Kirchlicher Dienst in säkularer Gesellschaft

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Arbeitsstreitigkeiten im katholischen Kirchenarbeitsrecht
Wilhelm Dütz
I. Grundsätzliches

Trotz weitgehender struktureller Besonderheiten verfassungsmäßiger Prägung (vgl. Art. 140 GG / Art. 137 Abs. 3 WRV) gibt es auch im kirchlichen Arbeitsrecht Arbeitsstreitigkeiten. Hier wie dort unterscheidet man Rechts- und Regelungsstreitigkeiten. Von Regelungsstreitigkeiten spricht man bei Meinungsverschiedenheiten über den Inhalt einer noch abzuschließenden Vereinbarung. Es geht also um die Frage, was aufgrund eines noch herbeizuführenden Interessenausgleichs künftig rechtens sein soll. Die Hilfeleistung zur Bewältigung dieser Regelungsstreitigkeiten ist Schlichtung. Geht es darum, was aufgrund gesetzlich oder vertraglich bereits geregelter Interessen rechtens ist, so handelt es sich um Rechtsfragen. Meinungsverschiedenheiten hierüber sind Rechtsstreitigkeiten. Sie werden durch gerichtliche Rechtsentscheidungen, also durch Rechtsprechung beseitigt (s. Dütz, Die gerichtliche Überprüfung der Sprüche von betriebsverfassungsrechtlichen Einigungs- und Vermittlungsstellen, 1966, S. 10 f.).

II. Rechtsprechung
1. Individualarbeitsrecht

Rechtsprechung bzw. Gerichte werden verfassungsmäßig (s. Art. 19 Abs. 4, 92 GG) und gerichtsverfassungsgesetzlich (s. § 13 GVG, § 1 ZPO, § 1 StPO) etabliert. Die Kirche hätte sich kraft verfassungsrechtlicher Gewährleistung für die Einrichtung besonderer, kirchenspezifischer Dienstverhältnisse und demgemäß für eine spezielle Gerichtsbarkeit bei individualrechtlichen Streitigkeiten entscheiden können. Das ist jedoch nicht geschehen, sondern die Kirche beschäftigt als Dienstleister normale Arbeitnehmer. Deswegen hat die Kirche für die individual-arbeitsrechtlichen Streitigkeiten auch keine besondere kirchliche Gerichtsbarkeit errichtet mit der Folge, dass für kirchliche Arbeitnehmer die staatlichen Arbeitsgerichte zuständig sind (s. § 2 Abs. 3 KAGO). Allerdings haben die staatlichen Gerichte kirchenspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen, z. B. bei Kündigungen, ob materiell-rechtlich relevante kirchliche Loyalitätsobliegenheiten zureichend berücksichtigt worden sind.

2. Kollektivarbeitsrecht

Anders ist es im Bereich des kollektiven Kirchenarbeitsrechts. Für Streitigkeiten aus dem KODA-Bereich sind spezifische Kirchenarbeitsgerichte zuständig (s. § 2 Abs. 1 KAGO), desgleichen für solche aus dem kirchlichen Mitarbeitervertretungsrecht (s. § 2 Abs. 2 KAGO).

3. Schlichtung Individualarbeitsrecht

Zur Beilegung individualrechtlicher Arbeitsstreitigkeiten zwischen den Arbeitsvertragsparteien sind gesetzlich keine besonderen Einrichtungen vorgesehen. Sie können jedoch kollektiv- oder einzelvertraglich geschaffen werden. Die kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien sehen regelmäßig die Verpflichtung vor, bei den Konflikten aus der Anwendung der Arbeitsvertragsrichtlinien oder dem Arbeitsverhältnis zunächst eine kirchliche Schlichtungsstelle anzurufen, s. z. B. § 22 Caritas-AVR. Dadurch wird eine Anrufung der staatlichen Arbeitsgerichte nicht ausgeschlossen, vgl. § 22 Abs. 4 Caritas-AVR. Insbesondere bei Kündigungs- und Befristungsstreitigkeiten ist es auch anzuraten, weil sonst die Klagefrist (s. §§ 4, 7 KSchG, 17 TzBfG) nicht eingehalten würde.

4. Schlichtung Kollektivarbeitsrecht

Die Beilegung kollektiver Regelungsstreitigkeiten ist für den KODA-Bereich strukturell anders geregelt als für das kirchliche Mitarbeitervertretungsrecht. Können sich die KODA-Parteien nicht einigen, so kommt es zu Einigungsbemühungen in einem Schlichtungsverfahren vor einem Vermittlungsausschuss, s. im Einzelnen §§ 18 ff. Caritas-KODA, §§ 13 ff. Bistums-KODA. Kommt es im Bereich des kirchlichen Mitarbeitervertretungsrechts keine Einigung zwischen Dienstgeber- und Mitarbeiterseite zustande, so entscheidet eine betriebliche Einigungsstelle in einem betrieblichen Schlichtungsverfahren, s. §§ 40, 47 MAVO.

Der KODA-Vermittlungsausschuss
Ausgestaltung im Anschluss an das BAG-Urteil vom 20.11.2012
Joachim Eder

Der Jubilar ist auch durch seine Tätigkeit als Vorsitzender der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes AK-DCV bekannt geworden, da diese Funktion vom Präsidenten oder einem Vizepräsidenten des DCV bekleidet wird.1 Unter seinem Vorsitz versuchte er immer wieder, Dienstgeber- und Dienstnehmerseite zusammen zu bringen und gemeinsame Regelungen zu erreichen. Aus diesem Grund ist dieser Aufsatz über die Rolle des Vermittlungsausschusses, der eine Einigung in der Kommission nach Ausschöpfung aller kommissionsinternen Möglichkeiten erreichen will, bewusst gewählt worden. Dazu soll die Weiterentwicklung dieses Instrumentes aufgrund der Urteile des BAG dargestellt werden.

I. Rahmen-KODA-Ordnung

In einer Rahmen-KODA-Ordnung wird seit dem Ende der 70er Jahre vom Verband der Diözesen Deutschlands VDD bei jeder Novellierung der KODA-Ordnungen eine Musterordnung vorgegeben; diese bedarf allerdings der Umsetzung in den einzelnen Diözesen und beim Deutschen Caritasverband. Die Umsetzung erfolgt im verfasst-kirchlichen Bereich durch diözesane Gesetzgebung. Im Bereich der AK erfolgt die Umsetzung durch Satzungsrecht;2 inzwischen ist die Delegiertenversammlung des DCV das zuständige Organ. Der jeweilige Diözesanbischof veröffentlicht anschließend die AKO in seinem diözesanen Amtsblatt. Die Umsetzung im AK-Bereich erfolgte weitgehend auf andere Weise als im verfasst-kirchlichen Bereich; auch wenn inhaltlich die Grundbestimmungen der Rahmenordnung übernommen worden sind, war der formale Aufbau der AKO nicht mit dem der diözesanen und regionalen KODA-Ordnungen vergleichbar. KODA-Ordnungen werden von den zuständigen Diözesanbischöfen in den diözesanen Amtsblättern in Kraft gesetzt. Die Anerkennung der durch die Delegiertenversammlung novellierten AK-Ordnung erfolgt zwar auch durch Veröffentlichung in den Amtsblättern der deutschen Diözesen, allerdings stellt dies kirchenrechtlich keine Inkraft-Setzung dar, sondern eine Veröffentlichung einer satzungsrechtlichen Regelung. Die kirchliche Autorität stellt fest, dass die AKO als Dritte-Weg-Regelung anzusehen ist und den Vorgaben des Artikel 7 der Grundordnung entspricht. Damit wird durch die deutschen Bischöfe gewährleistet, dass nur solche Ordnungsänderungen im Bereich des DCV als „Dritte-Weg-Verfahren“ Anerkennung finden können, die den kirchlichen (und ggf. staatlichen) Vorgaben entsprechen. Sofern Nachbesserungen an der Ordnung nach Ansicht der Bischöfe erforderlich sind, ist die Ordnung an das zuständige satzungsrechtliche Gremium – inzwischen die Delegiertenversammlung des DCV – zurück zu geben, die Nachbesserungen vornehmen muss, um anschließend die Veröffentlichung im Amtsblatt sicher zu stellen. Der Vorwurf von ver.di nach 2012, satzungsrechtlich könne damit Streik ausgeschlossen werden, greift nicht. Das Satzungsrecht stellt lediglich das „Vehikel“ dar, mit dem die kirchenrechtlichen Vorgaben – die auch die BAG-Vorgaben einschließen - umgesetzt werden.

II. KODA-Ordnungen und Vermittlungsausschuss

Mit dem Entstehen der KODAen Ende der 70er Jahre etablierte sich der Dritte Weg als ein eigenständiger kirchlicher Weg auch im verfasst-kirchlichen Bereich, um im Konsens von Dienstgeber und Dienstnehmer das Arbeitsvertragsrecht in den deutschen Diözesen zu gestalten. Besondere Rechte für kirchlich-hierarchische Vertreter im Arbeitsvertragsrecht sind immer mehr entfallen. Grundlage war die Rahmenordnung für eine KODA-Ordnung (= Kommission zur Ordnung des diözesanen Arbeitsrechts). Die entsprechenden Ordnungen auf Bistumsebene und regionaler Ebene (Zusammenschluss mehrerer Diözesen)3 wurden im Anschluss an den Beschluss der Deutschen Bischofskonferenz aus dem Jahre 1978 in der Folgezeit in den Bistümern in Kraft gesetzt. In den Bistums- und Regional-KODA-Ordnungen findet sich das Vermittlungsverfahren schon früh, z. B. in der bayerischen Regional-KODA-Ordnung vom 1.5.19924. Das Vermittlungsverfahren war einstufig, konnte aber sowohl von der Kommission nach einem gescheiterten Beschluss wie auch nach einem Einspruch durch den Diözesanbischof eingeleitet werden. Bei einem unabweisbaren Regelungsbedürfnis, das durch den Bischof gemäß § 17 Abs. 3 BayRK-O festgestellt wurde, traf dieser die notwendige Entscheidung.5

Auf Bundesebene wurde die Zentral-KODA errichtet, gegliedert in eine Zentral-KODA Abteilung A, eine Zentral-KODA Abteilung B und eine Gesamtbesetzung der beiden Abteilungen A und B. Die Abteilung A bestand aus Vertretern der Bistums-KODAen und der Regional-KODAen und war für das Arbeitsvertragsrecht der Diözesen zuständig, allerdings nur mit Empfehlungsbeschlüssen für die Bistums- und Regional-KODAen, die Zentral-KODA Abteilung B war die AK des DCV. Die Gesamtbesetzung A und B sollte helfen, eine Vereinheitlichung der Regelungen in allen Bistümern und im Caritasbereich zu erreichen.

Die erste Zentral-KODA-Ordnung aus dem Jahr 1977 trat gemäß § 9 in Kraft, nachdem sie von zwölf Diözesen, dem DCV und dem VDD unterzeichnet worden war; sie war damit sowohl vertraglicher Natur wie auch – durch die anschließende Promulgation in den Amtsblättern – kirchengesetzlicher Natur. Die ZKO wurde 19876 novelliert. Erst mit der weiteren Novellierung vom 15.6.1998, in der auch die Beschlusskompetenz neu festgelegt worden war7, findet sich erstmalig in der ZKO der Vermittlungsausschuss in einer ersten und zweiten Stufe.

III. Entwicklung des Vermittlungsausschusses in der AK-Ordnung
1. Funktion des Vermittlungsausschusses

Den Vermittlungsausschuss gibt es in zwei Stufen erst seit den KODA-Ordnungen in den 80er Jahren, in der AK-Ordnung (AKO) erst ab 2005. Die Funktion des Vermittlungsausschusses war und ist, im Falle einer Nichteinigung in einer arbeitsrechtlichen Kommission einen Vorschlag durch ein mit Dritten erweitertem Gremium unter Beteiligung von KODA-Vertretern zu erarbeiten, der innerhalb der KODA konsensfähig ist. Das letzte Wort hat bei dieser Ausgestaltung die Kommission als weiterhin für den Beschluss zuständiges Gremium. Im Bereich der Arbeitsrechtlichen Kommission ist die Vermittlungsfunktion anfänglich durch den sog. Ältestenrat wahrgenommen worden, so dass sich im Bereich der AK die Rolle des Vermittlungsausschusses erst sehr langsam entwickelt hat.8 Durch die Rechtsprechung des BAG 2012 ergab sich eine Erweiterung der Funktionen des Vermittlungsausschusses, die im Folgenden genauer dargestellt werden soll.

 

2. Entwicklung des Vermittlungsausschusses
a) „Ständige Arbeitsrechtliche Kommission“

Laut der Geschäftsordnung der „Ständigen Arbeitsrechtlichen Kommission“ (StAK), die auf der Grundlage des Beschlusses des Zentralrates9 des DCVvom 24.4.195210 die Kompetenz der Ständigen Arbeitsrechtlichen Kommission festlegt, hatte der Präsident des DCV als Vorsitzender der Kommission eine entscheidende Rolle inne. Er konnte die Zustimmung zu Beschlüssen versagen, da seine Zustimmung generell erforderlich war. Bei Beschlüssen mit weittragender Bedeutung bedurfte es einer Bestätigung durch den Zentralrat, wobei dem Präsidenten die Entscheidung verblieb, ob eine solche Bedeutung vorlag.11 Seit Ende 1954 forderten die Bistümer Einfluss auf die Beschlüsse der StAK, da auch Einrichtungen der verfassten Kirche durch diese Beschlüsse gebunden werden. Dies mündete am 14.11.1956 in einer Arbeitsgemeinschaft für die Zusammenarbeit zwischen den Diözesen und der StAK, die am 11.3.1957 erstmals tagte. Für die Zusammenarbeit der AG und der StAK wurden im September 1966 die „Richtlinien für die Tätigkeit der Arbeitsgemeinschaft zwischen den Bistümern in der Bundesrepublik Deutschland und der Ständigen Arbeitsrechtlichen Kommission“ erlassen, allerdings mit einem zahlenmäßigen Übergewicht der Bistumsvertreter.12 Seit 18.9.1970 tagten die StAK und die AG gemeinsam, um bei unterschiedlichen Standpunkten schneller eine gemeinsame Lösung zu finden. Die Kompetenz der AG ist deshalb mit dem späteren Letztentscheidungsrecht des Diözesanbischofs vergleichbar.

a) Anfänge in der Arbeitsrechtlichen Kommission

Durch Beschluss vom 10.4.1975 hat der Zentralrat des DCV zum 1.7.1975 die „Ordnung der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes“ erlassen.13 Erstmals wurden die paritätische Besetzung und das jeweilige Wahlverfahren festgelegt. Nach § 5 Abs. 1 hat der Präsident des DCV oder ein Vizepräsident den Vorsitz, aber ohne Stimmrecht. Die Beschlüsse bedurften nicht mehr der Zustimmung des Zentralrates. Ein Vermittlungsverfahren war nach der Ordnung nicht vorgesehen, die Beschlüsse wurden nach Maßgabe der im September 1966 erlassenen „Richtlinien für die Tätigkeit der Arbeitsgemeinschaft zwischen den Bistümern in der Bundesrepublik und der Ständigen arbeitsrechtlichen Kommission“ in der Caritas-Korrespondenz veröffentlicht, wodurch sie auch in Kraft traten. Damit war gesichert, dass die verfasste Kirche durch ihre Vertreter weiterhin Einfluss auf die Entscheidungen der AK hatte. Mit der Ordnung vom 1.7.1975 wurde gemäß § 10 die Ordnung des Zentralrates vom 24.4.1952 außer Kraft gesetzt.

Eine erneute Änderung erfolgte am 13.4.1978 durch den Zentralrat; Aus jeder Diözese und aus der Zentrale des DCV wurde jeweils ein Vertreter der Dienstnehmer entsandt. Die nach 1975 novellierten AK-Ordnungen ergingen 1986 und 1995. In der Ordnung von 1995 taucht zum ersten Mal der Ältestenrat als Gremium auf. In der neuen caritas 17/2003 steht noch: „Die AK verfügt derzeit nicht über ein Vermittlungsverfahren, sondern über einen Ältestenrat …“ Dieser soll auf eine gütliche Einigung hinwirken. Zu beachten ist, dass der Ältestenrat bis heute Bestandteil der AKO geblieben ist.

a) Vermittlungsausschuss als Ordnungselement

Seit der Ordnung in der AVR-Ausgabe Oktober 2004 findet sich zusätzlich zu § 17 Ältestenrat der § 18 Vermittlungsausschuss. Wenn nach § 17 Abs. 1 keine gütliche Einigung erfolgen kann, kann nach § 18 der Vermittlungsausschuss angerufen werden. Nach § 19 Abs. 1 entscheidet das Los, welcher der beiden stimmberechtigten Vorsitzenden die entscheidende Stimme abgibt. Nach § 19 Abs. 4 ist für die Annahme des Vermittlungsvorschlages 60 % an Zustimmung in der Kommission erforderlich.

Im Laufe der Zeit wurde das Vermittlungsverfahren verändert. Neben einer ersten Stufe des Vermittlungsverfahrens gab es auch eine zweite Stufe in teilweise anderer Besetzung, um eingefahrene Richtungen zu verändern.

In der AVR-Ausgabe vom Januar 2009 sind nach § 14 Abs. 4 ergänzende Vermittlungsverfahren möglich. Neu eingeführt wird nach § 15 Abs. 3 jetzt das Vorgehen nach einem gescheiterten Vermittlungsverfahren bei Vorliegen eines „unabweisbaren Regelungsbedürfnisses“. Zur Feststellung dieses unabweisbaren Regelungsbedürfnisses ist aber die Mehrheit der Mitglieder der Kommission erforderlich, Blockadehaltung bleibt also möglich. Der Spruch tritt an die Stelle eines Beschlusses. Die Regelung des Losentscheides besteht bei den Vorsitzenden weiter. Eingeführt wurde in § 15 Abs. 7, dass der Ortsordinarius im Einzelfall das Vorliegen eines unabweisbaren Regelungsbedürfnisses unüberprüfbar feststellen und die notwendige Entscheidung treffen kann. Damit wurde ein besonderes bischöfliches Notverordnungsrecht in der AKO eingeführt, allerdings kann dieses vom Generalvikar oder vom Diözesanbischof ausgeübt werden.14

In der AVR-Ausgabe 2011 finden sich einige Änderungen. Nach § 16 Abs. 4 unterbreiten beide Vorsitzende des Vermittlungsausschusses einen gemeinsamen Vermittlungsvorschlag, wobei offen ist, wie die Einigung erfolgt. Das Notverordnungsrecht bleibt bestehen.

Ab der AVR-Ausgabe 2015 findet sich dieses bischöfliche Notverordnungsrecht nicht mehr.

Ab der AVR-Ausgabe 2016 wird die Regelung der Rahmen-KODA-Ordnung auch in die AKO von der Delegiertenversammlung übernommen. So werden nach § 19 Abs. 3 zwei getrennte Vorsitzende gewählt, nach § 18 Abs. 7 entscheidet das Los, sofern sich beide Vorsitzende nicht auf einen Spruch einigen können, welcher Vorsitzende den Ausschlag bei der Festlegung des Spruches gibt.

IV. Vermittlungsausschuss als „kirchliche Instanz“

Gemäß can. 1713 CIC ist es zur Vermeidung gerichtlicher Streitigkeiten zweckmäßig, einen Vergleich, d. h. eine gütliche Beilegung herbeizuführen; der Rechtsstreit kann auch einem oder mehreren Schiedsrichtern übertragen werden. Der CIC endet mit den Worten im letzten can. 1752 mit dem Grundsatz: „das Heil der Seelen vor Augen, das in der Kirche immer das oberste Gesetz sein muss.“

Die erste Stufe des Vermittlungsausschusses, die in der AKO durch die Möglichkeit der zusätzlichen Anrufung des Vermittlungsausschusses und in den KODA-Ordnungen durch eine zweite Stufe des Vermittlungsausschusses in erweiterter Besetzung ergänzt worden ist, ist als typisch kirchlich anzusehen. Es wird versucht, die Konsensfindung durch die Beiziehung zusätzlicher Personen zu erleichtern. Entscheidende Instanz bleibt das Entsendegremium. Innerkirchlich war nur vorstellbar, dass bei Streitigkeiten, die nicht geklärt werden konnten, die kirchliche Autorität als höhere Instanz entscheidet; deshalb sollten zuvor aber möglichst viele Versuche der Konsensfindung gegangen werden. Aus dieser Sichtweise war auch das Rechtsinstrument des bischöflichen Notverordnungsrechtes geboren worden. Die Entscheidung einem von der kirchlichen Autorität unabhängigem Dritten zu übertragen, stand dagegen nicht im kirchlichen Fokus. Diesem kirchlichen Denken entspricht auch die Bildung eines Ältestenrates, der bei der Konsensfindung Hilfestellung geben soll.

Die Weiterentwicklung des Vermittlungsausschusses zu einer Schiedsstelle15, die in der Bayerischen Regional-KODA erstmalig Eingang in eine KODA-Ordnung gefunden hat, hat ihren Ursprung in der Erkenntnis, dass Beschäftigte ihrem kirchlichen Dienstgeber nicht in einem hierarchischen Verhältnis gegenüber stehen, sondern auf der Ebene des Arbeitsvertrages, also auf einer Ebene, in der beide gleichberechtigte Vertragspartner sind. Dem Schiedsverfahren lag der Gedanke zugrunde, dass eine dauerhafte Blockierung einer Regelung im Falle eines unabweisbaren Regelungsbedürfnisses ausgeschlossen wird. Das KODA-System kennt weder die Kündigung einzelner Regelungen noch verfügt es über Mittel wie Streik und Aussperrung, um eine bestimmte Regelung zu erzwingen. Eine Zwangsschlichtung wurde damals nicht gewollt; sie widerspreche dem konsensualen integrativen System des Dritten Weges16, da die Entscheidung einer dritten Person übertragen werde. Man wollte das Letztentscheidungsrecht des Diözesanbischofs eliminieren, da es die Gefahr nach sich ziehe, den Bischof als obersten Dienstgeber anzusehen und die bischöfliche Funktion des „Brückenbauers“ auszuhebeln. Die Vorsitzendenfrage wurde durch eine „Pool-Lösung“ geklärt, drei mögliche Vorsitzende waren von der KODA zu bestimmen, von denen einer im Einzelfall gewählt oder durch Los ermittelt wurde. Eine endgültige Regelung konnte erreicht werden, da bei der anschließenden Abstimmung in der KODA über die Entscheidung beide Vorsitzende der KODA an das Ergebnis gebunden wurden.

V. Problematik des bischöflichen Notverordnungsrechts

In einer Erweiterung einer in der Bayerischen Regional-KODA-Ordnung gefundenen Lösung17 – bei Vorliegen eines unabweisbaren Regelungsbedürfnisses konnte ein abschließendes Schiedsverfahren erzwungen werden – wurde in der AKO auch eine Lösung für ein Schiedsverfahren gefunden. Bei diesen Novellierungen wurde deutlich, welche Probleme entstehen, wenn Diözesanbischofe einseitig in das Arbeitsvertragsrecht durch eigene Beschlüsse eingreifen.18 In Konsequenz führte die Entwicklung zur Abschaffung des sog. „Letztentscheidungsrecht des Diözesanbischofs“ als bischöflichem Notverordnungsrecht. Der Diözesanbischof darf am Ende eines Vermittlungsverfahrens nicht in der Lage sein, einseitig eine Regelung zu setzen. So wurde das bischöfliche Notverordnungsrecht durch das BAG19 als unzulässig für die Ausgestaltung eines paritätischen Dritten Weges angesehen und ab 2012 aus den KODA-Ordnungen entfernt. Bis zu dieser Zeit stand es dem Diözesanbischof – auch im Bereich der AK – zu, im Falle eines gescheiterten Vermittlungsverfahrens eine eigene Regelung setzen zu können. Begründet wurde diese Möglichkeit zur einseitigen Festlegung einer arbeitsvertraglichen Norm mit der alleinigen bischöflichen Gesetzgebungsbefugnis des Diözesanbischofs. Verkannt wurde, dass im Arbeitsvertragsrecht nicht die hierarchische Ebene - Diözesanbischof und christifidelis – betroffen ist und damit auch nicht die bischöfliche Gesetzgebung zum Tragen kommt, sondern der in der arbeitsrechtlichen Kommission gefundene Ausgleich der wirtschaftlichen Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern durch arbeitsvertragliche Inbezugnahme Bestandteil des Arbeitsvertrages wird.20 Mit dieser Erkenntnis wurde bereits die Bedeutung des Vermittlungsausschusses für die Gestaltung des Arbeitsvertragsrechtes in den Vordergrund gerückt.

Das bischöfliche Notverordnungsrecht darf nicht mit dem sog. Letztentscheidungsrecht des Diözesanbischofs verwechselt werden, am Ende eines Verfahrens einen Beschluss der arbeitsrechtlichen Kommission in Kraft zu setzen; dieses Verfahren ist zulässig, ja sogar erforderlich, um eine Durchsetzbarkeit der AK- und KODA-Beschlüsse zu gewährleisten. Es führt in Konsequenz dazu, dass die kirchlichen Dienstgeber als kirchliche Normunterworfene durch bischöfliche Gesetzgebung verpflichtet werden, das in Kraft gesetzte KODA- bzw. AK-Recht zur Grundlage ihrer Arbeitsverhältnisse zu machen. Das Inkraftsetzungsrecht als bischöfliches Letztentscheidungsrecht ist deshalb beibehalten worden; jede von einer paritätischen Kommission erlassene Arbeitsvertragsregelung ist vom Diözesanbischof in seinem Amtsblatt zu promulgieren. Ein Einspruchsrecht des Diözesanbischofs besteht nur noch bei einem Widerspruch der von der KODA beschlossenen Regelung zur Glaubensund Sittenlehre und muss vom Bischof festgestellt werden; der Einspruch führt dazu, dass sich die Kommission erneut mit der Angelegenheit befassen muss. Welche Entscheidung sie dann trifft, bleibt wiederum ihr vorbehalten.

 

Mit dieser Form des Letztentscheidungsrechts wird die KODA-Ordnung der BAG-Vorgabe der kirchenrechtlichen Verbindlichkeit der Regelungen gerecht. So finden sich auch keine weiteren Einspruchsrechte des Diözesanbischofs in den Verfahrensordnungen des Dritten Weges.