelink, Kirchliche Organisation und das Jenseits des Glaubens. Eine praktisch-theologische Theorie der Evangelischen Kirche, Gütersloh 2011, 132–134.

33 Hermelink nennt als Merkmale: Territorialprinzip, Ortskirche, Ortspfarrer, Kindertaufe, Pfarrzwang (inkl. Dimissiorale wg. der gesetzlich geregelten Alleinzuständigkeit eines Pfarrers), Diözesanrecht (Hermelink, Kirchliche Organisation, 130).